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Samstag, Lm 1. Dezember 1900.

viertLljährltcher Ubonnemmtipreis iu der Stadt Mt. 1.10 inr Hau« gebracht, Mk. 1. 1b durch die Post bezogen im Bezirk, «utzer Bezirk Mk. 1. 35.

Amtliche -i*tk»«r»achrm-e«.

Die Ortsbehördm «ud Mahlvorsteher

werden beauftragt, das Ergebnis der Landtags- abqrordaetenwahl nach Beendigung derselben in aller Bälde dem Odsramt auzuzeigen, so daß dir Anzeige spätestens am

Mittwoch S. Dezember bis Nachts 8'/- Uhr

beim Oberamt einkomml. Hiebei ist die Gssammtzahl der giltig abgegebenen Stimmen, sowie die Zahl der auf die einzelnen Kandidaten gefallenen und der zer­splitterten Stimmen anzuqeben.

Die Telegramme sind von den betr. OrtSvor- stehern zu unterzeichnen.

Hiezu ist sich eines Extrabote« oder der nächst gelegenen Telegraphen bezw. Telephon- Station zu bedien-n. D«ss Stationen haben an diesem Tag bis Nachts 1l Uhr Dienst zu leisten.

Calw, dm 29. Noo. 1900. g Ob-ramt.

Voelter.

Landtagswahl.

Au die Ortsoorsteher oud Wahlvorsteher.

An die Ortsvoist her und Wahlvorsteher sind heute die hienach bezeichnet«» Formulare versandt worden (vzl. hiezu den oderamtl. Erlaß vom 26. dS. Mts. im Wochenblatt N-v 141) und zwar:

I. an die Ortsvorsteher.

Nr. 13 Plakat, bete. Bekanntmachung des Wahl- terminS, zum Anschlag am RathauS;

Nr. 12 Beurkundung über erfolgte ortsübliche Be­kanntmachung des Wahltermins, an das Oberamt einzusendrn.

II. an die Wahlvorsteher.

Nc. 10 je 5 Expl. (für Caw ft 6) Einladungs­schreiben des Wahlvorstehers an die Beisitzer;

11 « 1 desgl. an den Prokollführer;

14 1 Plakat zum Anschlag am Wahl­

lokal ;

16 2 Wahlprotokoll;

,, 1? » 2 Gegenlisti.

Außerdem erhielten die Wahlvorsteher dis Wählerliste unis die der Zihl der Wahlberechtigten entsprechende Anzahl W chlumschläge.

Es wolle alsbalv nachgefth-n werden, ob alles richtig eingetroff n ist und am Aastandsfalle so­fort an da- Oberamt berichtet werden.

Den im Wahllokal aufzulezend-n Abdruck deS Wahlgesetzes und der Bollzugsveriügung haben die OrtSvoesteher in Händen und ,st von diesen soweit sie nicht selbst Wchloorsteher sind den Wahlvor­stehern zuzustsllen.

Da nicht mehr Wihlumschläze zur Verfügung stehen als es Wahlberechtigte sind, ist den mit der Abgabe derselben am Wahltag im Wahllokal Ausge­stellten besondere Ach samkeat bei Avgabe der Wahl- um'chläge aufzagebrn. Etwaige «verwendet ge­bliebene Wahlunschläge sind mit den Wahlakten an das Oberamt znriickzregebe«.

Calw, den 30. Nov. 1900. n Ob-ramt.

V o e l t e r.

Die A. Hrtsfchuttnspektovate. derjenigen Gemeinden, in welchen seit 1. Juli ds. Js. ein Lehrerwechsel stattqefunden hat, wollen die Wehrlisten bis zum 5. Dzember einsenden. Calw, den 30. Noo. 1900.

K. Bezirksschulinspektorat. Schmid.

Tagtsneuitzkeiten.

Calw, 30. Nov. Gestern abend fand im Bad. Hofe «ne Wähleroersammlung statt, in welcher der Kandidat der nationalgesinnten Parteien, Herr Rechtsanwalt Kraut aus Stuttgart, in ein- stündiger Rede sein Programm erläuterte. Der Vor­sitzende, Hc. Professor Haug, begrüßte die erschiene­nen Wähler und hob in einem Rückblick auf die letz­ten Kammersitzungen die Verdienste unseres bisheri­gen Abgeordneten, des Herrn Stadtschultheiß Haffner, unter dem Beifall der Versammlung mit warmen, anerkennenden Worten hervor. Hierauf führte der Kandidat an der Hand seines Programms Folgen­des aus. Di« Verhandlungen in der württembergi- schen Abgeordnetenkammer werden weniger in den politischen sondern hauptsächlich in den wirtschaftlichen Fragen liegen. Die Einheit des deutschen Volke» sei ja glücklicherweise erreicht und wenn auch in den Einzelnlandtagen innerpolitsche Fragen oustauchen, so sti-n dieselben doch nicht dringend für das Interesse des Volkes. Das Volk bade im allgemeinen kein Verlangen nach mehr Rechten, sondern eS wolle, daß die wirtschaftlichen Fragen ausgeglichen werden. Diese wirtschaftlichen Veihällnissr treten gegenwärtig ganz gewaltig in den Vordergrund. ES werde nun den Konservativen ohne Weiteres nachgesagt, sie seien Feinde der Industrie. ES sei dies ganz unrichtig. Er (Redner) stehe in seiner Berufsthätigkeit mitten im Leben und Treiben der Industrie und er kenne genau die Vorteile, die unser gesammtes Deutschland von der Industrie habe. Es könne ihm entfernt nicht einfallen, eine feindliche Stellung in irgend einer Form gegen die Industrie einzunehmen; er sei aber auch nicht blind gegen die Gefühlen, dre die Ent­wicklung des Großkapitals mit sich bringe. In jedem menschlichen Herzen liege der Trieb nach Selbststän­digkeit und die Revolutionen von unten seien weniger durch den Mangel an politischen Rechten, sondern durch den Druck wirtschaftlicher Entwicklung hervor­gerufen worden. Alle Parteien mit Ausnahme der Sozialdemokratie bekennen sich zu der Mittelstands - Politik und wollen den Mittelstand schützen. Nach Ansicht des Kandidaten sind 2 Mittel besonders ge­eignet, um dem hart bedrängten Mittelstand aufzu­helfen. ES muffe das Creditwesen reformiert und der Staat habe durch Gesetz den unlauteren Machina­tionen des Großkapitals, besonders der Warenhäuser Einhalt zu thun. Bezüglich des CredilwesenS sei eS ein Krebsschaden, daß unsere Handwerker nicht sofort bezahlt werden, sondern lange Zeit auf Bezahlung warten müssen; dadurch sei der mittlere Geschäfts­mann in seiner Entwicklung gehindert. Die Groß- waarenhäuser schädigen den ansäßigen Kaufmann in enormer Weise; viele Geschäftsleute mußten schon ihre Läden schließen. Er (Redner) würde eS als seine Aufgabe betrachten, daß dem Unwesen der Groß­bazare durch eine besondere Besteuerung entgegen« getreten werde. Ein weiteres Mittel der Hilfe habe der Staat dadurch in der Hand, daß die Steuern gerechter verteilt werden. Die Landwirtschaft befinde sich in ähnlicher Lage wie die Gewrrbtreibenden. Es wäre ein großes Unglück, wenn unser selbstständiger Bauernstand verschwinden würde. Der Kandidat würde alle Mittel zur Hebung des Bauernstandes unterstützen. Dis Regierung habe im letzten Landtag eine Steuerreform eingebracht und es sei alle Hoffnung vorhanden gewesen, daß die Vorlage angenommen werde. Im letzten Augenblick« sei aber die Reform, durch die die Steuern eine gerechtere Verteilung er­fahren hätte, an dem Widerwillen der VolkSpartei gescheitert. Die Gründe, welche die Demokratie gegen die Steuerreform ins Feld geführt habe, seien nach

Ansicht des Redners nicht stichhaltig. Die Volks­partei hätte schließlich übrigens doch Ja gesagt, wenn es in andern Reformen nach ihrem Sinn gegangen wäre. Die Frage der Lebenslänglichkeit der OrtS- vorsteher und die Versafsunzsreform seien nicht so wichtig gewesen und hätten für die VolkSpartei kein Grund sein dürfen, die wichtige Steuerreform zu Fall zu bringen. Die Lebenslänglichkeit der Schultheißen sei nicht so politisch wichtig für das Volk; der Redner meinte, es sei ihm gleichgültig, ob der Oltsvorsteher ledenslänglich gewählt sei oder nicht und er werde auch für Abschaffung der Lebenslänglichkeit stimmen, wenn die Mehrzahl der Abgeordneten dafür einstehe. Er mache ab.r 2 Vorbehalte. Er sei nicht für Rückwirkung deS Gesetzes auf die schon im Amt befindlichen OrtS- vorsteher und ebenso dürfen die Wahlperioden nicht zu kurz sein (etwa 1012 Jahre). Die Ortsoorsteher­wahlen regen die Gemüter in einer Gemeind« am meisten Ms und deshalb sollten solche häufigen Wahlen möglichst vermieden werden. UebrigenS könne nach des Redners Ansicht die ganze Sache im Verwaltungs­wege erledigt werden. Die V-rfaffungSreform sei auch kein« dringende Frage für das Volk; ein Notstand für unser Volk liege in den Sitz-n der Privilegierten nicht vor; man streite sich hier lediglich um eine Idee. Wenn eine Reform der Abgeordnetenkammer vorge­nommen werde, dann müsse sie auch auf die I. Kammer ausgedehnt werden, denn hier bestehe ein förmlicher Notstand. Der Redner ist der Ansicht, daß wegen der konfessionellen Verhältnisse in absehbarer Zeit eine Reform wohl nicht durchgeführt werde. Ma­die Verbesserung der Verhältnisse der Beamten, Be­diensteten und Arbeiter des Staates betreffe, so seien alle Parteien darin einig, daß die nieder Bediensteten mit Recht ein« Aufbesserung verlangen können und er (Redner) werde für diese Angestellten jederzeit wohlwollend eintreten: er werde aber auch den höheren Beamten bewilligen, was recht sei und demnach die in Ausficht stehende Regierungsvorlage ohne Vorein­genommenheit prüfen. Der Kandidat schloß seine oft mit Beifall unterbrochenen Ausführungen mit der Versicherung, daß er im Fall einer Wahl da» in ihn gefitzte Vertrauen zu rechtfertigen suchen und im Smne der bisherigen hervorragenden Abgeordneten des Bezirks wirken werde. Er sei ein durchaus na­tionaler Mann, halte treu zu Kaiser und König, habe an der endlich erreichten Einigkeit deS deutschen Reichs die größte Freude und im öffentlichen Leben als treuer Sohn seiner Kirche die Interessen der evang. Kirche jederzeit wahrgenommen. Er se, durchaus unabhängig, lebe auch nicht rach einer Parteischablone, er nehme auch Vorschläge vom politischen Gegner an, denn er sei der Ansicht, daß keine Partei die Weisheit allein gepachtet habe, er werde alle« aufbietrn, um das Wohl deS Bezirks und de» weiteren Vaterlandes zu fördern. In der sich anschlußrnden Besprechung inter­pelliert« Hr. Postaffist. Kauffmann den Kandidaten, wie er sich zu den Forderungen der nationalsozialen Partei stelle und wie er sich die Ausführungen ein­zelner Punkte seines Programms denke. Der Inter­pellant ging in seiner Anfrage vielfach über die Auf­gabe des Landtags hinaus und erging sich schließlich ganz auf dem Gebiet der hohen ReichSpolitik. Mit größter Bereitwilligkeit beantwortete der Kandidat die an ihn gestellten Fragen und zeigte sich hiebei als schlagfertiger, gewandter Debatte», der in allen poli­tischen Fragen sehr gut orientiert ist. Den Aus­führungen deS Interpellanten der schließlich zugab, daß die Debatte zu keinem Ziele führen könne, traten noch Hr. Professor Haug und Hr. OberamtSarzt vr. Müller in sachlicher Weise entgegen. Die in allen Teilen sehr günstig verlaufene Versammlung wurde von dem Vorsitzenden mit der Aufforderung geschloffen,