nach bereits unbemerkt die Rückkehr nach seiner Wohnung bewirkt hatte.
Schon halb und halb als überwiesener Verbrecher ward er vor den Polizeilieukenant geführt, der ihn sogleich scharf in's Verhör nahm und sich durch die Beteuerungen seiner Unschuld um so weniger beirren ließ, als Windenbruch sich fortdauernd in Widersprüche verwickelte. Er weinte und jammerte um den Tod seiner guten Herrin, von dem er jetzt das erste Wort erfahren haben wollte, und erklärte gleich darauf, er habe, aus der Stadt nach Hause zurückkehrend, den Weg durch das offen stehende Fenster seiner Wohnung genommen und sich ebenso auf kurze Zeit wieder daraus entfernen wollen, um nicht von den vor der Thür versammelten Neugierigen angehalten und über den Mord befragt zu werden. Auch die Angaben, welche er über die Veranlassung zu diesem eigentümlichen Kommen und Gehen am frühen Morgen machte, klangen höchst unwahrscheinlich.
(Fortsetzung folgt.)
Berlin, 12. Februar. Eine gesunde kräftige Amme sucht — die Charlottenburger Kriminalpolizei. Bei dem dortigen Kaufmann Th. diente die 21 Jahre alte Amme Pauline Borkowska aus Kl. Bartelsee, Kreis Bromberg. Wie jetzt festgestellt wurde, hatte sich die Person gleich nach dem Dienstantritt einen Zentrumsbohrer und eine Stichsäge ange- kaust. Hiermit hat sie gestern während der Abwesenheit ihrer Herrschaft einen Schubkasten des Buffets erbrochen und daraus 4000 MM in Gold, Courant uud Coupons entwendet. Außerdem hat die Einbrecherin, welche — beiläufig bemerkt — das ihr anvertraute Kind hilflos auf ein Sopha gelegt hatte, einen ihrer Herrin gehörenden Pelzradmantel mit fchwarzem Pelzkragen angezogen und einen grauen Filzhut mit Feder aufgesetzt und ist dann mit dem Raube davongegangen, und zwar hat sie gleich von Charlottenburg ab die zweite Klasse der Eisenbahn benutzt. Die zu ihrer Ergreifung erforderlichen Maßnahmen sind getroffen worden.
Berlin, 6. Febr. Eine verwegene Wette, deren Durchführung unter Umständen für den Betreffenden von sehr bösen Folgen hätte begleitet sein können, ist während einer der letzten Nächte zum Austrag gebracht worden. Wie eine Lokal-Correspondenz mitteilt, handelt es sich darum, zur Nachtzeit trotz der verschlossenen Thüren und ungeachtet aller Posten ohne Einlaßkarte das Königliche Schloß von der Seile des Lustgartens aus zu betreten und über den Schloßhof nach dem Schloßplatze zu wieder zu verlassen. In einer Wirtschaft hatten sich mehrere junge Leute zusammengefunden, und man sprach über die Unmöglichkeit, in das Schloß ohne Einlaßkarte gelangen zu können. Da bot ein Herr Otto C. aus der Fischerstraße eine Wette dahin an. daß er innerhalb zehn Minuten in der angegebenen Weise den Hof des Schlosses überschreiten werde. Man hielt die Wette und sah nun tatsächlich den jungen Mann von der Lustgartenseite eindringen und am Schloßplatze wieder hcrauskommen, ohne daß er in irgend einer Weise angehalten worden war.
München, 12. Febr. Unserem Gemeindekollegium wurde eine zierlich gearbeitete Schnupftabaksdose von ziemlichem Umfang zum Gebrauche während der Sitzungen zum Geschenke gemacht. Der Deckel, auf welchem die Mariensäule abgebildet ist, trägt in Silberschrist die Worte: „Dem Gemeindebevollmächtigten - Kollegium der k. Haupt- und Residenzstadt München in vollster Verehrung gewidmet von Joh. Jbels sel. Wittwe." Die „Gemeinde-Dose" wird von nun an in den Sitzungen des Kollegiums zum beliebigen Gebrauch der Mitglieder bereitgestellt. Eine gute Prise Schmalzler wirkt zuweilen recht anregend und versöhnlich! Zum Wohl Ihr Ratsherren!
Hatten, i. Elf., 5. Febr. Daß man ohne Geld in der Well nicht mehr recht fortkommen kann, scheinen selbst die Hunde herousgefunden
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zu haben, denn als gestern ein hiesiger Kaufmann die Hütte seines Hundes untersuchte, fand er in derselben eine Geldtasche mit etwa 9 Inhalt, welche der Hund wahrscheinlich irgendwo gefunden und in seine Hütte gebracht hat.
(Ein Fall wahrhaft teuflischer Rache) wird aus Luzern berichtet: Letzthin siedelte eine Madame v. L. mit ihren zwei Töchtern, die vorher lange Zeit in England gewohnt hatte, nach Luzern über. Die eine der Töchter war an einen englischen Marine-Offizier verheiratet, der infolge seines Berufes einen großen Teil des Jahres abwesend war und nur einige Monate bei seiner Frau zubrachtc. Diese betete ihren Gatten an, den sie, obwohl er nicht reich war, einem Edelmanne, der Millionen besitzt, vorgezogen hatte. Nun ließ dieser, um sich für den erhaltenen Korb zu rächen, letzthin der jungen Frau aus London telegraphieren, daß ihr Gatte in Madras an einem heftigen Anfall des gelben Fiebers gestorben sei. Der Depesche ließ er die Unterschrift eines hochgestellten englischen Marine- Offiziers beisetzen. Die junge Frau verlor über diese Schreckensbotschaft den Verstand und nahm Gift. Einige Tage traf der Totgeglaubte zur Ueberraschnng der Schwiegermutter, die bereits Trauerkleider trug, in Luzern ein. Als der Bedauernswerte den Tod seiner Frau erfuhr, wollte er sich zuerst erschießen Zur Zeit forscht die englische Polizei mit regem Eifer nach dem Aufenthalte des feigen Schurken, der die Depesche aufgab. Man glaubt, er habe sich nach Frankreich geflüchtet.
(100 Mal über den Ozean.) Der Kapitän Jüngst vom Schnelldampfer „Havel" feierte am 5. ds., wie aus Bremen gemeldet wird, das Fest seiner Hundersten Reise über den Ozean. Er erhielt vom Norddeutschen Lloyd 5000 Der Kaiser verlieh ihm den Kroncnorden 4. Kl.
(Die Presse in Persien) verdankt ihre Entstehung der Initiative des Schah. In dem Tagebuche über seine zweite Reise nach Europa erzählt der König aller Könige: „In den Straßen von Paris wurde ich nicht wenig durch den Anblick der Kutscher überrascht, welche aus ihren Sitzen hockend, aufmerksam die Tagesneuigkeiten lasen, und da kam mir der Gedanke, daß die fleißige Lektüre den Sinn der armen Leute von dem Bösen abwende. Ich beschloß meinem Volke auch dieselben Wohlthaten zu verschaffen und ich sagte zu dem mich begleitenden Großvezier, er möge sich die Sache vormerken und mich bei der Rückkehr nach Teheran daran erinnern. In der Thal setzte der Schah sehr bald in Persien ein eigenes Ministerium ein, welches vursrok-i-mtibs'sk, „Ministerium der Presse" genannt wird. Mit dessen Leitung wurde eine hervorragende Persönlichkeit, Mota- medi-i-Dovlet betraut, welche sich schon vorher durch zwei Werke über die historische Geographie und „Die berühmten Frauen Persiens" bekannt gemacht hatte. Es fanden sich einige Europäer, darunter mehrere Franzosen und einige europäisch gebildeten Eingeborene, die den Persern bei dem Gründen von Zeitungen mit ihren Kenntnissen an die Hand gingen, so daß man heute in Persien etwa ein Dutzend Journale zählt. Bon Blättern ist, nach der Wiener „Presse" , zunächst Vas offizielle Journal „Der Iran" zu erwähnen, welches in Teheran unter der unmittelbaren Leitung des Ministers der Presse gedruckt wird und sich ausschließlich mit inneren Angelegenheiten beschäftigt. Seine Korrespondenten sind die Vorstände der Polt- und Telcgraphen-Bureanx. Die „Leitartikel" beginnen alle unveränderlich: „Dank der Geschicklichkeit des Gouverneurs Soundso ist die Provinz T . . . ihm.ganz ergeben; das Volk verhält sich ruhig, und alle Welt betet für Se. Majestät." Nach dem Amtsblatt sind die drei politischen und litterarischen Journale „Julia", „Teherenk" und „Teheran" zu nennen. Man darf das Wort „politisch" nicht mißverstehen In Persien zeigt der Titel „politisches Journal" einfach an, daß die Zeitung eine Uebersicht der Vorfälle enthält, welche sich in Europa ereignen.
Der übrige Teil dieser Journale, von denen zwei in Teheran und das dritte in Jspahan herausgegeben werden, ist der Uebersetzung historischer und philosophischer Werke abendländischer Schriftsteller gewidmet. Die Zeitungssprache in Persien ist freilich sehr „gemischt". Neben persischen, türkischen und arabischen Worten findet man eine Menge französischer, englischer und russischer Ausdrücke. Ein illustriertes historisches Journal „Sheref" erscheint in Teheran. Es bringt ausschließlich die Bildnisse und die Biographien der persischen Gouverneure und hervorragender Persönlichkeiten Europas. Eine religiöse Zeitung „Zoai-Shams", wird in Urmiah von den protestantischen Missionären in Chaldäischer Sprache herausgegeben. Die gelescnsten Zeitungen sind jedoch „Akhtar" und „Kanun". Der Chef- Redakteur und Eigentümer des „Akhtar" ist bei den Muselmännern wegen seiner abendländischen Bildung und seiner genauen Kenntnis des Orients berühmt; er vertritt in seinem Blatte den Panislamismus und hat mehr Abnehmer als irgend ein anderes Journal. Der „Kanun" verfolgt die religiöse und politische Wiedergeburt Persiens, welches nur zu dem ursprünglichen Islam zurückzukehren brauche, wenn es seinen ehemaligen Glanz wiederfinden wolle.
(Die Elektrizität bei der Eröffnung der Chicagoer Weltausstellung.) Eine unternehmende Gesellschaft in Detroit (Mich.) will aus ihre eigene Kosten ein Werk elektrischer Drähte in vcr Weltausstellung derart arrangieren, daß Präsident Harrison bei der Eröffnung durch den Druck auf einen Knopf nicht nur das ganze Maschinenwerk der Ausstellung in Bewegung setzen, sondern gleichzeitig zehntausende von „Alarmklingeln" im ganzen Lande ertönen lassen soll, welche das Signal zum allgemeinen Hissen der Nationalflagge geben würden; gleichzeitig joll aber durch denselben Druck auf den Knopf auch in allen größeren Städten des alten Kontinents das Zeichen gegeben werden, daß die große amerikanische Weltausstellung eröffnet ist.
Ueber den Ursprung Ms studentischen Gebrauchs des Salamanderreibens ist viel nachgeforscht worden. Gewisses ist darüber nichts bekannt. Am glaubwürdigsten ist wohl die Ansicht des Professors Dr. A. I. Übrig in Miltenberg. Nach der Meinung dieses gelehrten Herrn heißt der Ausdruck „Salamander" sowohl in persisch-arabischer als griechischer Sprache zu Deutsch „Heilspender", „Friedensfürst", „Tröster". Der Minnespruch: 8s.Ig.m ta.ru! Heil Dir! Das Lalamanderreiben ist figürliche Nachahmung der altdeutschen Opfergilde, von welcher der Gebrauch herstammt. Seine Bedeutung ist der altdeutsche Minnetrunk beim heiligen Reibfeuer.
(Ein sprechender Kanarienvogel,) bisher für eine Unmöglichkeit gehalten, gehört nicht mehr so ganz in das Reich der Fabel. Es ist einer Berliner Dame nach jahrelangen Bemühungen und unter Entwicklung unendlicher Geduld gelungen, eines dieser Vögelchen von der grünen Fardenschattierung dahin zu bringen, daß cs nach einigen einleitenden Locktönen deutlich, wie Zeugen übereinstimmend versichern, sein „Mätzchen, wo ist mein Mätzchen" hören läßt. Die Besitzerin hat das ihr natürlich äußerst kostbare Tierchen dem Verein Aegintha für seine Ausstellung überlassen, die am nächsten Donnerstag im Grand Hotel Alexanderplatz beginnt.
(Kathederweisheit.) Physikprofessor (erklärend. warum das Experiment nicht gelungen ist): „Wie Sic sehen, meine Herren, sehen Sie jetzt noch nichts; warum Sie nichts sehen, werden Sie gleich sehen!" — (Milderungsgrund.) Richter: „Sie haben dem Zeugen einen Zahn ausgeschlagen; können Sie etwas zu ihren Gunsten anführen?" Angeklagter: „'s war 'n hohler — den hält' er sich doch zieh'n lassen müssen!" (Fl. Bl.)
(Aus der Praxis.) Richter: Den Einbruch vollführten Tie am Tage? Dieb: Ja, ich liebe das Arbeiten bei Licht nicht.
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Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.