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sehnt sich jedes Mädchen, es ist ihnen ja gar nicht zu verübeln."

So, meinen Sie, da bin ich ganz anderer Ansicht, ich finde nichts verwerf­licher und verächtlicher als dieses rastlose Treiben, sich zu verheiraten. Es kommt mir wie eine Krankheit der Zeit vor. welche Schuld ist, daß ein ideales Ehe­glück zur Unmöglichkeit wird. Diese Menge von unglücklichen Ehen, diese Masse von Ehescheidungen entspringen diesem Grundübel, an dem am meisten die Mütter der Mädchen schuld sind. Sich bloß darum zu verheiraten, um versorgt zu sein, ist eine Sünde, nach meiner Ansicht ist es ein förmlicher Betrug an dem Manne, der sein ganzes Leben lang an das Weib geschmiedet ist. Was nützen da alle guten Vorsätze, alle treuen Pflichterfüll­ungen, wenn man das Beste und Edelste, das Herz, nicht geben kann. Ich begreife die Mütter gar nicht, die sich so abmühen und absorgen, ihre Töchter unter die Haube zu bringen und sie so gedanken- und herzlos bloß um der Versorgung willen verheiraten. Da sehen Sie nur das arme junge Geschöpf, die Frau Alsenhoru an, die beinahe noch ein Kind ist. Welch ein Glück bietet ihr denn dieser Mann? Geld, viel Geld, Luxus über Luxus und das arme Herz darbt dabei, daß es dem Hungertode nahe ist. Es ist mir uner­klärlich, wie ihre Mutter sie so verkaufen konnte und noch unerklärlicher ist mir, wie ihre Schwester, die im Hause ihres Schwagers lebt, sich nach einem ähnlichen Loos sehnen kann."

(Fortsetzung folgt.) !

Neue Schießmärchen

für artige Schützenbrüder und Schützenschwestern, l. Der böse König.

Es war einmal ein König und eine Königin, die lebten sehr glücklich mit einander. Denn es war ihnen nicht immer so gut gegangen, sie waren nicht immer König und Königin gewesen. Da sprach der König eines Tages:Ich weiß nicht, was mich heute so im Halse kratzt, ein böser Zauberer muß mir wohl eine Katze hinein ge­zaubert haben, ich halte es kaum aus vor Kratzen." Da sprach die Königin:O, mein Gemahl, ich weiß wohl, was dir fehlt! Gehe und setze Dich in die Sonne und nimm drei Nelken, da wird Dir schon besser werden!"

Das that der König, aber er hatte die Frau Königin nicht richtig verstanden. Denn er ging in das Wirtshauszur Sonne" und nahm zu­erst die drei Nelken und dann drei Pomeranzen und viele, viele Nordhäuser. Und da trank er mit den Rittern und Marschällen, bis die Sonne unterging und wieder aufging. Dann brachte ihn sein Leibwächter nach Hause. Da ärgerte sich die Frau Königin und nahm eine Gardine und predigte.

O, Du Lump!" sagte sie,Schämst Du Dich denn gar nicht vor den Andern?

Der König aber hörte diese Majestätsbeleidig­ung gar nicht mehr. Und als die Frau Königin ihn aufweckte, da sprach er:

Weib, regiere nicht soviel, das ist meine Sache, ich bin der König!"

Die Königin aber hatte eine Mutter, die war eine weise Frau, und als ihre Tochter ihr von der Krankheit des Königs erzählte, da kam sie als Prophetin und sprach zu ihm:

O König, wenn Du es so weiter treibst, dann wirst Du Dein Reich verlieren und ein Anderer wird an Deiner Stelle König werden!"

Da wurde der König zornig uud rief dem Teufel, daß er die Schwiegermutter holen solle. Das that der Teufel aber nicht, denn er war ihr unterthan und fürchtete sie.

Der König aber trank weiter und kein Mensch hat ihn wieder nüchtern gesehen.

Da ging die Prophezeihung der alten Mutter in Erfüllung, denn der König bekam den Tat­terich und verlor sein Reich!

Als das nächste Schützenfest in Potschap- Pel war, schoß der bisherige König immer da­neben. Der Seifensieder Quengelmann aber that den besten Schuß und wurde Schütz-en- könig und die Frau Quengelmann wurde Schützenkönigin!

Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie heute noch.

2. Der wilde Jäger.

Es war einmal ein Jäger, der hatte ein Normalhemd an. Aber es war kein echtes nach dem Pros. JLger'schen System, sondern eine erbärmliche Nachahmung einer noch erbärm­licheren Konkurrenz. (Man bitttetdie Schutz­marke zu beachten!) Weil er so falsch war nannte man ihn auch denwilden Jäger". Er hatte ein Jagdrevier auf den Rieselfeldern bei Osdorf gepachtet und dort jagte er mit wüsten Gesellen: Heringsbändigern und Ellen­reitern. Nichts war vor ihm sicher, und wenn er mit fernem Gefolge in Osdorf erschien, so riefen die erschreckten Bauern:Sperret die Katzen ein, der wilde Jäger kommt!"

Denn der wilde Jäger hörte nicht auf die Klagen der Leute, er hatte Schießbaumwolle in den Ohren. (Wer weise wählt Wolle!) Weil er aber nur des Sonntags jagete, so nannte man ihn auch den Sonntagsjäger. Er war ein lästerlicher, gottloser Bösewicht, der sogar die Natur nicht schonte, sondern Löcher hineinschoß. Rühmte sich aber trotzdem, daß er auf dem Berliner Bundesschießen den besten Schuß thun wollte, obgleich er kaum eine Knob­lauchwurst von einer Scheibe unterscheiden konnte. (Nur die echten Jägerschen Normalhemden schützen vor Kurzsichtigkeit, Maulsperre und Milzbrand!)

Aber es kam anders, als der wilde Jäger dachte.

Eines Sonntags jagte er wieder auf den Rieselfeldern bei Osdorf und verfolge eine arme Ratte. Das Tierchen sah ihn mit seinen kleinen Augen so flehend an, als ob es sagen wollte: O, töte mich nicht, Du bist doch kein Kammer- jäger!" Aber der wilde Jäger schoß auf sie, doch er traf natürlich nicht. Denn das Tierlein war auf einen frommen Mann zugelaufen, der einen langen, wollenen Mantel trug und gar kräftig aussah. (Wolle und wirst Du gesund sein!) Der fromme Mann aber hatte auf dem Kopf einen Helm und ein Schwert an an der Seite. Er verfluchte den wilden Jäger und sprach:

Da soll ja jleich en Donnerwetter rein­schlagen, wissen Sie nicht, daß det Jagen am Sonntag verboten is? Nennen Sie det Sonntagsruhe? Na, jeben Sie man den Schießprügel her und kommen Sie man mit uf de Wache! Ick werde Ihnen lehren, Wat Sonn­tagsheiligung is, Sie Patentfatzke, Sie!"

(Aus den lustigen Blättern.)

(Einhundert und fünfzig Kinder gerettet.) Venedig, 7. Juli. Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Einem Wunder ip optima torma anzuwohnen hatte die Einwohnerschaft Venedigs Sonntag den 6. d., um 8 Uhr Morgens, Ge­legenheit. Allmorgentlich sieht man einen Zug von Kindern, hundertfünszig und darüber an der Zahl, sauber aber ärmlich gekleidet die Riva del Carbone entlang gehen, vor der Rialtobrücke Halt machen, um in Begleitung mehrerer Auf­seher und Aufseherinnen einige ansehnliche Barken zu besteigen, welche die Loeistä Voueta lagunars beistellt. Zur größeren Sicherheit, sowie der Schnelligkeit halber, werden diese Fahrzeuge von einem Lidodampfer ins Schlepptau genommen und sie steuern sodann den Kanal grande ent­lang hinaus ans blaue Meer, dem mustergiltigen Seehospiz zu. Am 6. Juli um die gewohnte Stunde ergötzen sich nun die Passanten der Riva degli Schiavoni wie gewöhnlich daran, die armen kleinen Wesen in den wohlbeaussichtigten Barken dem erquickenden Seebade entgegen;ubeln zu sehen. Als jedoch die von dem DamperCavajere" gezogene zweite Barke mit 150 Kindern gerade an den Giardini vorüber kam, fuhr das schwere, mit Holz beladene TrabaccoloTacito" mit vollen Segeln auf dieselbe los, und ungeachtet aller Notsingnale waren Kinder und Barke im nächsten Augenblicke auch schon unter

Wasser. Ein jammervolles Schreien erfüllte die Luft, auf zwei Kilometer hin hörbar. Es war ein verzweifelter Moment, im Hellen Sonnen­schein eines Julimorgens, angesichts der bezau­bernden Szenerie, welche Venedig von diesem Punkte gesehen darbietet, so großen Jammer zu schauen! Allein die Hilfe kam so schnell wie der Gedanke, welcher sich bei diesem Todesbilde jedem der Anwesenden aufdrängte. Wie sich all diese fremden Leute um der armen, kleinen, kranken Kinder willen angekleidet ins Wasser stürzten, ohne zu erwägen, ohne zu zaudern, o, es war ein erhebenderl'Esploratore" statt und sämmtliche Matrosen an Bord verschwanden wie ein Mann Private, Gondoliere, Soldaten; Alles, war zur Stelle tauchte kopfüber in die Tiefe. Ein wahresWettretten" begann. Jetzt kam ein Mann mit drei Kindern herange­kommen, da hielt ein Anderer einen großen Knaben umschlungen, und immer wieder ver­trauten sich Neuhingekommene dem Wasser an, um zu helfen, zu retten, ehe es noch zu spät war. Die aus der Riva degli Schiavoni Stehenden, die in Gondeln und mit Schiffen Herbeieilenden sahen atemlos zu, wie die Schwimmer keuchend ihre kostbare Last den Matrosen desEsploratore" einhändigten, auf welchem die den Wellen ent­rissenen sofort der Pflege des Schiffsarztes und anderer zur Hilfeleistung bereiter Personen an­vertraut wurden. In unglaublich kurzer Zeit wurden sämtliche einhundertundfünfzig Kinder lebend herausgefischt. Einige haben allerdings leichte Verletzungen davongetragen, andere wollen noch immer nicht zu weinen und schreien aus­hören, viele wurden von Krämpfen befallen: allein in weniger denn einer Stunde waren Alle, dank der hygienischen Vorkehrungen, getrocknet, er­wärmt, beruhigt u. gestärkt u. konnten ihren von allen Teilen der Stadt herbeieilenden Angehörigen übergeben werden. Mit welchen Beisallbe- zeigungen wurden all die Wackeren begrüßt, welche sich an dem Rettungswerke beteiligten! War das ein Jubel, und ist es da nicht begreif­lich, daß die überglücklichen Mütter diese merk­würdige Rettung der Madonna zuschreiben und ein Wunder in dem aller Beschreibung spotten­den Glücke sehen?! Ein einziger Matrose, Namens Pietro Palladini, welcher sich auf der gesunkenen Barke befunden hatte, erlitt bei dem Zusammen­stoß eine Schwere innere Verletzung, die jedoch nicht absolut tötlich zu sein scheint.

(Des Rätsels Lösung.) Gast (unwirsch): Hören Sie, Kellner, die Portionen werden immer kleiner in Ihrer Restauration. Bisher bekam ich immer zwei Stücke Braten zu Gemüse und heute nur eins." Kellner (einen Blick auf den Teller werfend):Wahrhaftig, die Köchin hat vergessen, das Stück durchzuschneiden."

Gast (zum Kellner):Wie können Sie mir nur eine so schmutzige Serviette geben?,, Kellner:Entschuldigen Sie, mein Herr, die ist nur falsch zusammengelegt."

Das verkoste MiputanerpSrchen.

Er:

Die Liebe ist des Lebens Würze. Ich lernte lieben Dich in Kürze.

Sie:

Dich, Teurer, habe ich erkoren;

Zu Höherem bin ich nicht geboren.

Gemeinnütziges.

Vur Entfernung von Obst- und Weinflecken aus hellfarbigen Wollstoffen wird als sicheres Mittel empfohlen: 1 Unze pulverisierter Borax und >/z Unze Kampfer werden in 11 Unzen Wasser auf­gelöst und auf Flaschen gezogen. Ein anderes gutes Fleckwasser zum entfernen von Säure-, Harz-, Teer- und Fettflecken besteht aus einer Mischung von Unzen 95 prozentigem Wein­geist 1 Unze starkem Salmiakgeist und 'l Drachme Benzin.

(Gegen Magenkrampf.j Vier bis höchstens 5 Tropfen Kümmclöl aus der Apotheke in einen Eßlöffel Rum getröpfelt bei heftigen Krämpfen genommen stillt rasch den Schmerz. Selten be­darf es nach einer halben Stunde einer zweiten Gabe.

Redaktion, Druck und Verlag von Chru. Meeh in Neuenbürg.