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„Das steht Ihnen jederzeit frei." entgegnen Conradi ruhig, „wenn Sie glauben, daß ich Ihnen Unrecht gethan habe."
„Sie haben Ihre Pflicht überschritten! — Sie haken leichtgläubig den Worten einer Verrückten, einer Wahnsinnigen, Gehör geschenkt, Sie haben von Ihrer Amtsgewalt Gebrauch gemacht — um um" —
„Bitte, vollenden Sie," warf Conradi ein.
Buchen schwieg.
„Ich halte die Frau nicht für so geistesschwach," fuhr Conradi fort. „Dennoch würde ich auf ihre bloße Aussage hin nicht sofort gegen Sie eingeschritten sein, wären Sie nicht bereits dringend verdächtig gewesen. Ob und in wie weit die Frau übrigens zurechnungsfähig, haben wir beide nicht zu entscheiden, sondern die Aerzte. Dazu sind bereits die nötigen Schritte gethan."
„Weshalb hat sie nicht sogleich Anzeige gemacht, wenn sie wirklich gesehen hätte, was sie ausgesagt hat?" warf Buchen ein. „Weshalb hat sie es erst gethan, nachdem ich sie durch meine Diener vom Hof habe werfen lassen. Jeder gesunde Kopf muß sofort erkennen, daß sie alles aus Rache gethan hat!"
„Ich bin anderer Meinung," erwiderte Conradi ruhig. „Der Wahn der Frau hat seit Jahren darin bestanden, daß sie sich für Ihre Geliebte gehalten hat. Ihren Geliebten hat sie nicht verraten wollen. An Ihrem Polterabend ist die Frau endlich zu anderer Ansicht gekommen.
„Ich erkäre jedes Wort der Verrückten für eine schändliche Lüge!" rief Buchen ungeduldig, heftig. „Ich bin dieser Sache jetzt überdrüssig und habe nichts mehr zu erwidern."
Er wandte sich bei diesen Worten dem Fenster zu und blickte auf die Straße. Conradi richtete mehrere Fragen an ihn, er antwortete nicht, that nicht, als ob er sie gehört habe.
Auch des Richters Geduld r>ß endlich.
„Herr von Buchen," sprach er streng, doch gemäßigt. „Sie scheinen zu vergessen, als wer Sie hierstehen und daß ich noch Mittel besitze, Ihren Trotz und Hochmut zu beugen!"
Buchen zuckte verächtlich mit den Schultern.
Conradi schritt zur Klingel. Er zog heftig, aufgeregt daran. „Führen Sie den Angeklagten in seine Zelle zurück," sprach er zu dem eintretenden Gerichtsdiener und setzte sich nieder, als ob Buchen für ihn nicht mehr da sei.
Dieser folgte dem Gerichtsdiener ohne Weigerung. Als er bei Conradi vorbeischritt, rief er ein spöttisches „Ha!" und schritt dann zur Thür hinaus.
Aufgeregt sprang der Richter jetzt auf.
„Die Frechheit dieses Menschen kennt keine Grenzen," rief er zu dem Referendar, der das Protokoll geführt hatte. „Ich habe viele Verbrecher in meinem Leben kennen gelernt, aber noch keinen mit einer solchen Ruhe und Verstellung! Er wird das Verbrechen nie eingestehen, obschon alle Beweise gegen ihn sprechen. Auch nicht mit einem Wort hat er sich verraten, nicht mit einer Silbe sich widersprochen
> — diesen Menschen halte ich jeder That für fähig!" —
(Fortsetzung folgt.)
Beim Verkehre mit Wechseln kann man gar nicht vorsichtig genug sein, wie wieder einmal folgender Fall zeigt. Ein Fabrikant aus D. erhielt in Zahlung einen Wechsel im Betrage von ungefähr 24 Mk. und gab ihn auch wieder in Zahlung ab. Der Wechsel ging noch durch mehrere Hände, bis seine Zeit um war. Nun wurde er nicht eingelöst und protestiert: Bei dieser Gelegenheit stellte es sich heraus, daß die Wechselmarke verkehrt auf dem Wechsel aufgeklebt war, und deshalb wurde nicht allein gegen den Aussteller , sondern auch gegen Alle. deren Namen auf dem Wechsel standen. eine Strafe im SOfachen Betrage der Wechselstempelmarke erkannt Der Wechsel ging durch 12 Hände, und wurde jeder Unterzeichner zu 5 Mk. Strafe verurteilt, macht in Summa 60 Mk. Strafe wegen einer verkehrt aufgeklcbten Marke.
nichts und der Einzige, dem das Tier stets aufs Wort gehorchte, sei» Wärter benutzte den günstigen Augenblick, eine früher schon verlangte Lohnerhöhung zu erzwingen und — streikte. Erst nachdem Herr Eisfeldt demselben die Zulage bewilligt und dieser den Vertrag in der Tasche hatte, ging er. ausgerüstet mit einer wohlgefüllken Schnapsflajche, ans Werk, that selbst einen kräftigen Schluck und reichte sie dann seinem Pflegbefohlenen, der auch bereits den russischen Wodka schätzen gelernt hatte. Freudig nahm Mr. Elefant die Flasche in Empfang, leerte sie bis auf den letzten Tropfen und trollte dann willig an der Seite seines Wärters und Zechgenossen von dannen.
„Wenn ein Velozipedfahrer so schnell einen Berg hinabfährt, daß er nicht jeden Augenblick seine Maschine anhalten kann, macht er sich einer Fahrlässigkeit schuldig" entschied die Strafkammer in Bayreuth. Der Commis Barth. Gaub aus Laupheim in Württemberg, z. Zt. in Gefrees, überfuhr im Orte Böseneck eine 81jährige harthörige Frau, welche infolge der Verletzung nach zwei Stunden starb. Gaub hatte die vorschriftsmäßigen Glockenzeichen gegeben und war richtig ausgewichen, trotzdem wurde Gaub wegen fahrlässiger Tödt- ung zu 1 Monat Gefängnis verurteilt.
(Ein bissiger Liebhaber.) Der Dachdecker Notiere in Pariö war unlängst von seiner Braut, Victorine Lefranc, einem bildschönen Mädchen, verabschiedet worden, weil er unsolid lebte. Noliöre schwor dem Mädchen Rache, und als er dieser Tage Victorine in Begleitung ihrer Schwester auf der Straße begegnete, warf er sie zu Boden und biß ihr das Ohr an der Wurzel ab. Auf die Hilferufe ihrer Schwester wurde er festgenommen. Der rohe Kerl erklärte, er habe das Ohr ausgegessen und bedauere, bei der Mahlzeit gestört morden zu sein, er hätte sonst auch das andere verzehrt.
London, 1. August. Augenblicklich spricht ganz Monte Carlo über nichts anderes als das Glück eines englischen Gastes, Herrn Wells. In kaum drei Tagen ist es ihm gelungen, die hübsche Summe von 20 000 Pfund (— 400000 Mark) am Spieltisch zu gewinnen. Am Dienstag setzte sich Wells an den Roulettetisch und spielte mit glücklichem Erfolge während 11 Stunden bis zum Schlüsse des Casinos, ohne Nahrung zu sich zu nehmen. Die beiden folgenden Tage wurde er vom gleichen Glücke begünstigt und stand am Ende der drei Tage als reicher Mann auf. Die Bank hat keine Aussicht, ihr Geld von Wells zurückzugewinnen; denn Wells sandte seinen Gewinn in sehr vorsichtiger Weife täglich nach England ab
Aus Petersburg wird geschrieben: Dem Elefanten der Menagerie Eisfeldt hatte es in Minsk so gut gefallen, daß er beim Aufbrechen der Menagerie noch Smolensk sich frei machte und auf eigene Faust erst noch einmal einen Spaziergang durch die Straßen von Minsk unternahm. Er benahm sich dabei recht manierlich und zertrümmerte nur ein paar Thorflügel und Fenster, die ihm im Wege waren, um einen gründlichen Einblick in einzelne Höfe und Häuser der Stadt zu bekommen. Alle Bemühungen des Zirkusdircktors und seiner Leute. den Elefanten von seinen freiheitlichen Ideen abzubringen, fruchteten
(Stoßseufzer.) In Berlin ist jetzt von nichts als von Rin gen die Rede: von Wettringen, von Spiritusringen, von Petroleum ringen, von Getreideringen — — es ist zum Hän beringen!
(Aus der Geographiestunde). Lehrer: „Weiß Jemand von Euch, wo Madeira liegt?" Emil (Sohn eines Weinhändlers): „Ja, in Papas Keller!" (Fl.-Bl.)
(Rückzug.) Junger eifersüchtiger Ehe- , mann (in das Zimmer tretend): „Ha, was verbirgst Du vor mir? Einen Liebesbrief? . . (Entreißt ihr das Papier.) Ah, l die Rechnung der Schneiderin! . . Hier! ^ Ich will nichts gesehen haben!" (Fl.-Bl.) s
(Unvorsichtig). Hotelier: „Haben Sic! dem Fremden die Rechnung gegeben?"— ! Kellner: „Jawohl — auf der Treppe!"— ) Hotelier (entsetzt): „Auf der steilen s Treppe?! Sie unvorsichtiger Mensch!"
Auflösung des Auszählrätsels in Nr. 12ö.
(Es wird immer bis 7 gezählt und mit dem zweiten Feld von oben bei der linken Reihe begonnen).
Ohne Liebe ist das Leben wertlos.
Wetterprognose sür August 1891.
(Nachdruck verboten.-
12. Morgennebel, dann sonnig, trocken, bewegte
Luft, etwas wolkig, örtliche Gewitter;
13. windig, meistens heiter und trocken;
14. mehr sonnig als wolkig bis ganz klar, Nachts
kühler;
15. mehr wolkig als heiter, Gewitter mit Grau
peln stellenw., windig - vielleicht sämtliches auf den 16. fallend;
16. ähnlich, jedoch mehr heiter;
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Me eh in Neuenbürg.