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Beifall gefunden und wurde der Einkaufs­kommission, bestehend aus den Herren Oberamtstierarzt Böpple, Schultheiß Glauner in Gräfenhausen und Con- ftantin Weiß in Ottenhausen die volle Anerkennung gezollt. Der Verkauf ging über Erwarten gut. Es wurden erlöst 4852 ^ gegenüber einem Einkaufspreis von 4350 wozu selbstredend noch die Kosten des Einkaufs, des Transports und der Fütterung kommen. Der sich noch etwa ergebende Ueberschuß wird den Käufern nach Verhältnis des Ankaufspreises wieder gutgeschrieben. Die Preise bewegten sich zwischen 200 bis 470 der Durchschnitt stellt sich aus 322 ^-6, was bei den gegen­wärtigen Viehpreisen für schöne rassenreine Tiere gewiß nicht zu hoch ist. Um das Vieh dem Bezirk möglichst zu erhalten, wurde die Bedingung gestellt, daß dasselbe bei Vermeidung einer Konventionalstrafe in Höhe von '/» des Ankaufspreises binnen Jahresfrist nicht außerhalb des Bezirks veräußert werden darf. Wir glauben, daß der landwirtschastl. Verein nunmehr den richtigen Weg betreten hat, um die Viehzucht auf eine ihrer Bedeutung ent­sprechende Höhe zu bringen und sind er­freut, daß die Bestrebungen des Vereins in den Kreisen der Landwirte, wie die lebhafte Beteiligung bei dem heutigen Ver­kaufe zeigte, Unterstützung finden. Es wird sich für diesen Herbst noch darum handeln, ob nicht auch ein Versuch mit der Einführung männlicher Zuchttiere gemacht werden soll. Es müßten allerdings höhere Preise angelegt werden, diese bezahlen sich aber immer wieder und wäre es eine dank­bare Aufgabe der Gemeinden, wenn sie durch Leistung entsprechender Beiträge den Farrenhaltern den Ankauf von rassereinen Tieren ermöglichen würden. Der Einkauf ist gegenwärtig entschieden billiger, als dies im nächsten Frühjahr der Fall sein wird.

Enz bahn. Dem um 8.40 abends in Wildbad eintreffenden Zug 143 ist am Dienstag ein kleiner Unfall Angestoßen, indem zwischen Calmbach und Wildbad eine Axe der Lokomotive brach, so daß sich das Rad loslöste. Der Zug wurde ohne Schaden sofort zum Stehen gebracht und eine andere Lokomotive von Wildbad requiriert, welche ihn mit einer Verspätung von wenigen Minuten dorthin brachte. Eine solche Verspätung erhielt in Folge dessen auch der fahrplänmäßig um 8.50 von Wildbad nach Pforzheim abgehende Zug 146.

Neuenbürg, 29. Okt. Von einem Freunde unseres Blattes wird uns heute noch ein Himbeerstrauch mit besonders schönen reifen Himbeeren übergeben. Es werden dies wohl des Sommers letzte Früchte sein.

Neuen b ürg, 29. Okt. Ein Kutscher, der als sog. zweiter Hausknecht in einem hiesigen Gasthof angestellt war, wurde von seinem Herrn beauftragt, in Ett­lingen eine Ladung Kartoffeln zu holen und erhielt den Betrag dafür (man spricht von 180 Mark) eingehändigt. Dort an­gekommen , scheint aber der edle Roffe- lenker im Hinblick auf seine gefüllte Börse plötzlich Heimweh und Reiselust verspürt zu haben, was ihn bewogen haben mag, seinem

Auftrag untreu zu werden. Pferd und Wagen in der Einkehrstelle stehen zu lassen und per Bahn nach seiner Heimat, dem Baslerland abzudampfen; wenigstens soll der treulose Bursche, wie man hört, in dortiger Gegend bereits verhaftet worden sein. An seiner Barschaft soll nur ein sehr mäßiger Betrag fehlen; sein Durchbrennen wird ihm aber gerichtlich in gehöriger Weise angerechnet werden.

Calw. Im Handels- und Ge­werbeverein sprach am Samstag abend im Dreiß'schen Saale Hr. Dr. Pohl­mayer aus Berlin überdas neuzeitliche Gewerbe und seine Hebung". Wer ein warmes Herz und offenen Blick besitze, habe schon längst erkannt, daß eine dauernde Hebung des Handwerkerstandes notwendig angestrebt werden müsse. In kleineren Orten beschränke sich leider die Thätigkeit des Handwerkers fast nur noch auf Re­paraturen. Die Großindustrie ziehe alles durch ihr Kapital an sich, ihre Arbeit über­rage die des Handwerkers durch größere Billigkeit und mitunter auch exaktere Aus­führung. Daß die Arbeiter in großen Etablissements sich mit der Zeit und jetzt schon besser stellen, als die Handwerker, werde zu einer sozialen Gefahr. Der Ruin des Mittelstandes, welch letzterer bisher die Vermittlung zwischen arm und reich gewesen, stehe bevor. Der Handwerker sei aber so wenig entbehrlich wie jeder andere Fachgenosse, denn er sei der Feind aller leidenschaftlichen politischen Bestrebungen, er ist für soziale Gerechtigkeit. Nieder­drückend für ihn sind die parteipolitischen Anschauungen, seine stetige Besorgnis da­mit anzustoßen, müsse ihm alle Energie nehmen und seine Selbstachtung unter­graben. Es sei schon alles vorgeschlagen, um das Handwerk zu heben, aber doch sei dem rollenden Rad der Zeit nicht in die Speichen zu fallen. Mit besseren Zahlungs­bedingungen bei der Kundschaft, denn der Handwerker müsse lange borgen wäre wohl etwas erreicht, aber nicht ge­holfen. Die Kreditvereine und Darlehns­kassen müssen mehr dem Handwerker zu­gängig gemacht werden, aber da bekommen nur die kreditfähigen und -würdigen, diese können aber in diesem Falle überall Geld erhalten. Auf die kleinen Kraftmaschinen setzt der Redner auch keine Hoffnungen. Mehr Intelligenz müsse den Stand wieder zu Ehren bringen. Leider herrsche unter unfern Handwerkern zu wenig Standes­ehre, zu wenig Korpsgeist, das sei z. B. in Frankreich anders, dort erziehe der Hand­werker auch die begabteren Söhne zum Handwerk, während bei uns dieselben gleich studieren müssen. Hiefür führt Redner Beispiele aus gemachten Erfahrungen an. Auch durch das Jnnungswesen, durch Pro- duktivgenossenschasten sei keine dauernde Hebung zu erhoffen. Nur auf dem Gebiet des Kunsthandwerks könne der goldene Boden des Handwerks wieder zurücker­worben werden. Hiezu gehöre, daß die Kunstgeschichte in den Lehrplan der höheren Lehranstalten für andere weniger not­wendige Fächer eingeführt werde. Er will die Verurteilung aller Nachahmungen, vor welchen die Abneigung eine allgemeine wer­den soll, wovon der Handwerker den meisten Nutzen hätte. Museen sollen helfen durch

I Formen der Schönheit Geschmack in die Massen zu tragen.

Der Aerzte verein der Schwarz­waldbäder tagte am 25. ds. Mts. in Freiburg i. B. Der Verein bezweckt, da viele unserer Kurorte nicht die Würdig! ung finden, die sie verdienen, den Kur­orten unseres vaterländischen Gebirges vorwärts zu helfen. Er soll einen wissen­schaftlichen und kollegialen Verkehr unter den Badeärzten Herstellen zur Erreichung seines Zweckes und znr Wahrung der Interessen der Aerzte, Als Ort der nächsten Versammlung ist Wildbad ge­wählt worden.

Pforzheim, 30. Okt. Am kommen­den Montag den 2. Nov. d. I., abends präzis '/,8 Uhr findet in der Turnhalle das erste große Wiuterkonzert des Jnstrumentalvereins statt und erlauben wir uns hierauf aufmerksam zu machen. Wir erwähnen dabei, daß außer der schönen und ansprechenden L8-clur-Symphonie von Mozart die Ouvertüre zu denHebriden" von Mendelssohn, der Krönungsmarsch aus demProphet" und das wunderschöne Intermezzo aus derLavuIIiora rustieaim« von Mascagni zum Vortrag kommen. Wir können deshalb unseren Mitgliedern einen sehr genußreichen Abend in Aussicht stellen.

Knmik.

Deutschland.

Der deutsche Kaiser hat in einem Erlaß an das StaatSministerium unter Hinweis auf den Mordprozeß Heintze eine energische Bekämpfung des Zuhültertum- wesenS verlangt und dem thalkikstigen Vorgehen der Beamten den kaiserlichen Schutz versprochen. Dem frivolen Ge­bühren der Verteidiger in jenem Prozeß, welche übrigens bereits vor der Berliner Anwaltskammer unter Anklage gestellt sind, hat der Kaiser sein schärfstes Mißfallen insofern kundgegeben, als er seinen Mini­stern nahe legt, eineAenderung des be­stehenden strafrechtlichen Verfahrens zu erwägen, um zu verhindern, daß die Ver­teidiger selbst durch frivole Mittel dem Unrecht zum Siege verhelfen". Solchen Advokaten, die sich alles erlauben zu dürfen glauben, wird dadurch eine allgemeine Ver­warnung erteilt. Der Kaiser will auch Maßregeln getroffen haben, damit die Würde des Gerichtshofes gewahrt und in ähnlichen Fällen die Oeffentlichkeit ausge­schlossen werde. Der betreffende Vor­sitzende des Gerichts im Prozeß Heintze hat damit eine so scharfe als verdiente kaiserliche Rüge erteilt.

Der russische Zar wird wie nun­mehr endgiltig feststeht, nicht über Berlin nach der Krim reisen, sondern über Danzig. Daß unser Kaiser dorthin fahren soll, wird ihm gewiß kein Mensch zumuten.

(Fahrrad als Fuhrwerk.) Ein be­merkenswertes Landgerichtserkenntnis ver­öffentlicht der.Deutsche Radfahrerbund." Danach ist das Fahrrad als Fuhrwerk zu betrachten und demgemäß zu behandeln. Jeder Fußgänger hat auch dem Fahrrad auszuweichen, thut er dies trotz wieder­holter Zeichen nicht, so kann er nach dem Landesgesetz bestraft werden.

Mit einer Netkn-e.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.