Nordwesten begonnen. Wie aus Lorenzo Marquez gemeldet wird, verlautet dort gerüchtweise, Kommandant Botha habe einen großen Sieg über die Engländer erfochten, viele von ihnen gefangen genommen und mehrere Geschütze erbeutet.
London, 5. Jan. Daily Mail glaubt, daß nach Beendigung des südafrikanischen Krieges in Betreff der Bezahlung der verbrauchten Kriegsvorräte große Schwierigkeiten entstehen werden. Sämtliche englischen Offiziere und Mannschaften find berechtigt, Quittungen für erhaltene Pferde oder Lebensmittel auszustellen. Es sind bereits bedeutende Mißbräuche dabei entdeckt worden, seitdem Spekulanten die in dieser Weise ausgestellten Empfangsscheine massenhaft aufgekauft, vielfach sogar gefäscht haben.
New-Aork, 5. Jan. Eine heftige Influenza-Epidemie ist hier ausgebrochen. An Bord des Kreuzers Alabama sind der Kapitän und 155 Mann daran erkrankt.
Die Wirren irr Chin«.
Berlin, 5. Jan. Graf Wal der fee meldet aus Peking 3. Jan.: Patrouillen erhielten Feuer bei Mafoutschwang. Die Kolonne Madai marschiert von Tungtschou auf dem linken Peiho- ufer nach Norden, die am 31. Dez. gemeldete Kolonne unter Hauptmann Hering über Pschitunt- schwang auf Jangkotschwang, die Kolonne Grueber von neuem über Sanhohsien auf Piugfuhsien.
Berlin, 5. Jan. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Paris: Nach hier eingegangenen Berichten wurde auf offenem Markt in Siangfu auf Befehl der Kaiserin General Juhsien hingerichtet. Die Kaiserin gab bekannt, daß sie nnd der Hof derzeit nicht nach Peking zurückzukehren wünschten.
London, 4. Jan. Nach einer Pekinger Meldung wird die Wahl des Spezial-Gesandten, der nach Berlin entsendet werden soll, um dem deutschen Kaiser das Beileid der chinesischen Regierung über die Ermordung des deutschen Gesandten Freiherrn von Ketteler auszudrücken, wahrscheinlich auf den Prinzen Sou fallen, welcher einen höheren Grad bekleidet als Prinz Tsching. Diese Wahl wird allgemein als günstig ausgenommen. Der Palast des Prinzen Sou ist während der Belagerung zerstört worden.
— Einem Düsseldorfer Blatte entnimmt der „Vorwärts" folgendes Schreiben des Malers Theodor Roch oll, der vom Kaiser nach China geschickt wurde, um ini Quartier Waldersees Studien zu machen. Es heißt dort;
„Unter uns, am Ostthor, erschallt eine Salve. Unsere Pferde stutzen nur einen Moment und schnoben die Luft. Ich sitze ab. Da liegen 3 Chinesen (Soldaten, die Patronen entwendeten) nebeneinander in der frisch geschaufelten Grube. Dicht davor ein Sektion deutscher Infanteristen. Sie haben ihr Ziel nicht verfehlt. Von neuem treten Hand in Hand
5 Boxer in die Gruben zwischen die Leichen. Lautlos stehen sie da. 2 davon haben sich nachgewiesenermaßen an der Ermordung der Missionare beteiligt. Abermals das Kommando „Feuer". Vornüber stürzten die 5. Ein Körper wirft sich noch einmal hoch. Dann „Erde darüber". Die 10 Kulis schaufeln ihre Landsleute ein. Die Nachmittagssonne liegt warm über der Mauer und deckt das festgetretene frische Grab der Fanatiker. Ihnen wird bald der Kriegsminister der Provinz Petschili folgen und noch 25—30 .... Die Gesichter der Einwohner werden täglich länger. Dem ersten Eintritt der Offiziere sahen sie noch so recht übermütig und spöttisch zu. Aber jetzt, wo die höchsten Mandarinen ihres Lebens nicht mehr sicher sind, hat sich der Spott gar schnell gelegt. Das war ein interessanter Ritt von Tientsin hierher. (Peking?) Durch hochummauerte Städte. Die Bivouaks in Tempelgärten. Von Boxern ausgebrannte und zerstörte Städte, von chinesischen Truppen wieder erobert. Abge- s ch ni t t en e Kö p fe an d en Stadthoren und an den Pfeilern zerstörter Brücken . . . Ein Boxer wird uns vorgeführt aus dem Gefängnis. Der Mandarin würde nichts dagegen haben, wenn wir ihn erschössen — aber wir halten den armen zähneklappernden Burschen nicht für das, als was der Mandarin ihn gerne ausgeben möchte: einen Boxerführer.... Und weiter gehts, bis ein neues, fesselndes Bild das vorige verdrängt."
Washington, 5. Jan. Die amerikanische Regierung beabsichtigt, von Rußland Aufkläruug über die Besetzung der Mandschurei zu verlangen. Die Regierung will ebenfalls die Initiative zu einer gemeinsamen Verständigung zwischen den Mächten zwecks Herabsetzung der von China geforderten Geldentschädigung ergreifen.
Vermischtes.
Interessante Aussagen eines englischen Offiziers. Ein verwundet heimgekehrter englischer Offizier wurde jüngst ausgefragt und er stand bereitwilligst Rede. Der Interviewer fragte ihn: „Was halten Sie von Lord Roberts?"
„Roberts ist ein tüchtiger General, aber er ist zu empfänglich für äußere Einflüsse. Seit wir in Pretoria eingezogen sind, halte ich nicht mehr viel von seiner Strategie! Botha hielt eine 25 Meilen lange Linie besetzt und hatte etwa 25000 Stück Rindvieh mit sich, die wir genau sehen konnten. Er begann mit uns zu unterhandeln. Nach etwa 2 Tagen hörten die Verhandlungen aus, das Rindvieh war verschwunden und Botha hatte eine kürzere Stellung inne, die ihm erlaubte, sich jederzeit nach Belieben zurückzuziehen. Seit jener Zeit bestand unsere Kriegsführung darin, die Buren zu verhindern, unsere Verbindungslinien zu unterbrechen. Viel Strategie war dazu nicht nötig. Es war beinahe ausschließlich Vorposten- und Kavalleriedienst."
„Und wie denken Sie über Kitchener?" lautet die weitere Frage.
„In seiner Art ist er ja ganz tüchtig, aber als Generalim Felde taugt er nicht viel... Es ist kaum wahrscheinlich, daß er den Krieg rasch beendigen wird, aber beendigen wird er ihn. An sentimentaler Menschlichkeit leidet er eben nicht!"
„Wie denkt die Armee überden Krieg?" forschte der Interviewer dann.
„Sie hat ihn gründlich satt! Die Soldaten aus den Kolonien haben gemeutert, doch hat man die Sache so geheim wie möglich gehalten. Die Ueomanry sind wütend darüber, daß man sie in Afrika läßt und die regulären Soldaten nach Hause schickt. Sie halten das für ungerecht, weil man ihnen im Voraus versprochen "hätte, das „Geschäft" werde in ein paar Wochen vorüber sein."
„Und wie steht es um die Uitlander, für die wir den Krieg führen?" fragte der neugierige Zeitungsmann.
„Jeder unserer Soldaten da unten würde es vorziehen, gegen die Uitlanders zu kämpfen, statt mit den Buren Krieg zu führen. Die Uitlanders sind eine gemeine Bande: ohne Gott, ohne Vaterland, ohne auch nur ein Ueberbleibsel von Moral. Sie sind uns nicht dankbar dafür, daß wir für sie gekämpft haben und scheinen zu glauben, daß wir sie berauben, weil es ihnen noch nicht möglich ist, ihre kostbaren „Geschäfte" in Johannesburg weiter zu betreiben!"
„Und brennen wir wirklich Farmen nieder?" lautete die Schlußfrage.
„Aber natürlich! Wir müssen es thun, aber es ist ein schändliches Geschäft, und es hat mich jedes Mal angeekelt, wenn ich dazu kommandiert war und die Verzweiflung der Burenweiber und Kinder mit ansehcn mußte!"
Ein schändliches Geschäft ist der ganze Raubzug gegen die Bureu.
Grorgrnäum Calw.
Tormerstag, de« 10. Januar» abeud 8 Uhr,
öffentlicher Mrtrag
von Herrn Professor vr. Bohnenberger aus Tübingen, über
Glaube uud Zage in der volkstümliche« Ueberlieferuug.
Zu zahlreichem Besuch ladet freundlichst ein
der AufstchtSrat.
Arklameteik.
Damst-M.-Robe», ,z.M
und höher — 12 Meterl — Porto- und zollfrei zugesandtl Muster umgehend; ebenso von schwarzer, weißer u. farbiger „Henneberg-Seide' von 85 bis 18.65 pr. Meter.
6. livnnvbvrg, 8si<!en-k»bsi!iLllt (l. e. l. IloS.) Lürick.
seine Erfahrungen durch Experimente an den armen Seeleuten zu bereichern. Vergehend, daß wir ja den Lotsen noch landen mußten, sagte ich:
„Ich verstehe nicht recht, wie Sie sich das denken, wenn Sie meinen, daß der Kranke nicht weiter reisen dürfte. Wir legen doch jetzt nirgends mehr an, so viel ich weiß?"
Er zuckte mit den Achseln. „Ja, aber so kann es mit ihm nicht weiter gehen, er muß auf irgend eine Weise ans Land. Sie hätten vor zwanzig Minuten hier sein sollen. Das war ja fürchterlich. In meinem Leben habe ich ein solches Erbrechen nicht gesehen." Und mich in eine Ecke ziehend, fuhr er leise fort: „Die Adern traten ihm am Kopf hervor, ich sage Ihnen s o," und dabei hielt er die gespreizten Finger in die Höhe. „Jeden Augenblick dachte ich, sie müßten ihm platzen."
„Merkwürdig, noch diesen Morgen, auf dem Flusse, schien er ganz wohl zu sein."
„Aeh!" stöhnte es matt vom Lager. „Das ist — guausam, es — es mordet — mich I" und gleich danach erfolgte eine Explosion, daß ich und der Doktor zusprangen, um ihn zu stützen, da er selbst kaum mehr die Kräfte besaß, sich aufzurichten. Als wir ihn zurücksinken ließen, glaubte ich, er wäre ohnmächtig, so geisterhaft sah er aus.
„Unmöglich kann das so weiter gehen," wiederholte der Doktor, „er hält es nicht aus. Auf irgend eine Weise muß er ans Land gebracht werden. Ich nehme die Verantwortung für sein Leben nicht auf mich, wenn er auf dem Schiffe bleibt."
„Nun, dann aber sollten Sie doch sofort mit dem Kapitän sprechen. An Ihrer Stelle würde ich ihn hierher holen, damit er sich selbst von der Sachlage
überzeugen kann. Gehen Sie, ich werde solange hier bleiben." Er zeigte sich sehr bereit, meinen Rat zu befolgen, und verließ gleich die Kabine.
„Ist's Ihnen jetzt etwas leichter?" wandte ich mich mitleidsvoll an das arme Jammerbild.
Nur mühsam und in Absätzen brachte er die Worte hervor: „Nein, — ich bin — sehr kuank. — Ich — muß — sterben, — wenn Kapitän — mich nicht — bald an Land — setzt."
„Aber Sie erzählten mir doch, daß Sie schon öfter gesegelt wären, da werden Sie auch bald wieder auf die Beine kommen. Verlieren Sie nur den Mut nicht. Mit der Zeit werden Sie sich an die Bewegung des Schiffes ganz gut gewöhnen."
„Ach, nur — immer nur — auf — glattem Wasser gefahren —, niemals — Spaß gemacht —. Das bringt mich — um. — Ich will — nicht — weiter. Kapitän — nun — muß mich — an Land — bringen."
Bis jetzt hatte ich die Seekrankheit nicht für gefährlich gehalten, bei dem Anblick dieses Kranken fing ich aber an, meine Meinung zu ändern. Seitdem habe ich auch gehört, daß Menschen daran gestorben sind.
Der Doktor kehrte bald mit Thompson zurück. Dieser betrachtete More- combe ein Weilchen und sagte dann mit großer Teilnahme: „Es thut mir sehr leid. Sie so krank zu finden. Wenn Sie sich nicht im Stande fühlen, die Reise fortzusetzen, will ich Sie an Land bringen. Freilich läßt sich dies augenblicklich, bei dem herrschenden Seegange, nicht thun, indessen hoffe ich, daß das Wetter es morgen erlauben wird, wo auch der Lotse das Schiff verkästen will. Sie könnten dann mit diesem zusammen auf der Insel Wight gelandet werden "
(Fortsetzung folgt.)