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Lilli noch fester »m den Leib packte, während er mit der Rechten einen Revolver mit den Worten auf Kolenberg richtete: „Lassen Sie mich, oder Sie sind des Todes."
Die Gefahr, in der Emmerich sich augenblicklich dem sinnlos rasenden Mann gegenüber befand, gab Elsbeth die Kraft ihres Körpers zurück. Mit einem gellenden Hülferuf stürzte sie sich mit ausgebreiteten Armen zwischen Kolenberg und den Vater. Die Wirkung ihrer Erscheinung war so packend, daß beide Männer erschrocken zurücktraten, um auf die graue Frau mit dem geisterbleichen Gesicht, in dem der Ausdruck furchtbarer Seelenmarter ausgeprägt war, zu schauen, und die im nächsten Moment wie von einem tätlichen Schüsse getroffen, lautlos zu Boden sank.
„Allmächtiger Himmel!" stieß Emmerich hervor, „Elsbeth Du! Du mein einziger Liebling! Mein teueres Mädchen, was ist Dir geschehen!" Und sich niederknieend vergab er alles andere, hob sie in seine Arme und küßte Auge und Mund, immer rufend: „Elsbeth wache auf, ich bin da!" Als aber ihre Augen geschlossen und der Mund stumm blieb, schrie er in höchster Not: „Um Gotteswillen, Hülse, Hülfe, rufen Sie doch die Leute, sic stirbt!"
Alsenhorn hatte Lilli losgelassen. die kreideweiß geworden war und starr ans Emmerich blickte, sie glaubte sich von einem schrecklichen, wüsten Traum befangen, aus dem sie mir aller Gewalt erwachen wollte. Ihre Brust arbeitete krampfhaft, jede Sehne ihres Körpers zuckle, sie preßte beide Hände an ihr Herz, als ob sie dort einen ungeheueren Schmerz empfände, dem sie zu wehren versuchte.
Bei dem Anblick der tviähulichen Elsbeth gewann allein Alsenhorn seine verlorene Fassung wieder. „Sie gebärden sich, als seien Sie der Bräutigam meiner Tochter, während Sie zugleich der Verführer meines ehrvergessenen Weibes sind.
Ich habe hier zu befehlen, bringen Sie das Mädchen zu seiner Mutter, hier ist kein Platz für sie."
Auf das Rufen Emmerichs war sein Diener herbeigelaufen, mit seiner Hilfe wurde eine Thür ausgehoben und Elsbeth darauf gelegt. Emmerich sah ein, hier mußte weibliche Hilfe angewandt werden. Aut Lilli war nicht zu rechnen, sie stand noch immer in der Ecke der Terrasse ganz geistesabwesend einer Irren gleich. So warm und schön der Abend auch war. fröstelte sie doch zusammen, als umwehe sie eiskalte Luft. Teilnahmlos, auf Elsbeth blickend, hatte sie kein anderes Empfinden für Alles, was um sie herging, als den wahnsinnigen Schmerz, dem ihr totwundes Herz unterlag. Er liebt sie! Mein Gott, er liebt sie.
Kolenberg trug mit seinem Diener die Bewußtlose den Berg hinab.
Annette stieß einen herzzerreißenden Schrei aus, als sie die beiden Männer mit der Bahre kommen sah.
„Mein Jesus, was ist ihr geschehen," rief sie die Hände ringend.
„Das ist Ihr Werk," erwiderte dumpf der Graf: „Mein ist die Rache" diesen « Ruf Gottes haben Sie frevelhaft überhört,
nun kommt der Schlag, den Sie gegen andere führen wollten, auf Sie selbst zurück. Lauf, Andreas, und hole den Arzt. O mein armes Lieb! — Ich schütze Dich, Deinen Weg will ich Dir ebnen, jeden Stein des Anstoßes Dir entfernen." Annette öffnete die Kleider ihrer Tochter und horchte an deren Herzen, aber steif und starr hingen die Glieder nieder und keinen Herzschlag konnte die zitternde, fassungslose Mutter mehr vernehmen.
Endlich kam der Arzt, ein noch junger Mann, der sich erst kürzlich in Seewinkel niedergelassen hatte. Er erklärte einen Schlaganfall. Eine Ader sei infolge Ueber- anstrengung, oder eines Schreckens zersprungen. Wenn sich das Blut aufsauge, so könne sie dem Leben erhalten bleiben, wenn nicht, würde ein zweiter Schlaganfall den Tod herbeiführen.
(Fortsetzung folgt.,
Zur Ernte.
Je näher die Ernte heranrückt, desto freudiger schlägt die Brust des Landmanns, und warum auch nicht, wenn es ihm vergönnt ist, den Lohn für seinen vielen Fleiß, für seine Mühen und Sorgen während eines ganzen Jahres im Segen einheimsen zu dürfen.
Da es von großer Wichtigkeit ist, daß die Ernte möglichst gut unter Dach und Fach kommt, und die Früchte durch Regenwetter nicht verdorben und an ihrem Wert beeinträchtigt werden, so sind dazu die geeigneten Vorkehrungen zu treffen.
Es muß Sorge getragen werden, daß alle Zurichtungen zu der Ernte schon vor derselben geschehen, damit nicht mitten im besten Geschäft die in der Ernte so kostbare Zeit mit untergeordneten Geschäften verbraucht wird. Sind wir auf diese Weise gut vorbereitet und haben außer den eigentlichen Erntegeschäften alle anderen Geschäfte auf der Seite, dann wollen und können wir derselben getrost entgegensehen.
Was nun die Ernte selbst betrifft, so haben wir, wenn wir vom Hagel verschont geblieben sind, das Regenwetter am meisten zu fürchten. Besonders manche Getreide-Arten, z. B. Gerste, werden in ihrem Werte durch Beregnetwerden sehr geschädigt, und muß namentlich auf diese das Augenmerk gerichtet werden. Wir haben nun, wie bei der Heubereitung, auch hier in der Reifezeit der Früchte einigen Spielraum. Wenn das Wetter günstig ist, so haben wir nicht nötig, abzuwarten, bis die Früchte auf dem Halm vollständig reis und hart sind, sondern wir können dieselben unbeschadet der Qualität schon vor diesem Zeitpunkt schneiden und auf dem Boden Nachreifen lassen. Dieses nennt man das Schneiden in gelbreifem Zustande. Der Fruchtkern in der Hülse darf aber nicht mehr milchig sein und muß — über den Nagel gebogen — brechen. Hiebei hat man den weiteren Vorteil, daß die Aehren bei der Einheimsung nicht so leicht brechen.
Wenn man die Früchte vollständig auf dem Halm reifen läßt, was man den totreifen Zustand nennt, so ist bei der Aberntung größere Vorsicht notwendig, die Früchte werden brüchig und der Verlust wird bei Regenwetter größer. Die Aberntung in hartreifem Zustand empfiehlt
sich, wenn nach der Ernte sofort gedroschen und in die Mühle gefaßt, oder wenn die betreffende Frucht als Saatfrucht verwendet werden will.
Bei Regenwetter ist es notwendig — die Frucht mag in diesem oder in jenem Zustande geschnitten worden sein — daß ste fleißig umgewendet und dadurch vor dem Auswachsen bewahrt wird; auch können in solchem Falle, namentlich Gerste und Weizen, mit Vorteil aufgepuppt werden.
Diejenigen Früchte, welche in gelbreifem Zustande geschnitten werden, müssen unbedingt auf dem Boden nachreisen; Früchte in ganz hartem, totreisem Zustande können, wenn sie grasrem sind, sofort eingeheimst werden. Eine Ausnahme hievon machen aber Gerste und Haber. Das Stroh derselben muß unbedingt auf dem Boden Nachreifen, sonst erhitzt es sich in der Scheune und die Früchte werden stockrot und verlieren ihre Keimkraft und teilweise ihren Berkaufswert.
Richten wir uns über die Erntezeit auf diese Weise ein, so wird auch der Arbeitermangel in dieser Zeit für uns weniger fühlbar werden.
(Landw. Wochenbl.)
Zur Friedenskonferenz.
Am Themsestrande kamen sie zusammen,
Zum ersten Bölkerrat gesellt,
Die Frieden pred'gen und den Krieg verdammen, Die Friedensfreunde aller Welt.
Zusammen kamen sie, sich zu beraten,
Und daß es abging ohne Streit,
Daß sie einander nichts zu Leide thaten,
Zeugt schon von großer Friedlichkeit.
Daß schlimm der Krieg ist, braucht es noch Beweise ? Die Welt ist der Beweise voll,
Und billig scheint's, Laß zu des Friedens Preise Das Wort auf dem Kongreß erscholl.
Wenn man's so hört, so möchte man es glauben, Und doch bin ich nicht ganz belehrt,
Ich möchte doch die Frage mir erlauben:
Ist ew'ger Friede wünschenswert?
Seht euch genau, ich bitt euch, gute Leute,
Den Frieden an — euch packt ein Graus!
Ganz anders als in alter Zeit sieht heute Der sogenannte Friede aus.
Nicht gleicht er mehr dem Knaben, der am Bache Umhüpft von sanften Lämmern ruht,
Als Lindwurm mehr erscheint er, mehr als Drache Voll Fraßgier und Zerstörungswut.
Wenn ewig lebte solch ein Ungeheuer,
Schlimm und verderblich wär's fürwahr.
Schon jetzt kommt es uns unerschwinglich teuer, Und teurer wird's mit jedem Jahr.
Daß solch ein Friede immer auf der Erde Bestände, keiner säh' es gern.
Macht, daß der Friede wieder bill'ger werde, Und dann empfehlt ihn, liebe Herrn!
(Kladderadatsch.)
Gedankensplitter.
Frage die Wolken. wohin sie ziehen, frage die Stürme, wohin sie rauschen, frage Sterne und Sonnen nach ihrem Laufe — und du lernst verstehen o Mensch, wohin du gehst.
Kcrkw. Iruchtpreife am 23. Juki 1890.
Heutiger
Höchster
Wahret
Niederster
Verkaufs-
Getreide-Gattungen.
Verkauf.
Preis.
Mittel - Preis.
Preis.
Summe.
Ztr.
-k
-r
4k
Kernen, alter . .
—
—
—
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neuer . .
10
ii
60
11
60
11
60
116
—
Roggen, alter . .
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—
—
—
neuer . .
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—
—
—
—
_
Gerste, neue . . .
2
10
60
10
60
10
60
21
20
alte . . .
—
—
—
_ .
Dinkel, neuer . .
218
7
80
7
62
7
40
1661
10
Haber, neuer . .
81
9
80
9
44
9
20
765
—
Summe
311
2563
30
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.