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Julius B., der ein kleines Bankgeschäft betrieb, mit Hinterlassung einer sehr be- deutenden Schuldenlast vor 8 Tagen heim­lich verschwunden. Viele kleine Leute und Handwerker kommen zum Teil um all ihre Ersparnisse! (Bankkrach und kein Ende.)

Stuttgart, 26. Nov. Die begreif­liche Unruhe, welche die auswärtigen und hiesigen Zahlungseinstellungen der ver­flossenen Woche im Gefolge hatten, wird noch gesteigert durch unbestimmte Gerüchte über angeblich sehr hohe Beteiligungen hiesiger Bankhäuser bei den hier vorge­kommenen Fallimenten und über angeb­liche Zahlungsverlegenheiten eines erst­klassigen hiesigen Bankhauses. Auf Grund durchaus zuverlässiger Informa­tionen können wir berichten, daß bei dem Konkurse ZapfBalzachi kein einziges Bankhaus mit irgend welchem Verluste be­droht ist, daß bei S. M. Wormser ledig­lich ein allererstes Bankinstitut mit einem größeren, seine hervorragende Stellung aber in keiner Weise beeinträchtigenden Betrage, und drei kleinere Bankfirmen in minderer Weise beteiligt sind, während bei der Aktienziegelei ausschließlich hypo­thekarische und zweifellos gut ge­sicherte Bankguthaben bestehen. Auch das weitere Gerücht von angeblich er­schütterter Situation eines Bankhauses ersten Ranges können wir auf Grund eingehender Erkundigungen als nicht zu­treffend bezeichnen. Es ist sehr bedauer­lich, daß die begreifliche Unruhe des Publikums über die auswärtigen Bank­brüche in übertriebener und verwerflicher Weise durch leichtfertige und böswillige Erfindungen gesteigert werden; wir haben die bestimmte Hoffnung, daß der vorzüg­lich solide Ruf Stuttgarts als Bankplatz auch über die jetzige Krisis hinaus sich be­währen werde.

Ulm, 26. Novbr. Heute beginnt vor der hiesigen Strafkammer eine um­fangreiche Prozeßverhandlung, die wegen der großen Zeugenzahl (43) im Schwur- gerichlssaal gehalten wird. Hauplange- klagte sind der Schneidermeister Kauderer und Ehefrau, sowie die Korsettagentinnen Bacher und Wagner, sämtlich in Deggingen. Kauderer und Genossen arbeiteten für Korsettfabriken in Stuttgart und Göppingen und beschäftigten ihrerseits wieder Frauen­zimmer, denen sie Bier. Brot und andere Lebensmittel verabfolgten und das Geld hiefür am Lohne abzogen (Z 115 der Ge­werbeordnung). Auf Beschwerden ver­schiedener Geschäftsleute in Deggingen kam die Sache zur Anzeige. Am 2. Dez. werden vor der hiesigen Strafkammer die des gewerbsmäßigen Stehlens in der Gaißer'schen Schuhwaarenfabrik in Göp­pingen angeklagten Arbeiter: G. Vollmer und 32 Genossen zur Aburteilung ge­laden.

Nagold. Auf Anregung der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel hat der hiesige Gewerbeverein beschlossen, der männlichen ledigen Jugend an den Sonn­tagen ein Lokal zur Verfügung zu stellen, wo sie sich mit Lesen, Schreiben, Spielen unterhalten kann. Diese Einrichtung dürfte auf dankbaren Boden fallen; es laufen an den Sonntagen so viele junge Leute die Stadt auf und ab und wissen nicht, was

sie anfangen sollen. Nach einigemEcke­stehen" schlüpfen sie in's Wirtshaus, und dort wird der Sonntag beschlossen. Das patriarchalische Verhältnis zwischen Meister und Lehrlingen hat sich längst aufgelöst.

In der benachbarten Stadt Alten­steig rüstet man sich nach Kräften zu einer würdigen Begehung der Feier der bevorstehenden Eisenbahn-Eröffnung. Am Montag fand auf Veranlassung des Stadtvorstands im GasthofZur Traube" zur Beratung des Programms für die be­absichtigte Feier eine zahlreich besuchte Versammlung statt. Aus dem Programm ersieht man deutlich, wie die Stadt die Gewinnung der Bahn als eine bedeutende Errungenschaft freudig begrüßt. Mögen sich die Wünsche der Bürgerschaft erfüllen, und die Bahn der Stadt und dem Nagold­thal den größten Segen und Nutzen bringen.

Ausland.

Der Aufstand in Brasilien ist zu Ende; Fonseca hat seine Diktatur nieder­legen müssen und wird als Gefangener bewacht, hoffentlich um vor ein Kriegs­gericht gestellt zu werden. General Peixoto hat vorläufig die höchste Gewalt in die Hand genommen, die Diktatur aufgehoben und den Kongreß wieder einberufen. Die abtrünnig gewordenen Provinzen, nament­lich Rio Grande do Sul haben sich wie­der an Brasilien angeschlossen. Man darf begierig sein, ob nicht der abgesetzte Kaiser Dom Pedro zurückgerufen wird. Er selbst und seine Familienangehörigen haben be­reits alle Vorkehrungen getroffen, um einem etwaigen Ruf alsbald Folge leisten zu können.

Influenza. Diese Krankheit tritt in Warschau und in vielen Provinzial- städlen epidemisch auf, in vielen Fällen mit rötlichem Ausgang. Die Kranken­häuser sind überfüllt.

AlitZt'llen.

Hamburg, 23. Nov. In den Hamb. Nachr." erzählt jemand folgendes Schelmenstückchen:Als ich 1880 bei den Gardefüsilieren diente, gewann ein Gefreiter von Einjährigen wiederholt fol­gende Wette, die er ihnen um Kleinig­keiten, wie eine Weiße oder ein paar Würstchen in der Kantine anbot: Er wolle in Gegenwart jedes beliebigen Vor­gesetzten bei der Ausbildung der Einjährigen es wurde gerade der GriffPräsen­tieren" geübt laut und deutlich statt des CommandosAchtung, präsen­tiert das Gewehr", kommandieren: Acht Pfund Preßwurst sind nicht schwe r". Er gewann, wie gesagt, wieder­holt die Wette; die in gleichem Takt wie das Kommando gesprochenen Worte lau­teten so sehr den richtigen gleich, daß kein Mensch die humoristische dienstliche Sünde entdeckte."

(Die kleinsten Menschen der Erde) sind die Akkas, die in geringer Entfernung westlich vom Albert-Nyauzasee in Mittel­afrika wohnen. Sie wurden 1870 von Schweinfurt entdeckt und neuerdings von Emin Pascha genauer untersucht. Das männliche Knochengerüst erreichte in

> manchen Fällen kaum eine Länge von 1,2 Meter, während eine lebende Akkafrau, von der Emin Pascha ganz genaue Mes­sungen eingesandt hatte, nur 1 '/» Meter in der Höhe maß.

Eine unmenschliche Bestimmung hatte die löbliche Polizeiverwaltung zu Gottesberg getroffen. Am 26. v. M. wurde in Rotenbach, Kreis Landeshut, ein der Tollwut verdächtiger Hund getötet, weshalb auch über Gottesberg die Hundesperre verhängt werden sollte. In der darauf bezüglichen, im Gottesberger Stadtblatt" veröffentlichten Polizeilichen Bekanntmachung, die Polizeiverwaltung Hentschel" unterzeichnet ist, hieß es wörtlich:In Folge dessen wird hie- mit aus Grund des Z 33 des Reichsgesetzes vom 21, u. s. w. angeordnet, daß fortan sämtliche Hundebesitzer hiesiger Stadt und Vorstadt Kuhlau aus die Dauer von drei Monaten sest- gelegt oder mit einem das Beißen sicher ver­hindernden Maulkorbe an der Leine geführt werden." Diese drakonische Verfügung, deren Uebertretung mit ISO Mk. Geldstrafe bedroht wurde, mag aber der Polizeiverwaltung hinter­her doch zu hart und vor allen Dingen nicht zweckentsprechend erschienen sein, denn die bereits ausgegebenen Nummern desStadlblattes" wurden schleunigst wieder zurückgeholt und die betreffende Bekanntmachung mit einer neuen überklebt, in welcher nur das Festlegen der Hunde, nicht aber der Hundebesitzer verordnet ward.

Gemeinnütziges.

(Das Alter der Eier.) Hierüber giebt uns das spezifische Gewicht Aufschluß, indem man die Eier in eine Lösung von 145 Gramm Kochsalz in einem Liter Wasser einlegt; in solcher sinken ganz frische zu Boden, 24 Tage alte schwim­men, über 6 Tage alte treiben oben auf.

(Abhaltung der Motten.) 45 Gramm reine Karbolsäure, 30 Gramm Kampher, 30 Gr. Rosmarinöl werden in 2^ Liter rektifizierten Spiritus aufgelöst: mit dieser Flüssigkeit werden die Kleider mit Hilfe eines Pulverisators mäßig bespritzt und hierauf in gut schließende Behälter gegeben.

(Zum Putzen von Messern u. Gabeln) bediene man sich einer rohen, am Ende abge­schnittenen Kartoffel zum Reiben, diese entfernt in Verbindung mit dem Putzstein die dunkelsten Flecke vom Stahl und läßt ihn wie Silber blinken.

Auflösung des magischen Zahlenquadrats in Nr. 185.

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Charade.

Das Ganze Hab' ich mir zum Ziel gesetzt, Doch weil es wie das Erste hoch,

So braucht es auch des Zweiten noch, Bis ich das Ganze erreiche zuletzt.

Für den Monat Dezember werden Be­stellungen auf den

von den Postanstalten und Postboten ent­gegengenommen. In Neuenbürg abonniert man bei der Geschäftsstelle.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Me eh in Neuenbürg.