Königin während des hl. Aktes. Ein schöner Zug unseres Königs! Diese königliche Herzensgüte wird nicht verfehlen, im ganzen Lande den besten Eindruck hervorzurufen.
Letzten Montag den 12. d. Mts. war die Landestrauer um die Königin-Witwe Olga zu Ende, während die Hoftrauer noch bis zum 22. Januar 1893 währt.
Stuttgart. 14. Dez. Heute früh zwischen 4—5 Uhr wurde ein gewisser Waibel von Dillingen durch 2 Polizeibedienstete wegen Diebstahls hier festgenommen. Derselbe wurde auf frischer That ertappt, als er im Wartsaal 2. Kl. des hiesigen Bahnhofs einem daselbst schlafenden Viehhändler seine Uhr nebst Kette genommen hatte und dessen Brieftasche mit 4900 Mk. zu stehlen versuchte. Waibel ist schon öfters wegen Diebstahl mit Zuchthaus bestraft worden.
Hemmingen, 9. Dez. Bei der heute auf hiesiger Markung und einem Teil Schwieber- dinger Markung abgehaltenen Treibjagd wurden 360 Hasen zur Strecke gebracht.
Alten steig. 12. Dez. Ein Fuhrmann brachte eine seltene Fracht hier durch. Eine Hausiererfamilie von L. war vor 2 Tagen auf die Wanderschaft gezogen. Vater, Mutter und die kaum 17 Jahre alte Tochter. Unterwegs wurden Plötzlich die beiden Alten Großeltern, denn ihre jugendliche Tochter überraschte sie mit einer Enkelin. Was blieb nun anders übrig als rasche Heimkehr. Mit dem Schirmhandel war's aus. Die junge Mama samt Sprößling wurde in ein Bett auf einen Leiterwagen gebracht, die Großmama hielt einen Regenschirm darüber und der Großpapa setzte sich zum Fuhrmann. So zog die Familie zu viert nach Hause, von wo sie nach wenigen Tagen zu dreien fortreiste.
Anstand.
Die vom schweizerischen Bundesrat erlassenen Vollzugs-Vorschriften zu dem am 1. Januar 1893 in Kraft tretenden Bundesgesetz, betreffend die Patenttaxen der Handlungsreisenden, vom 24. Juni 1892, enthalten unter Ziff. 4 folgende auch für die deutschen Handlungsreisenden wichtige Bestimmungen: Jeder Reisende, der Bestellungen aufnimmt, bedarf (außer der GewerbeleMmationskarte) einer Ausweiskarte. Es ist gestattet, eine Karte für mehrere Reisende ausstellen zu lassen, wenn sie nur von dem einen oder dem anderen derselben gebraucht werden soll. Nehmen dagegen mehrere Reisende eines Hauses gleichzeitig Bestellungen auf, so bedarf ein jeder derselben einer Ausweiskarte. Umgekehrt hat ein Reisender, der mehrere Handlungsgeschäfte vertritt, nur eine Ausweiskarte zu lösen. Für Angehörige der Vertragsstaaten erfolgt die Ausstellung der Ausweiskarte unent- zeitlich in demjenigen Kanton, den der Handelsreisende zuerst besucht.
Gent. 13. Dez. Nach Schluß einer gestern abgehaltenen sozialistischen Versammlung wollten Teilnehmer derselben die Straßen durchziehen. Als die Polizei sie daran verhinderte, stürzten Ruhestörer mit Dolchen und Messern auf die Polizei. Die Gendarmerie nahm mehrere Verhaftungen vor. Es sind etwa 30 Mann verwundet worden. Unter fünf verwundeten Polizei-Agenten haben drei schwere Verletzungen erhalten.
Paris. 14. Dez. Infolge der von verschiedenen Journalen gebrachten Mitteilungen, daß der Finanzminister Rouvier zu Reinach und Herz in Verbindung gestanden sei, hat derselbe seine Entlassung eingereicht, die vom Präsidenten Carnot angenommen wurde. Rouvier suchte in der Kammer die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu wiederlegen, wobei er heftig von Deroulöde angegriffen wurde. Der Vorfall machte tiefen Eindruck und man glaubt, derselbe habe eine Schwächung des Kabinets herbeige- führt. — Wie schon telegraphisch gemeldet, ist an Stelle Rouviers Tirard zum Finanzmiiuster ernannt.
Paris, 14. Dez. Die Lage wird im allgemeinen für sehr ernst angesehen. Die konservativen Blätter sagen, der Panama-Skandal bedeute den völligen Zusammenbruch der
herrschenden Partei. Aus dem gestrigen Ministerrate wird erzählt, es hätten noch weitere Mitglieder des Cabinets ebenfalls die Absicht ausgesprochen, zurückzutreten, und wären nur durch die Erklärungen des Präsidenteu Carnot: stt solchem Falle werde er sein Amt ebenfalls niederlegen, bewogen worden, ihre Absicht aufzugeben.
Wigan, 15. Dez. In der Kohlengrube Bamfurlong brach gestern Vormittag ein Grubenbrand aus. Etwa 100 Arbteiter waren eingefahren. Mittags wurden 20 halberstickt herausgefördert. später etwa 20 Leichen aufgefunden. Die Hilfeleistungen waren schnell organisiert, das Feuer um 3 Uhr gelöscht. Man befürchtet, alle übrigen Arbeiter, etwa 60 an der Zahl, seien tot.
Petersburg. 12. Dez. Nach einer heute veröffentlichten Verordnung werden die 12 Reserve-Bataillone in Reserve-Regimenter zu je 2 Bataillone umformiert und aus diesen 3 Reservebrigaden zu 4 Regimenter gebildet.
Vermischtes.
(Gesundheit und Freude im Winter.) Die schöne Sommerzeit ist vorüber. Das Tummeln und Spielen in freier Luft, das so manchem Knaben die blassen Wangen gerötet hat, hört immer mehr auf. Zwar wird mancher Fußballverein, deren Zahl in Deutschland in diesem Jahre wieder erklecklich gewachsen ist, auch jetzt noch in der rauheren Luft einen Fußballwettkampf ins Werk setzen, bei welchem selbst dem Zuschauer das Herz warm wird vor Freude ob der kräftigen Bewegung des herrlichen Spiels, aber bald kommt doch böser Frost und Schnee, die dem allen ein Ende bereiten. Böser Frost und Schnee? ruft uns da die Erinnerung aus der Jugend zu, — böser? Waren wir Knaben denn nicht erst recht seelenvergnügt, wenn dicker Schnee lag und wir eine Schneeballschlacht schlagen oder wenn wir auf dem kleinen brettähnlichen Schlitten den Berg Herunterrutschen konnten! Oder dann gar, wenn am kalten Wintertag wie ein Zauberklang der Ruf erschallte „Der Kanal hält" und dann Alt und Jung voll Freude hinausstürzte auf die glatte Fläche und sich auf den langeschnäbelten Schlittschuhen in meilenlangem Lauf die Stubenluft aus den Lungen und die Sorgen aus dem Herzen fortlief? O, diese glücklichen Jugend- erinnerungen! Wie bewegen sie uns mächtig das Herz! Wie lassen Sie uns dankbar die Wohl- that empfinden, die uns der Winter trotz seiner Rauheit mit Schnee und Eis erweist! Aber diese Wohlthat hat nicht für alle Orte unseres deutschen Vaterlandes die gleiche Bedeutung. Der Winter läßt nur da weite ebene Eisflächen gefrieren, wo er auch weite Wasserflächen dazu vorfindet. Wo nun die Natur einer Gegend diese Wasserflächen versagt hat, da muß der Mensch sich künstlich seine Eisbahn schaffen, wenn er eine der herzerquickendsten Winterfreuden nicht missen will. Allüberall da. wo die Natur die Gelegenheit zum Schlittschuhlauf versagt hat, wird daher gegenwärtig bei Beginn der Winterszeit der Mahnruf: „Legt Eisbahnen an" ein williges Ohr finden. Denn, welche Einbuße bedeutet das Fehlen der Eisbahn allein für die reifere Jugend! Es sollte doch kein deutscher Knabe und kein deutsches Mädchen des Schlittschuhlaufs entbehren, denn Frische und Frohsinn, die der Jugend so wohl anstehen und ihr ein wenig geschwunden sind in unserer Zeit, liegen im Gefolge dieses idealen Wintervergnügens, das den Menschen so etwas dem Vogel ähnlich macht an freier Bewegung und Lebenslust. Wer soll aber die Eisbahnen anlegen? Die Gemeinde-Behörden in erster Linie, denn es ist ihre von den meisten auch wohlerkannte Pflicht, für Alles zu sorgen, was den Gesundheitszustand ihrer Bevölkerung fördert. In zweiter Linie die Schulbehörden, denn je mehr wir unsere Zöglinge zu ernster Geistesarbeit erziehen, desto mehr müssen wir mit aller Energie darüber wachen, daß sie in kräftigster körperlicher Bewegung ein ergänzendes Gleichgewicht bekommen gegenüber den Anstrengungen des
Geistes. Wo aber beide nicht im stände sind, gute Eisbahnen zu schaffen, oder es nicht thun, da tritt an jeden deutschen Mann, an jede deutsche Frau der Ruf heran, hier einzutreten, denn es ist die Pflicht eines jeden Bürgers und jeder Bürgerin, für die Kraft und Gesundheit des jedesmaligen Geschlechtes und damit für die Kraft des Vaterlandes Sorge zu tragen. Daher heißt eine weitere Mahnung: „GründetEis- bahnvereine!" oder besser noch, gründet Vereine für Leibesübungen in freier Luft, welche dann die Pflege der Eisbahnen mit übernehmen können!
(Ueber interessante Versuche mit Alumnium- Hufbeschlägen) weiß die Kreuzz. nach der Revue d'Artillerie zu berichten. Nach dieser militärischen Fachzeitschrift haben beim finnländischen Dragoner-Regiment Versuche mit Aluminiumhufbeschlägen stattgefunden, die einen bemerkenswerten Beitrag bezüglich der Ucbertragung des Aluminiums auf militärische Verhältnisse bilden. Jedes Pferd erhielt zwei Beschläge aus dem neuen Metall und zwei aus Eisen, und es wurden dann Dauermärsche aus steinigen Wegen veranstaltet. Hiebei zeigte es sich, daß die Alumi- niuiN'Beschläge ebenso gut widerstanden halten, als die eisernen. Sie sind zwar teurer, dafür aber bedeutend leichter. Auch lassen sich die abgenutzten einschmelzen und von neuem verwerten, was bei den eisernen Hufeisen nicht der Fall ist. Dem wäre noch beizufügen, daß das Gleiche von den Aluminiumbooten gilt. Der Werft von Escher, Wyß u. Cie. in Zürich verdanken wir bereits drei derartige Fahrzeuge, von denen ein größeres (14 Meter Länge) für Paris bestimmt ist. Diesen Anlaß benutzte die Zeitschrift Le Jacht, um auf die Vorzüge des neuen Metalls als Baustoff für Jachten, Schiffsboote, Rettungsboote usw. hinzuweisen. Der Schiffskörper solcher Fahrzeuge ist um leichter als derjenige von Elsen- oder Holzfahrzeugen. Daraus folge, daß sic bei gleichem Kraftaufwande eine höhere Geschwindigkeit entwickeln. Die Mehrkosten des Aluminiums aber, dem bisherigen Baustoffe gegenüber, werden dadurch ausgewogen, daß die Fahrzeuge eines Anstrichs nicht bedürfen, und daß man, wenn sie unbrauchbar geworden sind, das Metall vorteilhaft wieder verkaufen kann. Selbstverständlich kann es sich nur um kleinere Boote handeln. Zum Bau großer Schiffe eignet sich das Aluminium wegen seiner geringen Festigkeit nicht.
Mn Literaturfreund.) Rentier (ehemals Schweineschlächter): „Hier ist mein Arbeitszimmer!" — Besucher: „Ach, welch' prächtige Bibliothek!" — Rentier: „Und erst die Einbände! Alles Leder von Schweinen, die ich selbst geschlachtet habe!"
(Waidmännische Blumensprache). Aeltliche Kokette: „ . . . Nun, Herr Förster, für wie alt halten Sie mich?" — Förster: „So genau kann ich das freilich nicht jagen — aber wissen S' so vor'm Pürschgang möcht' ich Ihnen g'rad nicht begegnen!" (Fl. Bl.)
(Immer höflich.) Schnorrer: Herr Kommerzienrat, ich komme. . . —Rat: Mit welcher Mission? — Schnorrer: Mit Permission;
(Gefrorene Aepfel wieder brauchbar zu machen.) Sind Aepfel in einem gegen Kälte nicht geschützten Raume gefroren, so thue man sie in ein Gefäß und übergieße sie mit kaltem Wasser, so daß es etwa 1 Zoll hoch über den'.Aepfeln steht, sehr bald umgeben sich die Aepfel mit einer Kruste von Eis, dann kann man das Wasser abgießen, die Eiskruste von den Aepfeln durch Abreiben mit einem trockenen Tuche entfernen und sie hieraus in einem mäßig warmen Zimmer zum Abkühlen hinstellen, wonach sie ihre frühere Brauchbarkeit wieder erlangen. Mit Birnen kann man ebenso verfahren. Dabei ist jedoch sorgfältig darauf zu achten, daß das Auftauen nicht vor dem Beginn dieser einfachen Operation geschieht, denn sonst werden die gefrorenen Aesel oder Birnen zu erfrorenen, die nicht wieder brauchbar zu machen sind.
Auflösung des Palindroms in Nr. 194.
Leben. — Nebel.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.