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spieler gegen die Giltigkeit der letzten Ziehung der Berliner Schloßfreiheitslotterie an den Minister des Innern abgegangen.

Oberammergau, 24. Juli. Mün­chener Blätter melden: Dieser Tage er­hielt der Darsteller des Christus im Passionsspiele, Hr. Mayer, vom Papst einen prachtvollen Rosenkranz zum Ge­schenk. Begleitet war derselbe von einem schmeichelhaft abgefahren Schreiben.

In Helgoland macht sich der bevor­stehende Uebergang der Insel aus eng­lischem in deutschen Besitz durch lebhaftes Anziehen der Grundbesitzpreise geltend. Die Preise sind von 50 bezw. 1 vkL für den Ouadratfuß Kartoffellandes sprung­weise bis zu 10 in die Höhe geschnellt. Auch in Häusern scheint sich im Hinblick auf die kommende deutsche Oberhoheit ein lebhafter Verkehr zu entwickeln.

Württemberg.

Stuttgart, 26. Juli. Der Herr

Staatsminister des Kirchen- und Schul­wesens Dr. v. Sarwey besuchte gestern die Ausstellung der Schülerwerkstätte und ließ sich von dem Leiter derselben, Prof. H. Cranz, die Arbeiten und Werkzeuge er­läutern.

Am Sonntag den 3. August wird ein Sonderzug von Stuttgart über Calw nach Wildbad und zurück zur Ausführ­ung kommen und zwar:

Stuttgart ab 6.55 vorm.

Calw an 8.35

Neuenbürg 9.38

Wildbad 10 02 .,

Rückfahrt:

Wildbad ab 7.40 abds.

Neuenbürg 8.08

Calw 9.20

Stuttgart an 10.55 ,.

Zu diesem Sonderzug werden in Stutt­gart, Zuffenhausen und Leonberg Fahr­karten ausgegeben nach Calw, Liebenzell, Neuenbürg und Wildbad.

Die Fahrpreise betragen für die Hin- und Rückfahrt:

II. Kl. III. Kl.

Von ^ ^

Stuttgart nach Calw 3. 00 2. 00

Liebenzell 3. 40 2. 30

Neuenbürg 4. 70 3. 20

Wildbad 5. 40 3. 60

In ähnlicher Weise werden Sonderzüge ausgeführt:

am Sonntag den 10. August von Stuttgart nach Urach;

am Sonntag den 17. August von Stuttgart nach Friedrichshafen;

am Sonntag den 24. August von Stuttgart nach Freudenstadt und zurück.

Die bei den betr. Stationen gelösten Fahrkarten gelten zur Rückfahrt auch in fahrplanmäßigen Personenzügen.

Heilbronn, 25. Juli. Gestern nach­mittag begaben sich die Mitglieder der bürgerlichen Kollegien und des Gewerbe­vereins, über 250 Teilnehmer, nach Lauffen a. N, zur Besichtigung der nunmehr im Betrieb stehenden Anlagen des Württ. Portlandzementwerks. Am meisten nahm der Raum, in welchem sich die Maschinen für mechanische Kraftüber­tragung befinden, das Interesse der Ge­werbetreibenden in Anspruch. Von den Turbinenanlagen sind zwei für das Werk

bis jetzt in Betrieb gesetzt, drei sind für die elektr. Uebertragung nach Heilbronn bestimmt. Nach eingehender Besichtigung der einzelnen Abteilungen fanden sich die Besucher in der großen Werkstattskantine zusammen, um einen von der Direktion angebotenen Imbiß einzunehmen. Es wurde eine Reihe von Reden und Toasten ausgetauscht, in denen die Hoffnung zum Ausdruck kam, daß die elektrische Kraft noch eine ungeahnte Zukunft habe und künftig auch dem Kleingewerbe zu Gute kommen werde.

Ein Bauer im schwäbischen Ries ließ, wie die Blätter berichten, seinen Aerger über das andauernd schlechte Wetter an seinem Barometer aus, der beharrlich auf Regen stand, und warf ihn mit den Worten Jetzt sauf' bis du gnuag hoscht", in den Brunnen.

Von den Börsen.

Ungeachtet des für diese Jahreszeit verhältnismäßig lebhaften Geschäftsverkehrs weisen die Kurse im Großen und Ganzen doch nur ziemlich geringfügige Veränder­ungen auf. Die Stimmung ist zwar vor­wiegend nach oben gerichtet, aber es fehlt der Spekulation der nötige Unternehmungs­geist, um diese Richtung kräftig fortzusetzen und so können auch die vorliegenden günstigen Anregungen nicht zu voller Geltung gelangen. Die Börse hält eben die gegenwärtige 8g.i8ou uiorte nicht für den geeigneten Zeitpunkt, um gewagte Börsenunternehmungen einzugehen und deshalb entfällt auch ein großer Teil des Verkehrs in der abgelaufenen Woche auf die Abwicklung der Ultimoverbindlichkeiten. Was die Liquidation betrifft, so scheint dieselbe sehr glatt von Statten zu gehen, da Geld zu niedrigem Satz reichlich vor­handen ist. Auch sonst blieb die Börse von unangenehmen Zwischenfällen und ungünstigen Gerüchten während der Be­richtswoche verschont, da es in der Politik äußerst still ist und in Hinsicht auf die Industrie und hauptsächlich auf die dies­jährigen Ernteergebnisse befriedigende Meldungen vorliegen. Bon Einzelheiten ist nicht viel zu berichten; Bankaktien stellten sich meist etwas höher, bevorzugt waren österr. Sorten, wie überhaupt die österr. Papiere seit einigen Wochen die Hauptrolle an den deutschen Börsen spielen. Von Bahnaktien standen Staatsbahn und Duxer in belebtem Verkehr und auch die übrigen waren gut gehalten. Deutsche Bahnen zeigen keine wesentliche Aender- ungen, wogegen schweizerische höher gingen. Auch Jndustriewerte, besonders Montan­aktien erfreuen sich guter Haltung. Für Renten besteht anhaltend gute Meinung, wobei österr.-ungarische und Russen be­günstigt waren.

Ausland.

Brüssel, 25. Juli. Auf besonderen Wunsch des Königs wird Kaiser Wilhelm 3 Tage in Belgien verweilen und Ant­werpen und Brüssel besuchen.

Paris, 25. Juli. Der Kriegsminister v. Frey ei net ist heute abgereist um eine Inspektion der Vogesengrenze vorzunehmen.

In Chur flog am 25. Juli nach der Fr. Z. die Pulverfabrik auf. Der Pulver-j müller Dosch ist schwer verletzt. '

Fürst Ferdinand von Bulgarien hat seine Karlsbader Badekur beendigt, aber er wird erst in etwa 14 Tagen in Sofia zurückerwartet, da er inzwischen noch einen Abstecher nach Coburg machen will. Ob derselbe mit politischen Angelegen­heiten zusammenhängt, ist zwar noch un­gewiß, da Herzog Ernst von Coburg sich gegenwärtig auf seinen tyroler Besitzungen befindet, aber es steht zu vermuten, daß der Prinz mit seiner Mutter, der Prinzessin Clementine, welche seit vorigen Freitag in Coburg weilt, Rücksprache nehmen will. Irgendetwas scheint in der bulgarischen Frage dochlos" zu sein, denn Graf von Hartenau, der ehemalige Bulgarenfürst, ist in Wien eingetroffen und es wird be­stimmt behauptet, daß dies mit ernsten Vorgängen in der bulgarischen Affaire Zusammenhänge. Befremdlich ist es auch, daß Rußland gerade jetzt wieder in Kon­stantinopel gegen Bulgarien schürt. Der russische Botschafter v. Nelidow überreichte der Pforte eine Note, in welcher die rus­sische Regierung das Entgegenkommen der Pforte in der Angelegenheit der bulgari­schen Bischöfe für Macedonien als einen wenig freundschaftlichen Akt bezeichnet, der ernstliche Konsequenzen herbeiführen könne, da die bulgarische Regierung der russischen feindlich gegenüberstehe. Ob hinter dieser russischen Drohnote in der Thal etwas Ernstes steckt, wird sich ja bald zeigen, vorläufig heißt es auch hier: Bange machen gilt nicht!

Das englische Unterhaus genehmigte am Schluffe der Freitagssitzung die Helgo- landsbill in zweiter Lesung mit 209 gegen 61 Stimmen der Iren und einiger Radikalen; die Voraussage, daß die Bill auch im Unterhaus mit großer Mehrheit durchgehen würde, ist demnach eingetroffen. Im Laufe der zweitägigen Verhandlungen hierüber sind im Unterhaus sehr ver­schiedene Ansichten über den Wert des deutsch-englischen Vertrages und seine Vor­teile für die beiden Partner laut geworden, aber so recht ernstlich hat ihn von Seiten der Opposition Niemand bekämpft, von ein paar radikalen Hitzköpfen abgesehen, und hatte die Regierung namentlich infolge der überraschenden Stellungnahme Glad- stone's der sich als einen Verteidiger der Kronvorrechte aufspielte, leichtes Spiel.

Ostende, 26. Juli. Zum Empfang Kaiser Wilhelms werden großartige Vor­bereitungen getroffen.

R o m, 25. Juli. Der Agencia Stefani wird aus Guatemala vom 23. d. M. ge­meldet: Die Republik Guatemala hat heute der Republik Salvator den Krieg erklärt.

Newyork, 21. Juli. Die Italiener von St. Louis haben 5000 Doll, ge­sammelt, damit anläßlich der 400jährigen Jubelfeier der Entdeckung Amerikas Co- lumbus ein Denkmal in jener Stadt errichtet wird.

Nach Nachrichten aus Valparaiso kamen daselbst am 23. Juli neue Gräuel- scenen vor. Die Streikenden plünderten 200 Läden, steckten 60 Häuser in Brand und raubten mehrere Wechselstuben aus. Die chilenischen Truppen feuerten scharf gegen die Aufrührer, wovon 28 getötet und 70 verwundet wurden. Etwa 20 Auf­rührer, welche beim Rauben ertappt wurden, wurden kriegsgerichtlich erschossen.