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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.
Neuenbürg, 2. Juli. Aus Oberniebelsbach erhalten wir die Mitteilung, daß daselbst die Traubenblüte bei der schönen sommerlichen Witterung in dieser Woche außerordentlich günstig verlaufen ist, wie dies seit lange nicht mehr der Fall war. Es sei namentlich in jungen Weinbergen schon ein ganz bemerkenswerter Beerenansatz zu sehen, der wie schon in der letzten Sonntagsnummer ds. Bl. ausgesprochen, die erfreulichen Hoffnungen auf einen guten Mittelherbst vollauf bestätigt.
Neuenbürg, 2. Juli. (Vieh markt.) Starke Zufuhr von Milchschweinen. Preise: 18—27 pr. Paar.
Deutsches Weich.
Goeteborg, 30. Juni. Die Jacht „Kaiseradler", welche gestern abend um 6 Uhr Kiel bei Regen und Westwind verließ, hat soeben wegen ungünstiger Witterung und Nordostwind auf der Rhede Goeteborg Anker geworfen. An Bord ist alles wohl. Das Wetter klärt sich auf. Die Weiterfahrt nach Bergen ist für morgen früh in Aussicht genommen.
Frankfurt a. M., l. Juli. Heute vormittag wurde ein Lehrling des Bankgeschäfts von Gebrüder Wolfs am Salzhaus auf der Treppe des Bankhauses von zwei Männern überfallen, die augenscheinlich wußten, daß der Lehrling soeben auf der hiesigen Reichsbankhauptstelle einen Check von angeblich 150 000 ^ einkassiert hatte. Die Räuber entflohen mit dem Gelde, doch wurde einer festgenommen und die geraubte Summe vorgefunden.
Aus der Pfalz wird geschrieben: „Einzig in ihrer Art dürfte wohl die Ehrengabe sein, welche auf dem XIII. mittelrheinischen Verbandsschießen in Speyer herausgeschossen werden wird. Die Menagerie von Ehlbeck und Wolfsinger, welche auf dem dortigen Festplatz Ausstellung nehmen wird, hat der Speyerer Schützengesellschaft einen zweijährigen Bären als Ehrengabe für das Festschießen zum Geschenk gemacht. Der Bär wird einige Tage in einem Käfig ausgestellt sein, dann erschossen und das Fleisch auf den Festbanketten zum Konsum verabreicht werden. Das Fell ist Ehrengabe für den siegenden Schützen."
Aus Baden, (30. Juni. Die Traubenblüte scheint im ganzen Lande besser verlaufen zu sein, als man bei dem raschen ungünstigen Umschlag der Witterung vor etwa drei Wochen erwartete. Auch vom Kaiserstuhl wird gemeldet, daß die Herbsthoffnungen bis jetzt günstigere sind, als seit einer Reihe von Jahren.
Mannheim, 1. Juli. Die Lanz'sche Maschinenfabrik ist vergangene Nacht von einer großen Feuersbrunst heimgesucht worden. Es brannte die Aufbewahrungshalle fertiger Maschinen ab. Der Schaden ist beträchtlich. Zahlreiche Maschinen sind zerstört.
Württemberg.
Ulm, 30. Juni. Unter Glockengeläute und Kanonendonner fuhr heute vormittag 10'/r Uhr der K. Sonderzug in den Bahnhof in die im Festesschmuck prangende Stadt ein. Bei der Ankunft wurde das Königspaar mit brausenden Hochrufen begrüßt. Auf dem Bahnhof fand großer militärischer Empfang statt. Ihre Majestäten bestiegen dann ihren 4spännigen Hofwagen und fuhren bis zur Ehrenpforte am russ. Hofe, wo der König ausstieg und vom Oberbürgermeister Wagner begrüßt wurde. Der König erwiederte huldvollst, daß er von dem überaus schönen Empfang auss Freudigste überrascht sei und daß er der Stadt Ulm stets gewogen bleiben werde. Sodann begann die Umfahrt durch die überaus prächtig geschmückte Stadt; das Königspaar wurde auf allen Plätzen und Straßen jubelnd begrüßt von einer ungeheuren Menschenmenge, den sämtlichen Vereinen und Innungen der Stadt, der gesamten Schuljugend, welche überall Spalier bildeten. Vom Grünen Hof aus fuhren die Majestäten zum Paradefeld in der Friedrichsau; dort angekommcn bestieg der König ein Pferd und ritt mit seinem militärischen Gefolge an den linken Flügel der
in zwei Treffen aufgestellten Parade. Die Truppen begrüßten den König mit einem dreifachen Hurrah, worauf die Regimentskapellen den Präsentiermarsch spielten. Der König ritt sodann mit seinem Gefolge die beiden Treffen ab, während die Königin im Wagen folgte. Bei dem ersten Vorbeimarsch setzte sich der König an die Spitze seines Dragoner-Regiments und führte dasselbe der Königin vor; dasselbe geschah beim Feldartillerie-Regiment und ebenso beim zweiten Vorbeimärsche im Trabe. Zwischen dem ersten und zweiten Vorbeimärsche begrüßten die Majestäten die in der Stärke von 460 Mann anwesenden Kriegervercine des Oberamts Ulm, welche auf die Majestäten lebhafte Hoch- und Hurrahrufe ausbrachten. Nach der Parade sprach der König seine volle Zufriedenheit über die vorzügliche Hccktung und Leistungen der Truppen aus. Das Wetter war der Parade sehr günstig, wenn auch ein starker Wind den sandigen Bogen manchmal heftig aufwirbeln ließ. Die Parade, welche um 12^4 Uhr zu Ende war, hatte eine ungeheure Menschenmenge angezogen. Um 1 Uhr war auf dem Rathause ein Frühstück, gegeben von der Stadt, wozu über 100 Einladungen ergangen sind. Nach demselben zogen sich die Majestäten zurück, um nach 3 Uhr dem Münster einen Besuch abzustatten. Um 6'/- Uhr fand auf dem Rathausc ein von den Majestäten gegebenes Diner statt, zu dem zahlreiche Einladungen ergangen waren. — Der König ist mit Sonderzug nach Heiden- heim abgereist. Von dort fährt der Zug leer nach Aalen; der König benützt zu seinem Besuch auf dem Härdtsfeld feinen eigenen Wagen. Die Rückreise nach Stuttgart erfolgt morgen Nacht von Aalen aus-
Der Württ. Schutzverein für Handel und Gewerbe hat durch eine Sonderbeilage zu den Stadtauflagen der Stuttgarter Blätter einen Aufruf erlassen, welcher sich gegen den Stuttgarter Konsumverein wendet und einer immer brennender werdenden Frage energisch aus den Leib rückt. Der Aufruf weist überzeugend nach, daß der Konsumverein schon längst seinen ursprünglichen Zweck in dessen Gegenteil verkehrt habe, indem er nicht mehr die Minderbemittelten in seinen Schutz nehme, sondern den kaufmännischen und gewerblichen Mittelstand in einer verderblichen Weise bekämpfe, so daß letzterer vor dem Konsumverein Schutz suchen muß. Durch seine gewaltigen Reserven und sein beträchtliches Betriebskapital, an welchem die mitbeteiligten Sozialdemokraten keinerlei Anstoß nehmen, während sie sonst den Kapitalismus in jeder Form bekämpfen, bereite der Konsumverein der Geschäftswelt eine verderbliche Konkurrenz ohne mit seinen Waren billiger zu sein. Dabei habe er durch die sogenannten Lieferantenverträge seine Steuerschraube an das ganze Stuttgarter Publikum angesetzt und verteure durch diese Verträge im allgemeinen die Preise. Diese Behauptung wird an einigen Beispielen klar bewiesen. Der Aufruf kritisiert scharf die Lieferungsverträge des Konsumvereins, weil diese die Bestimmung enthalten, daß der Konsumvereinslieferant seinen Kunden, die mit Reichsgeld bezahlen, in keiner Form denjenigen Rabatt gewähren darf, den er den Konsumvereinsmitgliedern einräumt, und zwar bei einer hohen Konventionalstrafe. Eine solche Bestimmung ist freilich gegenüber dem allgemeinen Publikum eine Impertinenz. 132 000 Mark hat im vergangenen Jahr der Konsum- Verein von seinen Lieferanten als Rabatt bezogen; man wird nicht irre gehen in der Annahme, daß dieselben Lieferanten an die baar- zahlende Kundschaft mindestens ebensoviel Waren, wahrscheinlich aber noch weit mehr, umgesetzl haben, weil der Konsumverein trotz seiner 8000 Mitglieder durch nur den dritten bis vierten Teil der Stuttgarter Bevölkerung repräsentiert. Wenn also die Umsätze in jenen Läden in Reichsgeld und in Konsumblech nur gleich waren, so haben die barzahlenden Bürger mindestens 132 000 v-L mehr für die Waren bezahlt als die Konsumvereinler zu bezahlen halten, mit anderen Worten, der Mann mit dem reellen Gelde wird in solchen Läden vertragsmäßig hineingelegt und zwar ganz gehörig. Mit Recht wendet sich daher der Aufruf zunächst an die
Nichtkonsumvereinsmitgliedcr mit der Frage, ob sie geneigt seien, auch fernerhin ein solches Tribut des Konsumvereins zu tragen. Weiterhin wird nachgewiesen, daß die bessersituierten Mitglieder des Konsumvereins für den einen Teil ihrer Waren die einfache Dividende, für den andern Teil aber die doppelte Dividende, welche sie später wieder herausbekommen, schon zum Voraus zn bezahlen haben und bei alledem noch an einem Werke Mitarbeiten, das die sozialistische Lehre von dem Kollektiveigentum in die Praxis zu übersetzen drohe. Den Staatsbeamten, welche doch erst vor kurzem erhebliche Aufbesserung bekommen haben, an welcher der gewerbliche Mittelstand seinen Steuerbeitrag zu leisten hat, wird in dem erwähnten Aufruf folgendes Stammbuch- Verschen ins Album geschrieben: „Arm in Arm mit den Vertretern der sozialistischen Partei arbeiten die Herren Beamten vorerst an der Er- strebung eines wirtschaftlichen Ziels, dessen that- sächliche, wenn auch vielleicht nicht beabsichtigte Folgen bereits dargestellt sind. Als Mitglieder und Verwaltungsräte des Konsumvereins betreiben sie korporativ ein auf Erwerb und Dividendenmacherei gerichtetes Geschäft im großen, welches einzeln zu betreiben ihnen das Beamtengesetz nachdrücklich verbietet." Die Konsum- vereinslieferanten werden dann aufgefordert, ihre Gründe öffentlich darzulegen, warum sie mit zweierlei Maß messen, indem sie dem bar- zahlenden Publikum einen Rabatt vorenthalten, den sie den Konsumvereinsmitgliedern gewähren. Der Aufruf des Schutzvereins schließt: „Wir sind weit davon entfernt, unseren minderbemittelten Mitbürgern die Vorteile des Einkaufs im großen unmöglich zu machen oder auch nur erschweren zu wollen. Was wir erstreben, ist einzig und allein, daß der Konsumverein wieder zu denjenigen Grundsätzen zurückkehre, auf welchen er seinerzeit aufgebaut wurde, daß er also aufhöre, sein bedeutendes Betriebskapital zu einer erdrückenden Konkurrenz gegen so viele Geschäftsleute und zur alln^ähligen Zermalmung des kaufmännischen und gewerblichen Mittelstandes zu mißbrauchen und daß er vor allem aufhöre, eine Art von Steuerschraube an die gesamte Bevölkerung anzusetzen. Der Konsumverein hat kein Besteuerungsrecht; gegen seinen Anspruch auf ein solches werden wir mit allen gesetzlich erlaubten Mitteln ankämpfcn, bis das Ziel erreicht ist. Gerne aber gewähren wir unfern minderbemittelten Mitbürgern das, was wir für uns verlangen, in der Bestätigung des Grundsatzes: „Leben und leben lassen."" — Diese ganze Kundgebung büdet offenbar das Signal zu einem heftigen Kampf, dessen Ausgang übrigens nicht zweifelhaft sein kann; denn auf seiten des Konsumvereins ist der nackte und rücksichtslose Egoismus, auf Seite der Geschäftsleute die Gerechtigkeit, die z. B. der Prinzregent von Bayern von vornherein dadurch anerkannte, daß er die Einrichtung eines Beamtenkonsumvereins in Bayern kurzer Hand verbot.
Fabrikant Z. in Stuttgart, ein Musikliebhaber, hat eine Stradivarius-Geige für 41,000 c/U gekauft. Dieselbe ist äußerlich besonders schön, gehört aber, was den Ton anbelangt, nicht einmal zn den hervorragenden Instrumenten des Meisters.
Bondorf, 29. Juni. Gestern abend fiel der Bauer Jakob Maier von hier so unglücklich von einem leeren Heuwagen, daß der Tod sofort eintrat.
Ausland.
Paris, 1. Juli. DerAntrag Deloncle, in Paris im Jahre 1900 eine Weltausstellung abzuhalten scheint die Bedeutung eines persönlichen Schrittes weitaus zu übertreffen. Deloncle selbst erklärt, daß er schon vorher über den Plan einer Weltausstellung im Jahre 1900 mit den Ministern gesprochen habe, daß diese aber die Sache noch nicht für dringlich hielten. Darin sei jetzt durch die Absichten Deutschlands eine völlige Aenderung geschaffen, Frankreich müsse sofort handeln. Bon den Freunden De- loncles wird erklärt, die Regierung sei mit dem Anträge einverstanden. Die Presse stellt sich, soweit sie die Angelegenheit bespricht, durchweg zn dem Antrag günstig, und behauptet, daß es
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