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Amis- und Arrzeigebkail für de« Bezirk Kalw. 76 . Jahrgang.

Erscheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Die Einrückungsgebühr betragt im Bezirk und in nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, weiter entfernt 12 Psg.

Amtliche Bekanntmachungen.

De« Grtsbehordr«

wird die genaue Beachtung der Vorschriften über die Frankierung der Postsendungen in Erinner­ung gebracht. Insbesondere wird darauf hinge­wiesen, dA-Sendungen an die K. Stratzenban- tzlWeknon nur dann als portopfl. D. S.'bezeichnet werden können, wenn diese die Staatsstraßen selbst """betreffen, aber nicht wenn es sich um Privatsachen z. B. um Anrücken von Holz an die Staatsstraße und um Baukonzessionsgesuche handelt.

Calw, 18. Jan. 1901.

K. Oberamt.

Voelter.

Tagesneuigkeiten.

Calw, 18. Jan. Aus dem Haupt- finanzetat entnehmen wir u. a. folgendes. In Calw, wo-.-Ae Wohnungsverhältnisse sehr ungünstig liegen, wurde für die hiesige Straßenbauin­spektion im Jahre 1899 zunächst ein Bauplatz um den Preis von 5236 gekauft, der vom Grund­stock vorgeschossen wurde; dieser Betrag ist nun in den Etat eingestellt. Unter den teils in Aussicht genommenen, teils in nähere Erwägung zu ziehenden Korrektionen und Neubauten an Staats­straß en, sowie an Gemeinde- und Amts­körperschafts st raßen , soweit zur Aus­führung letzterer Staatsbeiträge zu gewähren sind, sind folgende aufgeführt. 1. Staats­straßen: Verlegung der Straße Nr. 102, Böb- lingen-Calw-Calmbach, von der Stadt Calw bis zur Einmündung der Straße Nr. 85, Tübingen- Calw, in der Markung Calw (Voranschlag 80 000 Mark); Erbreiterung der Nagoldbrücke in Hirsau an der Straße Nr. 102, Böblingen-Calw-Calmbach

Dienstag» drn 22. Januar 1901.

und Verbesserung ihrer Zufahrten (Voranschlag 10000 ^e); Herstellung eines Gehwegs im Ort Hirsau (Voranschlag 5000 ^); Verbesserung der Stiche zwischen Kentheim und der Station Teinach an der Straße Nr. 103, Calw-Nagold, in den Mar­kungen Kentheim und Sommenhardt (Voranschlag 50000 ^t); Verbesserung der Straße Nr. 103, Calw- Nagold, bei Tanneneck in der Markung Calw (Vor­anschlag 3300 ^); Verbesserang des Bieselberg- stichs und Erbreiterung der Straße Nr. 108, Pforz- Heim-Calw, in den Markungen Dennjächt und Liebenzell (Voranschlag 78000 diese sämtlichen Bauten werden als wünschenswert bezeichnet. 2. Gemeinde- und Amtskörperschafts- straßen: Verbesserung der Straße von Calw «ach Altburg in der Markung Calw (Voranschlag 108 000 und Verbesserung der Nachbarschafts­straße von Teinach nach Röthenbach (3000 ^ Ueberschreitung des Kostenvoranschlags); diese Bau­ten sind unter denjenigen aufgeführt, denen Staats- beiträge schon zugesichert find. Bau einer neuen Brücke über die Nagold bei Untcrreichcnbach^Vor- anschlag 34 000 -6) Erbauung einer neuen Straße von Emberg ins Teinachthal (Voranschlag 70000 ^t), und Verbesserung der Straße von Gechingen über Deufringen nach Gärtringen (Voranschlag 75000 ^), die Ausführung dieser Bauten wird als wünschens­wert bezeichnet.

Calw, 21. Jan. Gestern nacht um 10 Uhr brach in Liebenzell in der Scheuer des Flasch­ners Kazenmaier und Amtsdiene^ Strobel Feuer aus, das sofort auch das Wohnhaus des Postboten Louis Beck in Flammen setzte. Beide Gebäude sind vollständig abgebrannt. Zur Zeit des Brandes ging ein heftiger Wind, es gelang jedoch, die weitere Ausdehnung zu verhindern. Die Abgebrannten sind versichert.

Vierteljährlicher AbonnemerrtspreiS in der Stadt Mt. 1.10 ins HauS gebracht, Mk. 1. IS durch die Post bezogen im Bezirk; außer Bezirk Mk. 1. 3S.

Ebhausen, 18. Jan. In unserem Nach­barort Ebershardt machte gestern Abend der 63 jährige Bauer Johannes Roth fuß seinem Leben durch Erhängen ein Ende. Unglück im Stall wie überhaupt Rückgang in seinen Vermögens­verhältnissen haben allem nach den Mann, der eine zahlreiche Familie hinterläßt, zu dem traurigen Schritt geführt.

Stuttgart, 19. Jan. Aus Anlaß des 200jährigen Bestehens des Königreichs Preußen hatte am Freitag die preußische Ge­sandtschaft in der Goethestraße geflaggt. Von 12 bis 1 Uhr konzertierte zu Ehren des Jubiläums die Kapelle des 7. württ. Infanterieregiments Nr. 125 Kaiser Friedrich König von -Preußen. Der König und die übrigen hier weilenden Prinzen, die Gesandten, Minister, hohe Staatsbeamte über­brachten persönlich dem Gesandten ihre Glückwünsche zur Feier.

Backnang, 19. Jan. Gestern abend kur; vor 8 Uhr stieß der von Nürnberg-Crailsheim aus­gehende und die Station Oppenweiler durchlaufende Schnellzug 118 auf die letzten fünf Wagen des eben von Backnang aus einlaufenden, vom Haupt- auf das Nebengeleise übergehenden Güterzugs 2223 so heftig auf, daß zwei Wagen total zertrümmert wurden, ein Bierwagen im Bogen über den die Weiche besorgenden Wärter, der unverletzt blieb, in eine beim Straßenübergang nach Zell befindliche Mulde flog und 2 weitere Wageu auf die Seite geworfen wurden. Der auf dem Bierwagen seines Amtes waltende Wagenwärter wurde ebenfalls hinausgeschleudert und trug einen Beinbruch davon. Die Lokomotive, in deren Vorderräder eiserne Wagen­teile eingekeilt sind, blieb 100 Meter von der Un­glücksstätte auf dem unbeschädigt gebliebenen Haupt-

0 k k k 6 1 !k» Ro-dro« verboten.

Iack's Brautwerbung.

Seeroman von Clark Russell.

(Fortsetzung.)

Ja, ein Gentleman besonders soll sehr krank gewesen sein, erzählte mir meine Nichte. Für den Anfang mußte er darauf gefaßt sein, jetzt indessen ist so wenig Bewegung zu spüren, daß er gewiß wieder wohler sein wird. Weißt du, Flo- rence, ich hätte große Lust, den Steward zu ihm zu schicken, und ihn bitten zu lassen, eine Anstrengung nicht zu scheuen und auf Deck zu kommen. Der Sonnen­schein und die Luft dürften ihm sicher gut thun."

Das Gesicht von Florence hatte sich mit dem Moment wo auf Morecombe die Rede kam, in Marmor verwandelt. Jetzt antwortete sie ruhig:Ich würde mich an deiner Stelle nicht einmischen, Tante; er wird von selbst auf Deck kommen, wenn er Lust hat. Wenn der Mann noch krank ist, wird deine Auf­forderung ihm wie Hohn erscheinen."

Nenne ihn doch nicht der ,Mann', Florence," schalt die Tante, imdem sie mit ihrer Nase förmlich nach der Nichte pickte.

Ich erkannte aus diesem kurzen Gespräch, daß sie keine Ahnung davon hatte, wie krank Mr. Morecombe gewesen war, und noch war. Florence hatte ihr nur erzählt, daß er seekrank sei, und auf ihre Kabine beschränkt, hatte ihr die Gelegenheit gefehlt, Näheres zu erfahren. Mir aber konnte es nicht in den Sinn kommen, sie aufzuklären.

Inzwischen hatte uns das Lotsenboot beinahe erreicht. Mit vollen Segeln schoß es auf uns zu, einen schneeigen Streifen zurücklafsend. Hell bestrahlt von der Sonne, lag hinter ihm die, wie eine Festung emporgetürmte Küste.

Vom Hinterdeck aus wurde jetzt ein Befehl gegeben. Die Mannschaft eilte herbei, und bald hörte man ihren Chorgesang und das taktmäßige Getrampel beim Backbrassen der Segel, um das Schiff in seinem Lauf aufzuhalten. Es dauerte nicht lange, und man vernahm, wie das Wasser an der Wetterseite schlappte.

Da auf einmal fiel es mir aufs Herz, daß sowohl die Pflicht gegen Florence, wie gegen meine Cousine es von mir forderte, die Gelegenheit nicht zu versäumen, welche die Abfahrt des Lotsen bot. Ich mußte Sophie wißen lassen, daß Morecombcs Anwesenheit an Bord das Ergebnis heimlicher Verabredung war, und daß mein Liebling, ebensowenig wie ich, eine Ahnung davon hatte, daß er die Reise mitmachen würde. Ebenso fühlte ich, bei meines Onkels feinem Empfinden für alles Komische und Lächerliche, die Verpflichtung, ihm zu berichten, warum und wie Morecombes Reise geendet hatte. Ich empfahl mich deshalb bei den Damen.

Als ich in meine Kabine trat, fand ich Morecombe mit geschlossenen Augen, aber fertig angekleidet, in einem amerikanischen Stuhl sitzen. Sein Gepäck hatte ich schon auf Deck bereit liegen gesehen. Ich ging an meinen Koffer, und während ich meine Schreibmappe suchte, sagte ich:Nun werden Ihre Leiden bald überstanden sein, in zwanzig Minuten wird der Lotsenkutter längsseit liegen."

Wovon sprechen Sie da?" murmelte er mit lallender Stimme, wobei er wie ein Blödsinniger kicherte. Dies veranlaßt« mich, ihn aufmerksamer anzusehen, und da erkannte ich sofort, daß er betrunken war. Eigentlich konnte mich das nicht überraschen, denn wenn jemals ein Plagen leer war, so war es der seine.