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„Alles klappt! Alles stimmt! Wir haben ihn! Er ist fest!" das waren die Ausrufungen, welche er zwischen die Erzählung des langen Hans dann und wann einstreute.
Letzterer begann nun noch die Verhaftung des starken August zu erwähnen und der Kriminalrat war außer sich vor Freude. Der geheime Polizeiagent mußte erzählen, ausführlich erzählen, und als er geendet, reichte ihm der Kriminalist die Hand und rief überlaut: „Gratuliere Ihnen von Herzen zu Ihrer Beförderung zum Polizei-Lieutenant, die gar nicht aus- bleiben kann und darf nach solchen dankenswerten Erfolgen. Werde mich selbst für Sie verwenden, mein Wort und meine Hand darauf! Sie müssen nämlich wissen, daß der starke August früher schon einmal hier in der Residenz der Hanptmatador bei allen Diebstählen und Räubereien gewesen ist und also auch den jetzigen massenhaften Verbrechen nicht fern stehen wird! Gestehen soll und muß er aber, wollen ihn schon mürbe machen!"
Bei den letzten Worten funkelten die Augen des Kriminalisten. und er schien nicht viel Gutes mit dem gefangenen starken August vorzuhaben.
Der lange Hans war ganz glücklich von der Verheißung, die ihm der Rat soeben gemacht hatte und im Geist sah er sich schon als wohlbestallten Polizeilieutenant. In seiner schweigsamen Weise dankte er seinem Gönner mit wenigen Worten für das Lob und war wieder ganz Ohr, als dieser von Neuem fortfuhr:
„Ja, das ist ein ganz unbezahlbarer Fang, den Sie gemacht haben! Sie hätten Jurisprudenz studieren sollen, Sie hättens weit bringen können!"
Da der Kriminalrat, welcher über den starken August den Bankier Römer ganz vergessen zu haben schien, jetzt schwieg und nachdenkliche Gesichte schnitt, so erhob sich der lange Hans, um sich zu entfernen, erlaubte sich jedoch vorher noch eine Anfrage in Betreff des Bankiers, erbat sich Verhaltungsbefehle und eventuell einen Verhaftsbefehl gegen denselben.
Das ist nicht nötig, ganz und gar nicht! Verläuft uns nicht davon! Hoffentlich können wir heute Vormittag die kleine Verwundete Römer vernehmen, dann ist ja die Geschichte mit einem Schlage beendet! Nein, nein! Heut Abend ist auch noch Zeit, den Bankier abzufassen!" ent- gegnete der kleine bewegliche Rat.
Der Polizeispion wagte keine Entgegnung , doch blickte er den Sprecher so wehmütig an, als wollte er sagen : „Wenns nur dann nicht schon zu spät ist!" daß der Doktor Fuchs ein leises Lächeln nicht verbergen konnte, als er erwiderte: „Wir haben noch Zeit! Glauben Sie mir und unser Mann bleibt uns unter allen Umständen eben so gewiß, wie Ihnen die Ernennung zum Lieutenant. Doch nun Gott befohlen, ich will noch eine Stunde schlafen und auch für Sie wird dies das Beste sein. — Guten Morgen!"
„Guten Morgen, Herr Kriminalrat!" antwortete der lange Hans und ging aus dem Zimmer. Während er jedoch die Treppe hinunterstieg, murmelte er leise vor sich hin: „da brauchte ich auch nicht
so eilig zu sein, sondern konnte ruhig die> ganze Nacht verschlafen, ehe ich den weiten Weg hier heraus noch einmal machte. — Keinen Verhaftsbefehl! — Na, 's wird sich finden und ich behalte sicherlich Recht. — Heute Abend ist entschieden zu spät und der Vogel dann entwischt!" —
Damit ging er zum Hause hinaus.
Der Morgen war frisch. aber schön und der lange Hans schleuderte gemütlich durch die Straßen. Er kam auch an dem Hause des Bankiers vorbei und war nicht wenig erstaunt, das ganze Haus schon zu früher Stunde auf den Beinen zu sehen, Diener und Frauensleute liefen eilig durcheinander, sogar mehrere Gruppen fremder Leute standen beisammen und sprachen leise miteinander. Der Polizci- spion mischte sich unter dieselben und erfuhr auf diese Weise, daß die Schwester des Bankiers diese Nacht gestorben sei.
Langsam ging der lange Hans nun nach Haus, um die Kleider zu wechseln. Unterwegs murmelte er mehrere Male vor sich hin: „Na. ja, da hat man's liebe Elend; ob unsereiner auch nur eine ruhige Stunde hat. Nun muß ich dem Kriminalrat wieder melden, daß die Schwester gestorben ist und ihren Herrn Bruder möchte ich heute gar nicht gern allein und unbeachtet oder mir gar aus dem Gesichte entschwinden lassen! — Wenn ich Lieutenant bin, wird dieses Hundeleben hoffentlich einmal aushören!"
5. Kapitel.
Den ganzen Vormittag waren der Kriminalrat und Vetters, der Aktuar, eifrig mit Vernehmungen beschäftigt.
Während Ersterer den starken August vernahm, mußte der Aktuar, ohne jedoch vom Kriminalrat von den Ergebnissen der Recherchen des langen Hans benachrichtigt worden zu sein, in dessen Begleitung sich Hugo befand, der von zwei Gendarmen bewacht wurde, hinaus aufs Stadtgut fahren, um die Bankiersnichte abzuhören, welche nach dem brieflichen Ausspruch der beiden Aerzte heute ganz gut im Stande sei. dos Nötige über ihre Verwundung anzugeben. Beide Juristen waren von all den Thatsachen, welche sie niederzn- schreiben hatten, vollständig verblüfft und trauten ihren eigenen Ohren nicht, mit denen sie die Ungeheuerlichkeiten einzeln vernehmen mußten.
Nun zuerst zum Kriminalrat.
Als er den eingefangenen starken August hatte in sein Kabinel führen lassen und eben den Mund zum Jnquirieren öffnen wollte, kam ihm der gefesselte Verbrecher mit der Frage zuvor: „Würde ich straffrei ansgehen, wenn ich jene ganze Bande in die Hände des Gerichts lieferte, welche nun schon so lange hier in der Residenz thätig ist?"
Der Kriminalrat stutzte, doch schnell besann er sich und entgegnete: „Nein, das würde nicht geschehen!"
„Dann werde ich nicht das Geringste aussagen!" . . .
„Und wir lassen ihn dann bis zum jüngsten Tage auf Geständnis sitzen!" siel der Jurist dem Verbrecher ms Wort.
Doch dieser kannte seinen Mann und
l erwiderte gelassen: „Das ist mir egal! Wollen sehen, wer's eher satt bekommt!"
Der Kriminalrat bis sich aus die Lippen und versuchte aus alle nur erdenkliche Art und Weise, etwas ans dem starken August heraus zu bekommen, doch vergebens.
(Fortsetzung folgt.)
Daß die sozialdemokratischen „Jungen", trotz der über sie verhängten großen Excommunication, den Humor nicht verloren haben, beweist folgender Spott- Vers, der von Wildeuberger, den übrigens der Erfurter Ortsausschuß in das Gasthaus „Zum wilden Mann" einguartiert hatte, stammen soll und der jetzt in den Kreisen der „Jungen" in Berlin mit schuldiger Andacht gesungen wird:
„Ueb' immer Liebknecht-Beblichkeit Bis an dein kühles Grab,
Und weiche keinen Singer breit Vom Grillenberger ab."
Von d er b a d i s ch e n G r e uze, !7. Okt. Daß auch der Apfelmost, wenn zu reichlich genossen, Streiche spielen kann, mußte Ratsschreiber G. in.er
fahren. Am Sonntag nacht vom Ochsen, wo er bis II Uhr gesessen, heimkehrend, wollte er, wie schon öfters, wenn er den Hausschlüssel vergessen, in sein ebenerdig gelegenes Schlafzimmer cinsteigeu, geriet aber an das zunächst gelegene Küchenfeuster, wo er einstieg und in der Dunkelheit an einen mit Wäsche gefüllten großen länglichen Zuber geriet, die er im Dusel für das Bett hielt, sich entkleidete, hiueinlegte und sofort einschlicf. Als die Wäscherinnen morgens 4 Uhr mit ihrem Tagwerk beginnen wollten und den entkleideten schlafenden Mann, den sie nicht gleich erkannten, entdeckten, gab es einen Höllenlärm. Der abenteuerliche Hr. Ratsschreiber wird wohl noch oft wegen seines absonderlichen Nachtquartiers gefoppt werden.
(Tiefe Wahrheit.) „Sehen Sie, jetzt schütlets wieder wie aus Kannen, was jagen denn Sie zu diesem abscheulichen Wetter?" — „Was kann man da viel sagen. In nassen Jahren regnels überhaupt gern!"
Stuttgart, 28. Okt. (Obstpreiszettel.) Güterbahnhof. Zufuhr: 65 Waggon — 13000 Zentner Mostobst, (45 öfter., 7 bahr., 13 schweiz.,) Preis per Waggon 820—860 pr. Ztr. 4 40 ^
bis 4 70 ^ (schweiz. 4 „tä 20 bis 4 50 ^j). —
29. Okt. Zufuhr: 300 Ztr. Kartoffeln, Preis pr. Ztr. 4 bis 5
Weinpreiszettel. Stadt Besigheim Vorrat noch 350 Hktl. — Bönnigheim, Weinpreise 100 bis 125 für rotes und gemischtes Gewächs. — Hohenstein. Einige Käufe von 180—184 -4L Gew. 78—86° nach Oechsle. Vorrat 270 Hktl. Käufer eingeladen. — Kirchheim a. N. Roch wenig verkauft. 120—188 — Stadt Brackenheim. Käufe 150 — Fellbach. Mittelgewächs
146—150 Bergwein noch kein Kauf. — Obertürkheim Käufe zu 60—67 ^ pr. Hktl. Vorrat noch ca. 400 Hktl. — Rothenberg. Mehrere Käufe Mittelgewächs zu 163 ^ für 3 Hktl. — Uhlbach Käufer willkommen. — Mundelsheim. Gewicht durchschnittlich 5° mehr als im Borjahr, einige Käufe Trollinger aus besseren Lagen zu 170 bis 190 Käßberger Trollinger zu 215—226 ^ Vorrat noch ca. 6—800 Hktl. — Erlenbach Qualität über Erwarten gut, Verkäufe von Rotwein zu 165—175 weißes und gem. Gew. 140 bis 150 ^ Noch ziemlich Vorrat. — Stadt Reutlingen. Der erste Kauf mit 120 — Hohen
haslach. Käufe zu 152—166 Käufer erwünscht.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.