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sie allein haben Erbarmen mit mir, denn sie werden die tobenve Seele beruhigen, o mich dürstet! Du schwarzer Grund wirst die heiße Glut kühlen, wie sanft Du bist, nicht so grausam wie die Menschen, Du wirst mir Ruhe geben all, all meine Sehnsucht bist Du." Mit der Hand schöpfte sie rasch Wasser, das ihre brennenden Lippen gierig einsogen. Es kühlt nicht, es löscht nicht," seufzte sie. Dann wusch sie sich den Angst schweiß von der Stirn.Den letzten Liebesdienst muß ich mir selbst erweisen, o Du reiche, vielbeneidete Frau! Verflucht sei die Lüge!" rief sie laut.Verflucht das Spiel mit der Seele! Verflucht der Leibverkouf."

Der Wind trieb das Schiffchen immer näher dem Felsen zu. auf dem die Burg vom blauen Mondlicht magisch umflossen dalag. Lilli trat an die Spitze des Kahnes. Im Nachtwind flatterte ihr aufgelöstes Haar und das leichte weiße Gewand. Sie kreuzte die Arme über der Brust zusammen und sprang in die dunkle Flut, die plät­schernd öffnete und gurgelnd über sie schloß. Weite Wasserringe. die größer und größer sich ausdehnten, bis sie sich gänzlich verloren, waren auf kurze Zeit die einzige Spur, wo all die blühende Schönheit des jungen Körpers, all' die ungebändigte Qual einer gramzerrissenen verzweifelnden Seele zu Grunde sank.

(Fortsetzung folgt.,

In's Bad.

Eine Geschichte aus dem Leben von vr. I. K. Kemps.

(Nach dem Manuskript gedruckt; widerrechtl. Abdruck verboten.'»

2. Kapitel.

Besehen wir uns das Töchterchen Anna bei Tage etwas näher an, so haben wir vor uns eine schlanke Gestalt mit schöner Taille, einfach aber geschmackvoll bekleidet und ein Gesichtchen wie Milch und Blut. Ein Paar hellleuchtend zündende, schwarze Aeuglein, blaßrote Wangen, ein kleiner kirschroter Mund, ein nettes rundes Kinnchen und ein edelaeformter schneeweißer Hals stimmten harmonisch zusammen. Ihren Haarputz trug sie nach der neuesten Mode und zwar durch Aufwärtskämmen und Einziehen, in der Formation einem Gebirgskamme mit Ab­flachungen gleichend. Täglich wurde Herr Willi­bald um sein schönes Töchterlein beneidet, dem ein gar unschuldvolles, bescheidenes und liebe­volles Auftreten eigen war.Schon recht,,, dachte Willibald bei sich selbst, der die Leute schmeicheln ließ,es meint's doch Niemand ehrlich, lieber wäre es mir, die Leute würden ganz schweigen. Uns zu Hause lobte Niemand, allerdings hatten wir in meinem väterlichen Hause diese noble Erziehung auch nicht genossen, aber trotzdem halte ich unsere frühere Erziehung gegenüber der heu­tigen, für vortrefflicher. Ich habe schlimme Er­fahrungen mit der heutigen Methode gemacht. Institut, Pensionat: schweigt mir! Vor allem würde ich, hätte ich zu befehlen, nicht erlauben, ein Pensionat in einer belobten Universitätsstadt zu etabliren.Verziehungsanstalt" ist das rich­tige Wort für manche Mädcheninstitute. Bornen auf dem Lehrplan glänzen Astronomie, Chemie, Botanik, Literatur und weiß Gott was alles. Rechnen, Schönschreiben und ein guter deutscher Aussatz sind vollends Nebensachen.

Schön französisch und englisch zu parliren, die Verse:Ehret die Frauen sie flechten und weben himmlische Wonne in's irdische Leben" geläufig zu erklären, das gilt heutigentags mehr als das Andere. Es wird uns von den jungen Fräuleins gesagt, wo der Morgenstern, die Venus, der große und der kleine Bär am Himmelszelt steht; ferner welches Gewicht die Erde hat und was der Mond kür Massen enthält, aber wie ein

Haushaltungsbuch oder eine Hauswirtschaft zu fuhren ist, oder wo die wichtigsten Orte im eigenen Lande liegen, das wissen die Töchter Zions leider nicht zu sagen. Ja eine große Zahl weiß nicht einmal wo die Lunge, wo die Leber, wo die Milz liegt. Aber alle alle ohne Ausnahme wissen sicherlich Eines recht gut, sie wissen wenigstens wo das H erz liegt. Haben sie das eine Herz verloren, so schlägt in der Regel noch ein zweites, verborgenes. O diese Frauenherzen! Sie können recht weit, aber auch recht engherzig sein. Ich halte die heutige klas­sierte Mädchenerziehung für einen Krebsschaden des deutschen Volks.

Deutsche Frauen, Deutsche Treue, Deutscher Wein und Deutscher Sang."

Das Lied unseres Dichters, wen begeistert es nicht für das große nationale Deutschland? Wen reißt es nicht heraus aus seiner Cigarrenlang­weile und Bierschlemmerei? Aber frage ich weiter, wo sind denn die vielen hochgepriesenen deutschen Hausfrauen? Man muß mir antworten : Wenige nur sind bei der natürlichen Bestimmung, mehr aber im Stadtgarten, am See, bei Kaffeekränzchen, im Theater, bei der Abendmusik, hinter dem Roman, beim Spielchen oder sonst wo, sich die Zeit zu vertreiben. Unter den Frauen allge­mein verstehe ich auch die Jungfrauen und ich rechne nicht zu den deutschen Frauen, die nur am Vergnügen ausschließlich ihre Freude haben und zu Hause nicht wissen, wie Milchsuppe oder ein Kaffee zu bereiten ist.

Wie manches Fräulein in der Stadt und zu­weilen auch schon auf dem Lande, scheut sich heutigentags, den Korb am Arm auf den Markt zu gehen. Wie die Ordonnanz des Feldwebels mit der großen Mappe, marschirt das Dienst­mädchen mit dem Gemüsebehältnis in respeckt- vollem Abstand vom Fräulein hintendrein. Ja, warum gehen die jungen Dämchen überhaupt noch aus den Markt?

Der Grund hierzu liegt sehr nahe. Mehr und mehr wird der Markt der ReuäsL-vous- Platz der lleuuosse, die Versammlungshalle zum Klatschen und Kritisiren. Hin und wieder hat ein solch häusliches Frauenzimmer gehört, daß die Mutter ihre Entrüstung über die hohen Marktpreise kund gab. Das Dämchen will der Mama in die Hand arbeiten:Was kostet die Petersilie, was der Schlittlauch?" srägt es. 3 Pf.", erwidert die Verkäuferin.Das ist aber recht teuer,, spricht die Grazie und geht weiter.

Eine andere Schöne eilt mit hocherhabenem Haupte Markt auf, Markt ab, Spinat will sie einkaufen, findet aber keinen und unmutig darüber vielleicht auch weil cs sonst nicht ging wie es hätte kommen sollen will sie davon gehen. He, Fräulein", rief ihr noch eine Händlerin nach,wollen sie mir heute nichts abkausen? Es wendet sich um und srägt nach dem Gesuch­ten.Hier in Menge, soviel sie wollen".Das soll Spinat sein, so blätterig sieht das Kraut aus? das Ding habe ich mir ganz anders vorgestellt", erwiderte erstaunt die Stütze der Hausfrau.

O, wäre es noch wie vor 30 Jahren", seufzte Willibald weiter vor sich hin,jene Zeit hatte noch einen goldenen Boden für die Familie."

(Fortsetzung folgt.)

korte8 kort»»» »ch'iivlll.

Die Würfel sind gefallen, die Schloßfreiheit- Lotterie hat ausgespielt! Schneller, als die Verwaltung geglaubt, ist sie mit ihrer Thätigkeit zu Ende gekommen. Und zu welch ruhmreichem Ende! Sie hat wahrhaft glänzende Erfolge erzielt und sich sogar so zu sagen: auf eigene Kosten die Zufriedenheit und den Dank fast aller Mitspieler erworben. Ein finanzieller Peli­kan, hat sie sich das eigene goldene Lebensblut abgezapft, nur um ihre Zieh-Kinder zu sättigen.

Aber es liegt eben im Wesen einer jeden Lotterie, daß nicht alle dabei Beteiligten gewinnen können; ebenso war es auch der Schloßfreiheit- Lotterie. Und warum auch sollte gerade s i e eine Ausnahme machen, sie, die so viel versprechend gewesen, wie kaum je eine Verloosung zuvor?

Wir wenden uns heute an das kleine Häuf­lein derer, die, weit sie bei der Ni ed e rlegung der Schloßsreiheit selbst eine Niederlage er­litten haben, jetzt das ganze Unternehmen 'run­terreißen möchten. Wir möchten dieses Häuflein Unzufriedener und nicht mit Unrecht Un­

zufriedener auffordern, einer Vereinigung beizutreten, die demnächst unter dem Namen Verein

durch gefallener Schloßfreiheits-Lot- terie-Spieler ins Leben treten soll.

Die Absicht dieses Vereins geht dahin, den Durchgefallenen durch Veranstaltung einer neuen, nicht minder gewinnbringenden Lotterie die Mög­lichkeit zu gewähren, ihren Verlust nicht nur wieder einzubringen, sondern sogar einen erheb­lich größeren Gewinn zu erziehlen, als der ihnen entgangene bestenfalls hätte sein können.

An der Spitze unseres Unternehmens stehen hervorragende Männer, die auch in letzterer Zeit ihr Spiel verloren haben, ja sogar in dieser Be­ziehung eine gewisse Hebung besitzen. Männer der höchsten Gesellschaftsstellung, welche von ihren eigenen Schlösser-Freiheiten den ausgiebig­sten Gebrauch zu machen gewöhnt sind.

In Aussicht genommen sind folgende Ver­anstaltungen:

1) Lotterie zur Beschasfung von Mit­teln für die Asphaltirung des Tempel­hofer Feldes, oder

2) LotteriezurBes chasfung der Mittel für die Wiedererwerbung der uns durch den Eintausch Helgolands verlorenge­gangenen afrikanischen Besitzungen, oder endlich

3) Lotter ie zurBeschaffungderMit- tel sürdieBefriedigungderges ammte n europäischen Militär forderungen.

Die Entscheidung, welcher Veranstaltung der Vorzug gegeben werden soll, dürfte bereits in den nächsten Tagen erfolgen, ebenso die Ver­öffentlichung eines ausführlichen Prospektes.

Bei der Militärfo rderung-L o tt erie soll es sich fast nur um Haupt-Gewinne handeln. Mitglieder des Vereins können nur solche Spieler werden, die Nachweis zu führen vermögen, daß sie bei der Schloßsreiheit-Lotterie kein bis höchstens ein Mal gewonnen haben, und dieser Nachweis wird ja nicht allzuschwer zu erbringen sein.

Wer also mit Sicherheit sein Loos verbessern will, der trete unserem Verein bei!

Für denUlk"°Verein dur ch gefall ener Schloßfreiheit- Lotteriespieler

R. H. (Ulk.)

Eine neue Predigcrart ist in einem der Südstaaten Amerikas aufgetaucht. Es ist dies der8ati86vA - peaelior", auf Deutsch:Zusriedenstellungsprediger". Wo immereinc Gemeinde mit ihremregulären" Pastor unzufrieden ist, da wird der Zufriedenstellungsprediger" zur Hilfe ge­rufen. Derselbe predigt so gottsjämmerlich schlecht, daß die Gemeinde, nachdem sie ihn ein- oder zweimal gehört hat. voll­ständigzufrieden" ist, wenn sie nur ihren alten Prediger behalten kann.

(Umgekehrte Welt.) Herr:Was, du bist schon 7 Jahre alt? Ich hätte dich für jünger gehalten." Gleichen:O, Sie Schmeichler!"

Mutmaßliches Wetter

am Sonntag den 3. August.

Die allgemeine Wetterlage hat nur in sofern, eine kleine Aenderung erfahren, als der Meerbusen von Biskaya wohl infolge von Gewittern etwas abgeschwächt wurde. Der Hochdruck umfaßt die Schweiz, Baden Württemberg, Bayern und das cisleithanische Oesterreich. Die Lust­wirbel sind wie erwartet in nördlicher Richtung abgezogen. Ein gründlicher Witterungsumschlag ist also bis aus weiteres nicht zu befürchten. Dagegen gewinnt eine Lufteinsenkung über dem Schwarzwald an Tiefe und bei der enormen Hitze auch die atmosphärische Elektrizität an Aus­dehnung. Demgemäß ist für Sonntag teilweise schon für Samstag der Ausbruch eines größeren Gewitters mit heftigen Entladungen, teilweise sogar mit Hagel, zu befürchten. Hiemit wird eine vorübergehende Abkühlung verbunden sein; aber vom Montag an wird wieder die Hitze sich geltend machen.

Redaktion, Druck Verlag und von Chrn. Meeh in Neuenbürg.