Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

(E i n g e s e n d e t.)

Neuenbürg, 14. April 1891.

§in Wort zur Sparsamkeit.

-Schluß.)

An geeigneten, das Sparen fördernden Einrichtungen und solchen Instituten fehlt es nicht, die dem Wohlthätigkeitssum ihre Entstehung und ihre Ausbildung verdanken md welche speziell den Zweck verfolgen, die Sparsamkeit in den unteren Volks­schichten zu fördern und zu heben. Obenan sieht für den Oberamtsbezirk die Oberamts- Iparkasse, die infolge der in den letzten Jahren im liberalsten Sinne eingeführten Reformen sich einer immer größeren Be­teiligung zu erfreuen hat und wegen ihrer absolut sicheren Grundlagen eines der be­liebtesten Geldinstitute geworden ist.

Die Oberamtssparkasse hat die Auf­gabe, die Bildung von Kapitalien durch Annahme selbst der kleinsten Ersparnisse zu erleichtern und in der niederen Be­völkerung dadurch den Sparsinn zu be­ordern. Sie macht durch Sammlung der kleinen Ersparnisse Summen zinsfähig, die ohne diese Vermittlung wegen ihrer Klein­heit nicht zinsbar angelegt werden könnten und sie ermöglicht dadurch die Bildung eines Kapitals, das in Zeiten der Not eine willkommene Stütze bietet.

Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung Wh kerner der Oberamtssparkasse als .Kredit-Institut" beigcmessen werden, in­dem sie durch das Ausleihen der Spar­gelder an kapitalbedürftige Leute, vor- mmlich Bezirksangehörige, eine wichtige volkswirtschaftliche Funktion erfüllt. Jeder der schon einmal in oer Lage gewesen ist, ein Anlehen aufnehmen zu müssen, wird die großen Vorteile zu würdigen wissen, welche die Oberamtssparkasse dadurch ge­währt, daß sie einerseits Anlehen gegen mäßigen Zinsfuß mit nie zu gewärtigender Kündigung abgiebt und andererseits die Abtragung der Schuld in jedem beliebigen Betrag gestattet.

Neuerdings ist nun die Oberamtsspar­kasse bestrebt, das Pfennigsparsystem immer mehr auszudehnen und die Heranwachsende Generation durch Einrichtung von Schul­sparkassen zur Sparsamkeit zu gewöhnen, ein Umstand, der bei dem großen Einfluß, den das Sparkassenwesen auf die moralische und wirtschaftliche Hebung der unteren Klassen auszuüben vermag, von großer Wichtigkeit erscheint. In höchst dankens­werter Weise hat vor einigen Jahren die Amtskorporation auf ihre Kosten die Spar- Marken eingeführt, um die Sammlung auch der kleinsten Beträge zu Spar-Ein- spM zu ermöglichen und es ist nur zu bedauern, daß diese Einrichtung in den Misten Gemeiden des Bezirks noch keinen Eingang gefunden hat. Der Fehler hieran durfte wohl weniger in dem Mangel an Sparsamkeitssinn, als an der Anregung M Sparen, also daran gelegen sein, daß bon den vermöge ihres Amtes oder ihrer Stellung hiezu berufenen Personen der ?ache zu wenig oder gar keine Aufmerk- lamkeit geschenkt wird. In einzelnen Ge- Mindcn dagegen wird von dem Spar- markensystem dank des fürsorglichen Ein­stusses von Seiten des Ortsvorstehers, ^geistlichen und des Lehrers ziemlich

ausgiebiger Gebrauch gemacht und es wurden damit Resultate erzielt, die bei unserer wenig bemittelten Landbevölkerung nicht zu unterschätzen sind. Angenommen, ein Kind spart alle die Pfennige zusammen, die es durch Geschenke, für kleinere Ar­beiten, Beerensammeln re. rc. erhält, an­statt solche zu verschicken, so kann ein solches Kind es mit Leichtigkeit wenigstens so weit bringen, daß ihm die Konfirma- tionskleider damit beschafft werden können. Schreitet dies Kind dann auch nach der Schulentlassung den einmal -ungeschlagenen Weg weiter, wozu es allerdings einiger Aufmunterung bedarf, so legt es damit den Grund für sein späteres Fortkommen. Das öffentliche Leben stellt an die Jugend Forderungen, denen sie gerecht werden müssen. Wie wohlthuend muß es z. B. bei einem für Militär bestimmten Jüng­ling wirken, wenn er in der Lage ist, die Härten seiner Militärdienstzeit durch frühere Ersparnisse mildern zu können.

Um nun die Einrichtung des Spar­markensystems möglichst allgemein einzu­bürgern und demselben eine große Be­teiligung zuzuführen, ist vor allem auch die Unterstützung der Gemeinden erforder­lich. Diese Unterstützung sollte darin be­stehen, daß in jeder Gemeinde eine ver­trauenerweckende Person als Ortskassier aufgestellt wird, welcher die Sparmarken, die Spar-Einlagen und den Verkehr mit der Oberamtssparkasse überhaupt ver­mittelt. Dieser Ortskassier sollte alsdann mit einem kleinen Betriebskapital zur Be­schaffung der Sparmarken ausgestaktet werden, welches anstandslos aus der Ge­meindekasse in Form einesVorschusses auf Wiederersatz" abgegeben werden kann.

Zum Schluß möchten wir noch den Ge­meindevorstehern Ortsvorsteher, Geist­liche, Lehrer die hier besprochenen Ver­hältnisse ans Herz legen mit der Bitte, dieser Sache ihre Aufmerksamkeit zuwenden zu wollen. Ein großes Gebiet ihrer Für­sorge ist ihnen vor Augen gestellt, auf dem sie eine segensreiche Wirksamkeit entfalten können. Mögen daher die hier angegebenen Anregungen nicht auf einen unfruchtbaren Boden fallen.

Neuenbü rg, 18. April. Hr. Amt­mann Pommer hier wurde als Kollegial- Hilfsarbciter zur K. Kreisregierung Ulm eiuberufen und wird in den nächsten Tage» abreisen; mit Wahrnehmung der Amt­mannsstelle ist der Regierungsreferendar I. Klasse Stiefen Hofer in Ravensburg betraut werden.

Se. Königl. Majestät haben am 17. April d. I. den Amtsnotar tit. Ge- richtsnotur Fehleisen in Wildbäd zum Gerichtnotar in Hall allergnädigst zu er­nennen geruht.

Neuenbürg, 16. April. Gestern nachmittag fand im Zcichensaal die Prüf­ung der hiesigen Arbeitsschule statt. Die von der Lehrerin, Frl.» Hochberger, gegebenen Lehrproben gewährten den an­wesenden weiblichen Sachverständigen und auch den männlichen Laien einen inter­essanten Einblick in den methodischen Be­trieb dieses Unterrichtsfaches. Die ausge­stellten Arbeiten zeigten im einzelnen den Lehrgang und die verschiedenen Hebungen im Stricken, Häkeln, Nähen, Knüpfen und

Flicken und wiesen auch manch' schönes Stück kindlichen Kunst- und Gewerbefleißes auf. Besonders aufgefallen sind die an­erkennenswerten Leistungen im Weißnähen und die geschmackvollen Knüpfarbeiten. Die ganze Ausstellung sowie auch die eigenen Arbeiten der Lehrerin legten ein gutes Zeugnis ab von dem Fleiß und der Ge­schicklichkeit derselben wie von dem lobens­werten Eifer eines großen Teils der Schülerinnen. Möchten doch alle Eltern ihre Kinder anhalten, die sich ihnen in der Arbeitsschule bietende günstige Gelegenheit zur Ausbildung recht auszunützeu.

Neuenbürg, 16. April. Es wird uns mitgeteilt, daß sich an einer Weinrebe am Schwarzlochfabrik-Gebäude ein Schöß­ling mit einer Traubenblüte befindet.

Kronilr.

Deutschland.

Wie Thüringer Blätter melden, ist ein Besuch des Kaisers auf der W a r t- burg für den 23. d. M. angesetzt. Se. Majestät kommt zur Auerhanjagd und bleibt mehrere Tage. Die Kaiserin wird sich am 25. d. M. nach Weimar begeben und am 26. mit der Großherzogin nach Eisenach Nachkommen.

Geestemünde, 16. April. Nach dem bis jetzt feststehenden Ergebnis hat hat Bismarck 6995, Adlosf 2374, Plate 2890 und Schmalfeld 3745 Stimmen; also ist Stichwahl zwischen Bismarck und dem Sozialdemokraten not­wendig.

Württemberg.

Stu ttg a rt, 17. April. Heute vor­mittag 10 Uhr fand in der russischen Hof­kapelle ein feierlicher Trauergottesdienst für die verstorbene Großfürstin Olga Feodorowna von Rußland statt, bei wel­chem die Mitglieder des K. Hauses, der russischen Gesandschaft u.s.w. erschienen. Morgen vormittag 9'/- Uhr wird Seine Majestät der König den neuernannten Kgl. preuß. Gesandten, Frhrn. v. Sanrma- Jeltsch, in feierlicher Audienz empfangen, um dessen Beglaubigungsschreiben entgegen zu nehmen.

Stuttgart, 17. April. (104. Sitz­ung der Kammer der Abgeordneten.) Bei Der Endabstimmung über die Beschlüsse der Kammer der Abgeordneten auf die ab­weichenden Beschlüsse der Kammer der Standesherrn zu dem Gesetzentwurf über die Verwaltung der Gemeinden, Stiftungen und sonstigen öffentlichen Körperschaften wird das Gesetz mit 64 gegen 16 Stimmen angenommen. Weiter erledigte die Kammer eine Reihe von außerordentlichen Exigenzen aus Rest­mitteln, insbesondere solche, die das De­partement des Kirchen- und Schulwesens betreffen. Nächste Sitzung Dienstag 3 Uhr: Anträge betr. die Malz st euer.

< Die bürgerlichen Kollegien Stuttgarts haben letzter Tage ein vor 14 Jahren an die kgl. Staatsregier­ung gerichtetes Bittgesuch erneuert. Die Stadt Stuttgart, welche jetzt 140 000 Einwohner zählt, darf nach der Verfassung gleich den 6 anderenguten Städten" (Tübingen, Ludwigsburg, Ellwangen,