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Deutschlands Hauptstandt vorüber, in den heiseren Pfiff der fauchenden Lokomotive, in die dumpfen Schläge der rollenden Räder tönt noch das Gläserklingcn und der rauschende Festlärm, mit dem man in Berlin den rumänischen König als einen Burgen gegen russische Anschläge auf dem Balkan gefeiert hat, hat feiern müssen. Die Mode der Politik teilt, der Zander der Persönlichkeit bindet nicht mehr . . .
(B. N. N.)
Die Abreise des Zaren und der ihn begleitenden fürstlichen Herrschaften von Kopenhagen nach der Krim ist erfolgt, ohne daß hiebei während des Aufenthaltes des Zaren auf deutscher Erde eine Begegnung zwischen ihm und Kaiser Wilhelm stattgefunden hätte. Zur Zeit, da der Zar in Danzig landete, weilte Kaiser Wilhelm noch zur Jagd in den Liebenberger Forsten, wohin der Kaiser sich am Donnerstag begeben hatte. Für Donnerstag war aber auch die Abreise des Zarenpaares aus Kopenhagen festgesetzt gewesen — die sich dann allerdings um einen vollen Tag verzögerte — es scheint demnach fast, als ob der Liebenberger Jagdausflug unseres Kaisers nicht so ganz zufällig in die Zeit der Heimreise des Zarenpaares über Deutschland gefallen. sei. Jedenfalls deutet das Nichtzustandekommen der so vielerörterten Begegnung zwischen dem deutschen Herrscher und dem Kaiser Alexander darauf hin, daß die Temperatur zwischen den Höfen von Berlin und Petersburg fortgesetzt eine ziemlich kühle ist.
Württemberg.
Telegramm an den Enzthäler.
Aufgegeben in Stuttgart am 4. November,
vorm. 11.36, angekommen 11.52.
Wahlresultate: Oberndorf: Leibbrand (Deutsche Partei) 2384, Galler (Volkspartei) 1305, Stern (Sozialdemokrat) 96. zersplittert 2. Oehringen: Hartmann (Bolkspartei) 3201, Leemann (Dtjch. Partei) 1217, eine Gemeinde ausstehend.
Se. Mas. der König hat den Vorstand der Betriebsabteilung der Generaldirektion der Staatseisenbahnen, Direktor v. Balz, unter Belassung in dieser Stellung zum ersten Vorstand der General- direklion zunächst in der Dienststellung eines Direktors ernannt und die Stelle eines Vorstands der Bauabteilung der Generaldirektion der Staatseisenbahnen dem Oberbaurat, tit. Baudirektor v. Schlierholz unter Beförderung desselben zum Direktor übertragen.
Se. Mas. der König hat die bei der Regierung des Schwarzwaldkreises erl. Sekretärsstelle dem Kanzlechilfsarbeiter Amtmann Häfele (früher in Neuenbürg) bei dieser Behörde übertragen.
Stuttgart. Der von Dr. v. Götz redigierte Entwurf einer Adresse der 2. Kammer an Se. Majestät den König ist eine einfache Umschreibung der Thronrede. Weitergehende Punkte sind in dem Adreß- Entwurf nicht berührt. Der Abgeordnete F. Haußmann gab der Ansicht Ausdruck, daß die Adresse auch positive Forderungen enthalten müsse, und verlas einen von ihm verfaßten Entwurf, in welchem alle Wünsche der Bolkspartei, von der Verfassungs- Revision und Aushebung der Lebensläng-
lichkeit der Ortsvorsteher, bis zur Unentgeltlichkeit des Volksschulunterrichts untergebracht waren. Zu Ziffer 3, die von dem Verhältnis Württembergs zum Reich handelt, wünschte Probst, daß hier die Rechte der Einzelstaaten auch zur Betonung kommen möchten, nicht nur die Pflichten. Das Haus war wenig geneigt, einen Passus in die Adresse hineinzunehmen, der gewissermaßen voraussetzt, daß etwas vorgesallen sein müsse, was eine solche Verwahrung rechtfertige. Auf seinen Antrag wurde der Ziff. 3 sogar eine Fassung gegeben, die der rückhaltlosen Freude an dem Entstehen des Reiches Ausdruck giebt und nicht erst mit Rücksicht auf die dadurch für Württemberg erzielte Rückwirkung. Diese nahm man mit allen gegen die Stimme des Abg. Wittich an. Ein Antrag des Abg. Probst bei Ziff. 4, wonach auf die Gefahren aufmerksam gemacht wird, die dem Staat durch die Sozialdemokraten drohen, wird mit 59 gegen 20 Stimmen (lauter katholische Abgeordnete) abgelehnt. Bei Ziff. 5, die den Passus über die Einbringung eines neuen Entwurfs betr. die Berfassungs- revision umschreibt, brachte Ebner einen Zusatzantrag ein, wonach er und seine politischen Freunde als die geeignete Grundlage zur Zusammensetzung der zweiten Kammer die Aufhebung der Vorrechte von Geburt und Amt erachten, v. Schad nahm sich der Privilegierten an und nahm für dieselben in Anspruch, daß sie ihr Mandat stets mit Einsicht und Pflichtgefühl ausgeübt haben und daß auch nicht der Hauch eines Verdachtes auf ihnen ruhen bleiben könnte, sie hätten nicht ebensoviel Vaterlandsliebe als die gewählten Abgeordneten, v. Göz wendet gegen den Antrag Ebner ein, daß die Mehrheit sich nicht für eine Aufhebung der Vorrechte der Privilegierten ausgesprochen habe, sondern nur für eine Einschränkung derselben. Ihnen den Stuhl vor dieThüre setzen wollte man nicht. Stälin will für den Antrag Ebner stimmen, der ja eine Forderung des Programms der deutschen Partei von 1888 sei. F. Hauß- mann (Gerabronn) erklärte klipp und klar, daß, wenn der Antrag Ebner nicht in die Adresse hineinkomme, er und seine engeren politischen Freunde an der Endabstimmung über die Adresse nicht teilnehmen würden Mit 51 gegen 34 Stimmen wird aber hierauf der Ebner'sche Antrag abgelehnt. Für denselben stimmen außer der Linken noch einige Mitglieder der deutschen Partei. Die Adresse wird bei der Endabstimmung mit 82, allen abgegebenen Stimmen, genehmigt. Die Abgeordneten F. und K. Haußmann, Brodbeck und Storz hatten vor der Abstimmung den Saal verlassen.
; Stuttgart, 3. Nov. Heute Nachmittag 2'/r Uhr wurde die Abordnung der Kammer der Abgeordneten zur lieber- reichung der A n t w o r ta d re f j e auf die Thronrede von Sr. Majestät dem König im Thronfaale empfangen. Die Mn- glieder der Adreßkommiffian fuhren vvm Ständchaus in 6. Wagen am Schlosse vor. Präsident v Hohl verlas nach einer kurzen Ansprache in deutlich vernehmbaren Worten die kalligraphisch sehr hübsch ausgestattete Adresse, welche der König mit sichtbarem Interesse entgegennahm. Nach Ueberreichung der Adresse antwortete Se.
von Chrn. Meeh
Majestät auf die einzelnen Punkte eingehend. Hierauf unterhielt sich der König mit dem Präs. v. Hohl. Vizepräs. v. Gütz, Geheimrat v. Hofacker, Prälaten v. Merz, Domkapitular v. Rieß und dem Abgeord- neten Härle, letzteren mit den Worten ansprechend: „Sie haben ein hübsches Fest gefeiert; ich beglückwünsche Sie noch nachträglich." Hierauf zog sich Se. Majestät zurück und die Mitglieder der Deputation begaben sich wieder zu Wagen in das Ständehous.
Oehringen, 2. Nov. Der Kampf um das Landtagsmandat wird mit unerhörter Heftigkeit geführt, wie die von den beiden streitenden Parteien in den letzten Tagen ausgcgebenen zahlreichen Flugblätter beweisen. Außer dem Kornzoll spielt jetzt auch die religiöse Frage herein. Der demokratische Kandidat Hartmann soll nämlich, obwohl Protestant, in öffentlicher Wirtschaft über den Reformator Luther geschimpft haben und ihn einen „meineidigen Gesellen" genannt haben. Hart» mann leugnet dies und erklärt, daß er de» Buchdrucker Banmann, aus dessen Offizin die Flugblätter der Deutschen Partei stamme» gerichtlich belangen werde.
Ausland.
In Rebstein (Kanton St. Gallen) find heute morgen vier Uhr bei starkem Winde 54 Firsten nicdergebrannt. Ein Taubstummer ist dabei umgekommen. Es wird Brandstiftung vermutet. Eine Person wurde verhaftet.
Am Dienstag, 3. November, ist auf dem Kapitol zu Nom die internationale Friedens-Konferenz, durch parlamentarische Vertreter der meisten europäischen Staaten zahlreich beschickt, feierlich eröffnet worden. Die Konferenz gedenkt täglich Sitzungen abzuhalten.
Paris, 3. Novbr. Aus Rio de Janeiro wird berichtet, die brasilian« ischeRegierung gedenke die europäischen Erzeugnisse mit einem Zuschlagszoll von 50 Prozent zu belegen.
Das jüngste Erdbeben in Japan hat ungeheueren Schaden verursacht und zahlreiche Menschenleben vernichtet. In der Provinz Nagoya sind 18 000 Häuser zerstört und 2000 Personen getötet worden; in der Stadt Gifu sollen 5000 Gebäude zerstört und 5000 Menschen umgekommen sein. Die Städte Oyaki, Kano und Kasamatschu, jede etwa 50,000 Einwohner zählend, sind durch die Katastrophe fast gänzlich in Trümmer gelegt worden, auch die dortige Eisenbahn wurde infolge des Erdbebens vernichtet.
Weinpreiszettel. Stadt Besigheim. Um 135—140 bis auf einige Reste Alles verkauft. — Cannstatt. Verkauf langsam. Preise zwischen 170—200 -4L. — Fellbach 47—52 Pr. Hktl. — Uhlbach. Bis auf einige gute Qualitäten Alles verkauft. Preis bis zu 180 -4L. — Asperg. 138 bis 150 ^ für 3 Hktl. Käufer erwünscht. — Mundelsheim. Käufe zu 155—170 .<L für 3 Hktl. Vorrat noch etwa 250 Hektol. — Horrheim. Preise gesunken auf 120—125 -4k für 3 Hektol., Vorrat noch etwa 100 Hektol.
Stuttgart, 3. Nov. (Obstpreiszettel.) Güterbahnhof. Zufuhr: 43 Waggon — 8600 Zentner Mostobst, Preis Per Waggon 820—850 ^L, pr. Ztr. 4 30 bis 4 60 ^ (schweiz.
790—830 und 4 -4L 10 ^ bis 4 ^L 30 A
Redaktion, Druck und Verlag
in Neuenbürg.