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Kirchturm der evangelischen Kirche wurde der Blechüberzug an drei Seiten losgerissen und verschiedene Kamine sind die Opfer des Sturmes. (Grenzer).
Pforzheim, 28. Jan. Seit Wamstag haben wir hier starken, zum Teil orkanartigen Sturm. Gestern Nacht warf dieser ein Stall- gebäude an der Tiefenbronnerstraße um, unter dem dreizehn Stück Vieh begraben wurden. Der Feuerwehr gelang es, die Tiere bis auf fünf zu retten. Dem Eigentümer ist ein Schaden von 2000 ^ erwachsen. Heute um Mitternacht hatten wir ein Gewitter.
Berlin, 28. Jan. Das Berliner Tageblatt schreibt: Nachrichten, die über Holland aus Transvaal hier eingetroffen sind, melden, daß General Kitchener von den Buren gefangen genommen worden sei. Da der telegraphische Verkehr mit London zeitweilig durch Stürme unterbrochen war, so ließ sich via England keine Bestätigung aber auch kein Dementi einholcn.
Berlin, 29. Jan. Ueber das Unwetter, welches zur Zeit im Reiche herrscht, kommen immer neue Hiobsposten, Unglücksfälle von weitgehendster Bedeutung. Auch im Gebiete der Elbemündung wütete dem Lokal-Anzeiger zufolge ein verheerender Sturm. Das Hochwasser der Fulda und ihrer Nebenflüsse ist, wie dasselbe Blatt aus Kassel berichtet, weiter gestiegen und oberhalb des Stadtgebietes am rechten Ufer ausgetreten. Ein Teil der unteren neuen Stadt von Kassel ist überschwemmt. Der Srraßenbahnbetrieb ist unterbrochen. Auch in Dresden hat der Sturm großen Schaden angerichtet. U. A. wurde vom Hof-Opernhause ein Teil des Daches abgedeckt, so daß am Sonntag und Montag keine Vorstellung stattfinden konnte.
Berlin, 28. Jan. Wie aus Kiel berichtet wird, hat Prinz Heinrich heute Mittag an Bord des Schiffes Baden die Reise nach England angetreten. Wie das Berliner Tageblatt aus London berichtet, wurde der deutsche Kronprinz heute Morgen in Gegenwart des Kaisers und der englischen Fürstlichkeiten vom König Eduard mit dem Hosenbandorden dekoriert. — Die Königin Viktoria hat ganz genaue Instruktionen hinsichtlich der Beisetzung ihrer sterblichen Hülle hinterlassen. Als Grund, weswegen sie ein m i l i t ä r is ch e s Begräbnis beansprucht, führt sie an, daß sie die Tochter eines Soldaten und Chef der Armee sei.
Berlin, 29. Jan. Ueber die Investitur des deutschen Kronprinzen wird aus London berichtet: Nachdem der König dem Kronprinzen die Jnsignie des Hosenband- Ordens überreicht hatte, hielt er eine Ansprache, in welcher er darauf hinwies, daß es der Wunsch der Königin gewesen sei, dem Sohne ihres ältesten Neffen den Hosenbandorden zu überreichen und nun es ihr unmöglich geworden sei, sei die freudige Pflicht auf ihn übergegangen. Der König erwähnte dann das freundschaftliche Verhältnis zwischen den beiden Königs-Familien, welches klar erwiesen sei durch den gegenwärtigen Besuch des Kaisers. Der König wandte sich dann an den Kaffer und gab seinen aufrichtigen Gefühlen für ihn Ausdruck mit der Erklärung, er und die königliche Familie achteten
ihn nicht nur auf Grund der Blutsverwandtschaft hoch, sondern wegen aller seiner großen Eigenschaften. Er hoffe zuversichtlich, daß diese freundschaftlichen Beziehungen fortdauern und daß die beiden Nationen fortfahren würden in ihrer gemeinschaftlichen Arbeit in der Sache des Friedens und der Zivilisation der Welt.
Berlin, 29. Jan. Das Berliner Tageblatt meldet aus London über die Flottenparade, daß dieselbe im Grunde eine englis chilenische Demonstration zu Ehren der Großmutter des Kaisers und der Mutter des Königs von England sein werde. Dagegen ist man in Marinekrcisen der Ansicht, daß die Demonstration mehr als ein bloßes Schauspiel bedeute und daß ein englisch-deutscher Vertrag in der Luft schwebe. Die Flotten-Parade findet erst am Freitag Nachmittag statt. — Die Lafette, auf welcher der Sarg gefahren wird, wurde bereits in Woolwich hergestellt. Um 3 Uhr geht die Alberta mit dem Leichnam der Königin an Bord nach Portsmouth ab. Während der Ueberfahrt werden von Minute zu Minute Schüsse gelöst. Ueber 40 Kriegsschiffe nehmen zur Parade Aufstellung.
Petersburg, 29. Jan. Nach Londoner Meldungen betraute die Königin Viktoria kurz vor ihrem Tode den deutschen Kaiser mit der Intervention zwischen England und den Buren st aaten, damit dem TranSvaal- Kriege ein schnelles Ende gemacht werde.
Wien, 28. Jan. Ein orkanartiger Sturm richtete in ganz Oesterreich großen Schaden an. In Karlsbad ging gestern Abend ein heftiges Gewitter nieder.
Peking, 29. Jan. Gestern wurde im japanischen Stadtviertel das Mitglied des Tsung- li-Aainen, Chin-Hsiu sowie zwei weitere fremdenfeindliche und verantwortliche Urheber der jüngsten Unruhen verhaftet.
Vermischtes.
— G em eind ew ahl - Id y llen aus Württemberg. Aus Stuttgart schreibt man der „Frkf. Ztg.": Im Württembergischen Landtage machte in der Sitzung vom 25. Jan. der Minister des Innern bei einer Besprechung der Gemeindereform Mitteilung über einige seltsame Erscheinungen, die sich bei.den Bürgerausschußwahlen gezeigt haben. So war in der Stadt Balingen bei der letzten Wahl niemand zur Wahl erschienen, nicht einmal die Wahlkommission. - In Urach hatte sich ebenfalls niemand eingefunden. Wahrhaft kostbare Zustände aber herrschen in einer Gemeinde des Oberamts Rottenburg. Dort haben die Bürger das schöne Recht, den Bürgerausschuß zu wählen, seit Jahren — dem Polizeidiener überlassen, der es auch offenbar zu ihrer größten Zufriedenheit ausübt. Der Mann verfährt dabei sehr Pfiffig; da er die Obliegenheit hat, die Bürgerausschußmitglieder zu den Sitzungen zusammenzurufen, so wählt er, um sich seine schweren Dienstpflichten zu erleichtern, grundsätzlich nur solche, die in unmittelbarer Nähe des Rathauses
wohnen! In einem andern Orte haben, während alle sonstigen Einwohner fern blieben, die ortsanwesenden Schneider gewählt und nun besteht der ganze Bürgerausschuß aus Schneidern!
Auch ein Bittgesuch. In der jüngsten Sitzung der Petitionskommission des Reichstags kam unter dem Titel „Schulreform" eine eigenartige Petition zur Verhandlung, die jedenfalls von einem Mann herrührt, der genau so schreibt, wie er spricht und denkt. Eine gewisse Kenntnis des sächsischen Dialekts ist zum Verständnis erforderlich. Das Schriftstück lautet, genau wiedergegeben, so:
Dresden, den 22. Nov. 1900.
Bitt Gesuch. Petition.
An den hohen Reichstag Deutschlands.
Da Wie doch in Sachsen und im deutschen Reich Alle Deutsche die wir unsem König und Kaiser Ehren und Nennen, so bitte ich den hohen Bundesrat und die geehrten Reichstagsabgeordneten des deutschen Reichs v. 1901 der Bestimmung gescheiter Anfängen zu lassen, Wie es bisher gewesen. Das nicht in den Schulen Sachsens wie im Deutschen Reich mehr lateinisch gepaukt und Nein geprügelt würd in die kleinen Getägtniß Eurer und Meiner Kinder Reich wie Arm. Denn n' Papst un n' Bischof zur Liebe un n' Apotheker, dem s' Volk s' schwere Geld hinträgt halte Jchs für z dum. Ich sage als Deutscher Redet Deutsch Ihr Lodersch! lernt lieber für die Todesprache Englisch und Franzschösisch das eine Liebenswürdige Begrüßung hau to z'ou ton Untereinander ist und würd.
DaS ist der Herzenswunsch eines Sachsen Vaters an die hohen geehrten Herren im Reichstage.
von
Gustav Bruno Z.
in
Dresden Alt.
Nachschrift. Ich dächte die Kinder Eure Kinder müßten sich och Leid thun zu Liebe äner solchen S ch p itz bub enspr a ch e peinigen zu lassen.
Landyr. Mezirksverein.
Die Generalversammlung findet am
Samstag, 2. Febr., (Lichtmeßfeiertag)
nachmittags 2 Uhr,
im Gasthof zum badischen Hof in Calw statt.
Tagesordnung:
1) Vortrag des Herrn Regierungs-Assessors Binder aus Hohenheim über „die Haftpflicht".
2) Vortrag des Rechenschafts- und Kassenberichts pro 1. April 1899/1900.
3) Verteilung der Diplome von der letzten staatlichen Bezirksrindviehschau.
4) Verloosung von landwirtschaftlichen Schriften. Calw, 24. Jan. 1901.
Der Vereinsvorstand Oberamtmann Voelter.
Züttert die hungernden Vögel!
jemand her. Er macht sich viel zu mausig, nimmt Ihre ganze Aufmerksamkeit für sich allein in Anspruch, und giebt mir gar keine Gelegenheit, einmal ein Wort mitzureden. Heißt das seine Gefühle verbergen? Ist das die Art, wie er all die Herren und Damen hier irre führen will und Tante Damaris obenan? Vom äußersten Ende des Klüverbaumes aus würde ein Blinder erkennen können, wohin er steuerte."
Wenn er auch leise sprach, so war es doch schrecklich, ihn in dieser Weise scherzen zu hören, denn seine Stimme war nicht sanft, und selbst sein Flüstern hatte etwas vom Knarren eines Balkens. Ich sah ihn daher flehend, mit einem Seitenblick auf Florence, an, welche ganz verlegen geworden war. Das nutzte aber nichts, er ließ sich dadurch nicht beschwichtigen, bestand vielmehr darauf, auch einmal mit Florence zu plaudern. Er benahm sich rein wie ein thörichtes Kind. Was wollte ich also machen, ich mäßte mich fügen und that dies schließlich auch mit besten Humor, bis er durch einige Tischgäste wieder in die allgemeine Unterhaltung gezogen wurde. Als wir ihn hierdurch los geworden waren, erzählte mir mein Lieb, daß die Tante sich in Mutmaßungen über meine Herkunft, meine Verwandten und meine gesellschaftliche Stellung ergangen, dann aber auch wieder weidlich auf Mr. Morecombe gescholten hätte.
„Hat sie dabei nunmehr nicht auch Ihre Klugheit anerkannt, und Sie belobt, daß Sie ihn ausgeschlagen haben?"
„Nein, mit keinem Wort, ich verlange aber auch gar nicht, daß sie mich deshalb lobt. Ich verlange nur, daß sie meinen Namen mit dem seinen nicht verbindet. Thut sie das, dann bitt« ich sie immer gleich, das Thema fallen zu lassen."
„Würden Sie auch unwillig werden, wenn sie Ihren Namen einmal mit dem meinen verbände?"
„Was das wieder für eine Frage ist! Sie sind doch unverbesserlich."
„O, mein Liebchen, Sie müssen sich über keine Frage wundem, die ich stelle. Nichts darf Sie überraschen, was ich thue, nein, selbst nicht, wenn Sie mich plötzlich einmal träfen, wie ich auf dem Kopfe tanze."
„Wie kurze Zeit ist es her, als ich Sie zum erstenmal sah, und mich sofort in Sie verliebte! Ja, Florence, es war der vollendetste Kopfsprung den je ein Sterblicher machte. Doch so lieb und freundlich Sie auch waren, ich wagte ja kaum an Sie zu denken, so fern erschienen Sie mir durch Ihres Vaters Benehmen gegen mich. Und nun nach Wochen der schrecklichsten Befürchtungen, sitzen wir hier zusammen, ich nenne Sie bei Ihrem Vornamen, ich nenne Sie -Liebchen', und wenn Sie mir auch noch nie gestanden haben, daß Sie mich lieben, so weiß ich es doch, ja, ich weiß es, daß Ihr Herz mir gehört."
Ich war gespannt, was sie mir hierauf erwidern würde, und lange brauchte ich nicht zu warten, um zu erfahren, wie das kleine schlaue Hühnchen mir doch immer von neuem zu entwischen wußte. Zuerst kokettierte sie ein wenig, und dann erklärte sie mir, ich weiß nicht zum wievielten Mal, daß meine Einbildung alle Grenzen überschritte, und sie nicht begriffe, wo ich den Mut hernähme, so zu ihr zu sprechen. Dabei sah sie mich mit Augen an, mit Augen, daß ich die Zähne zusammenbeißen mußte, um nicht der Versuchung zu erliegen, dies liebliche Antlitz zu küssen, welches meinen Lippen so nahe war. Ach, diese unglückseligen Menschen, die immer um uns waren! Natürlich hatten sie nun schon entdeckt, wie es zwischen uns beiden stand, denn es war mir durchaus nicht entgangen, daß Mr. und Mrtz. Marmaducke uns öfters beifällig lächelnd ansahen, andere wieder verstohlene Blicke auf uns richteten, und sich wunderten über die raschen Fortschritte, die ich machte.
(Fortsetzung folgt.)