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nach nein, sie gestand ihrem Gatten alles offen ein.

Sie trat mit erhobener Stirn und freiem Blick vor ihn hin und sagte ihm alles.

Und dann wurden sie geschieden.

Wie sich Förster ihr gegenüber verhielt, ist mir unbekannt. Ich weiß nicht, ob er ihr drohte, ob er weinte, ob er sie anflehte aber ich glaube, daß er kein Mittel unversucht ließ, um die Geliebte an sich zu fesseln.

Anny Hood denn so hieß sie jetzt zog bald darauf in ihr neues Heim und Archi­bald blieb einsam zurück.

Er wurde menschenscheu und man erzählte sich, daß oft Wochen vergingen, ehe er einen Fuß über seine Schwelle setzte. Desto mehr irrte er in seinem Hause umher. Seine Diener ver­sicherten , daß er manche Nacht nicht aus den Kleidern käme. Er durchwanderte seine Wohnung von einem Ende zum andern. Er streifte durch die großen, dunklen Zimmer und murmelte halb­laute Worte vor sich hin.

Wäre es möglich, daß ?

Zwei Jahre waren seitdem verflossen. Die Zeit heilt alles Leid, pflegt man zu sagen. Bei allen Menschen trifft dies nicht zu. Es giebt Naturen, welche nie vergessen können.

Wäre es möglich?

Archibald Förster mußte Hood hoffen, das war nicht anders denkbar.

Förster war jetzt nicht mehr der Einsiedler, der er vor zwei Jahren gewesen. Er hatte wieder angefangen teilzunehmen an dem Leben, das ihn umgab. Man hatte ihn oft mit Hood am gleichen Ort getroffen, daß er aber mit seiner früheren Frau gesprochen, daß er dem einst so geliebten Freunde die Hand gedrückt das hatte Nie­mand gesehen.

Voraussetzung: Förster haßte Hood; Schluß­folgerung: Er würde sich rächen. Das Leben, welches Archibald Förster einst Benjamin Hood geschenkt, das nahm er wieder.

Das hatte er genommen in der Nacht zwischen dem ersten und zweiten März, in der Nacht zwischen Dienstag und Mitwoch. Sein getreuer Diener, der Neger Sam, hatte blindlings dem Worte seines Herrn gehorcht, für seine Riesen­kräfte war das Ganze ein Kinderspiel gewesen, das Werk weniger Sekunden. Und sein Ge­wissen? Das Gewissen eines Negers!

Mit Lebensgefahr hatte ich mich nach Five- Points hinein gewagt, hatte alle Ecken und Winkel durchsucht, war so glücklich gewesen, den rechten Mann zu treffen, und hattedas Feld räumen müssen.

Wie aber konnte ich wissen, daß ich ihn in der verrufenen Schänke treffen würde? Ach, ein Detektiv kennt diese übel berüchtigten Stätten, und ihre Stammgäste kann er an den Fingern herzählen! Förster war ein strenger Herr schon manche liebe Nacht hatte ich Sam in diesem verrufenen Hause getroffen das Negerblut forderte sein Recht.

Jetzt handelte es sich nur darum, des Negers habhaft zu werden und ihn zum Geständnis zu bringen, denn Beweise für seine Schuld hatte ich nicht.

Die Sache schien mir ganz sonnenklar zu sein es galt jetzt nur, einen Plan zu ent­werfen, der zum Ziele führen konnte, Schritt für Schritt vorzurücken, bis jeder Zweifel aus­geschlossen war, bis ich die handgreifliche Wahr­heit vor mir hatte, um mich dann wie der Habicht auf meine Beute zu stürzen. Und dies alles mußte bald geschehen, in einem bestimmten Zeitraum; eine Woche war ja die höchste Frist, über die ich zu verfügen hatte.

Anny Förster und Benjamin Hood hatten in der ersten Zeit nach ihrer Vermählung ein völlig zurückgezogenes Leben geführt, sie schienen ihr Glück in aller Stille genießen zu wollen. Als jedoch einige Monate verflossen waren, zeigten sie sich wieder in der sogenanntenWelt." Anny schien mit gleicher Lust an allen Vergnügungen teilzunehmen wie früher. Der einzige Unterschied war, daß die Königin der eleganten Salons jetzt nicht mehr Anny Förster, sondern Anny Hood hieß.

In diesem Augenblick stieg ein Gedanke in meiner Seele auf. Eine Frau, welche den Mann verläßt, der sie liebt und dem sie aus freien Stücken ihre Hand gegeben, hat in meinen Augen keinen Anspruch auf Achtung und Vertrauen.

Sollte sie etwa ihre Hand mit im Spiele haben?

Aber der Grund? die Ursache?

Etwas Klarheit würde ich wohl auf jeden Fall bei den Versuchen erhalten, die ich heute bei Anny Hood und Archibald Förster abstattcn mußte und wenn es mir gelang Licht in diese dunkle Sache zu bringen, welche Entdeck­ungen würde ich da machen! Häufig hatten sich in der New-Iorker feinen Welt geheimnisvolle Ereignisse zugetragen; aber dieser Mord war doch etwas so entsetzliches, daß mir davor graute, daran zu rühren.

Die Uhr schlug zehn. Es war Zeit, sich zum Chef zu begeben und über den Verlauf der letzten Nacht Bericht abzustatten. Er erwartete mich sicher voller Ungeduld. Und möglicherweise hatte auch er etwas zu melden.

Vielleicht mußte ich auch ein wachsames Auge auf den Adjutanten haben. Der junge Mann hatte mir niemals so recht gefallen; er war so hitzig, so unbesonnen. Aber die Jugend will sich ja nun einmal austoben.

(Fortsetzung folgt.;

Wien, 26. Juni. Daß das Glück eine gläserne Kugel ist, die gar leicht zerbricht, mußte jüngst der Lieblingsknabe des Schahs von Persien erfahren. Man wird sich erinnern, daß der Schah auf seinen Reisen in Europa einen hübschen Burschen bei sich hatte, an den ihn Neigung und Aberglaube fesselten. Der Schah, der in beständiger Furcht lebt, auf irgend eine unliebsame Weise vor der Zeit wieder mit seinen verstorbenen Gattinnen vereinigt zu wer­den, glaubte nämlich durch den Knaben, bei dessen Geburt ein heiterer Stern am Himmel glänzte, vor jedem Unglück bewahrt zu sein. Sein Glaube sowohl als das Glück des Knaben sind jetzt aber dahin. Wie dasN. Wiener Abendbl." mitteilt, ist der Schah unlängst nur wie durch ein Wunder dem Tode entgangen. Der Licb- lingsknabe spielte nämlich im Lager bei Burujird mit einem Revolver, als sich derselbe plötzlich entlud. Die Kugel hätte um Haaresbreite den Schah getötet. Die Folge davon war die so­fortige Entfernung des Knaben.

Ein Dickschädelerster Güte" pro­duziert sich zur Zeit im Wiener Prater. Mr. Hüll aus Newyork dies sein Name schlägt unter anderem einen 5 Centimeter dicken Eichen­pfosten so lange auf sein Vorderhaupt, bis der Pfosten in Trümmer geht! Noch frappierender ist folgendesKunststück": Der junge Mann legt eine 88 Pfund wiegende Eisenplatte auf den Kopf, läßt dann einen Granitblock im Gewichte von 140 Pfund auf die Platte stellen und den Block durch eine zweite Person so lange durch kräftige Hammerschläge bearbeiten, bis er zerschellt. Daß er sechs vierzöllige Zimmermannsnägel mit der flachen Hand rascher in einen Holzpfosten treibt, als es einer andern Person gelingt, durch wuchtige Hammerschläge auch nur einen Nagel einzukeilen, und daß er eine zwei Millimeter starke Eisenstange mit den Zähnen biegt, als ob die Stange aus Butter wäre, wird nur neben­her produziert. Dabei vollführt Mr. Hüll alle seine Kraftproben mit großer Anspruchslosigkeit und zerstreut im vornherein den unangenehmen Eindruck, den ähnliche Produktionen auf das Publikum zu üben pflegen, durch die in ge­brochenem Deutsch ausgesprochene Versicherung: Bitte, meine Herrschaften, fürchten sie nichts, thut mir gar nicht weh!"

(Sechs junge Mädchen) im schweizer Ober­landkostüm haben eine Art von Weltreise geplant und zum Teil schon ausgeführt. Sie durchwan­derten zu Fuß die Berge ihrer Heimat und kamen auch, den Stab in der Hand und den Tornister auf der Schulter nach Paris, wo sie auf den Boulevards durch ihre kräftigen Gestalten und

ihr schmuckes gleichartiges Kostüm Aufsehen er­regten. Die jungen Reisenden schlafen unter freiem Himmel in Hängematten, wobei eines der jungen Mädchen stets die Wache hält, damit sich keine Unberufenen herandrängen. Wer Hände und Arme dieser eigentümlichen Freundinnen des Sports betrachtet, wird nicht im Zweifel sein, daß die Mädchen keines anderen Schutzes bedürfen. Von sentimentalen Anwandlungen sind sie gleich­wohl nicht ganz frei, denn jede führt ein Tage­buch, das schon über tausend eng beschriebene Seiten aufweist. Auch Deutschland soll von den Wunderjungfrauen besucht werden, die sich viel­leicht auf der Weltausstellung von Chicago sehen lassen wollen.

Aus Island, 29. Juni. Während wir uns in Deutschland eines ganz angenehmen durstigen" Wetters erfreuen, kommen aus Is­land rechteisige" Nachrichten, welche auf unsere Leser wie Gefrorenes wirken dürfte. Die Kälte ist dort so strenge, daß das Eis die ganze Nord- und Ostküste bedeckt. Infolge dessen ist die Schifffahrt sehr beschränkt, und auch die Fischer halten sich von der unwirtlichen Küste ferne. Die Isländer nehmen die Sache weniger scherzhaft, sondern schauen ziemlich traurig mit ihren erfrorenen Nasen in die Welt. Die Is­länder sind nämlichso eine Kälte" nicht ge­wöhnt, da die Insel sich sonst trotz ihrer hohen Lage durch die Berührung des Golfstromes eines milden Klimas erfreut.

(Eidechsenleder). Die Inhaber der feinen Lederwarengeschäftc preisen neuerdings als beach­tenswertestes Erzeugnis Täschchen und Mappen aus Eidechsenleder an. Noch vor wenigen Tagen konnte man in Tageszeitungen Aufklärungen über die nützlichen Eigenschaften der Eidechsen lesen. Es fehlte nicht an Aufforderungen an Eltern, Erzieher und Lehrer, der Jugend klar zu machen, welch' sündhaftes Treiben es ist, diesen unschuldigen Tierchen nachzustellen. In der Schule wird über Tierquälerei und das nutzlose Töten solcher Tiere Bortrag gehalten, und zu Hause erhält das Söhnchen von Mama zum Geburts­tage einen Geldbeutel, aus feiner, farbig schillern­den Haut. Warum auch nicht, es ist ja so zart und das Neueste? Um dem gewählten Geschmack gewisser Kreise zu genügen wird so die Eintracht in dem Fühlen und Denken der Kindesseele zer­stört. Und Ben Akiba hat wiederum Recht! Wie es vor Jahrhunderten nötig war, Tausende unserer befiederten Sänger hinzuschlachten, damit deren Zungen den Gaumen eines Luculus be­friedigten und das Gericht um so delikater war, je mehr Vögel ihr Leben lassen mußten, so ist auch heute eine Reisetasche um so aparter, je mehr Eidechsenleder dazu verwandt wurde. Eidech­senleder, brasilianische Käfer in Armbändern und Broschen, Vögel auf dem Hute! Was hat der europäische Kulturmensch eigentlich noch vor den Kannibalen der Südsee voraus? (D. W.)

(Eine Hunde-Amme.) Ein Berliner Blatt veröffentlicht folgende Anzeige:Eine gesunde und kräftige Hundeamme, echter Bernhardiner Raffe, wird gegen hohes Entgeld (bis 600 v/L) zur Nährung zweier junger Hunde, denen die Mutter krepiert ist. auf 6 bis 8 Wochen sofort gesucht.

(Der schlaue Hans.)Was soll ich Dir kaufen? Einen Kastew mit Handwerkszeug oder ein unzerreißbares Bilderbuch?"Beides, lieber Onkel! Wenn ich ein unzerreißbares Bilderbuch kriege, dann muß ich doch auch ein Handwerkszeug haben!" (Fl. Bl.)

(Im Möbelmagazin.) Sie wollen Sich einen Sorgenstuhl kaufen? Ja, ich denke nächstens zu heiraten.

Nachdem ein Luftwirbel über der südlichen Ostsee abgezogen ist, wird die Wetterlage von dem nachgerückten Hochdruck beherrscht. Es wird deshalb vermutlich das heitere, trockene, sommerlich warme Wetter fortdauern. Ge­witter sind vorerst nicht zu befürchten.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.