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würdigen Zusammenstellung beigefügt?" fuhr mein Onkel fort und schlug mit der Hand auf den Tisch. „Potz Element! Habe ich Dich dafür auf hohe Schulen geschickt, daß Du zwölf grammatische Schnitzer in sieben Versen einschmuggeln sollst? Schäme Dich, Junge!"
Mit einer heftigen Bewegung warf der Onkel das unselige Erzeugnis meiner ersten Liebesträume vor meine Fuße, und ich hörte, wie seine Pantoffeln, als er sich entfernte, ordentlich entrüstet über den Boden schlürften.
Seine drastische Kritik hatte mich vernichtet. Ich saß da, den Kopf in die Hand gestützt, in Vollständiger Geistesabwesenheit. Ich erinnere mich, daß mir beim starren Betrachten des vor mir liegenden begossenen Virgils die unklare Vorstellung (am, als müsse sich an ihm die vergossene Wundermixtur wirkiam erweisen und aus den gelben bekritzelten Blättern einen herrlichen Bart hervorzaubcrn — dann wieder trat mein erzürnter Onkel vor meine Augen und hielt mir, indem er sich seine Pfeife mit meinem Gedichte anzündete, eine lange Rede über grammatische Regeln, worauf er, nach Bänkelsänger- Manier, mit einem langen Stecken auf Elise deutend, mir auseinander setzte, daß sie nicht Göttin, Sonne, Stern und Blume zugleich sein könne. Der Schlummer, der mich trotz meines Kummers bald umsing, führte mir noch merkwürdigere, aller Vernunft spottende Traumbilder vor, und eben sollte ich zur Strafe für mein Gedicht gehängt werden, als mein Freund Rudolph mich durch ein kräftiges Schütteln diesem grausamen Schicksale entriß.
„Fritz!" rief er begeistert, „Du wirst sie heute Abend sehen!"
Ich fuhr wie elektrisiert empor. „Was sagst Du? Du meinst, ich werde mit Elise zu- sammentreffen?"
„Jawohl, das wirst Du!" rief Rudolph, indem er einen rotwangigen Apfel aus der Tasche h-rvorlangte, denselben in zwei Teile schnitt und mir eine Hälfte entgegenhielt, während er die andere zwischen seine Zähne brachte. „Hier nimm, er ist von Elise." sprach er kauend.
„Von Elise? Und Du ißt ihn — wie einen gewöhnlichen Apfel?" rief ich entrüstet.
„Ach ja, ich hätte ihn Dir ganz geben sollen", sagte Rudolph beschämt, indem er den Rest seiner Hälfte vor mir hinlegte.
„Ich danke Dir, Rudolph", sprach ich gerührt; „aber wo soll ich Elise sehen?"
„Bei meinem Onkel", rief mein Freund, von der Wichtigkeit seiner Nachricht durchdrungen, lebhaft. „Wir feiern heute Abend Tantens Geburtstag und Ihr alle seid eingeladen. Indes, ich muß mich sputen, ich kam nur eiligst herüber, um Dir diese Nachricht zu bringen."
„Ich danke Dir herzlich", rief ich entzückt und drückte Rudolph warm die Hand.
„Schon gut", enlgegnete der herrliche Junge und eilte zur Thür hinaus.
Von den freudigsten Gefühlen bewegt, lief ich in meiner Kammer auf und ab. Die bedeutendsten Vorfälle des europäischen Staatslebens erschienen mir unwichtig gegen die Frage, ob ich heute Abend die geblümte oder die gelb- gestreifte Weste anziehen solle; galt es doch, dem herrlichen Mädchen — was sage ich — Mädchen? — nein, dem Engel, der Göttin zu gefallen, die seit sechs Wochen mein ganzes Fühlen und Denken beherrschte, für die ich glühte und schwärmte Tag und Nacht.
Ich halte Elise, die seit einigen Wochen bei der Tante meines Freundes Rudolph auf Besuch weilte, bei Gelegenheit eines Familienfestes kennen gelernt, und mein Herz war also- gleich in heißer Liebe zu ihr entbrannt. Obwohl sic etliche Jahre älter war als ich, lebte ich doch der festen Ueberzeugung, daß es wohl kein passenderes Paar geben könne, als wir Beide. Zwar hatte ich noch nichts „für die Unsterblichkeit gethan," ja ich war sozusagen erst Obersccundaner, aber wie lange konnte es noch dauern, bis ich mir eine geachtete Stellung im Leben errungen halte und in den Stand gesetzt war, ihr eine sorgenfreie Existenz zu bieten. Die Liebe des Mädchens gab mir Mut und
Kraft, nach dem Höchsten zu streben — ja, mein Jahrhundert in die Schranken zu fordern.
In diesen seligen Gedanken schwelgte ich, als ich Abends das Gesellschaftszimmer der Tante Rudolphs an der Seite meines Onkels, der mein poetisches Verbrechen vergessen zu haben schien, betrat.
(Forschung folgt.)
Immer mehr bricht sich die Erkenntnis Bahn, daß der Honig ein vorzügliches Nahrungsmittel für Gesunde und Kranke ist. Er ist ein ganz besonderer Saft, ein Kohlenhydrat ganz besonderer Art, das, wie kein anderes, leicht, ohne sich zuerst chemisch zu verändern, oder im Darme einen Rückstand zu hinterlassen, in daS Blut übergeht, um im Organismus Kraft und Wärme zu erzeugen. Der Honig ist so recht eine Nahrung für die Kinder. Wenn Eltern im Winter ihre Kinder in die Schule schicken, so sollten sie bedenken, daß sie ihnen zum Schutze gegen die Kälte auf dem Schulwege neben warmhalligen Kleidern nichts besseres geben können, als eine Tasse Milch und ein Honigbrot. Das sollten namentlich solche Eltern bedenken, deren Kinder einen weiten Weg zurücklegen müssen. Nur zu oft haben Kinder, die auf entfernten Höfen wohnen, auf dem Schulwege durch die Ungunst der Witterung zu leiden, und erregen nicht selten unser Mitleid. Wie wohlthätig ist für solche Kinder der Honiggenuß, wodurch sie Kälte, Wind und Wetter trotzen können. Wenn der Körper nicht frieren soll, so genügt cs eben nicht, daß man warmhaltige Kleider anzieht, um dem Entweichen der Wärme möglichst vor- zubeugcn. Ein viel größeres Gewicht ist auf die Wärmeerzeugung im Körper selbst, auf ein Nahrungsmittel zu legen, das schnell in das Blut übergeht und im Blute durch den eingeatmeten Sauerstoff schnell verbrennt (oxydiert) wird. Ein solches ist der Honig, mit dem sich in Bezug auf seine erwärmende Wirkung kein anderes Nahrungsmittel messen kann. Fette und gewöhnliche Zucker dienen ja auch zur Nahrung und zur Wärmeerzeugung im Körper, aber sie gehen nicht so vollständig und lange nicht so schnell in das Blut über als Honig und werden im Blute auch nicht so leicht durch den eingeatmeten Sauerstoff oxydiert. In neuerer Zeit haben auch hervorragende Aerzte, wie Dr. Reclam und Sanitätsrat Dr. Börner, den Honig als vorzügliches Nahrungsmittel empfohlen. Durch den Honig wird dem Blute sogenannter Jnterverlzuckcr zugeführt, von dem er etwa 75°/o enthält und damit auch eine geringe Menge Pflanzeneiweiß, das sich beim Erhitzen des Honigs als Schaum auf der Oberfläche abschneidet. Auch Spuren von Ameisensäure und aromatischen Verbindungen find im Honig enthalten. Ist der Honig wegen feiner Nährkraft, seiner leichten Verdaulichkeit und seiner belebenden Wirkung schon für Gesunde ein wertvolles Nahrungsmittel, so ist er es in einem noch viel höheren Grade für Kranke und Genesende. Genesende und Blutarme müssen in erster Linie leicht verdauliche Kohlenhydrate genießen, und steht unter diesen der Honig oben an. der auch seltener von den Kranken verschmäht wird.
Berlin. 17. Jan. Wie vorsichtig man mit großen Hunden sein muß, erhellt wieder einmal aus einem Unfälle, von dem der Kunstkritiker der „Voss. Ztg." und bekannte Kunstschriftsteller Ludwig Pietsch betroffen worden ist. In den Weihnachtsfeiertagen machte er der Familie der Commerzienrätin Cahnheim in Moabit einen Besuch. In dem Zimmer befand sich eine sonst gutmütige, ihm nicht fremde Dogge, mit der er spielte, bis die Frau des Hauses eintrat. Als Pietsch der Dame die Hand zum Gruß entgegenstreckte, mißverstand der Hund die Bewegung und biß ihn zweimal in die rechte Seite und dann in den rechten Oberarm. Trotz vieler Schläge war cs nicht möglich, den Hund zum Loslassen zu bewegen, sodaß die Frau Commerzienrätin zu einem Revolver griff und das am Arme hängende Tier durch einen wohlge- ziehlten Schuß tötete. Der Kiefer des Hundes mußte gewaltsam aufgebrochen und von dem
zerfleischten Arm entfernt werden. Pietsch verfiel infolge des starken Blutverlustes in Ohnmacht und mußte in seine Wohnung gebracht werden. Er hat bis zum heutigen Tage seine Thäligkeit nicht wieder aufnehmen können.
(Geburt einer Zwergin.) In der Frauenklinik in Zürich erblickte dieser Tage ein junges Menschenkind die Welt, welches wegen der Abnormität seiner Größen- und Familicuverhältnisse wohl besondere Beachtung verdient. Das Kind, ein Mädchen, hatte nach der Geburt eine Größe von 40 em (die Länge eines mittleren Herren- kragens) und wog 2 KZ. Das überaus zarte Wesen erfreut sich dabei einer guten Gesundheit. Interessant sind die Familienverhältnisse der Mutter: diese wurde 1868 zu Pla'.he in Pommern als die Tochter des weithin bekannten Zwerges „Admiral Piccolomini" und zwar gleichfalls als Zwergin, I'/s kg' schwer, geboren und mißt heule in ihrem fünfunozwanzigsten Jahre 80 em. Die Frau des „Admirals Piccolomini" war normal gebaut und überaus kräftig; sie schenkte sieben Kindern, darunter zwei Zwergen, das Leben.
(568 Meilen auf Schlittschuhen.) Mr. Loren, ein junger Mann von 25 Jahren, der in San Paul (Minnesota) wohnt, war beschäftig- ungloS. Gern wäre er nach San Luis ausgewandert, aber nicht weniger als 568 Meilen trennten ihn von dieser Stadl. Und mit 5 Dollars in der Tasche kommt man nicht sehr weit. Es gab also keinen anderen Ausweg, als die Reise auf Schlittschuhen zu unternehmen.
Er fuhr nur bei Tag. während der Nacht ruhte er in den am Wege liegenden Pachlhöfen aus, wo es ihm infolge seiner guten Manieren und seines noch schöneren äußeren Menschen nicht allzuschwer wurde, Unterhalt und Nachtlager ' zu finden. Nach sechs Tagen langte er halbtot in San Luis an. Seine abenteuerliche Fahrt bildete natürlich bald das Stadtgespräch, Alle wollten den kühnen Schlittschuhläufer sehen, ' und die Schlittschuhfabrik Kleber u. Wreik gab ! dem „Helden" sofort eine Anstellung als „Meister" des Schlittschuhlausens mit einem Gehalt von 20 Dollars für die Woche. Aber das ist noch nicht Alles: Die schöne und sehr reiche Miß Emma von Leiden verliebte sich in den jungen Mann und machte ihm einen Heiratsantrag. Loren nahm ihn natürlich an. und so haben ihm ein Paar Schlittschuhe nicht nur ein bedeutendes Vermögen, sondern auch eine glückliche Häuslichkeit eingebracht.
Von den Inhabern der Ladengeschäfte wird seit langem über flauen Geschäftsgang geklagt. Seinem Schmerze hierüber macht ein elegisch Berliner angehauchter in folgendem Verse Luft:
Still ruht's Geschäft, j
Die Kunden schlafen.
Ein Flüstern nur vom Prinzipal,
Der Abend naht, mit leerer Kasse Zieht traurig heim der Prinzipal.
(Gleiches Leid.) Tante: „Was machst Du denn für ein mürrisches Gesicht, Mäxchen, Du bist doch nicht etwa — zeig' einmal Deine Zensur her." —Mäxchen: „Ach, liebe Tante, sei mir nicht böse; auch ich bin sitzen geblieben!" — (Bissig) A.: „Wärst Du denn in dem neuen Gasthof zufrieden? Wie waren denn die Betten?" — B.: „Oommo-il-lloli!"
(Feine Diagnose.) Professor (den Studenten einen Kranken vorstellend): „Sehen Sie, meine Herren, diese Krankheit entsteht durch feuchte unterirdische Wohnungen!" (zum Patienten): „Sie haben gewiß in einer Kellerwohnung gehaust!" — Patient: „Ach nein, Herr Professor, ich bin ja Leuchtturmwächter."
(Nicht gut möglich.) „Wer sind denn eigentlich die Orleanisten, die in Frankreich fort- s während Unruhe stiften?" — „„Hm, hm, — das f sind wahrscheinlich die Kinder der Jungfrau von Orleans!""
Anzeiger
Nr. 14.
Erscheint DienKt«M, vierteljährlich 4 ^
Kemchtsstelle,
welche ReBekamst- machung erläßt.
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Nachdem Kla Unterlassen entspre, Straßen der Verkel oft geradezu gefähr Mimst.-Erl. vom 3 dort in Folge Uebe kehr Unzuträglichkei alsbald zu veranlas Den 23. Jan
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Den 24. Jan»
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.