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dadurch erst recht den Verdacht auf ihn gelenkt!" seufzte der Kommerzienrat. „O, welche schwere Schuld habe ich auf mich geladen, und ich kann nicht einmal den Versuch machen, sie zu sühnen, denn ich weiß nicht, wo eigentlich Georg ist. Er ist verschollen, vielleicht gestorben und verdorben !"
„Vielleicht ist er doch noch aufzufinden," sagte der Beamte mit feinem Lächeln, „unsere erste Sorge muß jetzt sein, den wahren Schuldigen zu überführen und dingfest zn machen."
H *
Die Frau Kommerzienrätin Blanke war mit ihrer Gesellschafterin, der Kammerjungfer und ihrem Faktotum Emsmann, in Putbus angekommen, hatte sich in dem für sie im Voraus bestellten eleganten Logis eingerichtet, sich den ersten Tag von den Strapazen der Reise ausruhend, und die Kurliste studierend, um danach den für sie passenden Umgang auszuwählen, in ihren Gemächern aufgehalten und am nächsten ihre Badekur begonnen. Von der Promenade nach dem Bade zurückkehrend, war sie nicht wenig überrascht, von ihrem Gatten empfangen zu werden, der soeben mit dem Dampfschiffe angekommen war.
„Ich hatte Dir diese Ueberraschung schon zu Hause zugedacht, liebe Eulalia," sagte er lachend und händereibend, „mein Koffer kommt nach und meine Reisetasche habe ich vorläufig ins Hotel bringen lassen, weil ich wie aus den Wolken gefallen hier erscheinen wollte. Während Du Toilette machst, möchte ich mit Emsmann hingehen und sie abholen."
Die gnädige Frau fand es zwar überflüssig , daß der Gemahl selbst danach gehen wollte, der Kommerzienrat bestand aber darauf und da sie etwas erschöpft war und in Ruhe Toilette machen wollte, so erhob sie weiter keine Einwendungen. Sie hatte sich aber längst ausgeruht, war in vollem Anzuge und ihr Gemahl und Emsmann waren immer noch nicht zurückgekehrt.
Der Kommerzienrat hatte den kurzen Weg von der Wohnung seiner Frau bis zum Hotel schweigend zurückgelegt, war, dem Portier zunickend, von Emsmann gefolgt, die Treppe hinaufgestiegen, hatte eine Thür geöffnet, den Diener eintreten lassen, dann schnell hinter ihm zugeschlossen und den Schlüssel in die Tasche gesteckt.
Auf einem Stuhl hatte wirklich die Reisetasche des Kommerzienrats gelegen. Emsmann war darauf zugcgangen und soeben im Begriffe gewesen, sie aufzunehmen, als der Ton des sich im Schlosse drehenden Schlüssels ihn erschrocken umwenden ließ. Es durchzuckte ihn plötzlich eine böse Ahnung und mit etwas unsicherer Stimme fragte er: „Warum verschließen Sie denn die Thür, Herr Kommerzienrat?"
„Weil ich eine kleine Privatunterredung mit Ihnen zu haben wünsche, mein lieber Emsmann," sagte der Kommerzienrat ruhig, „zuvörderst will ich Ihnen aber zu Ihrer Verlobung mit der hübschen Peppi Glück wünschen."
„Der Herr Kommerzienrat belieben zu scherzen, ich weiß von keiner Verlobung."
Ei, ei, Emsmann, wer wird das ableugnen. wenn man einem Mädchen einen Ring und noch dazu einen so kostbaren mit einem Rubin geschmückten gegeben hat."
„Das ist nicht wahr, das ist eine Lüge!" schrie der Elende und machte eine Miene, als wolle er sich auf den Kommerzienrat stürzen und diesem den Schlüssel zur Zimmerthür entreißen, dann sich besinnend eilte er auf eine zweite im Zimmer befindliche Thür zu und legte die Hand auf den Drücker. Sie gab nach, öffnete sich und vor ihm standen der Rat Engelhardt und der Polizeibeamte. Erschrocken wich er zurück.
„Gut, daß ich Sie treffe, Emsmann," begann der Rat. „Ich soll Ihnen viele Grüße von Peppi bestellen, sie hat mir den Ring mit dem Rubin verkauft, den Sie ihr geschenkt haben, und will davon die Aussteuer besorgen, da Sie aus Ihrer grüßen Erbschaft ja noch einen Vorrat solcher Steine besitzen und ihr leicht einen anderen schenken können.
„Ich verstehe kein Wort von allem, was Sie da jagen, mein Herr," entgegnete Emsmann, der mit der ihm handgreiflich entgegentretenden Gefahr auch seine Frechheit wiedergefunden hatte.
„So will ich Deinem Gedächtnis zu Hilfe kommen, mein Bursche," begann der Polizeibeamte, hier ist der Ring, den Du Peppi gegeben," er zog das Futteral hervor, öffnete es und ließ den Stein in der Sonne blitzen; „Du hast in Wien schon mehr von der Sorte verkauft, weil Du dort ein lustiges Leben führen wolltest, Ich habe Dich seit Jahr und Tag beobachtet und kenne Deine Schliche. Leugnen hilft Dir nichts, gestehe also, daß die Steine aus dem Becher herrühren, den Du gestohlen hast und kein anderer."
(Fortsetzung folgt.)
Moltke und Wellington
(Ein Vergleich.)
Der Tod des Generalfeldmarschalls Grafen v. Moltke hat bekanntlich einigen hervorragenden englischen Zeitungen Veranlassung gegeben, einen Vergleich zwischen diesem und dem Herzog von Wellington anzustellen, wobei sie zu dem Ergebnis gelangten, daß Moltke der größte Feldherr seit Wellington gewesen sei. Hieraus geht hervor, daß die Engländer den Sieger von Viktoria und Waterloo für militärisch bedeutender halten als den kürzlich verstorbenen genialen deutschen Strategen. Dieser Auffassung gegenüber ist es vielleicht nicht ganz ohne Interesse, darauf hinzuweisen, daß bei beiden historischen Männern hinsichtlich ihrer Laufbahn die Bedingungen des Erfolges sich so grundverschieden von einander zeigen, daß es zur richtigen Würdigung eines jeden derselben absolut notwendig ist, sie näher ins Auge zu fassen. Wellington hatte vor Moltke nicht allein Geburt und Vermögen , sondern auch den militärischen Rang voraus. Während Moltke, dessen soldatische Erziehung in Kopenhagen nach seinen eigenen Worten „zu hart und zu streng" gewesen war, mehr als zwanzig Jahre eines entsagungsvollen Subalternosfizierdienstes nötig hatte, um die Majorsepauletten zu erlangen, kaufte sich Wellington im Alter von 21 Jahren eine Oberstlieutenantsstelle um 10000 Pund Sterling, ging nach Ostindien und „brachte" es dort in wenigen Jahren zum General. Es wäre Unrecht, die großen Verdienste, welche er sich in den Jahren 1808 — 1814 in Spanien erworben, schmälern zu wollen. Man darf aber nicht vergessen, daß ihn die Umstände sehr begünstigt haben. Ganz Spanien hatte sich gegen die Franzosen erhoben. Dre napoleonischen Generale führten nur widerwillig den mehr und mehr in ein erbarmungs
loses Morden ausgearteten Krieg und ihre Truppen hatten längst das Vertrauen aus eine glückliche Beendigung desselben verloren. Daß da ein Mann von der rücksichtslosen Energie eines Wellington große Erfolge erringen müßte, ist einleuchtend. Als ein Glück für den militärischen Nachruhm Wellingtons muß es bezeichnet werden, daß der alte ehrliche Blücher es am 18. Juni 181S bei Waterloo mit der Einlösung eines gegebenen Wortes gewissenhafter nahm als zwei Tage zuvor der englische Heerführer, der seinen preußischen Mttseldherrn trotz aller Zusagen bei Ligny elend in der Patsche sitzen ließ. Wie, wenn Blücher dieses schnöde Beispiel befolgt und Gleiches mit Gleichem vergolten hätte? Europa würde heute vielleicht eine andere Physiognomie tragen. „Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen' —' Dieser Stoßseufzer Wellingtons allein schon be> kündet uns, wer der eigentliche Sieger von Bellealliance ist. Wellington war ein hervorragender Taktiker, ein geschickter Truppenführer, so lange er nicht über 50 000 Mann unter seinen Befehlen hatte, (die 67 000 bei Waterloo wußte er schon nicht mehr zu handhaben) und vor allen Dingen ein Glückssoldat. Wie anders Moltke! Er hatte die Schwelle des Greisen- alters schon überschritten, als er endlich Gelegenheit fand, sein eminentes Wissen und Können in der militärischen Praxis zu verwerten. Und wie fertig trat bei ihm der vollendete Feldherr in die Erscheinung! Wenige Jahre genügten, um den wohlbegründeten Rus eines der genialsten Strategen aller Zeiten ihm zu suchen. Seine Erfolge bedingten aber nicht glückliche Zufälle. Sie sind Produkte eines Geistes, dem es geradezu unmöglich war, sich über Wollen und Können, über Ursache und Wirkung zu täuschen, dessen Stärke in der sorgfältigsten Vorausberechnung, in der Hcreinzieh- ung aller Eventualitäten begründet liegt, und der an einem einmal gefaßten Plane mit einer Konsequenz festhielt, die bei Wellington mehr britischer Starrsinn, bei Moltke aber lediglich die Erkenntnis der Wahrscheinlichkeit des Erfolges war. Mit welcher Virtuosität operierte der „Mathematiker des Krieges" mit den größten Heeresmassen uno wie sehr übertraf er hierin alle seine Vorgänger, selbst einen Napoleon! Und über ihn will man einen Mann stellen, der bei Waterloo eigentlich zum ersten Male den großen Krieg kennen gelernt?! Wir sind überzeugt, vor der Mit- und Nachwelt werden die Engländer mit ihrer Meinung isoliert dastehen!
Vom Fränkischen, 11. Mai. In einem Dorfe unserer Gegend stellte ein Mann beim Verkauf einer Kuh eine ganz eigentartigc Preisberechnung an. indem er nach der Zahl der Klauen derselben und zwar in der Weise, daß für die erste Klaue I Pf., für die zweite 2 Pf., für die dritte 4 Pf., die vierte 8 Pf. u. s. lv- immer das Doppelte verlangte. Da nun eine Kuh einschließlich der Nebenklaue» 16 Stück derselben hat, so stellt sich der Preis für die letzte Klaue allein auf 321 Mark 68 Pfg. und der Preis für da- ganze Stück Vieh auf 655 Mk. 36 Pf.
InA l t en w e g benutzte ein Bäuerlein die Dachsparren als Aufbewahrungsort für 1500 Mk. Ersparnisse. Ein Knecht entdeckte das Versteck und verduftete mit dem Gelde.
(Praktischer Vorschlag.) Tochter: „Papa, willst Du mir nicht ein Velocipcd kaufen. Meine Freundin Alma hat mich wiederholt aufgefordert, dem Radfahrerinnen-Klub beizutrelen!" —Vater: „So, jo, na weißt du, wenn du durchaus strampeln mußt, dann will ich dir lieber eine Nähmaschine kaufen!"
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Me eh in Neuenbürg.