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de, Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen aber müßte man es bedauern, wenn der alte Herr zu einer so anstrengenden Reise veranlaßt würde, die im besten Falle doch nur Demonstrationen ohne politischen Wert für die Sach« der Buren Hervorrufen kann. Die Deutsch« Tageszeitung sagt: Die Erlebnisse Krügers werden naturgemäß einen Vergleich zwischen de, Haltung der französischen und deutschen Regierung herauSsordern. Der nächste Dienstag wird u»S zeigen, ob Deutschland, eine ebenso würdige und unabhängige Stellung in der Welt «innimmt, wie Frankreich und sodann auch, ob unsere Regierung in dem südafrikanischen Streit in Wirklichkeit di« be. hauptete neutrale Haltung einnimmt. Wer einen Cecil Rhode- empfängt, für den Präsidenten Krüger aber nicht zu sprechen ist, der darf von seiner Neu­tralität nicht reden. Der allerherzlichste Empfang von Seiten de- deutschen Volkes ist dem Präsidenten Krüger gewiß.

Köln a. Rh, 1. Dez. Nach den an die hiesigen amtlichen Stellen gelangten Mitteilungen aus Berlin wird derKaiser den Präsidenten Krüger nicht empfangen. Auch ein Empfang durch die städtischen Behörden in Köln bei der heute Abend 11 Uhr erfolgenden Ankunft Krügers ist unwahrscheinlich.

Köln, 2. Dez. Unter dem Andrange einer nach vielen tausenden von Personen zählenden Menschen­menge traf gestern Abend 10 Uhr 40 Min. Präsi­dent Krüger hier ein. Der Nord. Expreßzug hatte mehr als eine halbe Stunde Verspätung. Das Pu­blikum hatte sich so zahlreich auf dem Bahnhofs ein- gefunden, daß es dem Präsidenten Krüger zunächst unmöglich war, dm Zug zu verlassen. Als dieses endlich erreicht wurde, brach ein unbeschreiblicher Jubel loS und das Hochrufen wollte knr Ende nehmen. Der Sturm der Begeisterung pflanzte sich auf dem Wegs nach dem Dom-Hotel fort, wo der Präsident Wohnung nahm. Das Aufgebot von Polizeibeamten war so gering, daß dieses gegen die Menschenmenge nichts auszurichten vermochte. Die vor dem Hotel sich befindlichen, mit einem starken Gitter umgebenen Anlagen wurden zertreten und das Gitter umgeworfen. Als die Menschenmenge nicht nachließ und das Lied Deutschland, Deutschland über Alles anflimmte, er­schien Krüger auf dem Balkon und zeigte sich der Menge die erneut in Hochrufe auSbrach. Der Präsi­dent verneigte sich und grüßte durch Abnahme des HuteS. Auf dem Centralbahrhof wird gegenwärtig eine neue Unterführung nach dem Geleise Nr. 1 ge­macht. ES ist zu diesem Zweck ein tiefer Schacht ge­graben, der mit einem Bretterzaun umgeben ist. Der letztere erwies sich als zu schwach. Das Publikum wurde gegen denselben gedrückt und 24 Personen stürzten in die Tiefe, welche sämtlich mehr oder weniger verl«tzt wurden. Viele trugen schwere Ver­letzungen davon und mußten durch die herbeigeeilte Feuerwehr verbunden und nach dem Hospital ge­bracht werden. Der leichter Verletzten wurde von der Samariter-Station am Bahnhof die erste Hilfe geleistet. Ein Umzug von mehreren hundert Personen bewegt« sich in den Morgenstunden auf den Straßen, bis «S auf dem Heumarkt den Schutzleuten gelang, mit blanker Waffe die Menschen auseinander zu treiben.

London, 30. Nov. AuS Krügersdorp wird vom 25. Nov. gemeldet: Heut« fand zwischen englischen '' Truppen und Buren, welche ziemlich zahlreich in der Näh« von Sterkfontein concentrirt waren, ein Ge­

fecht statt, bei welchem 25 Buren getödtet und 17 verwundet wurden. Die Engländer nahmen 80 Pferde weg. Dir Buren verfügten über ein Geschütz. In der Nähe von Magalensberge wurden weitere Buren- truppS gesehen.

Die Wirre« i« China.

Berlin, 30. Nov. AuS Shangai wird dem Lokal-Anzeiger telegraphiert: Ein hiesiger Consul hat durch Dokumente bewiesen, daß der Statthalter von Shrngai jetzt Versuche macht, von reichen chine­sischen Kauflsriten für Singanfu Geld zu erpressen, indem er ihnen als Gegenwert Titel anbietct. Auch wurden neue Likin-Steuern ausgeschrieben, welche für denselben Zweck erhoben werden. DaS Consular- CorpS erließ eine Proklamation, welche di« Einfuhr von Material zur Herstellung von Waffen und Mu­nition verbietet. Der japanische Consul nahm jedoch auf Grund von Instructionen aus Tokio seine Unter­schrift zurück, weil die Proklamation der Einfuhr von Röhreneisen und Schwefelsäure aus Japan Einhalt zu thun beabsichtigte. Nachrichten aus Tientsin melden, daß taufend Boxer dorthin zurückgekehrt seien. Die Lage sei sehr beunruhigend.

Berlin, 30. Nov. DaS Berliner Tagblatt meldet aus Peking von gestern Vormittag: Oberst Graf Jork ist am 27. Vormittags 11 Uhr in Hiiaibai an Kohlsnoxydgas-Vergiftung gestorben. Die Leiche trifft am 30. Nov. in Peking ein. General von Gayl ist zur Uebernahms des CommandoS adgeganzen.

Berlin, 1. Dez. DaS Berliner Tageblatt meldet auS Petersburg. Gestern verbreitete sich hier ein wie es scheint von der chinesischen Gesandtschaft ausgehendes Gerücht, in Peking sei volle Einigkeit zwischen den Forderungen der Mächte und den chine­sischen Unterhändlern erzielt. Darnach steh« Deutsch­land, welches mit seinen allzustrengen Ansprüchen schließlich fast isoliert gewesen sei, nachdem auch Eng­land sich einer wilderen Auffassung zuneigte, von der Forderung der Todesstrafe für die Prinzen ab, die von den Gesandten als Urheber der Boxrrb wegung bezeichneten Prinzen und Würdenträger würden für immer an entlegene Orte deS Reiches verbannt und dürsten nie mehr ein öffentliches Amt begleiten. Die Entschädigungsansprüche sollen vor eine internationale Commission gebracht werden, die in P-king zusammen- treten, eventuell in Jahr und Tag verhandeln soll. Diese ganze Nachricht klingt ein wenig abenteuerlich. Die Nowoje Wremia läßt sich auS London melden, daß Feldmarschall Graf Waldersee telegraphisch an­gewiesen sei, keine weitere Expedition zu unternehmen.

London, 1. Dez. Die Times meldet aus Shangai: Die Expedition nach Kalgan, die von Graf Jork von Wartenberg befehligt wurde, hat eine Niederlage erlitten. Eine deutsche Abteilung, di« sich isoliert befand, soll gezwungen worden sein, ihre Toten und Verwundeten zurück- z ulassen.

Eingesendet vom Lande.

Zur Laudtagswahl.

Ich stimme bei der diesmaligen Landtagkwahl nicht ab", hört man in den letzten Tagen gar oft sagen. Auf die Frage, warum? heißt eS gewöhnlich: Den Konservativen kann ich doch nicht wählen und

den Sozialdemokraten Wasner ebensowenig. Für einen Deutschparteiler oder für einen Demokraten ist eS allerdings eine Zumutung, den Rechtsanwalt Kraut zu wählen. Konservativ war man vor 1848; aber" wie sah eS in jeder Hinsicht damals aus? Unsere Väter wissen jetzt noch ein Liedchen davon zu singen. Nein, jene Zeiten wollen wir nicht wieder. Ein Be­amter mag konservativ wählen, man versteht daS, aber ein Bauer, der die Vergangenheit kennt, niemals. Wasner kann für einen guten Bürger zweimal nicht in Betracht kommen und doch wählt ihn mancher, weil ihnen der Konservative nicht paßt, noch andere halten sich, wie oben gesagt, von der Wahl fern. Daß die freiheitl ch gesinnten Bürger nicht einmal ein« öffentliche Erklärung abgaben, geschweige einen eigenen Kandidaten aufstellten, ist sehr zu bedauern; warum denn die Flinte zum voraus ins Korn werfen? DaS Zentrum stellt Überall Zählkandidaten auf; eS will wissen» wie stark es ist. Warum geschieht daS in unserem Bezirk nicht auch? DaS soll und muß aber geschehen für alle diejenigen, die aus lauter Verlegenheit den Sozialdemokraten wählen wollen oder von der Wahlurne fernzubleiben gedenken. Ein« Zersplitterung der Stimmen hat gar keine» Sinn, daher muß ein bestimmter Mann vorgeschlage« werden. Wer soll Kandidat aller freien Bürger fein? Der Kammerpräsident Friedrich Payer, der wahre VolkS- mann, die Zierde unserer Kammer, sei unser Mann. Also auf Ihr Zweifelnden, Zaudernden, nehmt nächsten Mittwoch den Stimmzettel zur Hand und wählt frisch­weg Friedrich Payr:! Soll unser Bezirk noch lange derdunkle Erdteil" genannt werdcn? Nein, das soll er nicht; cs hat ouch in unserem Bezirk Männer die selbständig handeln und selbständig wählen können. Dieser Vermittlungkvorschlaz findet, man sollte eS glauben, überall Bnüana. Wer Kraut wählen will, thue es, wer cs nichr l ssrn kann Wasner zu wählen, wähle WaSner, wer aber berd.s nicht will, und daS wollen viele nicht, der wähle den passendsten Mann unseres Volkes, der wähle Friedrich Payer, Kammer­präsident. Glückauf zu diesem Vorschlag!

Landwirtschaftlicher KeMsoereiu.

Mit dem 1. Jan. beginnt ein neues Abonne­ment auf das landw. Wochenblatt. Da dessen kostenfreier Bezug mit dem Eintritt in den landw. Verein verbunden ist und zum Zweck der Fertigstel­lung der Postlisten die Mitgliederliste spätestens biS 1v. Dez. nach Stuttgart eingeschickt werden muß. so we den diejenigen, welche dem landw Verein betreten wollen, gebeten, sich spätestens bis 8. Dez ds. Js. mündlich oder schriftlich bei dem mitunterzeichneten Sekretär Fechter anzumelden. Spätere Meldungen würden erst vom 1. Juli 1901 zum Bezug des landw. Wochenblatts berechtigten. Auch der Austritt aus dem Verein kann nur durch Abmeldung bis zum 8. Dez. erfolgen. Wer diesen Termin versäumt, erhält sein Blatt weiterhin zuge­schickt und hat seinen Beitrag für das Jahr 1901 fortzuer-trrchten. Die Herren OrtSvorsteher werden freundlichst ersucht, ebenfalls bis zam 8. Dez. dem Sekretär Fechter anzuzeigen, welche Mitglieder wegen Todes oder Wegzugs zu streichen sind, im Versäumnisfall wäre für einen Ersatzmann zu sorgen.

Calw, den 3. Dez. 1900.

Vereinsvolstand: Sekretär:

Voelter, Oberamtmann. Fechter.

Weise, von der letzten Zeit zu sprechen. Er sagte, er wäre durch HawkeS Gewaltschritt sehr überrascht worden. Um mich fernzuhalten, hätte er doch wahr­haftig nicht nötig gehabt, seine Tochter gleich über drei Oceane zu jage». Die Sache erschiene ihm überhaupt ganz unverständlich, da er sie dadurch doch auch von Morecombe trennte. Möglicherweise hätte dieser ja nunmehr seine Bewerbung fallen lassen, aber wäre dem auch nicht so, so hätte der alt« Kerl doch nie etwas Einfältigeres thun können, als, um ein« Sinnesänderung bei seiner Tochter zu «fielen, den Ocean als Mittel zu wählen, gerade den Ort, wo man am aller­meisten seinen Erinnerungen nachhängt.Ach, wenn der Schlauberger ahnen könnte," lachte er plötzlich wieder auf,welch reizende Ueberraschung ihm bevor­steht. Das Gesicht, das Gesicht von ihm, wenn er erfährt, daß du bei ihr bist I Ich würde eS für mein Leben gern sehe». Und du wirst vermutlich noch um konträren Wind beten. Donner-Keil, ich wollt« ich könnte den Trödel mitmachen l Aber du, überzeuge dich auch, daß die Florence wirklich im .Strathmore' segelt, ehe du eine Koje belegst. ES wäre doch eine vermaledeite Geschichte, wenn du auf einmal entdecktest, daß sie nicht an Bord ist."

Na, so thöricht werde ich doch nicht sein, in dieser Hinsicht etwas zu ver­nachlässigen. Ich weiß zwar nicht, ob der »Strathmore' in Plymouth noch Pas­sagiere aufnimmt, aber wenn er es auch nicht thut, und Florence mit der Tante ist bis dahin noch nicht an Bord, so kannst du ganz sicher sein, daß Thompson mich doch noch wieder ans Land setzt."

Gut, gut, ich sehe, du bist für alle Fälle gerüstet, und wirst eS verstehen, wie die Katze, immer wieder auf die Füße zu fallen, wenn es auch mal da oder dort fehl geht. Und nun will ich gehen. Ob ich dich noch einmal allein werde sprechen können, bezweifle ich, und deshalb möchte ich dir jetzt schon Adieu sagen.

Du weißt, mein lieber Junge, wie sehr meine guten Wünsche dich begleiten werden. Sorge nur, daß wenn du wiederkommst, du deinem alten Onkel, Florence, als deine kleine Frau zuführst." Damit schüttelte er mir die Hand, bezahlte die Rechnung, und flüsterte mir, als wir uns trennten noch ins Ohr:Du bist doch ein Teufelskerl. Nur schade, daß du nicht als Priester gehen willst."

16. Kapitel.

Der Strathmore.

Am nächsten Morgen erhielt ich von meinem Onkel einen Brief mit einem Check über 100 Pfund. Er schrieb:

Mein lieber Jack!

Die Einlage wird Dich in den Stand fetzen, Deine Passage zu bezahlen und Dir einen Vorrat von Hemden und Zahnstochern für die Reise zu stiften. Spar Dir aber die Mühe, ein Gesalbad» von Danksagungen zusammenzuspliffen. Du weißt, daß ich das hasse. Gieb den Check in Deine Bant, wenn Du eine hast. Ich hoffe, Du besuchst uns nächstens.

Dein alter Onkel."

Auch von Sopie war ein langer Brief ringetroffen. Das gut« Ding hatte eK sich keine geringe Mühe kosten lassen, meine letzten Jeremiaden zu beantworten. Jntereffanter aber als alle ihre Ergüsse waren mir die beiden Nachrichten, daß Mr. Hawke mit den Seinigen zurückgehrt fei, und Florence in ungefähr drei Wochen nach Australien abreisen würde. Diese Mitteilungen waren mir sehr wichtig, weil sie mir zeigten, daß Alfonso, wenigstens bis jetzt, seine Absichten nicht geändert hatte.

(Fortsetzung folgt.)