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Bischofs, mit Wappen und Tannengrün geschmückt. Mehrere hervorragende Persönlichkeiten, waren anwesend, sehr viele Geistliche und nicht weniger als 20 Zeitungsberichterstatter waren erschienen. Die Versammlung wurde durch Direktor a. D. Rud. Probst eröffnet, zum Vorsitzenden der Graf v. Rechberg und Röthen- löwen berufen. Telegramme wurden an Se. Maj. den König an den Landesbischof und dessen Coadjutor abgesandt. Domkapitular Graf Wolf egg überbrachte die Segenswünsche des Bischofs. Landtagsabgeordneter und Oberbürgermeister Untersee (Gmünd) sprach in zündender Rede über „die Ziele und Gefahren der Sozialdemokratie", Landrichter Kiene (Hall), über „die Forderung der konfessionellen Schule," Reichtagsabgeordneter Dekan Göser (Saulgau) über „die gute und schlechte Presse," Reichstagsabgeordneter Gröber (Heilbronn) (über „die Notwendigkeit katholischer Männerorden in Württemberg im Kampfe gegen die Sozialdemokratie." Die Redner bekundeten durchweg eine versöhnliche Stimmung gegen die andre (evangelische) Konfession und ernteten sämtlich reichen Beifall. Die vorgeschlagenen Resolutionen fanden widerspruchslose Annahme.
Salzstetten, OA. Horb, 19. Nov. Es laufen, wie dem „D. V." berichtet wird, immer noch Fragen nach dem Befinden des bekannten „schlafenden Mädchens" ein. Allen hiesür Interessierten diene zur Nachricht, daß die „Schläferin" nach 8 Wochen etwa erwachte, aber bis jetzt bei sonstigem Wohlbefinden leider stumm blieb.
Ausland.
Pest, 22. Nov. In Dunakeß drangen Räuber bei dem kath. Pfarrer ein, ermordeten die Wirtschafterin und raubten alles. Die Ausregung über die wiederholten Raubanfälle ist groß.
Bern, 21. Nov. Hier hat der berühmte Chirurg Pros. Dr. Kocher in der Klinik eine begeisterte Ansprache an die Studenten über das Koch'jche Heilverfahren gehalten und dem großen Foricher und Gelehrten telegraphisch seine Huldigung dargebracht. Er hofft bald im Besitze des neuen Heilmittels zu sein.
Konstantinopel, 21. Nov. Der Sultan entsandte vier Aerzte nach Berlin zum Studium der Koch'scheu Heilmethode.
New York. 19. Nov. Eine weitere Anzahl amerikanischer Aerzte segelte heute nach Europa, um sich mit Dr. Kochs Behandlung der Tuberkulose bekannt zu machen.
In Belfort explodierte ein Pulverlager. wodurch 4 Arbeiter getötet wurden.
Rom, 22. Nov. Dem „Secolo" zufolge wird Nuntius Ga limb e rti in Wien demnächst nach Berlin abreisen, um mit dem Reichskanzler und dem preuß. Kultusminister in Sachen der Jesuitenfrage zu verhandeln.
Aus Warschau wird gemeldet: Die Stadt Ludwipol, Gouvernement Wolhynien, wurde durch eine Brandstiftung am 19. November gänzlich eingeäschert. 4000 Menschen, größtenteils Juden, sind obdachlos.
Sansibar, 22. Nov. Die beiden Mörder der während des Aufstandes in Kilwa getöteten Beamten der Ostafrikanischen Gesellschaft, (Krieger und Hessel), wurden in Kilwa ermittelt und hingerichtet.
Mit dem vor längerer Zeit angedrohten kriegerischen Vorgehen der Indianer scheint es Ernst zu werden. Die Sioux-Indianer in Nord-Dakota kaufen den Schießbedarf auf und erklären offen, daß sie die Weißen mit der Büchse in der Hand töten wollen. Der Messias würde ihr Führer sein. Es heißt, daß ein großer Haufe indianischer Krieger von Standing- Rock nach der nördlichen Pacisie-Bahn gezogen sei. Die Einwohner von Mandan haben sich zusammengeschart und den Gouverneur telegraphisch um Waffen und Schießbedarf gebeten.
MiüjM'n.
Wer die großen Bier Paläste in Berlin, welche sich fast durch die ganze Weltstadt erstrecken, kennen gelernt hat und weiß, daß auch die übrigen Staaten und Städte des deutschen Reiches eine zahlreiche Bier konsumierende Bevölkerung aufweisen, wird sich gar nicht mehr wundern, wenn er erfährt, daß das deutsche Reich bereits die zweite Stelle unter sämtlichen bierbrauenden Völkern der Erde einnimmt. An der Spitze steht England mit 28 000 Brauereien; die in jedem Jahre nahezu 100 Millionen Gallonen Bier zu liefern vermögen. Den dritten Rang nehmen die Vereinigten Staaten ein, die etwa 1500 Brauereien zählen sollen.
Als die größten Biertrinker der Erde werden die Belgier gerechnet; in Belgien beträgt nämlich der durchschnittliche Bierverbrauch per Kopf und Jahr ca. 45 Gallonen; in England und Deutschland kommen dagegen auf den Kopf der Bevölkerung nur 30 Gallonen, in den Vereinigten Staaten kaum 12 Gallonen. Auf der bewohnten Erde sollen nach statistischen Ermittelungen alljährlich 1250000 Barrels Bier getrunken werden. Der Bierverbrauch, der sich auf die breiten Massen der Bevölkerung stützt, gilt als ein ziemlich sicherer Gradmesser des allgemeinen Wohlstandes und hat auch für die im Aufschwung begriffene Gesundheitspflege, die Wissenschaft der Hygiene, große Wichtigkeit. Insbesondere im Hinblick auf die im Süden unseres Weltteils (Spanien) zur Zeit grassiererde Cholera ist die Entdeckung des berühmten Professor Koch von großer Tragweite, daß die Ursache der asiatischen Cholera ein zu den Bacillen gehörender Spaltpilz ist, den er seiner Form wegen „Commabacillus" nennt. Er hat gleichzeitig die Entdeckung gemacht, daß dieser Bacillus im Bier in kürzester Zeit zu Grunde geht. Früher glaubte man, daß der Biergenuß die Cholera fördere; jetzt weiß man nun, daß Bier in Cholerazeiten nicht nur nicht schädlich, sondern für die Erhaltung der Gesundheit sogar vorteilhaft ist. Unsere Biertrinker werden diese Koch- sche Entdeckung als eine willkommene Mahnung zur Vertilgung des edlen Gerstensaftes ansehen. Das Bier ist also das beste Anticholeramittel. Als im Jahre 1870 die Cholera in Wien und Umgebung
heftig grassierte, wurde schon beobachtet, daß kein Fall von Cholera in den Wiener Brauereien vorkam.
Wie groß ist Deutsch-Afrika? Diese Frage findet im ersten Hefte der neuen Monatsschrift „Afrikanische Nachrichten", das vom Geogr. Institute zu Weimar ausgegeben wird,! eingehende Beantwortung. Das Ergebnis der Untersuchung ist in Kurzem folgendes:
Deutsch-Ostafrika ca. 939100 glrm, der deutsche Besitz in Südwestafrika ca. 832 600 güm, Kamerunland ca. 319500 güm, Togoland ca. 61000 tzicm, zusammen in runder Summe etwas über 2152000 güm. Dabei ist für Deutsch-Ost- asrika, unsere z. Z. wichtigste Kolonie, die neueste Auflage der Kettler'schen „Handkarte von Deutsch- Ostfrika" zu Grunde gelegt, die Maßstabe von 1 : 3000000 gezeichnet ist. Südwestafrika wurde nach der 2. Auflage des betr. Blattes der Habe- nicht'schen Karte von Afrika (in 1 : 5000000» berechnet. Für Kamerun-Land war die Benutzung verschiedener Messungsgrundlagen erforderlich; der südwestliche Teil desselben (das viel- verzweigte Küstengebiet um den Rio del Rey) wurde nach der Karte dieser Landstriche bearbeitet, welche die Ausnahmen des deutschen Kreuzers Habicht enthält, im Maßstabe von 1 : 166 800; das übrige Kamerunland westlich von 10 Grad ö. L. und südlich von 6 Gr. n. B. nach Rechts Kamerun - Schutzgebiets in 1 : 770000; der Rest (also das nördlich und östlich diesen genannten Graden gelegene Gebiet) nach dem betr. Blatte der Habenicht'schen Karte. Als Nordostgrenze des Kamerunlandes ist dabei eine gerade Linie angenommen, welche Jola am Benue mit dem östlichen Punkte der zwischen Kamerunland und dem franz. Kongogebiet festgesetzten Grenze verbindet. Erreicht jedoch Kamerunland seine natürliche Ausdehnung durch Ausdehnung des deutschen Einflusses über das geographische Hinterland unserer dortigen Kolonie, also über Adamana, Bagirmi, Wadai, Dar Runga und die Länder an den Quellflüssen des Schari, so wächst der Umfang des Kamerunlandes noch um rund 1200000 güm. — Deutsch- Ostafrika ist demnach fast doppelt so groß wie das deutsche Reich; Kamerum (ohne die erwähnten Hinterländer) etwas kleiner als das Königreich Preußen, Südwestasrika nur um ein Geringes kleiner als Italien und das deutsche Reich zusammengenommen; Togoland erreicht noch immer fast den Flächeninhalt Bayerns.
Des „Cylinderhutes" Ende. Der „Eylinderhut" ist kein ganz deutsches Wort, und so hat sich die Redaktion eines Berliner Witzblattes veranlaßt gesehen, ein Preisausschreiben zu veranstallten, um so zu ermitteln, welche „deutschen" Worte sich für Eylinderhut „auftreiben" lassen. Dies Preisausschreiben hat den Eriolg gehabt, daß, wie die Redaktion jenes Blattes bemerkt, sich dieserhalb dem armen Cylinder die Haare sträuben dürften, wenn er erfährt, daß einige „hundertundfünfzig" Sprach- reiniger ihr Können an ihm versucht und in summa summarum an fünfhundert Uebersetz- ungen erzeugt haben. Unter ven zahlreichen Berdeutschungsvorschlägen heben wir folgende preisgekrönten, ihrer Originalität wegen hervor: Hochhut, Glatzenkanne, Fettgondel, Kandidatenarche, das glänzende Elend, Walzling, Schweiß- Stülper, Parfüm-Höhle, Krempen-Röhre, Dunstkiepe, Pomadendekel, Glanz-Kühl, Sylvester- Pauke, Duft-Kanone, Genick-Walze, Schauten- deckel, Mumpitz-Krone, Trauertonne, Treunesse, Paradeproppen, Examentrichter, Rummelsburg, Aussatzkolben, Schmalzgondel, Demutsdeckel, Gedankenscheune, Striegelrolle, Drückeberger u. s. w. — Nun hat jeder die Auswahl!
(Druckfehlerteufel.) „Gestern traf die letzte Abte'lung der Ferienkolonisten wieder hier ein. Mit freudestrahlenden Augen und gesunden frischen Wanzen kehrten sie zu ihren Eltern zurück. (Fl. Bl.)
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.