214

land erschienene neue Broschüre, welche nachzuweisen versucht, daß das österreich- ungarische Heer bei weitem nicht auf der Höhe einer richtigen Ausbildung stehe, weshalb beim ersten Zusammenstoß mit Rußland Oesterreichs Untergang sicher sei. Auch diese Broschüre, wie eine frühere mit dem TitelOesterreichs Untergang" wird thörichterweise dem Fürsten Bismarck zu­geschrieben. Die deutsche Botschaft in Wien hat von Berlin aus Auftrag erhalten, namens des deutschen Kaisers der öster­reichischen Regierung das Bedauern dar­über auszusprechen, daß solche Beleidig­ungen in Deutschland gedruckt worden seien. Wie sich nun herausstellt, hat mau der Schrift eine durchaus unverdiente Ehre angethan, wenn man sie in den Kreis der ernsthaften politischen Betrachtung zog. Sie ist ein lediglich auf dem Grunde per­sönlicher Gereiztheit und Verstimmung auf­gebautes Pasquill eines verabschiedeten österreichischen Offiziers v. L., der als hoch­gradig nervös gilt und diese Veröffent­lichung nach seinem notwendig gewordenen Austritt aus dem Nrmeeverbande zu be­wirken für angezeigt erachtete. Der Autor hat früher im preußischen Heere gedient und zwar bei einem holsteinischen Regiment.

Ausland-

Haag, 8. Mai. Die Königin Emma erhielt ein Schreiben des Kaisers Wil­helm, worin ein Besuch des niederländ­ischen Hofs im Juni angekündigt wird. Der Kaiser wird die Stgdte Amsterdam und Haag besuchen.

London, 6. Mai. DerStandard" bemerkt im Anschluß an die Kaiserrede in Düsseldorf, wenn Rußland und Frank­reich ihre Heere verminderten, würde Deutschland nicht angreifen. Wenn aber Deutschland eine solche Verminderung vornähme, würde Frankreich auf Berlin, Rußland auf Bulgarien losrücken. Daher sollten Oesterreich und Italien nicht den Wert des deutschen Bündnisses bekritteln. Die Stärke des Dreibunds beruhe nur auf Deutschlands Heer. Freilich wachse die französisch - russische Angriffsstärke schneller als die Verteidigungstärke des Dreibundes, dafür aber stehe England mit seiner ungeheuren Marine als militärische Reserve im Hintergründe.

In Belgien ist ein großer Streik der Bergleute in den Kohlenbergwerken ausgebrochen; viele Fabriken mußten wegen Kohlenmangels ihren Betrieb einstellen. Die Gährnng unter den Arbeitern hat eine bedenkliche Ausdehnung angenommen, so daß die Regierung in jedem Fabrikgebäude zu dessen Schutz Soldaten aufstellen muß.

In England hat mit der wärmeren Jahreszeit gleichfalls die.Lust zum Streiken wieder begonnen. In London befürchtet man einen allgemeiüen Ausstand der Bau­handwerker. Kaum sind die Engländer in Indien mit den Manipnris fertig ge­worden, so stehen ihnen in Oberegypten neue Kämpfe gegen die Mahdisten und in Südafrika Kämpfe gegen die Boeren in Aussicht, Letztere sind in einer Stärke von 20000 bewaffneten Männern in englisches Gebiet eingedrungen. Die Engländer haben schon vor mehreren Jahren von den Boeren schwere Schlüge bekommen.

In Chile haben sich die Aufständischen von der Schlappe im Hafen von Val­paraiso wieder erholt und suchen sich da­für zu rächen. Viermal haben sie die Stadt Pisagua gestürmt und immer wieder verloren; die Stadt hat furchtbar gelitten. Das Ende des Bürgerkrieges ist also noch immer nicht abzusehen.

Mlü'Zllt'N.

Echt.

Erzählung von Jenny Hirsch.

«Fortsetzung.)

Als Klara das Krankenzimmer verließ, überkam sie das Gefühl der Vereinsamung, des Ausgestoßenseins im vollstem Maße' Die Pflichten ihrer Stellung konnte sie ihrer Schwäche halber noch nicht wieder übernehmen und fand dafür eine Stell­vertreterin engagiert. Die Kommerzien- rätin begegnete ihr mit kühler Gemessen­heit, der Kommerzienrat mit einer eigen­tümlichen Scheu. Nanny war mit Hinter­lassung eines Grußes für sie mit ihrem Manne nach Italien gereist; Georg war fern, sie wußte und hörte nichts von ihm. Sie kam sich vor wie eine Abgeschiedene, die zurückkehrt zu den Orten,wo sie früher gelebt und gewirkt, und finden muß, daß nirgend mehr Raum für sie sei.

Auch das Benehmen der Dienerschaft gegen sie mußte ihr auffallen und sie ver­letzen ; man schien es förmlich darauf an­zulegen, sie fühlen zu lassen, daß sie hier überflüssig sei. Gab sie einen Befehl, so wurde er überhört oder nachlässig ausge­führt, und wagte sie sich darüber zu be­klagen, so gab es Stichelreden, halblaute Aeußerungen, Achselzucken; der ganze Ap­parat, mit welchem eine wohlgeschulte herrschaftliche Dienerschaft einem armen Zwitterdinge, das sich Gesellschafterin nennt und streng genommen ebenso wenig Heimatsrecht im Salon wie in der Dome­stikenstube besitzt, das Leben zur Hölle machen kann, ward gegen sie losgelassen und endlich drängte sich ihr die furchtbarste Wahrnehmung auf, daß alle diese Leute sie für eine Diebin, ja noch mejM, für die Mitschuldige Georg's hielten.

Dieser Zustand wurde unerträglich. Hätte sie allein für die Diebin gelten können, sie würde es auf sich genommen und eine gewisse Genugthuung darin ge­funden haben, daß sie dadurch Georg von dem Verdacht reinige. Sie Beide standen unter der allgemeinen Anklage, die selbst, denn auch das erfuhr sie, hatte sie in ihren Fieberphantasien gegen sich und ihn geschleudert, wie ihre Aussagen ihn be­schuldigt hatten. Er hatte Deutschland in dem Glauben verlassen, daß sie den Ver­dacht auf ihn gelenkt! War auch sein Name verpönt im Hause, das hatte die Frau Kommerzienrätin ihr doch beizu­bringen gewußt, ebenso, daß Georg von London abgereist und verschollen sei. Klara mußte das doch wissen, sie mußte er­fahren, daß es zwischen ihnen keine Ge­meinschaft mehr gäbe.

Nein, es giebt zwischen uns keine Gemeinschaft mehr," seufzte die Unglück­liche, als sie sich nach einer solchen Unter­redung allein sah,und es ist gut so. Ich muß für ihn, für alle verschwinden!

Auf mir lastet ein Fluch ein Geheim­nis, das ich nicht aufklären kann und darf! Darum fort aus diesem Hause, fort aus dieser Stadt, damit nicht doch eines Tages die Versuchung in mir zu mächtig werde und ich rede, wo ich schweigen muß."

Sie erbat sich eine Unterredung mit dem Kommerzienrat und stellte ihm vor, daß ihre angegriffene Gesundheit zu ihrer Stärkung einen Landaufenthalt bedürfe sie wünsche deshalb für einige Monate zu einer Freundin zu gehen, die in einem Stranddorfe Pommerns als die GM eines Landpredigers lebte.

Der Urlaub ward ihr bereitwillig ge­währt; er glich dem Urlaube, den ma» den Diplomaten und andern hohen Staats­beamten zu Teil werden läßt, als Vor­spiel für ihre Versetzung in den Ruhestand. Klaras Stelle war ausgefüllt, man fühlte gegenseitig, daß ein weiteres Zusammen­leben unmöglich geworden sei, und so war es im Grunde nur eine Form, daß sie von ihrem neuen Aufenthaltsorte aus um ihre Entlassung bat, um dieselbe mit Ausdrücken kühlen Bedauerns von der Frau Kommerzienrätin empsieng. Mit ihr war gewissermaßen die letzte Erinnerung an Georg aus dem Hause entfernt, das empfand die Dame als einen Triumph, Klaras Name wurde so wenig mehr ge­nannt wie der des verstoßenen Neffeo, und nur der Kommerzienrat vermochte sich der Gedanken an Beide nicht zu er­schlagen.

Klara hatte, nachdem sie im Hach ihrer Freundin das nötige Gleichgewicht der Seele und die körperliche Kraft wieder gewonnen, ganz in der Nähe derselbe» eine Stelle als Erzieherin in der Familie eines töchterreichcn adligen Gutsbesitzers, eines Herrn v. Puttkamer, angenommen, In der Arbeit suchte sie die Sehnsucht nach dem Verlorenen, suchte sie den Schmerz und die sie peinigende Unruhe zu vergessen. Es gelang ihr auf Stunden; saß sie aber allein am Strande des Meeres, so war es als rausche ihr jede Welle von neuem zu, was sie besessen und was sie verloren; jedes Schiff, das sie in der Ferne vorbeisegeln sah, erinnerte sie an den Dampfer, der Georg, den Ausge­stoßenen , Heimatlosen über den Ozean getragen hatte, jeder Windstoß donnerte ihr entgegen:Du, du hättest ihn halten, ihm das Vaterland, den guten Namen wiedergeben, vielleicht die Versöhnung mit seinem Onkel bewirken können! Es hätte Dich ein Wort gekostet und Du hast dieses eine Wort nicht gesprochen!"

(Fortsetzung folgt.)

Auflösung des Sprüchwort-Rätsels in Nr. 71.

Sage mir, mit wem Du umgehst, so will ich Dir sagen, wer Du bist,

Lösung von Frau Oberamtstierarzt Böpple, Nbg>

Rätsel.

So manche Lösung fandst Du schon Durch mich; die erste Silb' beton'! Nimm Dich in Acht, geh' mit Bedacht Die zweite hat oft Leid gebracht.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Me eh in Neuenbürg.

An

Rr. N

erscheint Ai im Bezirk

Gerichte

welche die! machung

Kgl. Amt Neuen!

werden l Protokolle Ortsregist Oberamts Den ^

In § die Maul Den

St»»

Am

aus dem stetter Ek Bruch, ! Scheidho Löhneck. Abt. Glc Kohlbrui 1098 700 Kl. i Unen

1 F,