Dieses Behältnis bewahrte den Schatz des Hauses, einen goldenen Becher von kostbarer Augsburger Goldjchmiedearbeit, mit Smaragden und Rubinen besetzt. Die Frau Kommerzienrätin, eine geborene Geyer von und zu Schreckenhorst hatte dies Familienstück, das Geschenk Kaiser Maximilian's I. an einen ihrer Ahnherrn, ihrem Gatten mitgebracht und man war unsäglich stolz darauf, obgleich oder vielleicht, weil es das einzige Ueberbleibsel der Besitztümer der Geyer von und zu Schreckenhorst war. Um dem Kleinod einen sehr würdigen Platz zu geben, war ein ganz besonderer Schrank im Speisezimmer eingerichtet worden, dessen Schlüssel die Kommerzienrätin sonst immer selbst in Verwahrung behielt und nur für heute den Händen ihrer zuverlässigen und pflichttreuen Gesellschafterin überlassen hatte.
Der Becher war denn in der Thal auch ein Kunstwerk, das, abgesehen von dem Werte, das ihm das kostbare Metall, und die zu seiner Verzierung verwendeten edlen Steine gaben, abgesehen von den Erinnerungen an Größe und Herrlichkeit, die sich für die Kommerzienrätin an ihn knüpften und ihren Wiederschein auf den bürgerlichen Gemahl warfen, es wohl rechtfertigten, daß eine Art von Kultus mit ihm getrieben ward, und als Klara ihn in die Hand nahm, um ihn zu verschließen, konnte sie nicht umhin, das schon so oft gesehene Denkmal deutscher Kunstindustrie des fünfzehnten Jahrhunderts um und um zu drehen und die zierlich ausgearbeiteten Blumen, Tiere und Wappenschilder sinnend zu betrachten. „Ich habe wohl manchmal im Stillen darüber gelacht, wenn Herr und Frau Blanke einander in der Anbetung dieses Bechers überboten," dachte sie halblaut, „aber leugnen kann man es nicht, es übt eine Wirkung aus wie Faust's Zaubermantel. Seine Figuren und Sinnsprüche scheinen lebendig zu werden. Es ist mir, als ginge ich durch die Straßen von Augsburg, blickte in die offenen Hallen, wo die Meister bei ihren Werken sitzen, sähe die ehrsamen Ratsherrn, die stattlichen Ritter, die schönen Frauen in der züchtigen kleidsamen Tracht einherschreiten. Der ganze Zauber jener poetischen Zeit kommt über mich, ich möchte wohl solch Augsburger Patrizierkind gewesen sein!"
„Ob sie es besser gehabt haben, als Unsereins?" fuhr sie nach einer kleinen Pause fort und das trübe Lächeln verwandelte sich in ein schelmisches. „wenn man sich die Sache überlegt, wird es auf Eins herauskommen. Zeiten und Form ändern sich, die Menschen bleiben immer dieselben; der Patrizier würde seiner Tochter ebenso wenig gestattet haben — ha, was ist das?"
Erschrocken wandte sie sich um; die nach dem Garten führende Glasthür hatte hinter ihr geklirrt.
„Was das ist? Ei, das bin ich," ließ sich eine sonore Stimme vernehmen, und vom Fenster her trat eine schlanke Männergestalt in das sich bereits mit dem Schatten der Dämmerung füllende Zimmer und wollte, schnell auf Klara zueilend, sie in seine Arme schließen. (Fortsetzung folgt.;
Die Wahrheit des Sprichwortes: „Kinder und Narren sprechen die Wahrheit", illustriert folgende kleine Straßenszene, die dieser Tage in Stuttgart beobachtet wurde. Ein paar Damen trafen ein kleines Mädchen, das laut weinend nach seiner Mutter rief. Die Mitleidigen nahmen sich des etwa 3jährigen Kindes an und frugen es nach „Name" und „Ort". Auf die Frage, was ist dein Vater, folgte die präzise Antwort: „Ein schlechter Kerl!"
Colmar, 23. März. Ein grausiges Drama spielte sich am letzten Samstag abend hier auf offener Straße ab. Der 48 jährige M. Hug war wegen häufiger Trunkenheit und Mißhandlung seiner Frau von dieser verlassen. Der Groll gegen seine Frau wuchs daher bei dem Hug, noch größer aber war der Zorn desselben gegen seine Schwiegermutter, weil diese seine Frau ausgenommen hatte. Als er am Samstag abend mit einem Bekannten sprechend seine Schwiegermutter des Wegs kommen sah, sagte er: „Da kommt die Alte, die muß es jetzt haben". Er lief eiligst auf die Frau zu, und gleich darauf fielen zwei Schüsse, und die Witwe brach zusammen. Unmittelbar darauf feuerte Hug einen Schuß auf sich selbst ab. und zwar ins Ohr; er stürzte ebenfalls zusammen. Die ganze Szene war das Werk eines Augenblicks. Die Frau war auf der Stelle tot. Hug starb einige Stunden nachher im Spital. Er ist Vater von 5 Kindern, wovon vi«r noch unversorgt sind.
Bonn, 24. März. Heute Morgen ist Sylvain Dornon, der stelzcnwandelnde Bäcker, der von Paris nach Moskau auf Stelzen marschieren will, durch unsere Stadt gekommen. In aller Frühe ist er mit dem Bonn-Beueler Schiffchen übergesetzt. Seit der Vertreibung Napoleons hat wohl noch kein Franzose den Kopf in Deutschland so hoch getragen wie dieser stelzierende Bäcker.
Vor einigen Tagen verstarb in Hamburg ein sehr vermögenden Handwerker, unverheiratet, und setzte u. a. einer Witwe ein Vermächtnis von zwölftausend Mark aus. Dasselbe war von einem Briefe begleitet, den der Verstorbene kurz vor seinem Tode geschrieben. In demselben wird die Hinterlassenschaft an die Witwe damit begründet, daß sie dem Testator vor etwa 30 Jahren, als er um ihre Hand anhielt, einen Korb gegeben habe! Diesem hochherzigen Entschlüsse habe er es zu danken, daß er seine Jahre in Ruhe verleben durfte.
Ein Arbeiter in Berlin hat den Tod im Wasser gesucht. In einem Briefkasten befand sich eine Karte folgenden Inhalts: „Adieu, du schöne Welt! Ich habe mich uw 7 Uhr „Erseift." Sie werden mich finden an der Thiergartenschleuse. Bitte zu lesen und der Polizei zu melden." Die Postbchörde hat die mit einer Freimarke nicht versehene Karte pflichtschuldigst ihrem Bestimmungsort zugeführt.
In Folge übermäßigen Schnürens hat die Frau eines Berliner Gerichtsbeamten ihren Tod gefunden. Die junge, erst seit
einem Jahr verheiratete Dame hatte mit ihrem Gatten einen Ball besucht und dort , sehr viel getanzt. Gegen Morgen, kurz vor Beendigung des Balles, brach dir ' leidenschaftliche Tänzerin atemlos in den Armen ihres herzuspringenden.Gatten zu- ' sammen, der nun seine Frau sofort noch Hause brachte. Wenige Minuten spater war ein Arzt zur Stelle; leider kam seine Hilfe zu spät. Wie der Arzt erklärte, hatte ein Herzschlag, hervorgerusen durch übermäßiges Schnüren, dem Leben der jungen Frau ein Ende gemacht.
Aus Italien wird gemeldet, datzf« Bankerott der Stadt Neapel eine vollendete Thatsache und nicht länger zu verschleim ist. Der Gerichtsvollzieher geht auf dm ! Oberbürgermeisteramt tagtäglich aus und ^ ein und notifiziert eine Beschlagnahme noch der andern. Die englische „Gas-Gesell- schaft" fordert 800 000 Lire, die „Train- Gesellschaft" 150000 Lire, die „Wasser- leitungs - Gesellschaft" 1 400 000 Lire, Außerdem hat die „Societa Veneta" men Arrest auf 7 000 000 Lire eingebracht. Dabei hatte die Stadt erst vor mehreren Jahren 40 000 000 Lire ausgenommen. Die Verwaltung hat toll gewirlschaftet.
(Ein Verehrer der Patti.) „Wie schreiben Sie Antipathie?" — „An die Patti schreibe ich: Hochverehrte, angebetele Sängerin!"
Gemeinnütziges.
Als ein vortreffliches Mittel, die Mche schön weiß zu machen, wird der gereinigte Borax empfohlen. Man nimmt auf etwa 3V Liier Wasser eine Hand voll Borax; bei seiner Wäsche, wie Vorhänge, Spitzen und derartige Dinge kann man noch mehr nehmen. Der Borax Ms wie Soda zuvor in heißem Wasser kochen und wird dann mit Wasser vermischt. Borax greift, was fälschlicher Weise oft nicht geglaubt wird, die Wäsche keineswegs an. Er macht das härteste Wasser weich und erspart viel Seife. Einen Beweis für die Bortrefflichkeit des Borax bietet die holländische Wäsche, die ja wegen ihrer Sauberkeit und Weiße bekannt ist. In Holland aber nimmt man stets Borax, nie Soda.
Auflösung des Silbenrätsels in Nr. 50, Fürst Bismarck — Friedrichsruh.
Srithjof
Uber Land und Meer
Reiterei
Stände
Teutoburgerwald
Botschafter
Juli
Smolensc Metternich Achilleus *)
Reichskanzler
Crimmitzscha«
Kaiserreich.
*) Beiname Bismarcks auf der Universität Göttingen.
Richtig gelöst von Rudolf u. Otto HoW Rothenbach, Ernst Gottschalk, Neuenbürg, WO Sechser, Ottenhausen, Edgar Fein, Wildbad.
KM««gk« ms de« k«Mt
werden täglich von allen Poststelle» angenommen.
Bekanntmachungen in demselben finden anerkannt wirksame Verbreitung.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.