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lich also, daß jetzt, wo alles den jungen Kaiser und den alten Kanzler in einen Gegensatz zu setzen scheint, auch drüben der Gedankenaustausch über dieses Thema nicht ruhen will. Aber wie man stets geneigt war, mit dem lebhaften, beweglichen Sinne, welcher den Franzosen von jeher eigen war, aus der Mücke einen Elefanten zu machen, so sieht man jetzt auch Gegensätze, wo keine sind und übertreibt das, was schlechterdings nicht fortgeleugnet werden kann. Oft hat dte lebendige Auffassungsgabe der Franzosen dieselben in der Beurteilung deutscher Angelegenheiten mit dem natürlichen Instinkt des warmblütigen Menschen und der in Manchem unbefangeneren Auffassung des Fernerstehenden das Richtige treffen lassen, während wir in Deutschland das letzte Wort nicht zu sprechen wagten. Aber manches Mal versteigen sich unsere Nachbarn denn doch zu unglaublichen Kombinationen. So heißt es jetzt in französischen Blättern, die Abneigung des deutschen Kaisers gegenüber dem Fürsten Bismarck sei so groß, daß derselbe die störenoe Hand seines ehemaligen Kanzlers überall zu spüren meine, und daß Kaiser Wilhelm denjenigen Personen, welche noch in Beziehungen zu Bismarck ständen, sein Vertrauen entziehe. Als Beispiel wird die Neuigkeit aufgetischt, daß der italienische Ministerpräsident Crispi diesem Umstande seinen Sturz zu verdanken habe. Kaiser Wilhelm nämlich soll an König Humbert eine Depesche gerichtet haben, des Inhalts, daß er keinerlei Beziehungen mehr zu einem Manne unterhalten könne, welcher den Sohn seines Feindes empfangen habe. Das heißt also mit anderen Worten, der deutsche Monarch hätte es Crispi nicht verzeihen können, daß derselbe ,den Grafen Herbert Bismarck zum Diner einlud. Daß eine solche Einmischung unseres Kaisers in fremde Angelegenheiten undenkbar erscheint, braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden, aber da diese Version bei den Franzosen selbst ohne Zweifel viel Glauben finden wird, so verdient sie, als ein Beispiel dafür, wie man an der Seine „Geschichte macht," wenigstens registriert zu werden.
Berlin, 19. Febr. Wie verlautet, beabsichtigte die Centrumspartei, eine Anfrage an die verbündeten Regierungen zu richten, ob und welche Stellung bereits der Bundcsrat zu dem vorjährigen Beschluß des Reichstags auf Einführung des Befähigungsnachweises für Handwerker genommen habe. Mit Rücksicht daiauf, daß demnächst in Berlin eine Kommission zur Besprechung wichtiger Handwerkerfragen, worunter sich auch die Frage des Befähigunsnachweijes befinden wird, zusammentrelen soll, und zwar auf persönliche Anregung des Kaisers, ist vom Centrum der Beschluß gefaßt worden, von der Einbringung einer solchen Anfrage vorläufig Abstand zu nehmen.
Während fortdauernd beim Bureau des Reichstages Petitionen für und wider den Zentrumsantrag auf Aufhebung des Jesuitengesetzes einlaufen, ist cs von diesem Anträge selbst im Reichstage ganz still geworden. Dessen Urheber, der Abg. Dr. Windlhorst, hat offenbar keine Eile,
ihn zur Erörterung zu bringen. Er hat sich inzwischen sicher überzeugt, daß zwar die Annahme des Antrages durch den Reichstag sicher, aber nicht minder sicher die Zurückweisung desselben durch den Bundescat ist. Er hat aber augenscheinlich kein Verlangen, sich eine derartige Zurückweisung gerade jetzt zu holen und so ist es nicht unwahrscheinlich, daß ec selbst mit Rücksicht auf die Geschäftslage des Reichstages von der Beratung seines Antrages in dieser Session Abstand nehmen wird.
Berlin, 21. Febr. Nach Mitteilungen von zuständiger Seite sind die neuen Anleihen fünfundvierzigmal überzeichnet worden.
Hamburg, 20. Febr. Der „Franks. Gen.-Anz." meldet: Die gestrige nationalliberale Versammlung zu Ottendorf stellte den Fürsten Bismarck als Kandidaten für den 19. hannoverschen Reichslagswahlkreis an Stelle von Gebhard auf.
Württemberg.
Nagold, 22. Febr. Im Laufe der letzten Woche fand auf dem hiesigen Rathause die Verhandlung über die Feststellung der Entschädigungssumme sü: diejenigen Grundstücke statt, bezüglich deren zum Zwecke des Bahnbaues von Nagold nach Altensteig das Enteignungsverfahren beantragt war. Die schon im Juni v. I. durch einen Beamten der Eisenbahndirektion, welcher als Grunderwerbungskommissär hierher gesandt worden war, geführten Verhandlungen mit mehreren Grundeigentümern, waren resultatlos verlaufen, indem die Betreffenden, offenbar zu geschraubten Forderungen jaufgestachelt, ihre in Frage kommenden Grundstücke weit über den wahren Wert hinaus taxierten und demgemäß Forderungen stellten, welche die Staatsbehörde unmöglich annehmen konnte. Umsomehr war man auf den Ausgang des Enteignungsverfahrens gespannt, an welchem außer einem Kommissär der Eisen- bahnvcrwaltung 3 Sachverständige teil- nahmen. Wie schon häufig, bewährte sich auch hier das Sprichwort von dem allzustraff gespannten Bogen. Denn die im vorigen Sommer hartnäckig auf ihren maßlosen Forderungen beharrenden Grundeigentümer erhielten jetzt ca. 25°/o weniger, als ihnen seitens der Eisenbahnverwaltung ursprünglich geboten worden war. Ob nun diese enteigneten Grundbesitzer von ihren seinerzeitigen guten Ratgebern für die Mindereinnahmen entschädigt werden, bleibt abzuwarten; vorerst glaubt hier kein Mensch daran und selbstverständlich brauchen diejenigen, welche den Schaden haben, auch für den Spott nicht zu sorgen.
Ausland.
Die Kaiserin Friedrich weilt im strengsten Inkognito in Paris, weshalb auch der Präsident der Republik, Herr Carnoi, es unterlassen hat, der hohen Frau seine Aufwartung zu machen. Dafür schrieb er sich jedoch in das auf der deutschen Botschaft auftiegende Buch ein, was auch der Minister des Auswärtigen, Ribot, der Chef des Militärstaates des Präsidenten Carnot, General Brugäre, sowie zahlreiche Mitglieder des diplomatischen Korps thaten.
Paris, 21. Febr. Die Kaiserin Friedrich war im letzten Augenblicke behindert, die Auffahrt auf den Eiffelturm zu unternehmen. Die Prinzessin Margarethe unternahm die Auffahrt auf den Eiffelturm in Begleitung des Grase, Münster, der Gräfin Perponcher und des Grasen Arco. Am Fuße des Turmes wurde die Prinzessin von Mr. Eiffel und den Verwaltungsräten des Turmes empfangen. Sie machte die Auffahrt mittels der Auszüge, welche ausnahmsweise in Betrieb gesetzt worden waren. Die Prinzessin stieg bis in den höchsten Raum unter der Fahne. In den Zimmern Eissels war ein glänzendes Mahl bereitet. Eiffel bot der Prinzessin einen großen Strauß von weißem Flieder dar, der Gräfin Perponcher einen Rosenstrauß.
An den diesjährigen großen Manövern in Frankreich werden, wie Freycinetim Ministerrat.mitteilte, vier Armeekorps, das 5., 6., 7. und 8 teilnehmen. Je zwei derselben bilden eine Armee, von denen die eine von dem General Davoust, die andere von dem General Galifet befehligt wird. Den Oberbefehl über beide Armeen wird General Saussier mit dem Generalstabschef Miribel führen.
In dem englisch-amerikanischen Streit wegen der Behringsmeersrage soll König Humbert von Italien als Schiedsrichter angerufen werden.
Misikllcn.
Paris. In Frankreich hat man seil einiger Zeit den Versuch gemacht, statt der Tauben die Schwalbe zum Postdienst abzurichten. Die Versuche sind, wie man der Wiener Presse schreibt, in den dafür bestimmten Militärstationen vollkommen gelungen. Die Art der Ablichtung ist noch ein Geheimnis.
(Beim Frühschoppen.) Ein junger, den Kollegen durch seine Rennommage ausfallender Anwalt sitzt unter älteren Kollegen während der Gerichtspause beim Frühschoppen. „Ich habe wieder vier große neue Sachen bekommen," sagte er wichtig, „ich fange an Mode zu werden." — Der älteste ehrwürdigste Kollege hat die Speisekarte in der Hand und erwidert gelassen: „Loeuk ü lg. inoäk "
Auflösung der Charade in Nro. 29.
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