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Begrüßung, Vorstellung und Parademarsch der Ehrenwache nahm der Kaiser den Rapport der Kriegervereine entgegen. Hierauf erfolgte unter Glockengeläute der Einzug in die festlich geschmückte Stadt in offenem vierspännigem Wagen. Den Zug eröffneten Metzger zu Pferde, die Gewerke, Bereine und Schulen bildeten Spalier. Nachmittags um 4 Uhr fand in der prachtvoll dekorierten Festhalle das Festmahl des Provinziallandtags statt. Bei demselben dankte der Kaiser für den Empfang, hob die stets bewährte treue Gesinnung der Provinz hervor und sprach die Hoffnung aus, daß der blühende Bauernstand erhalten bleibe und alle Schwierigkeiten überwinde. Als Christen müßten alle tragen, was der Himmel schicke. Er schloß, wir alle hoffen, daß der Frieden erhalten bleibe, käme es jedoch einmal anders, so sei es nicht unsere Schuld. Das Kaiserpaar ist mit Gefolge um 8 Uhr abends nach Potsdam abgereist. Im Gefolge des Kaijerpaares befanden sich Reichskanzler v. Caprivi, die Minister v. Bötticher und Herrfurth.

Straßburg, 22. Aug. Heute morgen um 7 Uhr rückte das württem- bergische Infanterie-Regiment Großherzog Friedrich von Baden Nr. 126 zum Polygon. Die Musikkapelle zeigte heute zum erstenmale einen pracht­vollen Schellenbaum mit je einem roten und schwarzen Roßschweif und gekrönt von dem Reichsadler. Um 8 Uhr stand das Regiment zu Parade bereit, auf dem rechten Flügel der kommandierende General, General der Infanterie von Lewinski, der Gouverneur, die gesamte Generalität, die hiesigen Regimentskommandeure und viele Stabsoffiziere. Der Regimentschef, S. K. Hoheit Großherzog Friedrich von Baden, der den Abend zuvor einer Einladung des Offizierkorps des würltembergischen Regi­ments folgend beim Liebesmahl mit dem­selben im Militärkasino zugebracht hatte, fuhr nach 8 Uhr durch das mit Fahnen und Flaggen geschmückte Neudorf zum Polygon, stieg dort zu Pferd und ritt dann, gefolgt von einer glänzenden Suite, unter den Klängen des Präsentiermarsches die Front seines Regiments ab. Dann formierte sich das Regiment zum Vorbei­marsch , der iu Kompagniefront erfolgte. Die sich daran schließenden Regiments­exerzitien endigten mit einer Gefechtsübung gegen einen markierten Feind, der, nachdem auch zwei Reiterangriffe abgeschlagen waren, siegreich geworfen wurde. Nach der Gefechtsübung kam das Regiment in Regimentskolonne vor dem Großheczog vorbei, der nachher das Osfizierkorps des Regiments um sich versammelte und dem­selben seine hohe Zufriedenheit über den vortrefflichen Verlauf der Hebungen aus­sprach.

Spandau, 24, Aug. Ein Raub­mord setzt wieder einmal unsere Bevölker­ung in Schrecken ; Kaufmann Hirsehseld ist gestern abend gegen 10 Uhr in seinem Laden, den er eben zu schließen im Begriff stand, ermordet worden. Die Thäter sind nntkommen. Der Geldschrank war mit dem richtigen Schlüssel geöffnet worden und es fehlen daraus ca. 3000 Mk., weitere Wertpapiere im Werte von ca. 80000 M.

scheinen die Räuber nicht gefunden zu haben, weil sie eingewickelt waren. Auch die Tageskasse wurde leer vorgefunden.

Fra n kfurt a. M., 25. Aug. Die Leitung für elektrischeKraft Über­tragung von Lauffen nach Frankfurt ist gestern von den Behörden abgenommen und den Betriebsgesellschaften übergeben worden. Um 8 Uhr wurde zum ersten Male der Strom durchgesandt und heute mittag zum ersten Male die Lampen der Ausstellung durch den elektrischen Strom von Lauffen in Betrieb gesetzt.

Württemberg.

Ulm, 22. August. Dieses Frühjahr haben drei hiesige Kaufmannslehrlinge im Alter von 15 bis 17 Jahren falsche 50- Mark-Geldrollen angeferligt, indem sie denselben statt hundert 50-Pfennigstücken nur siebenzig 10-Pfennigstücke einverleibten und haben diese falschen Rollen beim Ein­kauf von Briefmarken an den Postschaltern in Söflingen und Wiblingen verausgabt. Die hiedurch erlangten Beträge verteilten sie unter sich und gaben einem vierten ein Schweigegeld. Die drei ersten wurden heute zu 57 Monaten, der letzte zu I Monat Gefängnis verurteilt.

Bietigheim, 25. Aug. Ein der Station Großsachsen heim angehöriger 41jähriger Unterbediensteter, benützte den gerade abgehenden Güterzug, um schneller heimzukommen. Weil aber der Zug in der Station Großsachsenheim nicht anhielt, sah sich derselbe veranlaßt, herabzuspringen, kam jedoch so unglücklich unter die Räder, daß diese ihm über beide Füße gingen. Noch in der Nacht brachte man den Ver­unglückten hierher ins Spital, wo ihm beide Beine abgenommen werden mußten.

Schömberg O.A. Rottweil. 20. Aug. Es ist geradezu schrecklich, wie leichtfertig es manche Leute mit ihrer Eidespflicht nehmen. So sind vor einiger Zeit aus dem benachbarten Dotternhausen nicht weniger als 4 Männer verhaftet worden, welche nun einem wahrscheinlich keineswegs beneidenswerten Schicksal entgegensetzen. Dazu soll es sich nur um eine unbedeutende Rauferei gehandelt habe», deren Verhand­lung vor dem Amtsgerichte in Rottweil den Betreffenden Anlaß gab, sich so schwer gegen göttliches und menschliches Gebot zu versündigen.

A u S i a ii d

Der internationale Sozial! st en- kongreß in Brüssel ist am vorigen Samstag zu Ende gegangen, anscheinend in vollster Einigkeit, nachdem es noch am letzten Sitzungstage zu wiederholten stür­mischen Auftritten gekommen war. Den Mittelpunkt derselben hatte das scharfe Wortgefecht zwischen dem holländischen Sozialistenführer und Herrn Liebknecht über das Verhalten der Sozialdemokraten in einem künftigen Krieg gebildet. Das Rededuell, in welchem der Holländer mit seinen naiven Anschauungen offenbar den Kürzeren zog, wurde von der Versamm­lung mit großem Lärm begleitet, je nach­dem die Anwesenden den Ausführungen des einen oder andern zustimmten. Desto rührender war die Schlußsceue des Kon­gresses, welche in einer Umarmung des Deutschen Bebel und des Belgiers Volders

gipfelte, ein Anblick, der in der Versamm­lung einen donnernden Beifall hervorries. Unter Absingung revolutionärer Gesänge giengen die Kongreßteilnehmer ausein­ander. Zum Orte des nächsten inter­nationalen Sozialistenkongresses, der in der ersten Augustwoche des Jahres 18gz stattfinden soll, wurde Genf bestimmt. Die belgische Arbeiterpartei erhielt den Auftrag bis zum nächsten Kongreß die Beschlüße des diesmaligen Kongresses durchzuführen, Die Russenschwärwer in Frank­reich befinden sich nachgerade auf dem Gipfel der Seligkeit. Nachdem bereits Großfürst Alexis, der Bruder des jetzigen Czaren, auf französischemBoden, in Vichh, weilt, ist nunmehr den Franzosen die Ge- nugthuung zu teil geworden, auch den ru ssischen Gen era l stabs ch ef Obrust- scheff, in ihrem Lande begrüßen zu können, General Obrutscheff traf am Sonntag in Bergerac, ArrondissementshauplstM an der Dordogne (südliches Frankreich) ein und wurde hier von den Behörden wie von der Einwohnerschaft festlich em­pfangen. Der russische Gast nahm einen ihm angebotenen Ehrentrunk an, woraus der Bürgermeister einen Trinkspruch auf den Kaiser von Rußland, die kaiserliche Familie und den General Obrutscheff aus- brachte. Natürlich wird die Anwesenheit des russischen Generalstabschefs in Frank­reich dem Chauvinismus im Lande neue Nahrung geben, zumal es heißt, Obrut- ! scheff werde mit den maßgebenden Militär- ! ischen Persönlichkeiten der Republik ein­gehende Besprechungen pflegen. Sollte dem wirklich so sein, so hätten die Drei­bundsmächte allerdings auch Anlaß, den Besuch Obrulscheff's jenseits der Vogesen mit Aufmerksamkeit zu verfolgen. s

Der Graf von Paris soll dem s Papste einen Protest gegen die Schwenkung der vatikanischen Politik zu Gunsten der französischen Republik habenzugehen lassen. Der Protest wird dem orleanistischen Thron­prätendenten natürlich nichts nützen was kann der Graf von Paris dem Vatikan heute noch bieten?

Triest, 16. August. Der bekannte kühne Luftschiffer Pietroni wurde, wie die N. Fr. Pr. meldet, beim Aufstiege in Civitanova vom Winde ins Meer ge­trieben und verschwand unter den Augen der bestürzten Menge in den Wellen.

Charade.

Mächtig bin ich, Alles beugt sich In den Staub vor meinem Schimmer Nach mir seufzt man, nach mir jagt man Aber glücklich mach ich nimmer.

Du jedoch in meinem Herzen (Lieber Leser, habe Acht!)

Dann bin ich die Wundergabe Die das Schwerste leichter macht!

Wetterprognose für August 1891.

lNachdruck verboten.-

26. meistens heiter, trocken, morgens dunstig;

27. ähnlich, auch windig, einzelne Wolken;

28. Morgennebel, dann meistens heiter, etwas wolkig, windig;

29. vorwiegend heiter;

30. Morgennebel, im Ganzen gut, mehr wolkig, bewegte Luft;

31. ähnlich und ziemlich gut.

Mit einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.