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Württemberg.
Stuttgart, 21. Febr. Eine soeben im Druck erschienene Denkschrift betreffend die Gehaltsverhältnisse der Volksschullehrer Stuttgarts führt den überzeugenden Nachweis, daß auch nach der letzten Gehaltsaufbesserung die Besoldungs- Verhältnisse der Stuttgarter Volksschullehrer, so wohl im Vergleich mit den Gehaltsverhältnissen anderer Lehrer und der städischen Beamten in Stuttgart, als der Volksschullehrergehalte anderer Städte Württembergs wie anderer Länder sehr zurückstehen und überhaupt unzureichend sind. In Stuttgart beträgt der Höchstgehalt 1700 Mk.. in Hall 1800 Mk.. in Ülm 1900 Mk., in Nürnberg 2940 Mk, in Karlsruhe 3200 Mk., in Mannheim 3400 Mk., wobei größtenteils auch die Anfangsgehalte von Vorneherein höher sind, als in Stuttgart. Die Denkschrift anerkennt dankend, daß die Stadt Stuttgart für die Volksschullehrer sehr viel gethan habe, einer weiteren Aufbesserung stehen aber die gesetzlichen Bestimmungen des Art. 1. des Volksschulgesetzes vom 18. April 1872 hindernd gegenüber. Zu alledem kommen noch sehr empfindliche Mängel des Borrückungsmodus unter den Stuttgarter Volksschullehrern. Die Denkschrift resümiert deshalb die Wünsche der Stuttgarter Bolksschullehrer.
In Stuttgart fand am Sonntag eine Versammlung von Weinbautreibenden statt, welche die in Bezug auf gezuckerten Wein gefaßten Beschlüsse der Wiesbadener Versammlung protestierte, und eine Gegenpetition an den Reichstag beschloß, wonach gezuckerter Wein als solcher zu deklarieren ist.
Ludwigsburg, 19. Febr. Wie verlautet, beabsichtigt die Oelfabrik Besigheim die ihr zu Gebote stehenden überschüssigen Wasserkräfte des Neckers von ca. 800 Pferden zur Erzeugung elektrischen Lichtes und Kraftübertragung auszunützen, zu welchem daselbst eine größere elektrische Anlage errichtet werden soll, um die Nachbarschaft bis einschließlich Ludwigsburg mit Licht und Kraft zu versorgen. Bei der Zukunft und den Annehmlichkeiten, die das elektrische Beleuchtungswesen und namentlich auch die elektrische Kraftübertragung für sich haben, ist ein solch fortschrittliches Unternehmen nur mit Freuden zu begrüßen; die von diesem Unternehmen zu berührenden Städte und Ortschaften werden sicher Nutzen davon haben. Ganz besonders wird es, so hofft man, auch den kleinen Gewerbetreibenden zu gut kommen, da dem Handwerker ermöglicht wird, sich durch Aufstellung von Hilfsmaschinen, die er mit der verhältnismäßig billigen elektrischen Kraft betreiben kann, wieder konkurrenzfähiger zu machen, so daß der bekannte Ausspruch sich hier praktisch verwirklichen würde, daß die Elektrizität berufen sei, beim Kleingewerbe das wieder gut zu machen, was es durch den Dampf verloren hat.
(S. M.)
Ellwangen, 22. Febr. Posthalter a. D. Fr. Retter, früherer Landtags- Abgeordneter von Heidenheim, Reichstagsabgeordneter für den II. und V. Wahl
kreis ist heute seinem langem Leiden erlegen. Der Verstorbene war eine derbe, gerade, praktische Natur, voll gesundem Mutterwitz, dessen volkstümliche Beredtsam- keit ihren Eindruck selten verfehlte. Auch bei seinen politischen Gegnern erfreute er sich aller Achtung und ein freundliches Gedächtnis wird ihm bewahrt bleiben.
Ausland.
Der Besuch der Kaiserin Friedrich in P a r i s hat diesseits und jenseits der Vogesen gleich hohe Ueberraschung hervorgerufen und giebt zu allzu kühnen Gedankenflügen Anlaß. Daß er nur der Stätte großartiger Denkmäler und dem Mittelpunkte eines fieberhaft rastlosen Kunststrebens und Schaffens gelten soll, diese Annahme erscheint zu natürlich, um geglaubt zu werden. Die Meisten suchen durchaus einen anderen Grund, denn, fragen sie, warum findet man die französische Kunst erst 1891 sehenswert? In Wahrheit fand man sie immer so; nur war die Spannung zwischen den beiden Ländern zu groß, als daß man nicht hätte befürchten müssen, die Hierherkunft einer so hochgestellten Deutschen werde mißliebige Zwischenfälle Hervorrufen. Insofern ist allerdings die Anwesenheit der Kaiserin- Witwe in ein Zeichen gewachsenen Vertrauens in die Mäßigung und Bildung der Pariser, eines Vertrauens, das bis zur Stunde nicht getäuscht hat. Auch diese indirekte Anerkennung befriedigt jedoch manche hiesige Politiker nicht; sie wollen durchaus noch etwas Geheimnisvolles hinter der Reise erblicken. Die Einen vermuten, die Kaiserin bringe Vorschläge über die Neutralisierung Elsas-Lothringens; Andere träumen sogar von einer in Aussicht gestellten Zurückgabe eines Teils der Reichslande, noch Andere bereits von einem Bündnis der beiden Mächte, da der Dreibund hinfällig werde. Es wäre Wortverschwendung, die that- sächliche Unmöglichkeit aller dieser Ideen dazuthuu.
Paris, 24. Febr. Dem Vernehmen nach wird die Kaiserin Friedrich ihren Aufenthalt in Paris bis Freitag verlängern. Gestern begab sie sich nach Versailles.
Die Engländer haben einen neuen Schritt vorwärts gethan zur Annexion Egyptens. Es heißt zwar immer, cs solle demnächst die Räumung des Landes erfolgen, doch anstatt sich allmählich aus dem Nillande zurückzuziehen, setzen sich die Engländer von Jahr zu Jahr mehr dort fest. An ihrem Bestreben, das Land ganz unter ihre Botmäßigkeit zu bringen, hat allerdings Wohl seit dem Bombardement von Alexandrien kein unparteiischer Beobachter gezweifelt. Ein wichtiger Verwaltungszweig, die Gerichtsbarkeit, war bisher noch unabhängig. Aber auch hiermit ist jetzt ein Ende gemacht worden. Schon vor einiger Zeit war ein hierauf bezügliches Vorgehen geplant worden; angesichts der Vorstellungen, welche die Vertreter anderer Mächte beim Khedive erhoben, hatte die englische Verwaltung jedoch ihre Absicht scheinbar aufgegeben, bis dieselbe nunmehr in diesen Tagen mit großer Gewandtheit und Schnelligkeit durchgesetzt worden ist. Mr. Scott hat vom
Khedive die Unterschrift zu -einem SchG stück erhalten, welches von großer G deutung für die Zukunft Egyptens sch dürfte. Es ist nämlich nach diesem SchG stück eine Kommission in's Leben zu rusm welche die egyptischen Gerichtshöfe echi Instanz zu überwachen hat. Es istdabf zwar nicht gesagt worden, daß die M glieber dieser Kommission Engländer s,i, müssen, — vorläufig soll dieselbe aus M. Scott, einem Belgier und einem Italien,, bestehen, — es ist aber ebensowenig vn- boten, die Komissiou nur aus England« zusammenzusetzen, und dahin dürste z denn auch kommen. Auf französischer Sch plant man ein Einschreiten in dieser A». gelegenheit.
Im heiligen Rußland werden die ZG für das Deutschtum immer trüber. Da Curator der Petersburger Lehrbezirke, da als fanatischer Altrusse hinlänglich st. kannte Krapustin, dringt auf Beseitigung der deutschen Schulen und Pensionsanstalti» in Petersburg. Angeblich soll zu diesen, Zwecke zunächst geplant sein, die allgemeine russische Schulorganisation in den evangelisch-deutschen Petri- und Amen- Schulen Petersburg einzuführen, wams die Umwandlung aller übrigen kleineren Petersburger Lehr - Anstalten deutschen Charakters einfach in russische Schulen folgen soll. Fast möchte man bezweiseln, daß wirklich eine neue derartige Vergewaltigung des Deutschtums auf russischen, Boden geplant ist, aber heutzutage scheinen die Deutschen in Rußland jeder möglichen Willkür von Seiten der mächtigen allrussischen Partei preisgegeben zu sein, eS hätte da auch der beabsichtigte TodM gegen die deutschen Schulen in Petersburg ^ nichts Ueberraschendes mehr an sich.
Rom, 22. Febr. In der Provinz Potenza ist starker Schneefall eingetreteu, an einigen Stellen liegt der Schnee 3 w hoch. Alle Arbeiten sind unterbrochen, In vielen Gemeinden sind die Wintervorräte erschüft. !
In Argentinien scheint es auch! wieder zu gähren, worauf wenigstens das! in der Hauptstadt Buenos Ayres gegen i den General Roca versuchte Attentat hin- i deutet. Die Regierung des Präsidenten Pellegrini hat aus dem Vorgänge Anltz genommen, sofort den Belagerungszustand über Buenos Ayres zu verhängen, es inuf also nicht Alles richtig sein.
(Ein Korb.) Gerichtspräsident: Angeklagter, Sie nennen mich schon mehrere- male „mein lieber Präsident." Ich glaube Ihnen die Bemerkung schuldig zu sein, ich Sie auf Gegenliebe nicht zu rechnen haben.
Ein schöner Streich passierte unlängst einem jungen Schwarzwälder. „Aul diesem, nicht mehr ungewöhnlichen Wege suchte er sich eine Frau und siehe da, ei sich alsbald eine Holde — seine eigene Mutter! Der Heiratslustige soll einen zweiten Versuch aufgegeben haben.
Auflösung des Rätsels in Nr. 30.
„Einsatz. — ein Satz."
Mt einer Uetkage.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.