18

Vieh. Der Handel ging flau. Milchschweine wurden mit 1826 Mk., Läufer mit 3070 Mk. pro Paar bezahlt.

Cannstatt, 7. Jan. Am Samstag wurde hier ein Fabrikarbeiter und dessen Frau wegen Hehlerei verhaftet. In der Wohnung derselben wurden allerlei Gegenstände gefunden, die von einem Einbruchsdiebstahl in Untertürkheim herrühren. Den Diebstahl selbst sollen 2 Schwäger des Mannes verübt haben. Die weiteren Erhebungen der Polizei haben noch ergeben, daß die beiden Diebe gemeinsam mit einem dritten Gesellen des versuchten Totschlags an Kaufmann Essingcr hier und ebenso des in Pleidelsheim in der Nacht vom 29. auf den 30. Dez. verübten Mordes dringend verdächtig sind. Alle 3 sind flüchtig, aber steckbrieflich verfolgt.

Rottenburg, 7. Jan. Bei den vielen Brauereien am hiesigen Platze ist das Eis immer ein begehrter Artikel, zumal wenn der Winter so spät eintritt wie Heuer. Auch bildet der hier ziem­lich raschfließende Neckar nur selten größere Eis­flächen. Bei der Aufteilung derselben durch die von den Bierbrauern aufgestellten Eisaccordanten kommt es dann alljährlich zu grimmen Fehden, da hierbei lediglich die Grundsätze des Faustrechts maßgebend sind: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst und der Schwache muß dem Stärkeren weichen." Dies führte am gestrigen Sonntag abends, als kaum die sich fröhlich tummelnden Schlittschuhläufer die prächtige inmitten der Stadt gelegene Eisfläche verlassen hatten, zu einer groben Ausschreitung, indem der Taglöhner Josef Biesinger von einem anderen Eisarbeiter mit der Axt einen solchen Schlag in den Nacken erhielt, daß sein Zustand ein bedenklicher ist.

Tübingen, 5. Jan. (Strafkammer.) Ein vielfach vorbestrafter Dieb ist der Taglöhner Braun von Teinach, der heute wegen Diebstahls i. R. zu 1 Jahr und 3 Monaten Gefängnis ver­urteilt worden ist. Im August 1900, kaum aus dem Mannheimer Zuchthaus entlassen, verlegte er sich sofort wieder auf das Diebshandwerk. Er stieg Nachts mittelst einer Leiter in die Hirschwirt­schaft zu Breitenberg, O.A. Calw, ein, versteckte sich die Nacht über in einem Zimmer in der An­nahme, am andern Morgen werden sich die Leute aufs Feld begeben. Als er sich sicher fühlte, machte er sich an die Durchsuchung der Gelasse, wurde aber von der Wirtin alsbald ertappt und festgehalten. Seine Diebsbeute bestand nur aus einem Taschentuch. In Verbindung mit diesem Geständnis räumte der Angeklagte ferner ein, daß er auch den im Juni 1897 in derselben Wirtschaft zu Breitenberg verübten Diebstahl auf ganz ähnliche Weise ausgeführt habe. Damals wurde neben Schmucksachen und einem Sparkassenbuch, das auf 170 ^ lautete, gegen 100 ^ bar Geld gestohlen. Mit Ausnahme des Sparkassenbuchs gab Braun die Entwendung der andern Sachen zu, ebenso, daß er um jene Zeit einem Einwohner von Teinach mehrere Anzüge gestohlen habe. Thatsache ist, daß

gegen den Angeklagten wegen all dieser Diebstähle Untersuchung eingeleitct war und er mangelnden Beweises halber seiner Zeit außer Verfolgung ge­setzt werden mußte. Wegen der neu zu Tage ge- getretencn Verbrechen wird der Angekl. zu neuem Termin gestellt werden.

Crailsheim, 7. Jan. Der land­wirtschaftliche Gauverband hielt am Samstag eine öffentliche Gauversammlung hier ab, die ordentlich besucht war. Derselben ging eine mehrstündige Beratung des Ausschusses voraus. Zu beiden hatte sich der Präsident der Zentralstelle Freiherr v. Ow mit Oek.-Rat Rindt eingefunden. Den Gegenstand der Verhandlung bildete die Beschaffung von Arbeitskräften aus Süd-Ungarn. Dr. Aldinger, ein schwäbischer Landsmann, Geschäftsführer des evangelischen Haupt­vereins Witzenhausen, behandelte in einstündigem Vortrage die Nachteile und Gefahren, welche durch den Bezug von polnischen und slavischen Arbeitern für Deutschland nnd namentlich für dessen östliche Landesteile entstehen. Er machte auf die schwäbischen Kolonien in Südungarn mit ihrem Arbeiterüberschuß aufmerksam und sprach dafür, statt der polnischen solche schwäbisch-ungarische Arbeiter für den Sommer zur Arbeit, oder bei großen Gütern ganze Familien zur Ansiedlung zu gewinnen. Der Versuch, der in Hessen damit gemacht wurde, sei durchaus zur Zu­friedenheit der Interessenten ausgefallen. Für uns Süddeutsche habe dies den Vorzug, verwandte Volksgenossen zu erhalten und diese Glieder des deutschen Volkes wiederum für das Deutschtum zu gewinnen, für die östlichen Landesteile aber den, der drohenden polnischen Ueberflutung entgegenzu­arbeiten. Ob freilich die süddeutschen Verhältnisse einen solchen immerhin etwas teuer zu stehen kom­menden Arbeiterbezug gestatten, ist eine andere Frage. Wir hörten deshalb auch manche Stimmen, die von einem solch teuren Arbeitsmaterial einst­weilen nichts wissen wollten.

Wuchzenhofen, O.A. Leutkirch, 7. Jan. Heute wurde der 12 jährige Sohn des Gemeinde­pflegers Geser begraben, der in Folge von Brand- wunden eines schrecklichen Todes gestorben ist. Durch einen nicht zur Explosion gekommenen Frosch entzündeten sich mehrere solche, die er bei sich trng und verletzten ihn so gewaltig, daß er nach schweren Leiden starb.

Meckesheim, (Amt Heidelberg), 7. Jan. Dieser Tage ereignete sich hier ein schreckliches Un­glück. Ein ungefähr 4 Jahre alter Knabe spielte am Bett seines halbjährigen Schwesterchens mit brennenden Weihnachtskerzen. Das Bett fing Feuer und Bett und Kind sind buchstäblich verbrannt. Die Eltern waren während des unglückseligen Er­eignisses im Keller beschäftigt.

Berlin, 7. Jan. Wie die Post meldet, hielt Graf Zeppelin heute vor der hiesigen Ab­teilung der Kolonialgesellschaft einen Vortrag über die Zukunft der Luftschifffahrt. Vor Beginn des Vortrags überreichte im Auftrag des Kaisers der

Chef des Militärkabinets, General v. Hahnke, dem Grafen Zeppelin den Roten Adlerorden 1. Klaffe mit einer kaiserl. Kabinetsordre, worin die Anerkennung für die Ausdauer und Mühe ausgesprochen wird, womit Graf Zeppelin seine Aufgabe durchgeführt habe und seine Erfolge rühmend hervorgehoben werden, und worin mitge­teilt wird, daß die Luftschifferabteilung angewiesen ist, so oft eS sich als nützlich erweist, einen Offizier zu Zeppelins weiteren Versuchen zu entsenden.

Berlin, 8. Jan. Bei der bevorstehenden Jubelfeier des 200 jährigen Be­stehens des Königreichs Preußen wird sich wie die Kreuzzeitung hört, Kaiser Franz Josef durch einen Erzherzog vertreten lassen. Nähere Bestimmungen sind noch nicht getroffen.

Berlin, 8. Jan. Bürgermeister Brinck- mann begab sich gestern abend 6'/- Uhr mit seiner Gattin und seinen beiden Söhnen nach dem Königin Augusta Tattersall. Während Frau Brinck- mann als Zuschauerin auf der Tribüne Platz nahm, bestiegen sowohl Bürgermeister Brinckmann wie seine Söhne ihre Pferde. In bester Laune nahm Brinckmann die Reitübungen vor, als er plötzlich unwohl wurde und vom Pferde heruntergehoben werden mußte. Er wurde sofort von seinen Fa­milienangehörigen nach seiner Wohnung gebracht und starb dort unmittelbar nach der Ankunft. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein jähes Ende be­reitet. Er hat nur ein Alter von 45 Jahren erreicht.

Berlin, 8. Jan. Der älteste Sohn des Ministers von Thielen, Oberleutnant im 2. Garde-Feldartillerie-Regiment zu Potsdam, Ernst von Thielen ist am Sonntag abend in Montreux, wo er eines Herzleidens wegen zur Kur weilte, im Alter von 32 Jahren gestorben. Der Bruder des Verstorbenen ist nach der Schweiz abgereist, um für die Ueberführung der Leiche nach Berlin zu sorgen.

Berlin, 8. Jan. Nach einem Telegramm des Lokal-Anzeigers aus Hamburg steht das Waren­haus Wagner in Flammen. Personal und Kundschaft konnten sich retten. HauS und Waren­lager, letzteres im Werte von 500,000 sind un­rettbar verloren. Das Feuer entstand durch die Explosion eines Gasofens.

Paris, 6. Jan. Ein bis jetzt geheimnis­voller Vorfall ereignete sich in der vorgestrigen Nacht in dem Abends V-10 Uhr von Paris ab­gehenden Kölner Schnellzug. Einer der inter­nationalen Gepäckwagen, der vor der Abfahrt von den Beamten in Paris vorschriftsmäßig plombirt worden war und etwa 1600 verschiedene Gepäck­stücke, Koffer, Kisten, Reisekörbe rc. enthielt, geriet gegen 11 Uhr, kurz vor der Stadt Tergnier (vor St. Quentin) in Brand Der Zugführer, der bemerkte, daß Rauch aus dem Wagen ausströmte, ließ langsam fahren. Aber als der Zug in den Bahnhof einlief, stand der Wagen vollständig in Flammen. Da es unmöglich war, den Wagen loszukoppeln, fuhr man unter die Wassertraufe und

ich noch einmal auf Deck, um nach-der furchtbaren Atmosphäre, in der ich bis jetzt gesessen, noch schnell etwas frische Luft zu schöpfen. Der Wind hatte so zugenommen, daß ich mich gegen ihn stemmen mußte. Kein Stern war zu sehen, keine Schiffslaterne, kein Licht am Strande. Unter dem Schaum der Wogen war das Wasser schwarz wie Tinte. Scharfer Ausguck war bei solcher Dunkel­heit, in diesem engen Gemäßer nötig. Nur ein schwacher Lichtschein fiel durch das Glas des vorderen Oberlichts auf Deck. In ihm konnte ich die Gestalt des Lotsen und des einen Maats erkennen. Sie gingen querschisfs auf und ab, und blieben öfter windwärts stehen, um scharf auf die See zu spähen. Das ganze Vorderdeck lag in Finsternis, denn die Seitenlichter waren von hinten unsichtbar, und warfen selbst keinen Schein in die Luft.

Wie ich mich überzeugte, hielten wir unfern Kurs, und machten ungefähr sieben Knoten. Dies war eine ziemlich gute Fahrt, und so lange der Wind uns erlaubte, unfern Klüverbaum gegen den Ocean gerichtet zu halten, mochte meinet­wegen ein halber Sturm blasen. Als es zum zweitenmal läutete, begab ich mich wieder in den Salon. Mit Ausnahme der Seekranken, waren alle Paffagiere schon versammelt. Auch Florence war unter ihnen und zwar allein. Ich ging ihr um den Tisch herum entgegen, sie that zwar, als ob sie mich nicht sähe, das war aber nur eine kleine Koketterie. Was hätte sonst das Lächeln bedeutet, welches um ihren Mund spielte?"

Ich habe schon gesagt, daß die Tafel die Gestalt eines lateinischen 1 hatte. Sie bestand aus einem langen Tisch, der längschiffs, und einem kleinen, der quer- schiffs aufgestellt war. An dem letzteren standen fünf Stühle. Der mittelste derselben gehörte dem Kapitän; dieser hatte also während der Mahlzeiten die

lange Tafel vor sich. Als ich Florence begrüßte, fragte ich, wo sie Platz nehmen würde. Daniel hörte das, und antwortete an ihrer Statt mit einem verschmitzten Lächeln, indem er auf den Stuhl links neben dem seinen wies:Hier!" und bemerkte gleichzeitig:Der Platz zu meiner Rechten ist für Miß Damaris Hawke reserviert. Ich mache gern bunte Reihe, nimm du also, lieber Edgeboro, wenn es dir genehm ist, hier den Eckplatz neben der jungen Dame."

Er begleitete diese Worte mit einem so unbeschreiblich komischen Blick, daß ich sehr an mich halten mußte, ihm nicht direkt ins Gesicht zu lachen, zumal ich auch sah, wie in den Augen meines Liebchens das verhaltene Lachen leuchtete.

Wir setzten uns nun, und Florence befand sich sonach zwischen Daniel und mir. Außer uns waren nur noch Kapitän Jackson mit Frau, Mrs. O'Brien, Mr. Thompson Tucker, Mr. Joice und der Doktor erschienen. Es gab vor-, treffliche Suppe, Geflügel, Braten, eingemachte Früchte und Nachtisch. Die meisten an der Tafel vermochten nur langsam und mit Pausen zu essen, da das Schiff häufig gerade in dem Moment schlingerte, wo der eine oder der andere Löffel oder Gabel zum Munde führen wollte. Eigentlich war es nur Thompson, den dies nicht störte, er mit sichtlichem Vergnügen, und war bemüht, ein heiteres Gespräch in Gang zu bringen. Der gute Kerl that das wohl, wie mir schien, in der heimlichen Absicht, mir Freiheit zu verschaffen und die Aufmerk­samkeit von mir abzulenken; denn natürlich war für mich niemand anderes vor­handen, als meine holde Nachbarin.

Sie erzählte mir, daß ihre Tante seekrank wäre, und wenn auch nicht ge­rade schlimm, so doch immerhin in einem Grade, daß sie wohl zwei Tage das Bett würde hüten müffen.