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fernung von Moos und abhängenden Rindenbestandteilen als dem Ueberwinter- ungsort von schädlichen Insekten erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Zum Anstrich des Stammes als schützende Decke gegen Insekten und Kälte sei statt des puren Kalks eine Mischung von 2 Teilen Kalk und ein Teil Lehm vorzuziehen. Als Beispiel wie die Bäume zahlreichen Schma­rotzern ausgesetzt seien, zeigte Hr. Weiß 2 Neste von einem Apfelbaum vor, welche mitMistel-Auswucherungen behaftet waren. Die Keime solcher Schmarotzerpflanzen werden durch Vögel auf die moosigen Stellen der Bäume übertragen. Redner schloß seinen kurz gefaßten aber belehren­den Vortrag mit dem Wunsche, es möchte der Obstbau in unserem hiefür so günstig gelegenen Bezirk immer noch mehr Ver­breitung finden. An günstigem Absatz der Produkte werde es nicht fehlen, dies be­weise die große Nachfrage nach unserem Obst; habe doch ein Mannheimer Groß­händler 2000 Zentner Obst in unserem Schwarzwaldbezirk aufkaufen wollen. Zumdritten PunktederTagesordnungführte Hr. Oberamtstierarzt Böpple über Heb­ung der Schweinezucht in unserem Bezirk etwa folgendes aus: Schon feit Jahren sei der Ausschuß des landwirtschaftlichen Bezirksvereins für Beschaffung edlerer Zuchttierassen bemüht, die Schweinezucht im Bezirk zu heben. Schon mehrmals wurden Zuchtferkel der Jorkshire-Raffe von der bekannten Züchtung des Hrn. Junghans von Aspishof bei Bühl in B. angekauft und an Vereinsmitglieder abge­geben; die günstigen Folgen zeigten sich auch deutlich an dem Nachwuchs. Bei der großen lannwirtschaftlichen Ausstellung in Straßburg (im Juni ds. Js.) seien ausgezeichnete Tiere der sog. Meißener Zuchtgenossenschaft für Schweine ausgestellt gewesen, die allgemeine Bewunderung und Anerkennung fanden. Dieselben sind ans einer Kreuzung der englischen Aorkshire- Rasse und des sächsischen Landfchweins gezogen und entsprechen den Anforderungen im Mästen und in der Zuchtfähigkeit. Auf eine Erkundigung bei der Zuchtge- nossenfchaft in Marbach bezw. bei dem dortigen Oberamtstierarzt, in dessen Be­zirk das Meißener Schwein eingeführt worden ist, ist ein sehr günstiges Urteil über diese neue Rasse eingelaufen. Da der gegenwärtige Zustand der Zuchttiere eine Auffrischung des Blutes sehr wünschens­wert erscheinen läßt, empfiehlt Redner den Ankauf von Zuchttieren dieser Rasse. Auch wird die Frage angeregt, ob die Gründung einer Zuchtvieh-Genossenschaft für das Meißener Schwein, ähnlich wie im Bezirk Marbach, nicht vorteilhaft wäre. Ein bezügl. Beschluß wurde noch nicht gefaßt, dagegen beschlossen, einen Aufruf an die Liebhaber der empfehlenswerten Meißener Rasse ergehen zu lassen. Die Borträge bei der landwirtschaftlichen Versammlung in Schwann wirkten in sehr belehrender Weise auf die zahlreich anwesenden Interessenten ein.

Neuenbürg. Wie wlr hören, hat die Am tsv ersamml u n g in ihrer Sitz­ung vom 6. ds. Mts. vorbehältlich regi- mineller Genehmigung den bedeutsamen Beschluß gefaßt, das Einlage-Maximum

bei der Oberamtssparkasse auf den Betrag von 1000 vkL für jeden Einleger zu erhöhen. Bisher betrug das Einlage- Maximum 400 ^ und nur ausnahmsweise war den Witwen und solchen Personen ledigen Standes, welche in Privatdienst­verhältnissen stehen, gestattet, Einlagen bis zum Betrage von 700 zu machen. Der neue, den Bedürfnissen der Zeit ent­sprechende Beschluß, dessen Tendenz un­verkennbar dahin geht, den Minderbe­mittelten das Sparen noch mehr zu er­leichtern , darf sich gewiß allseits einer guten Aufnahme erfreuen. Derselbe ist geeignet, dem hauptsächlichen Zweck der Oberamtssparkasse, Jedermann, insbeson­dere aber den ärmeren und dienenden Klassen nach und nach und mit Leichtigkeit die Ansammlung größerer Summen zu ermöglichen, in erhöhtem Maße Rechnung zu tragen. Bisher wurde es oftmals als Mißstand empfunden, wenn die Sparenden ihre Ersparnisse nicht ganz bei der Sparkasse anlegen konnten, da eine sichere anderweitige Geldanlage namentlich in den letzten Jahren eben auch seine Schwierigkeiten hatte, die Erwerbung von Staats- und anderen Wertpapieren aber für die in Betracht kommenden Einleger­kreise kein geeignetes Objekt bildet.

Wil dbad, 8. Dez. Die Einwohner­zahl in Hiesieger Stadt beträgt 3444 Per­sonen , 1621 männl. und 1823 weibl. Vorübergehend abwesend sind 64. Im Jahre 1885 betrug die Gesamtzahl 3514. wovon 1631 männl., 1883 weibl., vorüber­gehend abwesend waren 35 Personen. Somit hat unsere Stadt um 41 Personen abgenommen.

Pforzheim, 8. Dez. Am Freitag hielt Dr. Perrot aus Mainz imKauf­männischen Verein" einen Vortrag über Zonentarif." Redner verbreitete sich über die Einwirkung des Eisenbahnverkehrs im Allgemeinen und erwähnte seine Bemüh­ungen um ein besseres Tarifwesen. Dieses sei im Güterverkehr zum Teil getroffen worden, allein bckr. der Personentarife sei erst in Ungarn und Oesterreich etwas ge­schehen. Die weiteren Ausführungen gingen dann dahin, daß zwei Zonen gebildet wer­den sollen und zwar eine Zone von 1 bis 10 Meilen zu 30 ^ für 3. Kl., 50 ^ für 2. und 3 für I. Klasse, und eine Zone von mehr als 10 Meilen L I 10- und 6 c^.

Kronik.

Deutschland.

Bei dem Kaiser waren gestern abend im Neuen Palais zum Thee geladen: der Geheime Oberregierungsrat Hi"Lpkter mit Frau, Geh. RcgierangsratDr. Schot t- Müller, Dr. Güßfeldtund der Direktor des franz. Gymnasiums Dr. Schulze.

In Trem essen wurde auf der Fahrt vom Postamt nach dmn Bahnhof aus dem Postwagen ein Wertbriefbeutel mit 2000-/A Inhalt gestohlen. Zwei Unterbeamte sind als der That verdächtig verhaftet worden.

Württemberg.

Stuttgart, 9. Dez. Der zum Be­zirkskommandeur in Stuttgart ernannte Generalmajor von Pfaff ist aus Straß­

burg hier eingetroffen und heute vormittag 9 Uhr von Sr. Maj. dem König in Audienz empfangen worden.

Aus Tübingen wird demStaats- Anzeiger" geschrieben:In den Univer­sitätskliniken werden die Versuche mit Koch'scher Flüssigkeit fortgesetzt. In der medizinischen Klinik werden die Einspritz­ungen seit 14 Tagen angewendet und zwar bei Schwindsüchtigen jeden Grades; jedoch muß vorerst die Anzahl der Kranken be­schränkt werden. Bisher sind 26 Kranke mit Einspritzungen behandelt worden. Um Anhaltspunkte über die Wirkung der Ein­spritzungen zu erhalten, müssen nach den­selben die Reaktionserscheinungen besonders sorgfältig beobachtet werden. Bei Lungen­kranken wird mit der Dosis von 12 mgr begonnen und je nach dem Grad des Re- aktionsftebers und der Allgemeinerschein­ungen in Zwischenräumen von mehreren Tagen mit langsam steigender Dosis fort­gefahren. Die Reaktionserscheinungen stellen sich in der von Koch angegebenen Weise ein; doch sind in den einzelnen Fällen je nach den besonderen Umständen mancherlei Verschiedenheiten zu beobachten. Ein Urteil über die Heilwirkung der In­jektionen bei Lungenschwindsucht läßt sich noch nicht abgeben, da die Zeit der Be­obachtung zu kurz ist ; es dürste wohl erst nach Wochen und Monaten möglich sein, eine zusammenfaffende Veröffentlichung über die Heilwirkung des Mittels zu machen. Beide Kliniken werden täglich von zahl­reichen Aerzten des Landes besticht, denen das Verfahren und die Einwirkung der Jcjektionen an den verschiedenen Fällen bereitwillgst vorgezeigt wird.

Ausland.

San Nemo, 8. Dez. Dr.dePonte hat von Dr. Koch 6 Fläschchen Impfstoff erhalten. (S. M.)

Im Alter von 96 Jahren ist dieser Tage ein Mitglied dergrancke armäe" Napoleons I. gestorben, der Brigade­general Nicolas de Lisleferme. Derselbe hatte dem Abschied Napoleons I. von den Garden in Fontainebleau beigewohnt.

AI wollen.

(Das Geburtstagsgeschenk.) Eine hüb­sche, junge Dame wurde sin einer Gesell­schaft wegen ihres Stumpfnäschens geneckt. Nun ja", sagte sie.die Fayon gefällt mir auch gerade nicht; aber es ist ein Geburtstagsgeschenk, und da muß man es auch behalten."

Mutmaßliches Wetter

am Donnerstag den 11. Dez.

Der Hochdruck über Südschweden und Däne­mark hat eine Verstärkung erfahren. In Folge dessen ist der Niederdruck in Mittelrußland weiter ostwärts, im Golf von Biskaya westwärts zu­rückgedrängt worden und die Aussichten auf et­was mildere Witterung mit Schneefall sind wieder geschwunden. Bei anhaltend östlichen bis nord­östlichen Winden wird deshalb das trockene und heitere Wetter sowohl am Donnerstag als am Freitag noch andauern. Die Kälte dürfte noch weiter zunehmen und wegen des schwachen Luft­druckgefälles sind auch mehrfache Nebel zu er­warten.

Mt einer Aeikage.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.