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das Sie doch kommen sehen mußten, nicht aus?«
„Ja, warum,« wiederholte sie träumerisch, „ich, — ich wollte den Schwan in der Nähe sehen und in der Aufregung drehte ich das Steuer falsch, ich wollte rechts und drehte nach links also gerade unter die Spitze ihres Schiffes.«
„Herr Gras,« mischte sich nun Lilli ein, „ich bitte Sie, Niemand etwas von dem Vorfall zu erzählen. Ich bin zwar die Jüngere, aber als Frau doch gewissermaßen befugt, dis Schwester unter meinen Schutz und Schirm zu nehmen. Mein Mann wäre wütend, wenn er den tollen, romantischen Einfall Seraphinens, nachts allein auf dem See umherzufahren, erführe, — und die Welt! — Herr Graf, Sie wissen, wie rasch sie den Stab auch wegen des kleinsten unüberlegten Schrittes über ein Mädchen bricht."
Die anmutsvolle Würde, mit der sie sprach, stand ihr überaus gut und machte auf ihn den günstigsten Eindruck. Er reichte ihr lebhaft die Hand und versprach ihr das Geheimnis zu wahren.
Alsenhorn war ungemein entzückt und geschmeichelt, daß endlich der Graf seinen Besuch, den er so sehr ersehnte, machte.
„Sie bleiben doch bei uns zu Tisch, Herr Graf," rief er.
Kolenberg wollte die Einladung nicht annehmen, allein Alsenhorn ließ ihn kaum zu Worte kommen.
„Ach was,« sprach er, „weder Frau noch Kind erwartet sie daheim, also verderben Sie uns nicht die Freude. Lilli, komm, versuche Du es, den Grafen zu bestimmen, unsere Bitte zu erfüllen. Ihr Frauen versteht so etwas am allerbesten, wir fügen uns Euch immer willenlos.«
Lilli bemerkte, daß das schöne blaue Auge Kolmbergs ihren Mann ganz eigentümlich ansah, sie sah, daß er wohl Vergleiche ziehe zwischen ihr und ihm, daß er staune, daß sie den alten ordinär aussehenden Mann geheiratet habe und sie schämte sich seiner mehr denn je. Dann beobachtete sie ihre Schwester, die sich bemühte, auf den Grafen durch die Reize ihrer körperlichen Schönheit zu wirken. Mit innigem Frohlocken sah sie, daß es dieses Mal der geistreichen Seraphine nicht gelingen wollte, die volle ungeteilte Aufmerksamkeit Kolmbergs auf sich zu lenken.
Als sich endlich spät abends der Graf aus dem gastlichen Hause entfernte, sahen ihm die Schwestern mit sehr verschiedenen Empfindungen nach. Seraphine fühlte sich vernachlässigt und ein dunkles Gespenst, ähnlich dem Wahnsinn, die Eifersucht, schlich sich bei ihr ein und packte ihr zuckendes Herz mit grimmigen Krallen. In Lillis Auge hingegen strahlte ein Feuer, das ihr sonst nicht zu eigen war, als ihr Blick der hohen strammen Gestalt des Grafen folgte.
„Welch' ein Mann!« seufzte sie, „schön wie ein Gott! Edel, ideal, wahrhaft ein Graf vom Scheitel bis zur Sohle.«
Auf Kolenberg's Stirn hingegen lagerte tiefer Ernst. Er fuhr im offenen Wagen des Fabrikanten das Ufer des Sees entlang, ein frischer kühler Wind umfächelte ihn, allein ihm war es schwül und heiß,
und schwer entwand sich der Athem seiner Brust.
Es war schon spät in der Nacht, als er nach Seewinkel kam, dennoch ging er nicht in seine Wohnung, sondern schritt hinaus vor das Dorf, der Rosenvilla zu, vor der er lange stehen blieb. Mit einem Seufzer wandte er sich endlich ab und stieg den Berg zur Burg hinan. Er trat auf die Terrasse, sah zu dem mit Sternen über- säeten Himmel auf und sprach leise einige Worte, dann glitt sein Blick über den See und blieb auf der Villa Alsenhorn haften.
Einige Tage lang kam der Graf nicht mehr nach Tauber. Vergebens hatten sich die Schwestern während dessen mit ihrer Toilette beschäftigt. Kolenberg bewunderte sie nicht, und das Entzücken ihres Mannes ärgerte Lilli.
„Warum kommt der Graf nicht mehr?« fragte Konstantin seine Schwägerin, „ich will nicht hoffen, daß Du auch bei ihm Deine boshafte Laune ausgelassen hast. Dorau macht sich über uns lustig, daß es uns nicht gelingt, den Grafen an unser Haus zu fesseln trotz der Aufmerksamkeit, die wir ihm bewiesen.«
„Lade ihn ein,« riet Seraphine, „gieb irgend ein Fest, ein Souper mit Feuerwerk oder dergleichen.«
„Ich habe ihn vergangene Woche vergeblich zum Diner geladen," jammerte er, „man sieht ihn auch gar nicht mehr in Tauber. Ich bat den Rittmeister Brem, hinüber nach Seewinkel zu reiten, um sich nach dem Befinden des Grafen zu erkundigen, er versprach mir ihn mitzubringen.«
Wirklich kam denselben Nachmittag Brem mit dem Grafen und Dorau. Seraphine errötete vor Vergnügen, als sie die hohe Gestalt Kolenberg's neben Brem in den Garten treten sah, in welchem die Damen mit Handarbeiten beschäftigt saßen.
Auch Lillis Wangen wurden dunkler, und ein heißes Flammen zuckte in ihrem Auge dem Grafen entgegen.
„Kommen sie endlich," begrüßte sie ihn, „ich habe sie längst erwartet, um Ihnen eine seltene eigentümliche Rose zu zeigen. Sie ist nahe beim See," und ihre Hand leicht auf seinen Arm legend, führte sie ihn fort.
„Kann es denn noch eine schönere Rose geben, als die Herrin des Hauses ist," sagte er leise, während er seinen Blick bewundernd auf sie heftete.
„Warum kamen Sie so lange nicht?" fragte Lilli, „Sie mußten doch wissen, daß ich auf Sie wartete oder haben Sie es nicht gewußt?"
„Wollen Sie mich eitel machen, Frau Alsenhorn?
„Nennen Sie mich nicht bei diesem Namen, nennen Sie mich Lilli, wenn wir allein sind."
„Sagen Sie mir warum Sie Herrn Alsenhorn geheiratet haben, — und ob Sie ihn, — ob Sie glücklich mit ihm sind."
Ohne ein Wort zu sprechen, gab sie ihm mit einem traurigen Blick beide Hände, er beugte sich eben über dieselben um sie zu küssen, richtete sich aber rasch auf, als er die übrige Gesellschaft auf sich zukommen sah.
„Ich wollte doch auch den Herren das seltene Exemplar Deiner Wunderrose zeigen," rief Seraphine, einen prüfenden Blick auf die Schwester werfend.
„Sehen Sie Herr Dorau, eine solche Rose haben Sie nicht in ihrem prächtigen Garten aufzuweisen, oder?"
Dorau zuckte verächtlich die Achseln und sie fest ansehend sagte er:
„Ich werde mir eine noch schönere lebende Blume zur Zierde meines Gartens erwerben.
Sie schlug ihn neckend mit ihrem Fächer auf die Hand. „Eitler Mensch," lachte sie. „als ob man alles haben könnte, was man will."
Er flüsterte ihr zu: „Mit Geld alles.«
Sie wandte sich von ihm ab, um ihm ihren Zorn zu verbergen.
„Eingebildeter Narr," murmelte sie und knickte ihren Fächer so heftig zusammen, daß er zerbrach. „Wollen wir morgen eine Seefahrt machen?« fragte sie den Grafen, wie wäre es, wenn wir dazu ihren Schwan haben könnten, es ist schon längst mein Wunsch, einmal in dem Schiff zu fahren, ich sah niemals ein Segelschiff so schnell dahin sausen, wie den Schwan, es fliegt nur so über den See.«
„Ach ja," bat nun auch Lilli. „es müßte wunderhübsch sein, fahren wir nach Seewinkel, ich möchte so gerne Ihren Bau besichtigen.«
Er verbeugte sich zustnnmend und versprach den nächsten Nachmittag zu kommen und die Gesellschaft abzuholen. Auf der Terrasse seines Schlosses könne man dann das Souper einnehmen. Der Vorschlag wurde mit vielem Beifall ausgenommen.
(Fortsetzung folgt.)
Zwei Tiroler Schütze».
Der erste.
Weißt, Freund, was mi gift, wenn I' fehlgeschoss'n hoa?
Dees is, daß ma'n Zieler kaa' Ohrfeig'n geb'n kann!
Der zweite:
Woaßt, Freund, was mi freut, wenn I' guat troff'n hoa?
Dees is, daß ma'n Zieler kaa' Trinkgeld geb'n kann!
Mutmaßliches Wetter
am Samstag, den 19. Juli.
In ganz Mitteleuropa herrscht heute ein ziemlich gleichmäßiger, durchschnittlich, wenig, über Mittel stehender Luftdruck, ausgesprochener Hochdruck nur in Irland und über dem südlichen Teile der Ostsee. Dagegen bereiten sich in vielen Gegenden einzelne atmosphärische Einsenkungen vor und so auch in Südwestdeusch- land, Ungarn und Galizien. Diese mit raschem Zurücklveichen des Barometers verbundenen Erscheinungen weisen darauf hin, daß kräftige Gewitter nn Entstehen begriffen sind, von welchen diejenigen vom Mittwoch und Donnerstag Abend nur lokalisierte Vorspiele waren. Diese Gewitter größeren Umfangs, welche teils am Freitag teils noch am Samstag zum Ausbruche gelangen, werden zwar nicht sehr lange andauern u. auch keine nachhaltige Abkühlung, dagegen heftige Entladungen bringen. Der nächste Sonntag dürfte — mit sehr vereinzelten Ausnahmen — gewitterfrei u. größtenteils wolkenlos bleiben.
Für die Redaktion verantwortlich: Chrn. Meeh; Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.