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bei. (Beifall) Abg. Bachem (Crntrum) nimmt nochmals die Missionen gegen Bebel in Schutz. Abg. Bebel (Soz.) vermißt immer noch die Antwort auf seine an den Kriegsminister gerichtete Frage. Der Nachtrags-Etat für China wird alsdann nach einigen persönlichen Bemerkungen an di« Budget-Commission verwiesen.
Berlin, 34. Nov. Die ReichStagSabgeord- neten Nißler, Schrempf, Dr. Oertel und Genossen haben im Reichstag »inen Antrag eingebracht, nach welchem bedürftige Veteranen den Ehrensold von 130 ^ jährlich nicht erst bei dauernder gänzlicher Erwerbsunfähigkeit erhalten sollen, sondern sobald ihr« Erwerbsfähigkeit infolge von Alter, Krankheit oder anderen Gebrechen dauernd auf weniger als ein Drittel herabgesetzt ist. Der Reichskanzler wird er» sucht» di« erforderlichen Mittel eventuell durch einen Nachtragsetat auf 1. April 1901 bereit zu stellen.
Berlin, 34. Nov. Ein Telegramm der Rassischen Zeitung aus Bern besagt, aus der französischen Schweiz wurde dem Präsidenten Krüger bei seiner Ankunft in Marseille eine Sympathiekundgebung mit 13.667 Unterschriften übergeben.
Paris, 34. Nov. („PariS-NouvelleS.") Präsident Krüger traf um 10 Uhr 40 Min. auf dem Lyoner Bahnhofe ein. Es war ein mit Blattpflanzen geschmückter Pavillon hergestellt worden, aber der Zug fuhr darüber hinaus und der Empfang fand auf dem Bahnsteige selbst statt. Der Salonwagen des Präsidenten Krüger war mit Blumen an- gefüllt. Als der' Präsident am Wagenfenster erschien, erschallten brausende Hochruf« auf Krüger, welcher durch Abnehmen des Hutes dankte. Er halte gleich seinen Reisegefährten groß« Mühe seine Bewegung zu bemeistern. Viele Anwesende, darunter viele Eisenbahnbeamte brachen in Thränen aus. Sofort begannen die Reden. Der Piäfident antwortete von dem geöffnete» Wagenfenstrr aus. Nach jeder Rede erschollen die Rufe: „Hoch Krüger! Es leben die Buren." Der Chef des Protokolls Crozier hieß den Präsidenten im Namen der französischen Regierung willkommen. Krüger dankte mit einigen Worte». Dann sprach der Senator und ehemalige Justizminister Guerin im Namen des ComitsS und im Namen des französischen Volkes überhaupt, welches stets für die Gerechtigkeit, Freiheit und das Recht eingetreten sei. Er gab seinem Wunsche Ausdruck, daß die tapferen Buren, welche in ihrem Lande für di« Unabh ängigk eit kämpfen, schließlich^Ven SieL davontragen n i üchtr n. Der Präsident erinnerte in seiner Antwort daran, daß er stets eine schiedsgerichtliche Entscheidung verlangt habe und auch jetzt noch verlange. Der Präsident des Pariser Stadtrates, Grebauval, hielt darauf eine zündend« Rede. Am meisten gefiel die Stelle, in welcher er sagte, daß dis Stadt Paris alle Unterdrücker ohne jeden Unterschied verabscheue und Haffs. Präsident Krüger, dessen Bewegung während dieser Rede noch gestiegen war, dankt« der „Lichtstadt" für den ihm bereiteten Empfang. Er fügte hinzu, die alte Devise der Stadt Paris: „Rluetuat nse wsr- xitur" sei künftighin auch diejenige von Transvaal und niemals würden die Buren die Waffen niederlegrn. Zum Schluff« gab der Präsident deS GeneralratS deS Seine-DrpartementS d»m Wunsche Ausdruck, die von Krüger unternommene Europa-Reife möchte zur Erreichung de« angestrebten Zieles führen. Krüger erwiderte, er habe die feste Ueberzeugung, daß die gute Sache der Buren schließlich doch siegen werde. Unter Hochrufen auS tausend und abertausend Kehlen verließ
Krüger den Bahnzug und bestieg einen Wagen, der ihn nach dem Hotel Ecribe in der Nähe der großen Oper verbracht«, wo sich eine ungeheure Menschenmenge angesammelt hatte, welche Krüger bei seiner Ankunft mit jubelnden Zurufen begrüßten. Krüger erschien mehrere Male auf dem Balkon, wobei man bemerkte, daß er seinen alten legendenhaften Zylinderhut mit einem durchaus neuen vertauscht hatte. Sein Enkel Eloff trat an seine Seite und schwenkte unter ungeheurem Jubel der Menge eine Trikolore.
Paris, 34. Nov. Um 4 Uhr 30 Min. fuhr Präsident Krüger, geleitet von einer Escadron der Kürassiere in dem Wagen des Präsidenten der fran- Republik nach dem Elysee. Im Hofe des Elyser- Palaste» wurden ihm wie einem Souverän eines unabhängigen Staate« militärische Ehren von Infanterie- Abteilung mit Fahne und Musik erwiesen. Der Besuch dauerte 10 Minuten, worauf Präsident Krüger unter denselben Ehrenbezeugungen nach dem Hotel zurückfuhr. Um 4^/« Uhr erschien der Chef des Protokolls Grozier in großer Uniform bei Krüger, um ihm den Besuch des Präsidenten Loubet anzuzeigen und die Aeußerlichkeiten zu regeln. Kurz darauf kam Loubet angefahren. Der Besuch dauerte eine Viertelstunde. Die auf den Straßen versammelte Meng« brachte lebhafte Hochrufe auf Loubet aus. Obschon ein großes Gedränge herrschte, ist keinerlei besonderer Zwischenfall zu verzeichnen.
Paris, 34. Nov. Eine Schar von Studenten mit Fahnen an der Spitze durchzogen die Stroßrn in der Nähe des Absteige Quartier« Krüger» unter den Rufen: Nieder mit England. ES wurden 13 Verhaftungen vorgenommen. Um 4 Uhr stattete Krüger dem Präsidenten der Republik einen Besuch ab, der, wie e« heißt, alsbald «inen Gegenbesuch im Hotel fand. Das Hotel wird noch immer von einer ungeheuren Menschenmenge belagert.
London, 33. Nov. Wie von Eingeborenen verlautet, haben Präsident Stein und der Com- mandant Dewet die englischen Linien zwischen Abia und MarrianS an der Spitze von cirka 10,000 Buren durchbrochen.
London, 33. Nov. Manchester Guardian stellt fest, daß die Nachrichten aus Südafrika täglich schlimme« lauten. Der Kriegsschauplatz gewinnt mit jedem Tage an Ausdehnung. Das Ergebnis der früheren Siege ist durch di« jüngsten Er- emMe vernichtet. Die ,Anwerbung von Rekruten bleibt ergebnislos. Die Kolonialtruppen weigern sich, weitere Dienste in de« englischen Armee zu nehmen. Die beabsichtigt« Verstärkung des südafrikanischen Heeres um 10,000 Mann gilt als unzureichend, um das Ende de« Kriege» herbeizuführen.
Die Wirre« i« China.
Berlin, 33. Nov. Der Lokal-Anzeiger meldet au» Peking: Als Felvmarschall Graf Waldersee am Dienstag die Besuche deS Vice- königS Li-Hung-Tschang und deS Prinzen Tsching erwiderte, drückten beide chinesischen Straatsmänner ihre Hoffnung auf einen baldigen Friedensschluß auü. An der Hand einer Landkarte soll ihnen gezeigt worden sein, daß in Anbetracht der Größe des Distrikts, den die Verbündeten besetzt haben, die chinesischen Truppen auf keinen Erfolg mehr rechnen können. Bei ihrem Besuch im Kaiserpalast hätten die beiden Unterhändler gebeten, daß ihre Depeschen an den Kaiser von China frei durchgelaffen würden. Der
Feldmarschall sagte dies zu unter der Bedingung, daß die Depeschen ihm vorher unterbreitet würden, wa» den Chinesen wenig zu gefallen schien. Am Dienstag berührte Lihung Tschang dasselbe Thema, ohne aber eine Antwort zu erhalten.
Berlin, 34. Nov. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Peking: Die Expedüion des Obersten Jork traf bisher auf keinen Widerstand. Chinesische Truppen in Stärke von 180 Mann hatten Swanhud früh verlaffen. Die deutschen Truppen fanden dort die beste Aufnahme. Auch General Ho Altho, der geschworen hatte, er werde bis zum letzten Moment kämpfen, verließ Kalgan, das Oberst Jork bereits heute besetzt haben wird. — Eine kleine deusche Expedition hatte westwärts von Peking «in Gefecht mit Boxern, die zerstreut wurden und 50 Tote verloren.
Berlin, 35. Nov. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Peking: Die deutsche Kavallerie erreichte zwischen Sunuhn und Huainan den Nachtrab der Chinesen, die unter den Generalen Ma und Ho zurückgingen. Sie attackierten zwei Mal Infanterie und Kavallerie. Es wurden 30 Chinesen getödtet und 5 Munitionswagen erbeutet. Die Deutschen setzten die Verfolgung fort, konnten aber die Hauptmacht nicht mehr erreichen» da diese sich in Auflösung zurückgezogen hatte. Die Deutschen hatten keine Verluste.
Berlin, 25. Nov. Gegenüber mehrfach ausgedrückten Befürchtungen einer bevorstehenden Jsolirung des Dreibundes in der China-Frage kann der Lokal-Anzeiger consta« tiren, daß die jüngst von Amerika her verbreiteten Gerüchte über ein bevorstehendes Abschwenken de« Washingtoner CabinetS au« dem Conzert der Mächte hier nicht ernst genommen worden sind und thatsäch- lich auch unbegründet waren. Wir das genannte Blatt hört, hatte der hiesige amerikanische Botschafter Mr. White eine lange Unterredung mit dem Staatssekretär de» Auswärtigen Amtes Freiherrn von Richthofen über die Bestrafung der Rädelsführer der Boxer sowie über die von China seitens der Mächte zu verlangende Entschädigung. Die Unterredung hatte eine beide Teile sehr befriedigendes Ergebnis.
Handelskammer Lalw.
Geffentliche Sitzung
am Mittwoch, den S8. November IVOtt, vormittags S Uhr, auf dem Rathaus in Calw. Tagesordnung:
Beratung der neuen Geschäftsordnung der Handelskammer.
Vorschriften über den Kleinhandel mit Garnen. Veröffentlichungen auS dem Handelsregister.
Vorstand:
Kommerzienrat Zoeppritz.
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Ich will nicht versuchen, meine Gefühle zu beschreiben, als ich die« la». Mir wurde ganz schwindlich, ich glaubte, der Schlag müsse mich rühren. — WaS konnte eS anderes sein? Florenc» war dem Zwang unterlegen, sie hatte «ingewilligt, Morecomb« zu nehmen, sie zeigte ihre baldige Hochzeit an. Der schmerzliche Herzenüschrei, welcher durch den Brief meiner Cousin« hindurchtönte, er hallte wieder bis auf den tiefsten Grund meiner Seel«. — Völlig apathisch nahm ich das Schreiben von Florence, und begann da« Netzwerk ihrer Schrift zu entziffern. — Wa» das nun heißen soll? Es ist doch gar nicht zu begreifen, warum di« Mädchen immer die Schrift ihrer Briefe kreuze»; ist da» Papier denn noch nicht billig genug? — Dieser kleine Umstand reizt« mich, und verwandelte meine eben noch so verzweifelte Stimmung in eine sehr ärgerliche. Der Brief war an meine Cousin« gerichtet und von Dunkeld datiert. Mein« süße Kleine begann mit der Erklärung, daß sie bis jetzt daS Schreiben verschoben hätte, weil sie nicht im stände gewesen wäre, etwas Gewisse» mitzuteilen. Nunmehr aber hätten sich die Dinge allmählich in einer Weise zugespitzt, daß sie Wichtige» berichten könne. „Ich will mich nicht damit aufhalten," schrieb sie weiter, „dir all di« Versuche und Ueberr«dung»künst« zu schildern, di« Papa und Tante DamariS anwandten, um mich zu bestimmen, die B«werbung diese» Menschen, de« ich schon einmal abgewiesen, doch noch anzunehme». Du kannst Dir aber denken, welch harten Stand ich beiden gegenüber hatte. Papa scheint alle Selbstbeherrschung verloren zu haben» und läßt sich nie eine Gelegenheit entgehen, beleidigend von Deinem Vetter zu sprechen, trotzdem ich ihm feierlich erklärt habe, daß dieser mit meiner Weigerung betreffs Morecomb«, ebensowenig zu thun hat, wie mit der Mondfinsternis, die wir kürzlich hatten. Nachdem sie gesehen Hecken, daß ich fest bleib«,
und ich, durch ihre unaufhörlichen Quälerei« auch schon ganz schwach und elend geworden bin, sind Papa und Tante Damaris nun neuerdings übereingekommrn, daß ich mich an geheimer Liebe verzehre. Sie haben deshalb beschlossen — ja, wa» denkst Du wohl, daß sie beschlossen haben? — Nun, nichts Geringere», als daß ich im nächsten Monat Tante DamariS nach Sydney begleiten soll! Sie segelt am achtundzwanzigsten in dem .Strathmore', demselben Schiff, in welchem sie herüber kam, so daß wir noch drei Wochen bleiben, um nach Clifton zurückzukehren, alle Vorbereitungen zur Reise zu treffen und euch allen Lebewohl zu sagen. WaS sagst Du dazu? — Und fragst Du was ich denke? Nun, Lieb«, ich kan« nicht behaupten, daß ich sehr traurig bin. Die häuslichen Verhältnisse, unter denen ich jetzt leide, find so entsetzlich, daß es mir ganz lieb ist, wenn ich ihnen auf diese Weise entzogen werde. Papa meint sicherlich das, was er sagt, nicht halb so schlimm, als er «S ausdrückt, aber bezüglich Morecombe hat er jetzt mehr denn je seinen Kopf aufgesetzt, da er — da» aber ganz im Vertrauen gesagt — vor Deinem Vetter geradezu Furcht hat. Wie merkwürdig doch die Männer sein können! — So bin ich also Tante DamariS eigentlich dankbar, daß sie di« Reise vorgeschlagen hat. Natürlich hat diese nur den einen Zweck, mein Herz frei zu machen, und darin Pzatz zu schaffe» für da» schöne BUd von Mr. Morecombe. Clifton und meine Freunde zu verlaffen, wird mir schwer werden, trotzdem aber ist mir der Gedanke an di, Reise nicht unangenehm. Ich freue mich darauf, da» Sydney wieder zu sehen, und wieder einmal ein« Zeit lang das herrliche Meer durchkreuzen zu können, da» ich so sehr lieb«. Wie lang« ich fort sein werde, ahne ich nicht, ich denk« aber wohl «meinhack oder zwei Jahre."
(Fortsetzung folgt.)