136
„Das möchte ich nicht gerade behaupten, vielmehr glaube ich, einen Entlastungsbeweis für den des Mordes angeklagten Gärtner Windenbruch erbringen zu können."
„Das wäre!" fuhr Mörner auf; lassen Sie hören, ohne Umschweife. Warum zögern Sie noch?"
„Entschuldigen Sie, Herr Kriminalrat, es wird einem bisher unbescholtenen Menschen doch nicht leicht, sich selbst anzuklagen, ich-"
„Wa—was!" unterbrach ihn Mörner, von seinem Sitze auffahrend und den Lotterie-Einnehmer mit seinen scharfen, stahlgrauen Augen durchbohrend anblickcnd, Sie wollen mir doch nicht das Eingeständnis machen—"
„Daß ich der Mörder der Frau Klingen- müller bin," fiel Behrend ein, und um seinen ausdrucksvollen Mund zuckte ein humoristisches Lächeln, „nein, so arg habe ich denn doch nicht gegen Gottes Gebot und menschliches Gesetz ge- frevelt, mein Vergehen gehört eigentlich nicht vor den Untersuchungsrichter."
„Weßhalb kommen Sie denn aber zu mir?"
„Weil ich dem Gärtner Windenbruch ein österreichisches Guldenlos verkauft habe, auf das er einen größeren Gewinn gemacht, den er heute in aller Frühe bei mir abgeholt hat."
„Herr, reden Sie die Wahrheit?" rief der Kriminalrat aufspringend.
„Die reine Wahrheit, die ich beschwören kann," antwortete der Lotterie-Einnehmer gelassen. „Ich habe gehört, man hätte im Kamin der Gärtnerwohuung eine größere Geldsumme versteckt gefunden und daraufhin den Winden bruch, als des Mordes verdächtig, eingezogen."
„Daraufhin nicht allein," entgegnete der Kriminalrat, dem es etwas schwül zu Mute ward, „da sehen Sie sich das Geld an; erkennen Sie es als dasjenige, was Sie dem Gärtner gezahlt haben wollen?"
„Was ich ihm gezahlt habe," versetzte Behrend mit der größten Bestimmtheit, nachdem er das Geld geprüft halte. „Genau in den Münzsorten hat er cs heute von mir erhalten."
„Warum sagte der Tropf denn das nicht? Warum versteckte er das Geld so ängstlich?" fragte der Kriminalrat unwillig.
„Weil er eben ein Tropf ist," entgegnete Behrend. „Ich bin wirklich an dem ganzen Unheil schuld, hören Sie mich gefälligst einen Augenblick au."
Auf eine zustimmende Bewegung des Krimi- nalrates fuhr er fort: „Es ist wahrhaftig nicht meine Sache, fremde Loose zu vertreiben und den Staat um seinen Anteil an dem Ertrage der Lotterie zu verkürzen, aber die Nachfrage nach Loosen ist immer weit größer als die An zahl der zur Verfügung stehenden; ich wurde nach Schluß der letzten Ziehung um neue Loose bestürmt, konnte eine Menge Leute nicht befriedigen , da gehen mir gerade ein Par österreichische Loose zu, und ich lasse mich verleiten, sie wegzugeben: der Gärtner Windenbruch ist unter den Käufern und gerade auf sein Loos fällt ein ansehnlicher Gewinn. Ich zeige das dem Mann an und schärfe ihm ein, nichts davon verlauten zu lassen, denn auf das Spielen i» ausländischen Lotterien stehe Strafe, konnte mir aber nicht denken, daß er sich darunter Leibes oder Lebensstrafe vorstellt. Heute schon vor Tag hat er mich herausgeklopft, um sich seinen Gewinn zu holen, und gethan, als ob es ein Diebstahl sei. Das Unglück wollte, daß während er fort ist, der Raubmord an seiner Herrin entdeckt wird, und da scheint nun der arme Schelm ganz den Kopf verloren zu haben. Als ich hörte, man habe Geld unter Reisig versteckt bei ihm gefunden, dachte ich mir die Bescheerung und bin sogleich hergelaufen, um Ihnen den Sachverhalt mitzuteilen. Ich werde nun meine Strafe zahlen, den Hals kann es ja nicht kosten; ich verliere nicht gern Geld, aber so weit geht es denn doch nicht, daß ich darum einen armen einfältigen Menschen nur eine Stunde länger in einer solchen Klemme stecken ließe."
„Ein einfältiger Mensch! so hatte auch Ladenburg den Gärtner Windenbruch genant. Der Umstand, daß zwei so völlig verschiedenartige Männer wie der Buchbinder und der
Lotterieeinnehmer in ihrem Urteil über den Gärtner genau übereintrafen und daß beide, die doch wahrlich kein Interesse daran haben konnten, für dessen Unschuld eintraten, gab dem Kriminalrat zu denken, aber sein Glaube an Windenbruchs Schuld war dadurch immer noch nicht erschüttert. Mochte der Mann immerhin Geld gewonnen haben, das bewies noch gar nicht, daß er sich nicht auf anderem Wege auch noch was verschafft hatte, und war die im Kamine Vorgefundene Summe auch der Spielgewinn. so ging daraus noch keineswegs hervor, daß er das geraubte Geld nicht sammt den Schmucksachen an einem anderen Orte verborgen hatte. Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, hob Behrends Erklärung sogar das entlastende Zeugnis des Buchbinders wieder auf.
Geleitet von den Erwägungen, beschloß der Kriminalrat, ehe er Windenbruch auf Grund der gewonnenen Aufschlüsse nochmals inquirierte, erst seine beiden Mitbewohnerinnen des Klingen- müller'schen Hauses, die er für diese Stunde bestellt hatte, zu vernehmen und befahl Fräulein Albertine Wenzel vorzurufen.
Der Gerichtsdiener kam mit dem Bescheide zurück, daß nur die Magd Katharina im Vorzimmer sei, Fräulein Wenzel habe durch jene noch um eine halbe Stunde Aufschub bitten lassen, da sie sich namenlos elend fühle und einer kurzen Erholung bedürfe. Das Verlangen war zwar nicht ganz in der Ordnung, ließ sich aber durch die erschütternden Vorgänge des Tages wohl rechtfertigen; der Kriminalrat machte keinerlei Einwendungen und befahl, die Magd hereinzuschicken.
(Fortsetzung folgt.)
Herr Franz Gilardone, der Herausgeber der „Hagenauer Ztg.", eine bekannte Autorität aus dem Gebiete des Feuerlöschwesens, schreibt aus Anlaß des großen Hotelbrandes in New-Iork: Wir haben auch in Deutschland noch gar manches Hotel, wo unter recht ungünstigen Verhältnissen ein schwerer Brand das Leben vieler gefährden kannn. Namentlich sind es die in den größeren Städten mehr und mehr überhand nehmenden Riesenhotels mit ihren bei Feuersgefahr so äußerst gefährlichen elektrischen oder hydraulischen Aufzügen, deren Schachte das Feuer unendlich rasch in alle Stockwerke des Hotels verbreiten. Feuerfeste Treppenhäuser und vor allem auch feuerfeste Korridore sollte die Baubehörde zum mindesten für derartige Hotel- Kasernen verlangen. Dann dürfen die eisernen Notleitern nach dem Hose und der Straße zu nicht fehlen, auch wenn der Architekt die Hände über dem Kopfe zusammenschlägt und seine stilvolle Fayade nicht durch eine Leiter verunstaltet sehen will. Ist er ein findiger Kopf, dann kann er auch der Leiter ein feineres Aussehen geben.
Ueber die Zahl und den Wert der Tiere im Zoologischen Garten in Berlin dürsten einige Angaben bemerkenswert sein, welche einem Einblick in die soeben aufgestellte Inventur z» verdanken sind. Am 1. Januar d. I. belief sich die vierbeinige und gesiedelte Bevölkerung des Gartens auf nicht weniger als 2365 Individuen in 885 Arten. Unter den Säugetieren stellen die Wiederkäuer das stärkste Kontingent in Stärke von 156 Exemplaren in 54 Arten, welche einen Wert von 70 015 ^ darstellen. An Zahl der Arten werden sie noch von den Raubtieren übertroffen, welche in 55 Arten vorhanden, jedoch naturgemäß im Verhältnis nicht so individuenreich sind, doch mit ihren 97 Tieren immerhin auf 46 370 olL taxiert sind. Die Dickhäuter (im weiteren Sinne) bilden die wertvollste Gruppe, da die 19 Exemplare in 10 Arten nicht weniger als 126 580 okL Wert haben. Unter den Vögeln sei besonders auf die wahrhaft großartige Papa- geien-Sammlung, 160 Stück in 100 Arten, im Werte von 6886 ^ aufmerksam gemacht, denen sich 402 Singvögel in 162 Arten, veranschlagt auf 5156 anschließen. Eine ähnliche Summe stellen die 31 Raubvogelarten dar mit ihren 47 Individuen. Hühner und Stelzvögel sind ebenfalls in prächtigen Sammlungen vorhanden, jene in 123 Exemplaren (domestizierte Rasse
ausgeschlossen), welche sich auf 54 Arten verteilen, die Stelzvögel in. 139 Individuen, welche 61 Arten angehören und einem Wert von 10 091 olL entsprechen, während der Wert der wilden Hühnerarten auf 7037 ^ angegeben wird. Diese Zahlen sprechen genügend für die Größe und Bedeutung des Gartens.
Bei der LebenSversicherungs- und Ersparnisbank in Stuttgart gingen im Jahre 1891 5756 Versicherungs-Anträge über 34 850950 Mk. und zwar 429 Anträge über 3 253 550 Mk. mehr als im Vorjahre ein. Die Dividende für 1892 beträgt nach Dibidenden- plan ^.II 40 pCt. der gewöhnlichen Todesfallprämie und extra 20 pCt. der Zusatzprämie für Abkürzung der Versicherungsdauer; nach Divi- denden-Plan L. steigende Dividende, erhalten vie Beteiligten eine gegen das Vorjahr um 3 pCt. erhöhte Dividende aus der vollen Prämie, also einschließlich Zusatzprämie für Abkürzung der Versicherungsdauer; die seit Bestehen des Planes L Versicherten — 15 Jahre — erhalten hiernach eine Dividende von 45 pCt. aus der vollen Prämie. Berwaltungsaufmand 1890: 4,9 pCt. der Gesamleinnahme.
Die älteste Frau Wiens, die 117jährige Witwe Margaretha Gredschik, ist am 3. Febr. gestorben. Bis vor wenig Jahren noch hat sie sich ihren bescheidenen Unterhalt durch Waschen verdient; als dies wegen zunehmender Körper- fchwäche nicht mehr anging, sorgten wohlthätige Menschen für die Greisin, welche bis zu ihrem Tod eine staunenswerte geistige Frische behielt.
(Mit seiner Schwiegermutter durchgebrannt) ist ein Ingenieur. Derselbe war seit etwa einem halben Jahre mit der erst 18 Lenze zählenden Tochter einer sehr wohlhabenden Witwe verlobt. Als das junge Mädchen von einem Ausgang nach Hause zurückkehrte, traf sie ihre Mutter nicht in der Wohnung an. Sie fand aber ein Schreiben, in dem ihr eröffnet wurde, daß ihre Mutter, welche erst 37 Jahre alt ist, mit ihrem Schwiegersöhne nach England abgereist sei, um sich dort mit dem Letzteren trauen zu lassen.
(Ein guter Handel.) Eine Bäuerin verkauft an den Viehhändler Veitl zwei fette Kühe. Da Veitl kein Geld bei sich hat, droht das Geschäft nicht zustande zu kommen — es sei denn, daß Veitl Bürgschaft stellen könne. „Gut," sagt Veitl, „werd' ich hier lassen die eine Kuh als Sicherheit!" — Die Bäuerin ist zufriedengestellt und läßt Veitl beruhigt mit der andern Kuh ab- ziehen. (Fl. Bl.)
(In der Leihbibliothek.) Kommis: „Die Bücher, welche Sie hier ausgewählt haben, wird Ihr gnädiges Fräulein nicht lesen! Die sind für dasselbe gänzlich unpassend!" — Dienstmädchen: „O, geben Sie s' nur her! Mein gnädiges Fräulein ist gar gut — die liest Alles!"
(Vorzug.) Herr: „. . Hier in dem Hause sind doch zwei möblierte Zimmer frei geworden!" — Magd: „Ja, — aber die werden nur an einen Künstler wieder vermietet." — Herr: „Warum nicht auch an einen Anderen?" — Magd: „Wissen Sie — mit Künstlern hat man die wenigste Arbeit, — die lassen nichts auf- räumen!"
(Ein Unterschied.) — „Wissen Sie, was der Unterschied zwischen einem Lotteriekollekteur und einem Leipziger ist?" — Der Lotteriekollekteur giebt Loose, und der Leipziger liebt Gose!"
Homonym.
Ihn hast du doppelt Zusammengekoppelt,
In dem Gesicht.
S i e steht im Walde dort an der Halde Einfach und schlicht.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.