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dem alten Tarif. Verwundern darf es daher nicht, daß schon unter dem jetzigen Wertabschätzungsverfahren, das der Zollberechnung zu Grunde liegt, eine ganze Reihe deutscher Exportgewerbe, wenn nicht ganz auf die Ausfuhr ihrer Erzeugnisse verzichten, so doch dieselbe recht beträchtlich einschränken muß.
Wesentlich ins Gewicht fällt ferner bei unseren Handelsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten der Umstand, daß schon heute die Preise vieler für den dortigen Konsum bestimmter Fabrikate so gedrückte sind, daß es für den deutschen Erzeuger unmöglich wird, die Zollerhöhung selbst zu tragen. Weder an den Arbeitslöhnen noch an dem Roh- und Betriebsmaterial lassen sich weitere Ersparnisse machen, vermöge welcher eine Preisherabsetzung der inländischen Exporterzeugnisse stattfinden und somit die Wirkungen der Zollsteigerung einigermaßen aufgehoben werden könnten. Einerseits sind die Arbeitslöhne der gerade hier zur Geltung kommenden Industriezweige im Vergleich zu anderen Gewerben zu niedrig, als daß eine Verkürzung von Erfolg wäre, was namentlich bei der Textilindustrie zutrifft; andererseits verteuert wieder der deutsche Zoll manche Rohstoffe, die zur Begegnung der gegenwärtigen Krisis nicht wohlfeil genug zu beschaffen sein sollten. Rechnet man hierzu noch die Preissteigerung, die das Heizungsmaterial erfahren hat, so kommt man zu dem Schluß, daß sich an den Herstellungskosten Abstriche kaum machen lassen.
Wie die betroffenen Industriezweige in Deutschland den noch bevorstehenden Schlägen wiederstehen werden, läßt sich jetzt auch nicht annähernd beurteilen; so viel ist indessen sicher, daß andere Absatzgebiete als Ersatz erschlossen werden müssen, wenn nicht die vorhandenen Betriebseinrichtungen ein totes, unter Umständen gar nicht mehr realisierbares Kapital bleiben sollen. Das Aufsuchen neuer Absatzwege kostet jedoch Zeit, Mütze und nicht zum wenigsten Geld und mag auch die Erschließung solcher im Laufe der Jahre gelingen, so werden trotzdem die Nachteile der amerikanischen Zollmaßregeln noch auf lange hinaus fühlbar bleiben.
Den europäischen Regierungen erwächst in der Zeit, in welcher sie sich mit der Erneuerung fast aller ihrer Handels- Verträge beschäftigen müssen, eine neue Verlegenheit. Vielfach wird der Erwartung jetzt Ausdruck gegeben, daß die amerikanischen Konsumenten von den Folgen des neuen Zolltarifs so hart getroffen werden würden, daß sie seine Nachteile schnell einsehen und die Schutzzöllner aus der Gesetzgebung entfernen würden. Die Erwartung wird berechtigt sein, aber selbst wenn sie sich schneller erfüllen sollte, als man heute hoffen darf, so würden dadurch die schlimmen Folgen der jetzigen Gesetzgebung nicht ohne weiteres wieder beseitigt werden.
Württemberg.
Zum Vorstand der Betriebsabteilung der Generaldirektion der Posten und Telegraphen ist der erste Vorstand dieser Generaldirektion und Vorstand der seitherigem Postabteilung Präsident von Weizsäcker und zum Vorstand der Ver
waltungsabteilung der Generaldirektion der Posten und Telegraphen der tit. Direktor von Schräg, Vorstand der seitherigen Telegraphenabteilung ernannt worden.
Es ist leider zweifellos, daß Generallieutenant von Halde nwang für den Posten eines kommandierenden Generals des württembergischen Armeekorps kaum mehr in Frage kommt. Die württemb. Generale rangieren mit den preußischen'; der Genannte ist durch einen solchen bei Ernennung eines kommandierenden Generals übergangen worden; da bringt es die Sitte mit sich, daß der Mann, der noch im letzten Manöver gezeigt, wie er an Thatkraft, Rüstigkeit und Umsicht niemand nachsteht, seinen Abschied als untauglich einreichen muß. So geht es auch hier, wie es bis jetzt bei allen unseren Divisionsgeneralen gegangen, daß sie unbrauchbar wurden, weil ein gleichaltriger preußischer General ein Armeekorps bekam. Wenn, wie es allen Anschein hat, die Verhandlungen des Reichskanzlers in Friedrichshafen zu einem befriedigenden Ergebnisse geführt haben, so wird voraussichtlich Generallieutenant v. Wölckern, Führer der 1. württemb. Division, das Korpskommando übernehmen, es sei denn, daß nur Versprechungen für das nächste Mal gemacht und angenommen worden wären. Da es sich für uns nicht um die Personenfrage handelt, so würde auch diese Lösung zufriedenstellen, abgesehen von dem zuerst berührten Punkte, daß die Stellung der württembergischen gegenüber den preußischen Generalen eine sehr ungünstige ist — daß dadurch so viele unnötige Pensionierungen herbeigeführt werden. Was den von Nordd. Blättern als Nachfolger Alvenslebens genannten preußischen Generallieutenant v. Sobbe betrifft , so war derselbe längere Zeit als Generalstabschef in Württemberg thätig und hat sich dabei als ein friedliebender Munn und tüchtiger Offizier erwiesen, weßhalb er sich auch sehr viele Sympathien erwarb. Es ist aber nicht recht ersichtlich, warum es auch der fähigste würt- tembergische Offizier nicht weiter als zum Generallieutenant soll bringen können. Unter einem schwäbischen Korpskommandeur würde weder die Führung noch die Zuverlässigkeit der württ. Truppen in Krieg und Frieden irgendwie leiden. Im Gegenteil würde ein solches Entgegenkommen des Kaisers in Württemberg dankbar begrüßt werden und den Reichsgedanken im ganzen württembergischen Volk erheblich stärken, während die „Kunst sich nicht beliebt zu machen", seitens „schneidiger Preußen" den regierungsfeindlichen Parteien in einer sehr bedauerlichen Weise in die Hände arbeitet. j
Die Ergebnisse der Landtags- Wahlen vom 8. Oktober in Besigheim, Ellwangen, Tübingen (Amt) und Tuttlingen sind: Besigheim: Abgestimmt haben 2991 und zwar für Essig 1135, Payer 1053, Kittler 476, Klaiber 315; also Stichwahl zwischen Essig und Payer. — Ellwangen (Stadt): Landauer (regierungsfr.) gewählt. — Tübingen (Amt): Abgestimmt haben 2573; davon erhielt Lammwirt Bayha (regierungsfr.) 1452, Metzger Weidle (Demokr.) 1121 Stimmen. Elfterer also gewählt. — In
Tuttlingen giebt es Stichwahl zwischen den Brüdern: Drechslermeister Storz und Stadtschultheiß Storz.
Cannstatt. Der Indianer-Truppe des Buffalo-Bill wurde 500 Mk. Platzgeld und 300 Mk. für eine Wirtschaft innerhalb ihres Unternehmens angesetzt. Für die weiter zugelassenen drei Wirtschaften wurden beim öffentlichen Aufstreich Platzgeld erlöst: für die Weinbude 405 Mk., Bierwirtschaft 502 Mk., Kaffeezelt 202 Mk. Die Konkurrenz bei der Verpachtung war sehr groß.
Stammheim, 7. Okt. Der ledige Michael Kober, 25 Jahre alt, gieng mit einem Freund, der wieder in die Garnison einrücken mußte, am Sonntag Nacht auf den Bahnhof Althengstett. Dort stieg er mit demselben in den Zug ein, hielt sich aber im Abschiednehmen zu lange auf, so daß er vom Kondukteur am Aussteigen verhindert werden mußte, da der Zug schon in Bewegung war. Dessen ungeachtet sprang Kober am Tunnel doch aus dem Wagen. Am Bahndamm wurde später der Körper des Unglücklichen mit zerschmetterter Hirnschale aufgefunden. Der Verunglückte war Bräutigam und wollte diesen Herbst noch in den Ehestand treten.
O e st e r r e i ch.
Radmer, 7. Okt. Bei der heutigen Jagd am Gerstenberg erlegten der Kaiser von Oestreich einen Hirsch, Kaiser Wilhelm 5 Hirsche, der König von Sachsen einen Hirsch und 3 Tiere.
Graz, 7. Okt. In Kalsdorf b. Graz ist heute früh ein Pulverturm in die Luft geflogen. Zwei Personen wurden schwer verletzt.
In Miskolcz fand ein heftiger Zusammenstoß zwischen Soldaten und Zivilisten statt. Ein städtischer Gendarm stach 3 Husaren nieder, wovon einer tot ist, 2 sind schwer verwundet.
S ch w e i z.
Am letzten Sonntag hat im Kanton Tessin die Volksabstimmung darüber stattgefunden, ob eine Revision der Kan- tonal-Berfassung stastfinden soll oder nicht. Die Liberalen erzielten für die Revision eine Mehrheit von nur 94 Stimmen. Nun beginnen aber erst recht die Kämpfe darüber, wie diese Revision selbst gemacht werden soll und die konservative Regierung wird wohl oder übel vom Schweizer Bundesrat wieder eingesetzfwerden müssen. Letztere wird ihr möglichstes thun, um möglichst viel Wasser in den Revisionswein zu gießen.
Ausland.
Die englische Regierung hat sich bereit erklärt, Deutschland wegen der Ermordung mehrerer Deutschen im Gebiete des Sultans von Witu, der die Ermordung angeordnet haben soll, Genugthuung zu verschaffen. Wahrscheinlich wird der Sultan von Witu abgesetzt und sein im deutsch-englischen Vertrag der englischen Interessensphäre zugewiesenes Land förmlich aunexiert werden. Während ein Teil der englischen Presse auf Grund erlogener Nachrichten so blindwütend über Deutschland wegen dessen angeblicher Gestattung des Sklavenhandels herfiel, muß sich England nun die bittere Wahrheit sagen lassen,