gehen seitens der Post vor. Abg. Schrempf ikons.) meint zu den Polen: In einem polnischen Reichstage würde eine solche Majorität nicht so behandelt, wie Sie hier (Unruhe bei den Polen und im Centruin). Sie sollten froh sein, daß sie eine solche Post haben. Abg. Haußmann (südd. Volksp.) bemerkt auf die Aeußerung des Vorredners, daß dieselbe geeignet sei, unsere Landleute polnischer Zunge zu verletzen (Ruf: Sehr richtig). Vermutlich habe der Abgeordnete Schrempf die Gelegenheit und Muße, welche er dadurch hatte, daß er bei den Landtagswahlen durchgefallen, dazu benützt, sich mit der Polenfrage zu beschäftigen. (Lärm rechts.) Die Mehrheit des Hauses stehe jedenfalls nicht auf seiner Seite. (Erneuter großer Lärm). Abg. Schrempf (kons.) erwidert, er wisse ja, daß sich die süddeutschen Demokraten in der Vaterlandslosigkeit von Niemanden übertrumpfen ließen. (Großer Lärm links.) Als der Präsident den Redner unterbrechen will, fährt dieser fort, er habe die süddeutsche Volkspartei in Süddeutschland gemeint. (Gelächter links.) Damit ist die Besprechung beendet. Nach einer Reihe von persönlichen Bemerkungen beginnt um 5'/< Uhr die erste Lesung der China-Relikten-Vorlage. Ter Reichskanzler ist im Saale erschienen. Abg. Graf Stolberg (kons.) tritt für die Vorlage ein und will zugleich den Invaliden und Relicten aus früheren Kriegen die gleichen Vorteile gewähren. Reichskanzler Graf Bülow erkennt diese Forderungen als berechtigt an (Bravorufe) und auch als dringlich. Das Erforderliche werde er noch in dieser Session veranlassen.
Berlin, 23. Jan. Die gesamte preußische Armee legt auf 14 Tage Trauer au, die bei dem 1. Garde-Tragoner-Regiment auf drei Wochen ausgedehnt wird. Alle königlichen und prinzlichen Palais sowie die Militär-Gebäude haben drei Wochen lang halbmast zu flaggen.
Berlin, 24. Jan. Nach einer Blättermeldung aus London wird Kaiser Wilhelm im Laufe des heutigen Tages sich von OSborne nach Portsmouth und von da nach Windsor begeben, jedoch wird hier angenommen, daß der Kaiser so lange in England bleibt, bis der Kronprinz eintrifft. Letzterer wird heule früh auf der Hohen- zolleru in Cowes erwartet.
London, 23. Jan. Amtlich wird gemeldet: Ter neue König, Kaiser Wilhelm und die Mitglieder der königlichen Familie begeben sich heute nach London.
Berlin, 24. Jan. Ueber die Prokla- mierung König Edward VII. wird aus London berichtet: Trotz des trüben Wetters sammelte sich Morgens eine ungeheure Menschenmenge vor dem St. James-Palast an, um die formelle Proklamation mit anzuhören. Um 9 Uhr erschien der Herzog von Norfolk mit Herold und Trompeter auf dem Balkon. Nach einem Trompetentusch wurde die Proklamation von einem Herold verlesen, der zum Schluß laut ausrief: Gott erhalte den König, in welchen Ruf die Menge herzlich einstimmte. Nach einem weiteren Trompetentusch zogen sich die Herolde zurück, um an verschiedenen anderen Stellen die gleiche Ceremonie zn vollziehen. Ter Herzogs der ein prächtiges rotgoldeneS Gewand
trug sowie die ebenfalls in prachtvollen Kostümen gekleideten Herolde wurden von Leibgarde eskortiert.
London, 23. Jan. Morning Leader schreibt: Seit dein Tode GladstoneS erlitt die Nation keinen ähnlichen Verlust wie jetzt durch den Tod der Königin Viktoria. Morning Post glaubt, daß der König heute erst bestimmen wird, welchen Titel er annehmen werde. Morgen wird ein Privatrat stattfinden. Die Minister und die hohen Beamten sind bereits ersucht worden, ihre Aemter beizubehalten. Ten Daily News zufolge wird keine Parlamentsauflösung stattfinden, aber die politischen Folgen der neuen Regierung würden sehr bedeutend sein. Seit dem König Alfred hätte England keine so geachtete Herrscherin besessen, wie die Königin Viktoria.
London, 23. Jan. Die Verlustliste vom gestrigen Tage über den südafrikanischen Krieg umfaßt 4 Tote und 43 an Krankheit Verstorbene, darunter zwei Offiziere.
London, 24. Jan. Aus Durban wird gemeldet: Ein fürchterlicher Orkan, welcher mehrere Menschenleben forderte, verheerte die Stadt und Umgebung. Eine Kirche in Bothaville stürzte zusammen, zahlreiche Häuser wurden abgedeckt. Ter Schaden ist bedeutend.
Paris, 23. Jan. Anläßlich des Ablebens der Königin von England schreibt der Figaro: Mit dem Tode der greisen Monarchin endigt eine lange und glorreiche Regierung. Mit ihr verschwindet eine große und edle Persönlichkeit. Aurore erklärt, die 64 Jahre dauernde Regierung wird den Gipfel aber auch den Verfall der englischen Monarchie gesehen haben.
P e kin g, 23. Jan. Ueber die Wünsche, die China zu der gemeinsamen Note geäußert hat, verlautet Folgendes: China will, daß die Mächte die Plätze genau angeben, an denen die Prüfungen zu suspendieren sind, daß sie ferner die Einfuhr von Waffen zur Unterdrückung des Räuber- unwcsens gestatten und das Datum für die Zahlung der Entschädigung festsetzen, daß sie eine Erhöhung der Zollabgaben gestatten, die Grenzen des Gesandtschaftsviertels festsetzen und schließlich den Zeitpunkt für den Abzug der Truppen bestimmen.
Standesamt Katw.
Geborene:
10. Jan. Eugen Erwin Stücket, Sohn deS Karl Stückel, Taglöhners hier.
17. „ Helene Mathilde Sommer, Tochter des Brief
träger Wilhelm Sommer hier.
18. „ August Johann Fink, Sohn des Jacquard
webers Aug. Fink hier.
20. „ Hermann Sattler, Sohn des Bäckermeisters
«- Johann Sattler hier.
Gestorbene:
21. Jan. Ernst Hammer, Sohn des Bäckermeisters
Ludwig Hammer, 7 Monate alt.
22. „ Emma Elisadethe Rominger, Tochter des
Jacquardwebers Gustav Rominger, 9 Monate alt.
23. „ Marie Elisadethe Grießler, Tochter des
Flaschnermeisters Karl Grießler, 18 W. a. 23. „ Christine Wilhclmine Reichmann, ledig,
79 Jahre alt.
Gottesdienst«
am 3. Sonntag nach dem Erscheinungsfest, 27. Jan. Keöurtsfest Sr. Maj. des Kaisers.
Vom Türmt 30. Kirchenchor: Sollt ick meinem Gott nicht s. rc. Predigtlied: 347, Wie schön leucht' uns :c. 9','r Uhr: Vorm.-Predigt, Herr Dekan Roo s. 1 Uhr: Christenlehre mit den Töchtern. 5 Uhr: Abcndpredigt im Vereinshaus, Herr Stadlpfarrer S ch m i d.
Mittwoch, 30. Jan.
10 Uhr: Betstunde im Vereinshaus.
Aeiertag Mariä Reinigung, Samstag, 2. Febr. 9'/- Uhr: Predigt im Vereinshaus, Herr Vikar Döring.
Lavdw. Nezirksverein.
Die Generalversammlung findet am Samstag, 2. Febr., (Lichtmeßfeiertag)
nachmittags 2 Uhr,
im Gasthaus zum badischen Hof in Calw statt.
Tagesordnung:
1) Vortrag des Herm Regierungs-Assessors Binder aus Hohenheim über „die Haftpflicht".
2) Vortrag deS Rechenschafts- und Kassenberichts pro 1. April 1899/1900.
3) Verteilung der Diplome von der letzten staatlichen Bezirksrindviehschau.
4) Verloosung von landwirtschaftlichen Schriften. Ealw, 24. Jan. 1901.
Der Vereinsvorstand Oberamtmann Voelter.
Landwirtschaft!. Lonsumvemn
C Kirn
riilgrtr. Kriwssenkchaft mit mibrschränkter Haftpflicht.
Da bei der am 21. ds. stattgehabten außerordentlichen Generalversammlung nicht die erforderliche Anzahl von Mitgliedern erschienen ist, um über „Auflösung oder nicht" abstimmen lassen zu können, so findet am
Montag, de« 28. ds., nachm. 2 Uhr,
bei Bierbrauer Dreiß eine zweite
mißkrorhtvMt GkrmölmrsiWNitMg
mit folgender Tagesordnung statt:
1. Beschlußfassung über den gestellten Antrag auf Auflösung.
2. Wegen freiwilligen Rücktritts des seitherigen Vorstandes event. Neuwahl eines Vorstandes.
3. Verschiedenes.
Der Vorstand.
J.A.: Pflüger.
Hleklameteik.
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V.75 kk.x.Lltr.Lis D xorevkrsi, llsuwoklrno» grösst»» Spsdsigsrdisit
Mkcl.5LviEKUk8V.i9
l-eipriMrstr. 43, Loks ULrk-rLfevst,-.
Sie biß sich auf die Lippen, warf einen Blick nach Florence, und schien in qualvoller Verlegenheit. „Wie fürchterlich," rief sie, „daß er in dieser Weise zu einem ganz Fremden sprechen konnte!" Hierauf sah sie mich ernst und forschend an. — Plötzlich schien ihr ein Gedanke zu kommen. Sie sagte: „Bitte, Mr. Egerton, gehen Sie mit mir etwas auf und ab."
„Mit Vergnügen! Erlauben Sie, daß ich Ihnen meinen Arm anbiete, das Schiff stampft ein wenig." Sie nahm mein Anerbieten an, und im Gefolge der Familie Joice wandelten wir einträchtig, wie Mutter und Sohn, das Deck entlang. Florence sah aus, als wenn sie ihren Augen nicht traute, und Daniel schien von den Stiefeln bis zur Mütze aus einem einzigen Grinsen zu bestehen.
Nach kurzer Pause holte Tante Damaris tief, ich möchte sagen stöhnend, Atem, dann begann sie: „Mr. Egerton, ich halte sie für einen Gentleman."
„Sehr gütig," erwiderte ich kühl.
„Ihr Name bürgt für Sie," fuhr sie fort, „auch gefällt mir Ihr Wesen. Sie werden entschuldigen, wenn ich offen spreche, aber ich bin alt genug, um sagen zu können, was ich denke."
Ihr Griff an meinem Arm wurde fester: „Es würde mir das Herz erleichtern, wenn ich mich aussprechen könnte. Einem Gentleman, wie Ihnen, Mr. Egerton, könnte ich gewiß Vertrauen schenken?"
„Unbedingt," beteuerte ich.
„Nun, also," hob sie an, „was Mr. Morecombe Ihnen erzählte, war nicht absolut unwahr, aber schrecklich übertrieben, vermutlich infolge feines berauschten Zustandes. Die schamlosen Eröffnungen, di« er Ihnen machte, würden mich in eine höchst unangenehme Lage bringen, wenn Sie dieselben andern Mitteilen wollten. Ich flehe Sie an — und hoffe keine Fehlbitte zu thun — daß
Sie über alles schweigen werden, was er Ihnen sagte. Es wäre für mich furchtbar, wenn die Passagiere davon hörten; die Reise würde mir alsdann zu einer Quelle von Aergernissen werden."
„Fürchten Sie nichts. Miß Hawke," sagte ich beruhigend, indem ich ihren mageren Arm sanft an meine Seite drückt«, „nicht ein Wort von all dem, was Mr. Morecombe in der Angelegenheit zu mir äußerte, soll jemals über meine Lippen kommen."
„Ich danke Ihnen, Mr. Egerton," fuhr sie in einem Tone fort, den man beinahe hätte weich nennen können. „Glauben Sie mir, er hat die Thatsachen böswillig entstellt, aber die Geschichte, welche er Ihnen erzählte, war trotzdem nicht ganz erfunden."
„Ich vermute," sagte ich nun ohne Umstände, „daß Ihr Fräulein Nichte ein reiches Mädchen ist, und daß Mr. Morecombe im Einverständnis mit ihrem Vater sie verfolgte, obwohl sie nichts von ihm wissen wollte."
„Ja—a," gab sie widerstrebend zu, „so ungefähr ist es. Ich hatte mich getäuscht. Als er mir von dem Vater meiner Nichte, meinem Bruder, vorgestellt wurde, hielt ich ihn für einen jungen Mann von vornehmer Erziehung und gewann einen sehr günstigen Eindruck von ihm. Ich muß gestehen, daß ich die Ansicht meines Bruders teilte, welcher in ihm ein wünschenswerte Partie für seine Tochter sah. Wer hätte denken können, daß alles so kommen würde, ich um die Verschwiegenheit eines Fremden würde bitten müssen, um nicht während der Reise die Zielscheibe des Spottes und eines impertinenten Geklatsches zu sein! Ach, es ist entsetzlich!"
Ich wiederholte ihr die Versicherung, daß sie sich auf meine Verschwiegenheit fest verlassen könne.
(Fortsetzung folgt.)