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**" Calw, 28. Jan. Der Bezirks- verein für Geflügelzucht und Vogelschutz hielt gestern ini „Bad. Hof" seine Hauptversammlung ab. Trotz der ungünstigen Witterung war dieselbe von hier und auswärts gut besucht. Der Vereinsvorftand Hr. Gärtner Maurer, begrüßte die Versammlung und wies auf die Erfolge hin, die der Verein in den wenigen Jahren seines Bestehens errungen hat. Hr. Schriftführer Störr schilderte sodann die Vereinsthätigkeit des verflossenen Vereinsjahrs. Der Verein zählt gegenwärtig 80 Mitglieder, welche er durch öffentliche Vorträge, Belehrungen und durch die Vereinszeitschrift, die Tierbörse, jederzeit wohlberatend zur Seite steht. Die gemeinsame Eierverkaufsstelle dürfte sich regelmäßigerer Lieferungen von Seiten der Vereinsmitglieder erfreuen und könnte dann für recht lohnenden und sicheren Absatz garantieren. Jedes Mitglied sollte daher seine sämtlichen übrigen Eier der Verkaufsstelle zukommen lassen. Im vergangenen Jahr wurden durch die hiesige Verkaufsstelle 7500 Eier zu guten Preisen verschlossen. Von 3 Zuchtstämmen der Vereinsmitglieder kamen insgesamt 1100 Bruteier zur Abgabe. Die Mitglieder wurden ermahnt nur Gutes zu züchten und zur rechten Zeit, d. h. recht bald im Frühling. Auch auf dem Gebiet des Vogelschutzes hat sich der Verein bemüht, wohlthätig zu wirken. Mehrere Fälle von Vogelfrevel wurden zur Anzeige gebracht und die Anzeiger mit einer kleinen Belohnung bedacht. Auch haben verschiedene Vereinsmitglieder regelrechte Futterplätze für unsere Singvögel unterhalten. Im kommenden Herbst gedenkt der Verein eine Junggeflügelschau zu veranstalten. Vor Beginn der Neuwahlen erklärte der bisherige Vorstand, die Vorstandschaft privater Verhältnisse wegen nicht mehr annehmen zu können. An seiner Stelle wurde Hr. Lehrer Fischer von Calw gewählt; Kassier Zapp und Schriftführer Störr, sowie die bisherigen Ausschußmitglieder blieben als solche dem Verein erhalten. Für austretende Ausschußmitglieder wurden Hr. Bilharz- Hirsau und Hr. Maurer (bisheriger Vorstand) gewählt. Hr. Oekonom Dingler dankte letzterem für die Mühe und Arbeit, mit der er bisher dem Verein so treu gedient. Zum Schlüsse fand eine recht reichhaltige Verlosung unter die anwesenden Mitglieder statt. Möge der Verein auch unter der neuen Leitung wachsen und gedeihen!
Calw, 28. Jan. In verflossener Nacht hat ein heftiger Sturm viele Tannen geknickt oder vollständig umgeworfen; auch Obstbäume sind beschädigt worden.
Pforzheim, 19. Jan. Ter allgemeine städtische Maskenball am 2. Februar im Sa alb au verspricht in jeder Hinsicht großartig zu werden. Seit Wochen ist eine Kommission eifrig thätig, um durch sorgfältigste Vorbereitung dem ganzen Unternehmen ein gutes Gelingen zu sichern. Allerlei getroffene Maßnahmen sorgen für ein reichhaltigstes Programm, und für alle Be
quemlichkeit der Ballbesucher. Da bei dem billigen Eintrittspreis auf außerordentlichen Be- s u ch gerechnet wird, sind zur Aufrechterhaltung der Ordnung, sowie Vermeidung jeglicher Störung hinreichende Vorkehrungen getroffen. Die in Aussicht gestellten Gruppen- und Einzelpreise im Gesamtbetrag von gegen 800 ^ werden ihre Wirkung nicht verfehlen und zu regem Wetteifer veranlassen.
Darmstadt, 25. Jan. Der Großherzog und die Großherzogin von Hessen reisen, der „Darmstädter Zeitung" zufolge, mit dem Kaiser und der Kaiserin von Rußland von Moskau nach St. Petersburg und von dort in den nächsten Tagen nach England zur Beisetzung der Königin Viktoria.
Kenipten, 26. Jan. Wie der Augsb. Abendztg. von hier gemeldet wird, ist gestern der Kaufmann Heinrich Wälde, bis vor kurzem erster Vorstand des Gemeindekollegiums, wegen Wechselfälschung verhaftet worden. Derselbe ist schon seit längerer Zeit zahlungsunfähig, aber daß er Wechselfälschungen begangen hatte, wußte Niemand. Gleichfalls gestern Vormittag sollte der Direktor der vereinigten Ziegeleien von Allmay und Joh. Ried, Paul Fromman, ebenfalls wegen Wechselfälschung verhaftet werden. Er erschoß sich aber in dem Augenblick, als die Gendarmen bei ihm erschienen.
Kiel, 25. Jan. Sämtliche in Dienst befindlichen deutschen Kriegsschiffe sollen nach England abgehen zur Teilnahme an einer großen anläßlich der Beisetzung der Königin Viktoria stattfindenden Flottenparade. Zum Befehlshaber dieses deutschen Geschwaders wurde vom Kaiser Prinz Heinrich ausersehen. Die Vorbereitungen zur Entsendung der Flotte sind in vollem >Gange. Die Küstenpanzer Hagen und Odin erhielten Ordre, alsbald von Danzig nach Kiel in See zu gehen. Ferner kommen für die Reise nach England in Betracht die Linienschiffe Kaiser Wilhelm II., Kaiser Friedrich III., Baden, Sachsen und Württemberg sowie die großen Kreuzer Freya und Viktoria Louise. Das gesamte Geschwader wird sich am 28. Januar bei Wilhelmshaven einfinden und von dort die Reise nach England antreten.
Berlin, 26. Jan. Nach einem Telegramm aus London empfing Kaiser Wilhelm gestern eine große Anzahl von Depeschen durch Spezial- Kouriere und war außerordentlich von Staatsgeschäften in Anspruch genommen von Morgens bis zum Diner, mit Ausnahme eines kleinen Spazierganges, den der Kaiser früh mit dem Könige unternahm. — Der deutsche Kronprinz wird heute Morgen 7 Uhr 32 Min. in London und 9 Uhr 30 Min. in Portsmouth erwartet.
Berlin, 26. Jan. Nach einer Meldung aus London kam der deutsche Kronprinz heute Morgen 8 Uhr dort an. Auf der Victoria- Station bestieg später der deutsche Gesandte den
Zug. Der Kronprinz trug Civilkleider. Während der Züg hielt, blieb der Kronprinz auf seinem Platze sitzen. Bei der Abfahrt lüftete er seinen Hut zur Erwiderung der respektvollen Grüße des versammelten Publikums. Der Kaiser fuhr heute Morgen 8 Uhr auf der königlichen Jacht von Co- wes nach Portsmouth ab, um den Kronprinzen, der um 9 Uhr 30 Min. dort eintrifft, abzuholen und mit ihm nach Osborne zu fahren.
London, 26. Jan. Das Programm für den Trauerzng bei der Beisetzung der Königin Viktoria ist Folgendes: An der Spitze des Zuges werden Truppen und Herolde marschieren, dann kommen die Richter, Mitglieder des geheimen Rates, die Bischöfe u. s. w. Nach diesen werden durch Hofbeamte die Insignien der Kronen von Hannover und England getragen werden. Darauf folgt der Sarg auf einer Lafette, dem der König Edward mit den Prinzen des königlichen Hauses und deren Ordonanz-Offizieren folgt.. Im Uebrigen wird das Programm der Beisetzung dasselbe sein, wie beim Tode König Wilhelm IV. Die Mitglieder beider Parlamente werden den Zug wahrscheinlich an der Viktoria-Station erwarten.
— „Daily News" sagt von dem König Eduard in einem seinem bisherigen Leben gewidmeten Artikel, er sei dem Tadel nicht entgangen, aber es sei auch allgemein anerkannt, daß er, alles in allem genommen, ein guter Typus eines englischen Gentleman deS 19. Jahrhunderts gewesen sei. Er liebte den männlichen Sport, war ein guter Sprecher bei öffentlichen Akten, stets bereit, seine Bequemlichkeit zu opfern,' um ein gemeinnütziges oder wohlthätiges Werk mit seiner Gegenwart zu fördern. Seinen Freunden bewies er eine unverbrüchliche Treue, Arme unterstützte er gern und freigebig; einer unedlen Handlung war er unfähig. Eigene Ueberzeugung verfocht er eifrig, hörte aber andere auch gerne an und mutete niemand zu, dem Prinzen das zuzugestehen, was sie dem Mann gegenüber verworfen hätten. Gute und unliebsame Erfahrungen haben ihn gereift nnd mild gemacht. Seinen ältesten Sohn mußte er vor etlichen Jahren begraben. Er kennt England wie Kolonien, Indien und Kanada, durch eigene Anschauung. An der Seite einer verehrten Gemahlin tritt der König Eduard VII., jetzt schon populär im ganzen Reich, die Regierung unter den besten Bedingungen an.
London, 25. Jan. Das hinterlassene Vermögen der Königin Viktoria wird auf 60 bis 70 Millionen Pfund Sterling geschätzt. Davon sind 24 Millionen persönliches Eigentum und 20 Millionen vom Prinzen Albert hinterlassen, die beim Tode desselben nur 6 Millionen betrugen und seither sich auf 20 Millionen ansammelten. Die Lebensversicherungsgelder bettagen bei den verschiedenen Versicherungsgesellschaften 20 Millionen Pfund.
Utrecht, 25. Jan. Prof. Snellen und Dr. Heymans untersuchten heute Mittag das operierte
Es war ein wahres Glück, daß diese freundliche Schilderung meiner Person nicht in Gegenwart von Florence gemacht wurde; sie würde mich sicher durch Wort oder Blick verraten haben. Auf mich selbst aber übte die Redseligkeit des alten Mädchens keine andere Wirkung aus, als daß sie mich köstlich amüsierte, und in dieser Stimmung sagte ich: „Da können Sie sich eigentlich gratulieren, denn dank Ihrer Fürsorge ist nun sowohl Mr. Morecombe, wie der gemeine Seemann ein für allemal Ihrer Nichte aus dem Weg geräumt."
„Ja, Gott sei Dank," antwortete sie grimmig lächelnd, „die Reise hat sich doch als wohl erwogen gezeigt, wenn auch die Folgen für mich außerordentlich unangenehm hätten werden können, wäre dieser Mr. Morecombe so mitteilsam gegen andere Passagiere gewesen, wie er es gegen Sie war." Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: „Ich glaube. Sie sagten mir. Sie hätten nicht die Absicht, sich in Australien anzusiedeln?"
„Ganz recht, ich werde wahrscheinlich mit diesem selben Schiff zurückkehren."
»Ist Ihre Familie in England angesessen, Mr. Egerton?" — Gott im Himmel! jetzt wurde die Frau fürchterlich. Dieses Thema war für mich das schlimmste. In den auf mich gerichteten grünlichen Augen lauerte ein langes Verhör über Familienverhältnisse, und ich zitterte am Rande eines bodenlosen Abgrundes von Lügen. Glücklicherweise aber endete meine Angst um eine Antwort schon mit der Frage, denn wie ein rettender Engel trat plötzlich mein Liebchen zu uns.
„Ah, da bist du ja, ich erwartete dich eigentlich schon lange," sagte die alte Dame sehr liebenswürdig. „Florence, mein liebes Kind, ich bin, ich weiß nicht wie oft auf und abgegangen, und bin erstaunt, wie gut mir die Bewegung gethan hat."
„Du siehst jetzt auch viel wohler aus, Tante," erwiderte Florenee, ihre lachenden Augen auf mich richtend.
„Ja, das finde ich auch," beeilte ich mich hinzuzusetzen, „und ich darf vielleicht hoffen, daß dies nicht der letzte Spaziergang gewesen sein wird, auf welchem Sie mir gestatten werden. Sie zu begleiten. Nichts würde mir schmeichelhafter sein." Diese letzten Worte begleitete ich, meinen Hut abnehmend, mit einer ehrfurchtsvollen Verbeugung, und zog mich gleichzeitig zurück, nachdem ich noch, mit großer Befriedigung, die erfreute Miene von Tante Damaris wahrgenommen hatte.
Bald darauf gingen sie beide herunter, und ich sah an diesem Nachmittag nichts mehr von ihnen. Thompson kam sofort zu mir, fing an mich zu necken, und gratulierte mir zu der neuen Eroberung. Nach einer Weile hatte er aber Verstand genug mich wieder zu verlassen, denn er mochte mir wohl anmerken, daß ich den Kopf voll von Gedanken hatte, die erst verdaut sein wollten.
Die Art und Weise, in welcher die alte Dame mir ihr Herz erschlossen hatte, leitete mein Denken in einen ganz neuen Kanal, und so stand ich, ich weiß nicht wie lange, über die Reling gelehnt, die Augen auf das Wasser gerichtet, bis, glaube ich, die Leute vorn dachten, ich wäre seekrank. Wir segelten gut zehn Knoten in der Stunde, und eh' ich das Deck verließ, war völlige Dunkelheit eingetreten. Fern über dem Steuerbordbug, vielleicht siebzehn Meilen entfernt, blinkte das Leuchtfeuer von Portland wie ein bloßer Funke, doch ich konnte danach berechnen, daß, wenn der Wind anhielt, wir zu Mittag des nächsten Tages, die Scillyinseln auf unserer Steuerbordseite, und damit den Kanal hinter uns haben würden.
(Fortsetzung folgt.)