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wirft und denselben mit der Stirn berührt. — Die nordischen Lappen begrüßen sich zunächst mit einigen Worten: daraus legen sie die rechte Hand auf die linke Schulter und reiben Wange oder Nasenspitze aneinander.
Bei Völkern höherer und feinerer Kultur sind Händedruck und Kuß die Aeußerungen der Gefühle von Bekannten und Verwandten, die sich treffen. Es ist dies gleichsam der symbolische Ausdruck des guten Willens, einander mit Hand und Mund, mit Wort und Thal beistehen zu wollen. Die alten Hebräer begrüßten sich mit den Worten: „Friede sei mit dir!" Denselben Ausdruck haben die Araber beibehalten, wobei der Begrüßende die Hand auf die linke Brust legt. Die Vornehmen umarmen sich mehrmals zum Gruß, küssen sich die Wangen und dann die eigene Hand.
So ist der Kuß keiner ursprünglichen Bedeutung entfremdet und zu einer Form der Höflichkeit oder gar der Unterwürfigkeit geworden, es wurde im Laufe der Zeit gebräuchlich, seine Hochachtung anzuzeigen, indem man, je höher jemand stand, ihn desto tiefer küßte, z. B. den Saum des Gewandes, die Füße oder die Stelle, auf der eine hohe Persönlichkeit gestanden. Die Griechen und die Römer verbannten das Niederwerfen und auch den Kuß. Der Gruß der elfteren war „6bs,ire!" (freue dich), die andern grüßten mit „L,vo!" siei gegrüßt! und beim Abschied mit „Vale!" (lebe wohl).
In neuerer Zeit grüßen die europäischen Völker durch Abnehmen der Kopfbedeckung, verbunden mit einem kurzen Wunsche. Entblößung des Kopfes galt auch schon früher in Europa als die ungeheuren Perücken Mode geworden waren, so daß man den Hut nicht mehr aufsetzen konnte, sondern ihn unter dem Arm trug. Hierdurch hatte man sich bald daran gewöhnt, nur entblößten Hauptes mit anderen zu sprechen, und behielt die Gewohnheit auch bei, als die Perrücken schließlich ganz verschwanden. In unserem vielbe- schästigtenJahrhundert entstand schließlich der nichtssagende Brauch, im Vorbeieilen den Hut flüchtig abzunehmen.
In katholischen Gegenden grüßt man sich mit den Worten: „Gelobt sei Jesus Christ!" worauf geantwortet wird: „In Ewigkeit, Amen!" In früheren Jahren hatten die reisenden Handwerksgesellen ihre besonderen Sprüchlein, womit sie als Zunftgenossen sich einführten, und woher der noch heute gebräuchliche Ausdruck stammt: „Das Handgrüßen." Bekannt sind der Bergmannsgruß „Glück auf!", das „Gott grüß die Kunst" der Buchdrucker, der Turnergruß „Gut Heil!" und derjenige der Radfahrer „All Heil!" Die Seeleute begrüßen sich und ihre Fahrzeuge durch den Zuruf „Ähio!" Auch unser deutsches „Hurra" kann auch als eine durch die Begeisteruug hervorge- rusene Begrüßung bezeichnen. Aehnliches ist der Fall mit dem aus dem Lateinischen stammenden „Vivat", dem französischen „Vivs" dem italienischen „Lvvivu", dem ungarischen „lüften- und dem Hip, liip, burra" der Engländer.
In neuester Zeit ist es wiederholt angeregt worden, das Abnehmen des Hutes durch den stummen militärischen Gruß zu ersetzen, welche Aenderung wirklich praktisch wäre. Denn erstens liegt in dem militärischen Gruß ebensoviel oder ebensowenig Sinn, wie in dem Grüßen durch Hutabnehmen, zweitens schont man seine Hutkrempen ungemein, drittens erspart man sich im Winter, besonders ein Kränklicher, so manche Erkältung und manchen Schnupfen.
— Karl Funk. --
Daß das Lied: Deutschland. Deutschland überAlles! auf Helgoland entstanden ist dürfte nur wenig bekannt sein. Der Dichter desselben, Hoffmann v. Fallersleben (ff 19. Januar 1874), weilte, so schreibt das D. Tgbl., im August des Jahres ll841 mit mehreren Freunden, unter diesen sein damaliger Verleger, der Buchhändler Campe aus Hamburg, auf der Insel Helgoland. In seinen Aufzeichnungen und Erinnerungen „Mein Leben" berichtet er Folgendes: Am 23. August kehrten die meisten Hanoveraner heim. Ich fühlte mich sehr
verwaist. Und doch that mir bald die Einsamkeit wohl; ich freute mich, daß' ich nach den unruhigen Tagen wieder einmal auch mir gehören durfte. Wenn ich dann so wandelte, einsam auf der Klippe, nichts als Meer und Himmel um mich sah, da ward mir so eigen zu Mute; ich mußte dichten, auch wenn ich es nicht gewollt Hütte. So enstand am 26. August das Lied: Deutschland. Deutschland über Alles! Am 29. August spazierte ich mit Campe am Strande. Ich habe ein Lied gemacht, das kostet aber 4 Louisd'or. Wir gehen in das Erholnngszimmcr. Ich lese ihm: Deutschland, Deutschland überAlles! vor, und noch ehe ich damit zu Ende bin, legt er mir die 4 Louisd'or auf meine Brieftasche. Wir beratschlagen, in welcher Art das Lied am besten zu veröffentlichen sei. Campe schmunzelt: „Wenn es einschlägt, so kann es ein Rheinlicd werden ! Erhalten Sic 3 Becher, muß mir einer zukommen." Ich schreibe cs unter dem Lärm der jämmerlichsten Tanzmusik ab. Campe steckt es ein, und wir scheiden. Am 4. Sept. bringt mir Campe Das Lied der Deutschen mit der Hadn'schcn Melodie in Noten, zugleich mein Blidnis, gezeichnet von C. A. Lill. An letzterem nichts gut, als der gute Wille. Hoffentlich werden meine Freunde ein besseres Bild von mir in der Erinnerung behalten haben.
(Die Unsitte des Taubenschießens) ist leider von Monte Carlo auch nach Deutschland verschleppt worden. In dem mecklenburgischen Ostseebade Heüigendamm werden, wie die „Tierbörse" schreibt, während der Rennzeit vierzehn Tage lang täglich 100 bis 200 Tauben geschossen. Die vornehme Welt, welche diesen Badeort aufsucht, betreibt die Sache zum Vergnügen. Es muß sich aber jedem Unbefangenen die Frage aufdrängen, worindas „Vergnügen", welches derBar- barische Taubensport gewähren soll, eigentlich liegt, wenn nicht etwa im bloßen Morden, das wir Deutschen doch sonst den Engländern überlassen. Wer sich aber im Schießen üben will, kann sich ebenso gut der Bogardus-Glaskugeln bedienen. Dieser nichtswürdige „Sport" sollte unbedingt von der mecklenburgischen Regierung verboten werden. In Schleswig-Holstein wurde das Taubenschießen bereits im Jahre 1876 durch Regierungs-Verordnung untersagt. Dort richtete Willibald Wulff an „die wackeren Taubenschützen" das Epigramm:
Schamlos vernichten nennt ihr „Sport".
Ob wohl zerschoss'ner Tiere Qualen Den Einsatz euch an Ehre zahlen? — Verbessert doch das noble Wort,
Gebt eurem Zweck den Namen Mord Und nennt euch selber Kanibalen!
(Eisenbahn durch die Wüste Sahara.) In der französischen Deputiertenkammer ist der von vielen Deputierten Unterzeichnete Antrag verteilt worden, der die Regierung aufsordert, der Kammer einen Gestzentwurs über die Herstellung der Eisenbahn durch die Sahara mit der Verlängerung nach dem Senegal und gegen den Tschad-See hin vorzulegen. In der Begründung des Antrages heißt es: „Der englisch-deutsche Vertrag hat schlagend erwiesen, daß ungeachtet der Hinternisse aller Art, die sich der Entwicklung der Kapkolonie entgegenstellen, England sich auf dem afrikanischen Festlande ein Reich von größerer Ausdehnung als sein indisches geschaffen hat. Hat nun Frankreich, welches als Ausgangspunkt im Norden Algerien, im Westen den Senegal hat, eine angemessene und ähnliche Gebietver- rößerung daraus gewonnen? Freilich werden ie Rechte des „Hinterlandes", ein Grundsatz, den Deutschland und England zu ihrem Nutzen in Anwendung brachten, Portugal gegenüber verleugnet. Wenn nun aber alle großen europäischen Mächte ihre Besitzungen in Afrika ausdehnen, darf dann Frankreich gleichgiltig khatlos!
bleiben? Wird sich Frankreich in den Rang der Nationen stellen, die mcht mitzählen? Unser politischer Einfluß ist in dem Becken des Senegals und des oberen Nigers hergestellt, aber England, das sich der Mündungen dieses großen Flusses des Sudans bemächtigt hat, wird versuchen, an dem Fluß schneller hinauszusteigen, als wir hinabzusteigen. Die Wasserfälle von Bussah, welche aus diesem Teile der Erde dem Fahrzeug der Engländer eine Schranke setzen sollten, werden bald überschritten sein, wenn wir uns nicht in den Besitz dieser Gegenden setzen."
(Allgemeines Zahnweh.) „Ja, was ist denn das, Herr Stationsmeister — bei Ihnen hat ja die ganze Familie Zahnweh." — „Leider — es trifft schon so zusammen. Unser Jüngster bekommt die ersten Zähne, unser Hugo die Zweiten, und mein liebes Weibchen hier — die dritten!" (Fl. Bl.)
Gemeinnütziges.
(Marschieren in der Sommerhitze.) Das Tabakrauchen, sei es aus Pfeifen, oder in Form von Cigarren, ist auf dem Marsch, besonders in der Sommerhitze, durchaus schädlich. Dasselbe ist der Fall mit dem Branntweingenuß; derselbe täuscht nur und erzeugt einen Ueberreiz, der den Magen und das Nervensystem abstumpft. Dagegen empfiehlt es sich, eine dünne Scheibe oder ein kleines Stückchen von einer Zwiebel zwischen die Lippen oder aus die Zunge zu nehmen. Das regt die erschlafften Speicheldrüsen von neuem an und erfrischt die Nerven. Noch besser wirkt das kleinste Stückchen Knoblauch. Ein Halm wilden Knoblauchs, das Blatt oder der Stil von wildem Sauerampfer thut ähnlichen Deenst, ja, jeder Gras- und Gedreidehalm hat die wohl- thätige Wirkung, das Austrockuen des Mundes zu verhüten, sodann empfiehlt sich die richtige Einteilung der Marschleistung in Marsch und Ruhe. Je heißer die Temperatur, desto öfteres Rasten, um Lunge und Herz vor Ueberspannurrg zu bewahren. Ein falscher Ehrgeiz, auf eine besondere Marschleistung pochen zu können, hat lüt Opfer gefordert.
(Erkältungen stark angestrengter Pferde vor- zubeugen,) wendet die Kölner Straßenbahn-Gesellschaft ein ebenso wohlfeiles, als einfaches Mittel an. Die in Schweiß geratenen Tiere werden, namentlich in der Nierengegend, mit Torfmull dicht bestreut. Der Torfmull saugt den Schweiß aus; nach kurzer Zeit ist das Tier trocken und entgeht dadurch den bedenklichsten Erkältungskrankheiten. Der Mull wird alsdann durch Abbürsten entfernt. Ueberhaupt ist Torfstreu für Pferdestärke trefflich geeignet; nur müssen von Zeit zu Zeit die Hufe nachgesehen und ordentlich gereinigt werden. Im Milchviehstall dagegen muß im Großen und Ganzen, der größeren Sauberkeit halber, der Strohstreu der Vorzug gelassen werden. Je nach Bedarf kann in die Jaucherinnen Torfstreu eingebracht werden. Wer seine Pferde vorzüglich pflegen, reinhalten und ihnen gesunde Luft verschaffen will, möge über die Torfstreu noch eine Stroh- strcu einbringen. (S. Z.)
(Grüne Bohnen zum Salat für den Winter aufzuhebens giebt das praktische Wochenblatt „Fürs Haus" (Preis vierteljährlich 1^.*) folgende Anleitung: Junge abgezogene Bohnen werden auf die Hälfte gebrochen und roh fest in ein Leinwandsäckchen eingebunden. Dies Säckchen legt man in einen Topf, beschwert es mit einem Stein und gießt so viel Salzlake darauf, daß sie reichlich übersteht. Es muß so viel Salz in der Lake sein, daß sie ein Ei trägt. Vor dem Gebrauch wässert man die Bohnen ab, kocht sie weich und mischt sie nach Geschmack mit Del, Essig, Pfeffer und fein gewiegten Zwiebeln oder Schnittlauch. Die übrigen im Säckchen befindlichen Bohnen werden zuerst aufbewahrt.
(Die lästigen Fliegen und Bremsen,) die schon so manches Pferd dadurch scheu gemacht haben, daß sie sich in dessen Ohren festsetzen, werden sicher fern gehalten, wenn die Ohrenspitzen des Pferdes nnt etwas Leberthran bestrichen werden.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.