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Amis-- und AnzeigeökalL für dm Bezirk Kalw.
76. Ichrgüllg.
Erscheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Die Einrückungsgebühr beträM im Bezir? und in nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, weiter entfernt 12 Pfg.
Dienstag, den 5. Jebruar 1901.
8 Vierteljährlicher AbonnementspreiS in der Stadt Mk. 1.10
t! ins Haus gebracht, Mk. 1 . IS durch die Post bezogen im Bezirk; ! außer Bezirk Mk. 1. 35.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bskimnlvrachrma.
Der Fahrweg von Röthenbach nach Za- velstein durch den Wald wird wegen Grabarbeiten an der Wasserleitung bis auf weiteres gesperrt, so daß Fuhrwerke die neue Straße zu benützen haben.
Calw, den 4. Februar 1901.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeiten.
** Calw, 3. Febr. Die Generalversammlung des landwirtschaftl. Bezirksvereins war gestern nur schwach besucht. Der Vereinsvorstand Hr. Oberamtmann Voelter war verhindert, derselben anzuwohnen. Hr. Vereinssekretär Fechter begrüßte die Versammlung. Hauptpunkt der Tagesordnung war ein Vortrag von Hrn. Assessor Binder aus Hohenheim über „Haftpflicht!) er--. sicherung des Landwirts". In äußerst gewandter Rede verbreitete sich derselbe über Begriff, Wesen und Arten der Haftpflicht, wie sie das neue bürgerliche Gesetz und teilweise auch schon ältere Gesetze bestimmen. Der Landwirt ist insbesondere vieler Gefahr ausgesetzt, haftpflichtig zu werden, sei es für eigene Handlung, die einem andern ungewollten Schaden zufügen, oder sei es, daß seine Dienstboten, Taglöhner oder Angestellte solchen verursachen. Auch für seine Haustiere, Bienen und Hunde ist der Besitzer haftpflichtig; ja ein schlecht unterhaltenes Gebäude oder einzelne Teile desselben, eine defekte Treppe, Brücke, Maschine oder ein nicht in gutem Zustand befindliches Arbeitsgeräte und Werkzeug kann für den Besitzer verhängnisvoll werden. Die Wirkung der einzelnen Hastpflichtparagraphen erläuterte der Redner an sehr gut gewählten Beispielen, wie sie insbesondere den Landwirt treffen können. Es würde hier zu weit führen, des
nähern auf das Gesetz einzugehen, zumal dasselbe in diesem Blatte bereits eingehend besprochen wurde. Tendenz und Hauptzweck des Haftpflichtgesetzes ist: Schutz dem wirtschaftlich Schwächeren! Eine Versicherung gegen Haftpflicht ist jedem Landwirt zn raten. Zu solcher ist reichlich Gelegenheit gegeben. In Württemberg wetteifern 20 Versicherungsgesellschaften, Anträge auf Haftpflichtversicherungen anzubieten. Nur eine derselben, der Allgemeine Deutsche Versicherungsverein, beruht auf Gegenseitigkeit, während alle andern als Aktiengesellschaften auf möglichst gute Dividenden spekulieren. Alle Gesellschaften versichern gegen Haftpflicht für Personen- und Sachbeschädigung; es richten sich die zu zahlenden Prämien entweder bloß nach der Ausdehnung des Landguts oder nach der Zahl der im betreffenden Betriebe beschäftigten Personen und nach der Anzahl der Pferde, Bullen, Rinder, Hunden u. s. w., die da gehalten werden. Der Redner schilderte die Verficherungsbedingungen, die Vermögensverhältnisse und die Prämien der einzelnen Versicherungen mit besonderer Berücksichtigung des Allgem. Deutschen Versicherungsvereins und der „Mlhelma". Es werden aber auch bald einzelne Berufsgenossenschaften die Haftpflichtversicherung in eigene Regie nehmen, was für die Versicherten von Vorteil wäre. Bei den vier württemb. landwirtschaftl. Berufsgenossenschaftcn sei solche bis jetzt noch nicht in Aussicht genommen. Der Redner ratet daher, die Landwirte möchten sich gegen Haftpflicht allgemein versichern, und durch gemeinsamen Abschluß größerer Verbände (wie ganzer Bezirks- vsccine) wäre jedenfalls eine Herabsetzung der bis jetzt nochchohen Prämien zu erreichen. Vereinssckretär Fechter dankte dem sachkundigen Redner namens der Versammlung. Leider konnte über den wichtigen Gegenstand keine Debatte angeknüpft werden, da der Redner nach Beendigung des Vortrags sich sogleich verabschiedete. Vereinssekretär Fechter erklärte, daß der Ausschuß des landwirtschaftl. Vereins die Sache in die Hand nehmen wolle, um für seine
Mtglieder mit einer Gesellschaft einen günstigen Vertrag abzuschließen; die einzelnen Landwirte möchten sich darum einstweilen cm keine Gesellschaft binden! Nach demKasscnbericht betrug die Vermögenszunahme des Vereins im letzten Jahr 346 ^; der Verein zählt 812 Mitglieder. Auf dem Gebiete der Viehzucht ist durch den Verein auch Heuer wieder ein bedeutender Fortschritt bewirkt worden. Der Bezirksbienenzucht-, Geflügelzucht- und Fischzuchtverein wurden durch Geldbeträge unterstützt. 600 junge Obstbäume wurden zu ermäßigten Preisen, Edelreiser kostenfrei an die Mitglieder abgegeben. An 4 Besucher der landw. Winterschule wurden je 25 verabreicht. Oberamtsbaumwart Widmann hatte ein Sortiment Tafelobst ausgestellt und wies darauf hin, wie wichtig eS für den Baumzüchter sei, daß er seine Sorten auch mit dem richtigen Namen kenne, denn einzelne Sorten erzielen auf dem Markte einen viel höhern Preis als andere; nur müssen die Früchte tadellos ausgelesen und verpackt werden. Zum Mosten sollten alle Sorten gemischt werden. Eine großer'ö/^Obstausstellung für den ganzen Bezirk sei von ihm im Herbst angeregt worden, habe aber nicht die Zustimmung des Vereinsausschusses gesunden, der solche Ausstellung dies Jahr nicht für zeitgemäß hielt. Man habe ihm erwidert, eine bloße Obstausstellung finde zu wenig Interesse, um einen lohnenden Besuch zu erwarten. Wer eine Obstausstellung sehen wolle, der möge durch nnsere Gärten spazieren und das Obst auf den Bäumen betrachten. Vereinssekretär Fechter verwahrt sich namens des Ausschusses gegen die Bemerkung, „die Ausstellung sei nicht zeitgemäß". Im Vereinsausschuß war die Ansicht, in obstreichen Jahren, wo jede Hecke trage, finde man nicht heraus, welches die für den Bezirk passenden Sorten seien, das finde man besser in Jahren, wo nur die bewährten Sorten zur Geltung kommen. Oekonom Dingler dankt dem Bezirksbaumwart für die Ausstellung und bemerkt, daß man nur dann auS- stellen könne, wenn man reichhaltiges Material
6 1 ^ ^ 6 ^ 21 . Nachdruck
Iack's Brautwerbung.
Seeroman von Clark Russell.
(Fortsetzung.)
Ich will nicht behaupten, daß es ein regelrechter Sturm war. Wäre cs ein solcher gewesen, so hätte das tiefgehende Schiff nicht davor segeln können, wir hätten beilegen und uns treiben lasten muffen, anstatt unsere schönen zwölf geographischen Meile» zurückzulegen, und in je vierundzwanzig Stunden dieser drei Tage eine Fahrt zu machen, welche fünf Parallelen nahe kam. Immerhin aber war es ein sehr heftiges Wetter. Am dritten Tage desselben schritt ich nachmittags durch den Salon und sah Tante Damaris mit meinem süßen Kinde in der Nähe des Pianinos sitzen. Ich ging zu ihnen und fragte die alte Dame, ob sie sich nicht einmal das Meer ansehen wolle. „Es ist ein herrlicher Anblick," schrie ich, als wenn ich zu einer Tauben spräche, „ich verpflichte mich. Sie ganz sicher zu geleiten."
„Sie sind sehr freundlich, Mr. Egerton," antwortete sie in derselben lauten Weise, „ich möchte aber nicht noch das bißchen Haar verlieren, welches das Alter mir gelasten hat.
„Nun dagegen giebt es doch Schutzmittel," wendete ich lachend ein, „Sie sollten wirklich diesen Sturm nicht vorübergehen lasten, ohne einen Blick auf das erhabene Schauspiel zu werfen, welches er bietet."
„Ich zweifle nicht, daß es sehr schön ist, aber ich ziehe es vor unter Dach
und Fach zu bleiben. Bitte, glauben Sie nicht, daß ich keine Vorstellung von der Höhe der Wellen habe. Sie sollten einmal in unserer Kabine sitzen! Nie, so oft ich auch reiste, bin ich derart herumgewirbelt worden, selbst nicht am Kap Horn."
„Es ist aber auch ein großer Fehler, eine Stcrnkabine zu nehmen. In einer solchen empfindet man jede Bewegung des Schiffes stets am schwersten, gar nicht zu reden von dem Knirschen der Radketten über sich und dem Knarren des Ruders unter sich."
„Ganz richtig, Mr. Egerton; Sie scheinen ja sehr genau Bescheid zu wissen, man könnte fast glauben. Sie wären Seemann gewesen."
„O," schrie ich ihr ins Ohr, „das zu misten, dazu gehört nicht viel. Jeder Landbewohner weiß, daß sich das Rad über den Sternkabinen und das Ruder im Master darunter befindet."
„Sie haben vielleicht als Nachtsmann Erfahrungen gesammelt. Kein Mensch, wenn er nicht an das Schlingern eines Schiffes gewöhnt ist, könnte sich so darauf bewegen, wie Sie es thun. Erst vor einer halben Stunde wurde Mr. Thompson Tucker hier auf die Erde geschleudert, und vermochte sich nur mit Mühe wieder zu erheben."
Ich hatte nichts dawider, daß sie dachte, ich hätte meine Schiffskenntnis als Nachtsmann gewonnen, denn wahrscheinlich war das die einzige Form des Seemannswesens, die sie für anständig hielt, darum lächelte ich ihr nur süß ins Gesicht, wandte mich Florence zu und schrie: „Da Ihr Fräulein Tante sich nicht aufs Deck wagen will, darf ich nun bei Ihnen anfragen, ob Sie sich mir anvertrauen wollen."
„Ich fürchte über Bord geweht zu werden, wenn ich da hinaufkomme," antwortete sie ganz wunderniedlich piepend, um verstanden zu werden.