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Hilfen zu erhalten. Dieselben sind im Herzog Christof untergebracht. Man hofft, mit ihnen die notwendigste» Arbeiten fertig­stellen zu können. Ä>enso ist es auch vielen anderen Druckereien gelungen, teil­weise Ersatz zu finden. Die meisten Stutt­garter Blätter erscheinen. da zum Tstl von ihnen die Forderungen bewilligt wurden, fort. In Baihingen a. F., wohin heute nachmittag ein gemeinsamer Ausflug der Streikenden samt Angehörigen statt­findet , wird Bierbrauereibesitzer Leicht 1000 Liter Bier regalieren. Einige hiesige Wirtschaften, darunter die Brauerei Dinkel­acker, verabreichen das Bier um 10 L an die Streikenden, (warum nicht auch an das übrige Publikum?)

Ueber den gestern in Stuttgart aus­gebrochenen Buchdruckerausstand kann kurz berichtet werden, daß, soweit sich die Lage bis jetzt übersehen läßt, die Prinzi­pale mit Zuversicht hoffen können, den Ausstand erfolgreich zu bestehen. (S. M.)

Stuttgart, 9. Novbr. Vom 1. Januar ab wird in Stuttgart ein Sonn­tagsanzeiger erscheinen. Die Probenum­mern werden in nächster Zeit zur Aus­gabe gelangen. Zur Aufbringung der nicht unbedeutenden Kosten, welche ein derartiges neues Unternehmen erfordert, hat sich eine Gesellschaft gebildet. Als Redakteur wird der frühere Herausgeber der Württ. Landeszeitung, Rud. Förster, genannt.

Tübingen. 6. Nov. In der gestrigen Hauptversammlung der deutschen Partei hielt Professor Dr. Schäfer einen interessan­ten Bortrag über das Verhältnis Deutsch­lands zu den übrigen Großmächten. Bis­marck hielt freundliche Beziehungen zu Rußland möglichst lange anfrecht. Erst als diese erkalteten, entschloß er sich zur Gründung des Dreibundes. Deutschland hat das größte Interesse am Bestände Oesterreichs. Ein Krieg mit Rußland würde aber im günstigen Fall uns keine Vorteile, keinen Ländererwerb, sondern neue Schwierigkeiten und Verlegenheiten bereiten. Die deutsche Politik habe nach Bismarck eine freundliche Stellung zu England eingenommen, die uus der Ge­fahr eines Konfliktes mit Rußland aussetze. Da wolle man England in der Darda­nellensrage unterstützen und in der Er­klärung über den Zug Emin Pascha's habe man das deutsche Ansehen aufs tiefste geschädigt. Ebenso drückte sich Professor Eimer unter Zustimmung der ganzen Ver­sammlung aus.

Ulm, 8. Nov. Der Prozeß gegen den Handelsmann Moses Samuel Nathan aus Laupheim, welcher diesen Sommer so großes Aufsehen machte, äußert noch immer seine Nachwirkungen. Nathan war von der Steuerbehörde zu 40 000 vkL Strafe verurteilt worden, welche Summe das Gericht um einige Tausend Mark ermäßigte. Auch gegen dieses Urteil legte Nathan Revision ein, welche aber vom Strafsenat des Kgl. Oberlandesgerichts am 4. Nov. verworfen wurde. Hier ist das Gerücht verbreitet, Nathan habe sich inzwischen seines Vermögens entäußert, um die Strafe nicht zahlen zu können. Wir glauben nicht, daß ein württembergisches Gericht

sich von Herrn Nathan eine solche Fast-^ nachtsnase drehen ließe.

Heilbronn, 5. Nov. Ein Lang­finger, welcher vorige Woche hier von einem Wirtshaus weg ein Zweirad ge­stohlen. wurde in Karlsruhe in der Person eines Kaufmanns von Waghäusel ermittelt und festgenommen. Derselbe wollte das sehr wertvolle Vehikel an einen Wirt um SO vlL verkaufen, welcher jedoch Verdacht schöpfte und die Polizei in Kenntnis setzte.

Oesterreich.

Wien, 9. Nov. Die Meldung über ein angebliches Wiederauftauchen Johann Orths, weiland Erzherzogs Johann Sal­vator, werden sämtlich auf den Schau­spieler Stubel in New-Dork zurückgeführt und gelten hier als ganz unbegründet, da weder die Erzherzogin-Mutter, noch der Hof, noch das auswärtige Amt dergleichen Nachrichten erhielten.

Ausland.

Die Fried enzkonserenz in Rom ist am Sonnabend geschlossen worden. Noch in der Schlußsitzung kam es zu einem lebhaften Zwischenfall, den die chauvinist­ischen Elemente der Versammlung durch den Antrag Hubbard, das Nationalitäts­prinzip zu proklamieren und sich für Rück­gabe des Rechtes der Entscheidung über Krieg und Frieden an die Nationen und ihre Vertreter auszusprechen, herbeiführten; der Antrag fiel schließlich unter den Tisch. Was die praktischen Ergebnisse der inte» parlamentarischen Konferenz anbelangt, so wollen dieselben herzlich wenig bedeuten. Man ist eigentlich über bloße Formfragen nicht viel hinausgekommen und ob die nächste interparlamentarische Friedenskon- iferenz, welche 1892 in Bern stattfinden isoll, bemerkenswertere Resultate erzielen 'wird, möchte schon jetzt zu bezweifeln sein. Der internationaleFriedenskongreß, welcher >die Fortsetzung der interparlamentarischen Konferenz bilden wird tritt am 11. Nov. 'zusammen.

! Mailand, 9. Nov. In seiner heu­tigen Rede teilte der Ministerpräsident Marchese di Rudini den Abschluß des Handelsvertrags mit Deutschland mit und .kündigte den bevorstehenden Abschluß des Handelsvertrags mit Oesterreich an.

Die Landesverteidigungskommission in .Rumänien hat das deutsche Mauser­gewehr als das beste Repetievgewehr erklärt und dessen Einführung unter Be­nützung des franzäs. rauchfreien Pulvers empfohlen.

Aus Spanien, 7. Nov. Inder Provinz Valencia sind neue Ueberschwemm- ungen ausgetreten und haben großen Schaden angerichtet.

Miüst'llen.

(Der unpünktliche Prinz) Während Prinz Friedrich August, der künftige Thron­erbe von Sachsen, dieser Tage das Ritter­gut Berreuth bei Dippoldiswalde weilte, brachten ihm die Militärvereine aus der Umgegend ihre Huldigung dar. Der Prinz sprach verschiedene Mitglieder an, unter Anderen auch einen seiner Ori'ina- lität wegen bekannten dicken Schmied­

meister, welcher früher bei der Artillerie gedient hatte. Vom Vizevorsteher darauf aufmerksam gemacht, daß dieser Kanonier bei des Prinzen Geburt mitgeschossen habe, sagte der Letztere:Ah, da haben Sie also die 101 Kanonenschuß mitabgegeben?« worauf unser Ex-Kanonier prompt er- wiederte:Jawohl, wir Ham damals vun Drei bis um Else uff Sie warten müssen!» Diese im trockensten Tone gegebene Antwort amüsierten den Prinzen und seine Umgebung außerordentlich.

(Wie viele Damen kommen auf einenTänzer?) Auf den Bällen findet man bekanntlich mehr tanzlustige Damen als Herren. Es dürfte jedenfalls Bielen interessant sein. zu erfahren, wie viele Damen in jedem Lande auf einen Tänzer kommen. EinPrivatgelehrter» hat sich nun der mühsamen. aber interessanten Ausgabe unterzogen, hierüber eine Statistik aufzusiellen. Für die Richtigkeit seiner Angaben müssen wir ihm freilich die Ver­tretung allein überlassen. Am glücklichsten daran sind hiernach die Wienerinnen, indem schon auf zwei Tänzerinnen ein Tänzer trifft. In Bayern ist das Ver­hältnis wie I zu 7, in Italien 1 zu 15, in Württemberg I zu 20, in England 1 zu 25. in den Niederlanden 1 zu 26, in Preußen 1 zu 28, in Hamburg, Bremen und Lübeck 1 zu 34. in Sachsen 1 zu 38. in Spanien 1 zu 50, in der Schweiz 1 zu 107. in Portugal 1 zu 110, in Däne­mark 1 zu 130, in Rußland 1 zu 159, in Schweden und Norwegen 1 zu 211 und iu der Türkei 1 zu 9000. Die Türken scheinen also die langweiligsten Leute der Welt zu sein.

Da jetzt die Zeit des Gänseschlachtens herangekommen ist, ist die Frage von Interesse, wie das Alter einer Gans zu erkennen sei. Wenn man nun einen Gans­flügel untersucht, jo findet man an dem ! oberen äußersten Rückenteil, dicht an der ! größten Schwungfeder, zwei kleine ganz spitze, schmale, außerordentlich harte und sehr festsitzende Federn. An der größten davon ist das sichere Merkmal für das ' Alter der Gänse deutlich zu sehen. Es zeigt sich nämlich, nachdem die Gans das erste Lebensjahr zurückgelegt hat. auf der äußersten Spitze der bewußten Feder eine klein« Kerbe, welche aussieht, als wenv mit einer dreikantigen Feile dieses Mal eingekeilt wäre. Nach dem zweiten, drittelt Lebensjahr u. s. w. zeigt sich immer eine Kerbe mehr, sodaß mau das Alter der Gänse auf den Federn absehen kann..

(Der gute Johann.) Ein betrunkener Hausknecht wird von seinem Herrn tüchtig durchgestrügelt. Nachdem der Herr sich entfernt hat. kommt der Kellner hinzu, der Augenzeuge war. und es entspinnt sich folgendes Gespräch. Kellner:Aber, Johann, so durchprügeln ließe ich mich doch als so aller Kerl nicht; ich würde ^ den Herrn verklagen, ich erbiete mich als Zeuge.» Hausknecht:Ach nee, da darf der Mensch nicht gleich so sein; morgen hat der alles wieder vergessen.»

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn, Meeh in Neuenbürg.