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Der seit gestern in London tagende internationale Kongreß zur Förderung des Weltfriedens, dem die Vertreter von englischen, amerikanischen, französischen, dänischen, österreichischen, italienischen und spanischen Friedensvereinen beiwohnten, nahm einstimmig einen Antrag an, der die Ueberzeugung des Kongresses ausspricht, daß die Menschenbrüderschaft die Völkerbrüderschaft miteinschließt, und daß ein dauernder Weltfrieden auf dieser Wahrheit beruht. Die französischen Delegierten versuchten umsonst, das Wort Brüderschaft durch Solidarität zu ersetzen. Der Kongreß nahm auch einen zweiten Antrag an. worin anerkannt wird, daß die christliche Religion auf die materielle und geistige Entwickelung der Menschheit einen entscheidenden Einfluß ausübt, weshalb der Kongreß alle Diener der Religion und der christlichen Sittenlehre auffordert, die christliche Religionslehre, die den Völkerfrieden verkündet, zu verbreiten und überall geltend zu machen. Der Kongreß nahm ferner einen Antrag an, wonach alle Nationen eingeladen werden sollen, einen bestimmten Sonntag als Friedenssonntag überall gleichzeitig zu feiern.
MisMen.
Der Schwanenritter.
Roman von E. von Martine;.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
„Konstantin," sagte denselben Abend Seraphine zu ihrem Schwager, während sie ihren Kopf zur Thüre seines Arbeitszimmers steckte, „ich habe mit Dir etwas zu reden, hast Du Zeit für mich?"
Er klappte sein Einschreibebuch zusammen und lud sie mit einer Handbewegung ein, hereinzukommen.
„Was hast Du auf dem Herzen, Mädchen, brauchst Du etwa Geld?"
„Nein, das ist es nicht, was mich zu Dir führt," erwiderte sie. „Es betrifft in erster Linie Dich, in zweiter Linie Deine Frau und in dritter Linie mich."
„So rück heraus. mach nicht lange Umschweife, faß Dich kurz, es ist spät, Lilli wird schon zu Bette sein."
„Das glaube ich nicht," gab sie zurück. „Sie wird am offenen Fenster stehen und hinüber schmachten — nach dem andern Ufer."
Herr Alsenhorn sah sie erstaunt an, als begreife er sie nicht.
„Und das ist es, was ich Dir sagen möchte, ja, was ich für meine Pflicht halte." fuhr sie fort. „Bist Du denn blind, daß Du gar uicht siehst, was vorgeht? Mach doch endlich Deine Augen auf."
„Was soll ich denn sehen, Mädchen, rede deutlich."
„Was Du sehen sollst, was ich, was alle Welt sieht. Deine Frau ist im Begriff, sich in einen andern zu verlieben, das kann Dir doch nicht gleichgültig sein. — eben so wenig, wie mir, denn ich hatte alle Hoffnung, daß ich Gräfin Kolenberg würde."
„Ah! Weht der Wind von dieser Seite!" stieß ungeduldig Alsenhorn hervor, „so, Du bist eifersüchtig und willst es mich auch machen,"
„Ich möchte Dein Haus vor Schmach bewahren, denn glaube nur nicht, daß sie so gleichgültig ist, als sie bisher aussah. Ich habe bemerkt, wie sie fortwährend die Farbe wechselt, wenn man von dem Grafen spricht, wie ihre Augen funkeln, wenn ich mich ihm nähere, sie ist nicht mehr zufrieden, wenn er zu uns kommt, sie will ihn für sich allein haben. Heute führte sie ihn hinweg, was so aufsiel. daß es sogar Dein Freund Dorau merkte."
„Nun, was willst Du, daß ich thun soll?" fragte er, „soll ich dem Grafen mein Haus verbieten?"
„Nein, nein, das nicht, Konstantin, sei vernünftig, es ist Dir doch kein Schaden, denke ich, wenn Du eine so vornehme Verwandtschaft bekommst, wenn ein Graf Dein Schwager würde. Helfen sollst Du mir, daß ich ihn bekomme. Lies Deiner Frau die Leviten, das wird klüger sein. Morgen machen wir eine Partie nach der Schwanenburg, bleibe nur beständig in ihrer Nähe, schau selbst, wie sie ihn ansieht und du kannst merken wie es steht."
Er wurde zornig, stand auf, ging einigemal im Zimmer auf und ab, blieb dann vor ihr stehen und sagte:
„Ich will Deinem Geschwätz nicht glauben, sollte jedoch wirklich etwas dahinter sein, — dann wird sie mich von einer andern Seite kennen lernen, wie bisher, ich gebe ihr nicht mit vollen Händen meinen Reichtum, damit sie mich auslacht und sich an den Hals eines andern hängt. Potz Blitz, das wollte ich ihr austreiben, sieh' so," er hieb einigemal wütend in der Luft herum.
„Mit Rohheit würdest Du die Sache nicht besser, sondern schlimmer machen," sagte Seraphine und verließ ihn. Gemeiner Mensch, dachte sie, eine Liebe zu einem Manne wie Emmerich mit Schlägen ertöten zu wollen.
„Verdammtes Weibervolk," brummte Alsenhorn, warf seine teuere Zigarre zum Fenster hinaus und gab dem Hunde einen derben Fußtritt, der kam, um ihm die Hand zu lecken, als wolle er die Unruhe seines Herrn beschwichtigen. „Ja, ja, sie hat recht, die rote Hexe, das habe ich längst bemerkt; Lilli ist seit einiger Zeit wie umgewandelt, grob und unfreundlich gegen mich, verweigert mir jeden Kuß, oder macht ein Gesicht dabei, als ob sie eine Wespe steche. Warte, Püppchen, diese Grillen werde ich Dir vertreiben, sollst sehen, wessen Brot Du ißt. — Darum lacht Dorau mich immer so spöttisch aus, wenn ich ihm von ihrer Schönheit vorprahle, glaubt vielleicht schon meine Hörner zu sehen. — Richtig, — sagte er doch noch gestern: Hätte er eine Frau, dann ließe er den Schwanenritter nicht ins Haus, denn die Weiber seien alle wie toll in ihn verliebt. Brem verteidigte ihn, man könne ihm nicht eine einzige Liaison nachsagen, der Graf sei die Sittlichkeit selbst: — Pah, das kenne ich. wenn ihm die Trauben zu hoch hängen, sonst wird er auch nicht anders sein, wie wir alle. In mein Gehege soll er aber nicht kommen. — Dummes Ding diese Lilli! — Falsche Schlange, sie. die sich so kalt bei mir stellt, daß ich mich oft
wütend darüber ärgere, es scheint, sie kann schon warm werden, — alle Teufel der Hölle nur daran zu denken macht mich rasend" und er stieß eine schön geschliffene Karaffe, die mit edlem Wein gefüllt auf seinem Tisch stand, mit aller Wucht auf den Boden, daß die Scherben klirrend umherflogen und der köstliche Inhalt den persischen Teppich tränkte. Hernach riß er das Fenster auf und trocknete sich den Schweiß auf der Stirn mit der flachen Hand ab. „Nach dem jenseitigen Ufer also werden sie fahren," murmelte er, „und ich soll mit, nein, dahin gehe ich um keinen Preis, — zwar was geht mich jetzt »och Annette und ihr Kind an, — wenn sie uns aber sähe, wenn ihr scharfes Auge bemerkte, daß Lilli in den Grafen verliebt ist, welch' ein Triumph wäre das für sie, hat sie mir nicht noch in der letzten Stunde zugerufen: Alter Thor, glaubst Du denn das Mädchen liebte Deine Person, das Geld allein ist es, was sie bestimmt. Dich zu nehmen. Du wirst meiner noch gedenken, wenn Du siehst, daß nicht ein Funke Liebe in ihr für Dich ist. Ich werde Tag und Nacht beten, daß sie mich an Dir rächt, an Deinem ohnmächtigen Zorn will ich mich laben. — Nein. ich gehe nicht hinüber, ich kann nicht. — Soll ich sie aber allein zusammenlassen. — Lilli wird nur zu froh sein, wenn ich sie nicht störe. Und wenn ich die Partie verbiete, verspotten und verlachen sie mich Alle. Wir gehen ja nur auf Schwanenburg. Ich werde also das verhaßte Weib gar nicht sehen; nein; ich will auf alle Fälle mit."
(Fortsetzung folgt.)
(Münchner Bierbrauereien.) Nach dem statistischen Ausweise ist im Sudjahre Juli 1889 bis Juli 1890 die Löwenbrauerei mit einem Malzverbrauch für 231 273 Hekt. an die Spitze der 25 hiesigen Bierbrauereien getreten. Dieser folgt die Spatenbrauerei, bisher die größte Münchens und überhaupt eine der größten Brauereien, mit 230 022 Hekt. Das staatlich geleitete Hofbräuhaus ist mit 33 080 Hekt. vertreten.
Ein schauderhaftes Verbrechen ist, wie man aus Preßburg meldet, beiTrencsin begangen worden. Herumziehende Zigeuner haben einen Bettler, einen alten Mann ermordet, zerstückelt und dann einzelne Teile der Leiche verzehrt, mit den übrigen aber ihre Bären gefüttert. Die Unmenschen sind bereits verhaftet.
London, 12. Juli. Der amerikanische Schwimmkünstler Dalton sprang gestern von dem von Dover nach Ostende fahrenden Paffagierdampfer auf der Höhe der Goodwin - Sandbänke über Bord und schwamm nach Dover zurück. Er legte die nicht ungefährliche Schwimmfahrt auf dem Rücken liegend zurück.
Rätsel.
Niemand und Keiner Gingen in ein leer Haus Niemand ging heraus, Keiner ging heraus;
Wer blieb nun noch drin?
Für die Redaktion verantwortlich: Chrn. Meeh; Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.