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„Ei. ich könnte Dir nach Deinem Vorbilde da auch mit einem klassischen Citat antworten, Max." erwiedertc Sigmar Hardheim, und nun huschte doch etwas von der gewohnten Lustigkeit über sein hübsches Gesicht: „Alleweil kann man nicht lustig sein —"
„Und alleweil hat man kein Geld!" fiel der mit dem Namen Max Angeredete ein, „das trifft aber bei Dir nicht zu; Du hast Geld und bist noch in der zwölften Stunde als rettender Engel erschienen."
„Daß cs erst in der zwölften Stunde geschah. ist, dächte ich, kein Beweis, daß ich Geld habe; ich hätte Dir meine Schuld gern früher gezahlt!" Seine Stimme klang scharf, vielleicht glaubte auch Max nur, einen verhaltenen Groll herauszuhören.
„Sigmar, sei ehrlich, Du zürnst mir, daß ich Dich drängte und bestürmte, mir das Geld zurückzuzahlen."
„Nicht doch, Du warst in deinem Rechte," versetzte Hardheim abwehrend.
„Eine erbauliche Auffassung unter Freunden, sich auf den Boden des kalten Rechts zu stellen!" rief der junge Mann, „Nein. Sigmar, ich war in der schrecklichsten, drückendsten Verlegenheit, hätte ich den Wechsel gestern bis sechs Uhr- Abends nicht bezahlen können, so war ich verloren, es wäre mir nichts übrig geblieben, als mir eine Kugel durch den Kopf zu jagen."
„Ich las das aus dem letzten Briefe und fuhr her, da ich das Geld im letzten Augen blicke erst aufzutreiben vermochte und keine Zeit mehr war, es Dir zu schicken."
„Ich werde Dir das in meinem Leben nicht vergessen!" rief Max v. Werden und erhob das Glas, stoß an, es lebe der Edle, der mir die freundliche Gewohnheit des Daseins und der Wclt einen zukünftigen Botschafter oder Minister bewahrt hat."
Sigmar Hardheim that Bescheid, aber die gut gestimmten Gläser gaben trotzdem keinen vollen Accord und er sagte ziemlich frostig: Mache doch kein solches Aufheben von der Sache, ich that nur meine Schuldigkeit."
„Sigmar," bat Werden wieder, „grolle mir nicht länger. Ich wiederhole Dir, meine Laufbahn, die Ehre meines Namens, ja mein Leben hing von dem Besitze des Geldes ab, hätte ich aber ahnen können, daß ich Dich durch meine Mahnung so tief verletzte!"
„Du hast mich nicht verletzt, Max, Du fassest die Sache von einem ganz falschen Gesichtspunkte auf," unterbrach ihn Sigmar.
„Doch, doch." beharrle der andere, „ich dachte, es könne Dir nicht allzu schwer werden. Dir die Summe zu verschaffen, da ich ja von Dir weiß, daß Deine alte, reiche Tante immer wieder herausrückt."
„Sie hat es mir diesmal sehr, sehr schwer gemacht!" murmelte Sigmar, ein tiefer, schwerer Seufzer entrang sich seiner Brust, er stützte den Kopf in die Hände und versank in ein finsteres Grübeln.
„Verzeih', Sigmar, Du scheinst diesmal einen harten Strauß um meinetwillen bestanden zu haben und die bitteren Empfindungen davon noch nicht verwinden zu können."
„Nie in meinem ganzen Leben!" stöhnte Sigmar.
„Oho, Freund, was fällt Dir nur heute ein, alle Dinge hochtragisch zu nehmen?" lachte Werden, „die Hauptsache bleibt doch, die Tante hat das Geld gegeben —"
„Sprechen wir nicht davon!" rief Hardheim, indem er aufsprang und vor dem Eingang der Laube auf- und abging.
(Fortsetzung folgt.)
(Feuerwehr vor!) Die Zusammenstöße zwischen Polizei und Arbeitslosen veranlassen uns, darauf aufmerksam zu machen. daß in Amerika bei Unruhen fast allgemein von Seiten der Polizei und selbst des Militärs zuerst die Wasserwaffe anstatt der Feuerwaffe in Anwendung gebracht wird. Man läßt in Fällen, eines Volksauflanfs die Hydranten oder die Feuerspritzen spielen und dieses Mittel verfehlt fast niemals seine das Blut abkühlende Wirkung,
während das Feuer erhitzt und die Wut entflammt. Schon der alte Pindar sagt: „Das Beste ist doch das Wasser!" Möchte man auch bei uns von seiten der Behörden überall darauf Bedacht nehmen, bei Aufläufen den erfrischenden Wasserstrahl bereit zu halten und den mörderischen Feuerstrahl für Angriffe von außen aufzubewahren.
Der alte Heidelberger Paukdo kt or Friedrich Hermann Im misch ist am 22 Febr. infolge eines H^chlagflusses im 72. Lebensjahre gestorben. Seinem hinterlassenen Wunsche ge- mäß wurde die Leiche im neuen Krematorium zu Heidelberg verbrannt. Die gesamten Korps und Burschenschasten mit ihren Fahnen und viele Freunde aus Stadt und Land gaben dem Verstorbenen das letzte Geleite. Jmmisch versah fast vierzig Jahre lang das Amt eines Pauk- doktors bei den Studenten in Heidelberg; während dieser »Zeit hat er über 30 000 Mensuren beigewohnt.
Welchen haarsträubenden Blödsinn sich das Pariser Publikum durch die dortigen Zeitungen über die Berliner Unruhen auftischen läßt, dafür giebt der Figaro einen Beweis, der allen Ernstes meldet, „daß das Volk am Donnerstag in die Zimmer des Schlosses gedrungen sei und der Kaiser, mit einem Revolver in der Hand, sich durch einen unterirdischen Gang vom Schützenplatz (! ?) nach Spandau gerettet habe."
(Wie du mir, so ich dir.) Ein drolliges Stückchen wird aus der Nähe unserer schwäbischen Residenz berichtet. Ein Bierbrauer, der wegen seines mindern Gerstensaftes bekannt ist, begrüßte einen seiner Stammgäste, der anläßlich des Geburtstages Sr. Maj. des Königs dekoriert war, mit den malitiösen Worten: „Sag' mer no au, worom du an Auszeichnung kriagt hoscht?" — „Weil i schau 25 Johr mit Beharrlichkeit dei schleachtes Bier s . . .!" erwiderte der biedere Dekorierte. — Daß die übrigen Gäste in eine stürmische Heiterkeit ausbrachen, brauchen wir wohl nicht erst zu sagen. An jenem Abend soll sich der malitiöse Bierbrauer in seiner Wirtschaft nicht mehr gezeigt haben.
(Eine Geschichte von zwei tapferen Schneidern^) Aus Bartcnstein, 14. Febr. wird geschrieben : Zwei Schneider in einem benach; barten Kirchdorf? hatten sich>auf einem Tanzvergnügen in stark angeheitekrem Zustande um einer „Dorfschönen" willen erzürnt und schließlich geohrfeigt. Der sich für den zumeist Beleidigten hielt, forderte seinen Beleidiger zum — Duell auf Säbel. Es wurden Zeugen gewählt, die den Kampfplatz wählten und zur festgesetzten Stunde 2 -- atkk verrostete Schleppsäbel zur Stelle schafften. Als die beiden Herren von der Nadel die Mordwaffen erblickten, entfiel ihnen der Mut! „Mit diesen vsrflixten Dingern kann man sich ja leicht verwunden und eine Blutvergiftung zuziehen", sprach der Herausforderer und bot mutig die Hand zur Versöhnung, die auch ebenso tapfer angenommen wurde.
^n gefährliches Geschenk. In Jilbar schenkte ein dort wohnender Italiener der Hauptkirche eine R ffenkerze, welche während des Hochamtes vor ^m Marien-Attar brennen sollte. Der Kirchen!, eener entdeckte jedoch rechtzeitig, daß die Kerze mit mehreren Dynamitpatronen gefüllt war.
Eine LaAdessitte. Wie man aus Teheran, der Residenzstadt Persiens, schreibt, hat der Schah der englischen Gesellschaft für die Aufhebung des Tabaksmonopols nicht unr eine Entschädigung von 200000 Pfd. St. — 4000000 Mk gewährt, sondern ihr auch noch alle jene Summen, melche dieselbe „nach Landessitte" bei Erlangung dieses Monopols als Bakschisch Mrink- geld) verteilt hatte, wieder zurückstellen lassen. Es mußten daher zurückzahlen: das Hofmarschall-
zmt mit den Pallestdienern 16 000, der Großvezier Emin Eddaulet 20 000, der Finanzminister Muschir Eddaulet 10 000, der Handelsminister Etamade Effulteneh 5000, der Leibarzt Dr. Tolozan 1000, der Kitab Bey (Zolldrrektor) 3000, der Eunuchenchef Aziz Khan 2000 und der Musikdirektor Lemaire 500 Pfund Sterling.
(126 Millionen Mark Mitgift.) Wie aus Offenbach mitgeteilt wird, hat sich der Erbprinz Leopold von Jsenburg-Birstein, der bis vor einigen Jahren mit seinen Eltern das dortige Palais eine Zeit lang bewohnte, mit der Tochter des amerikanischen Millionärs Vanderbilt verlobt. Die Mitgift soll 30 Millionen Dollars, etwa 126 Millionen Mark, betragen.
(Neue Erfindung Edisons.) Wieder macht Edison von sich reden; er hat einen elektrischen Motor gebant. der ohne Geräusch und ohne andere Uebelstände, die den Lokomotiven anhaften , arbeiten soll. Die neue Lokomotive, über welche nähere Einzelheiten noch fehlen, wird die Geschwindigkeit auf den Eisenbahnen auf etwas über 20 deutsche Meilen in der Slunde bringen. Der neue Edison'sche Motor soll außerdem auch auf Straßenbahnen Verwendung finden können.
Auf der Eisenbahnlinie Glasgow-Leeds wurde ein Packet mit 80 Wertbriefen gestohlen, deren Inhalt auf 140000 Mk. angegeben war.
(lieber Waschungen mit Schnees macht Dr. D. Schlegel im „Wegweiser zur Gesundheit" folgende Mitteilungen. Wer an zeitweilige Waschungen des Körpers, sei es lau oder kalt, gewöhnt ist, mag bei Gelegenheit auch einmal eine Abreibung des ganzen Körpers mit einer Schüssel Schnee und etwas Seife vornehmen, Nichts reinigt gründlicher und erfrischt mächtiger als dieses. Es versteht sich daß die Abwaschung im warmen Zimmer zu geschehen hat und mit möglichster Beschleunigung vorgenommen weMn muß. Der Kältereiz auf die Haut ist dabei ein» so eigenartig wohlthätiger und so rasch eine err -Höhte Wärmeentwickelung herausfordernder, daß sofort ein umgemeines Wohlgefühl entsteht und nachher große Widerstandsfähigkeit gegen Erkältung erzeugt wird. Aufgesprungene, schrundige Haut heilt und wird vollkommen weich, unreine Haut verschönt sich, Frostbeulen bessern sich. Dies alles, weil die so behandelte Haut einen mächtigen Blutstrom an sich zieht, bei dem ihre Ernährung und Gesundung rasch gefördert wird. Gegen Frostbeulen sind Schneereibnngen ein Volksmittel; die örtliche Anwendung ist jedoch lange nicht so gut als die Abreibung des ganzen Körpers, welche bei öfterer Wiederholung geradezu ein ausgezeichnetes Heilmittel gegen chronische Krankheiten und Schwächezustände überhaupt abgiebt. — Nach der Schneewaschung folgt Abtrocknen und womöglich ein Gang ins Freie ohne zu warme Einhüllung.
Professor Cavin in Chesalles bei Moudon (Waadt), Erfinder des künstlichen schönen Wetters, macht durch ein Kreisschreiben bekannt, daß er seine Instrumente künstlich vervollkommnet habe, mit denen er nun imstande sei, das Mondlicht nutzbar zu machen und schönes Wetter nicht nur bei Tage, sondern auch bei Nacht herzustellen. (?)
Lieutenant: „Fräulein Irma, in Ihrer Nähe sein zu dürfen, ist mein höchstes Glück!" — Fräulein: „Aber Herr Lieutenant, es liegt ja ganz in Ihrer Hand, dieses Glückes auf immer teilhaftig werden zu können." — Lieutenant: „O, Fräulein Irma, das wäre doch zu viel des Glücks auf einmal!"
Vorsicht.
Klag' und juble nicht, Geselle!
Denn kein Menschensinn bemißt,
Ob das Glück nicht Leidensquelle, Ouell der Lust das Unglück ist.
Auflösung des Homonyms in Nr. 34.
„Der Kiefer. Die Kiefer (Forche.)"
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.
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