ab. Die Kaiserin mit der Erbprinzessin von Meiningen wohnten dem Schauspiel in einem Kspännigen offenen Wagen bei. Nach der Parade ritt der Kaiser an der Spitze der Fahnenkompagnie nach dem Schloß, von einerdichtgedrängten Menschen­menge überall begeistert begrüßt.

Berlin, 23. Mai. Bei dem deutschen Bundesschießen werden Elsaß-Loth­ringer in großer Anzahl anwesend sein. Es ist das erste Mal, daß Elsaß-Lothringen sich an einem nationalen Feste beteiligt.

Wi esb a d e n, 23. Mai. Der Kaiser telegraphierte an die Witwe des Generals v. Frans ecky: Ich erinnere mich in Dankbarkeit der großen Verdienste, die Ihr verstorbener Gemahl sich um das Vater­land erworben hat. Der Kaiser befahl die Beisetzung der Leiche mit allen Ehren, welche aktiven Generalen zukommen.

Worms, 21. Mai. In der letzten Zeit sind außerordentlich viele Erkrank­ungen an Influenza oder deren Folgen vorgekommen. Die meisten Fälle sind sehr schlimmer Art.

Württemberg.

Zum Vorsitzenden für die im II.Quartal d. I. stattfindcnden Schwurgerichtssitzungen im Schwurgerichtssprengel Tübingen ist Landgerichtsrat von Reuß ernannt worden.

Un tertü r k h ei m. 21. Mai. Die Gewächse gedeihen bei der gegenwärtigen Witterung vortrefflich: dies gilt nament­lich vom Weinstock, der in den letzten Tagen große Fortschritte gemacht hat. Die Obstbäume haben verblüht; aber der Frucht­ansatz entspricht namentlich bei den Apfel­bäumen der reichen Blüte nicht, da der Kaiwurm großen Schaden angerichtet hat.

V ai h i ng en a. E., 21. Mai. Gegen die im vorigen Jahre auch im Enzthal so verderblich aufgetretene Blattfallkrank- heit der Weinberge rüstet man sich all­gemein, auch sind zur Erleichterung der hiedurch entstehenden Kosten Beschlüsse ge­faßt worden. Die Gemeindekollegien von hier haben die Hälfte des Aufwands für Kupfervitriol auf die Stadtkaffc über­nommen, während der landwirtschaftliche Verein jedem seiner Mitglieder, der einen zweckmäßigen Bespritzungsapparat anschafft, '/i dieser Kosten ersetzt. Heute wird be­reits von Einzelnen mit dem Bespritze» der Reben hier begonnen und in de» nächsten Tagen solches allgemein besorgt werden.

Ausland

Paris, 22. Mai. Auf Vorschlag des Präsidenten der Republik hat der Bey von Tunis eine Verfügung erlassen, um de» noch an einigen Orlen der Regentschaft bestehenden Sklavenhandel in unbedingter Weise zu unterdrücken.

MilyM'n.

Wie's mir am 1. Mai erging.

Selbsterzähltes von Lattensritze.

Also früh um sieben spüre ick, det mir Eener weckt, un richtig is et meine Karline. Nanu, sage ick, det stimmt doch nich mit'm Normal-Schlaf» tag, laß mir man noch ne Ueberschicht drus­sein; und wie so jedes Ding seine zwee Seiten hat, legte ick mir uf de andere und schlief noch bis jejen neine, so daß ick um elfe schon janz

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mobil war und et getrost mit zwee Nordhäusern ufnehmen konnte.

Un Mens Wat recht is: der Himmel machte um diese Tageszeit dermaßen blau, det 'nemensch- liche Konkurrenz jarnich dajejen ufkommen konnte. Ick sage also kurz resolvirt, weeßte Karline, sage ick, heite is der jroße Weltfeierdag, un da werde ick der Welt zeigen, Wat 'ne Harke is!

Um Jotteswillen, Jottlieb, Wat willste denn machen? kreischte se in 'ner Angst, die ick keenem Burschoa gönne.

Wat ick machen will? sage ick; Feierabend will ick machen, un zwar fofortissimo.

Na ville Anderes machste eejentlich sonst noch nich, repliziert mein Hausdrache, wodrus ick mir in Positur schmeiße un folgenden Ton riskiere:

Det könnte schon stimmen, aber heite feiere ick mit Bewußtsein; wenn ick sonst mscht dhue, denn bin ick 'n janz jewöhnlicher Proletarier, wenn ick aber heite nischt dhue, denn bin ick international nnd faullenze vor de heiligten Jüter der Menschheit.

Un damit werfe ick mir in de feine Extra-Kluft un stieble nach de Prenzlauer Straße.

Ehe ick aber an de Durststill-Station komme, bleibe ick an'n Neibau hängen, un wie ick ruffkieke, da denke ick doch jleich, ick soll vor Schreck det Jerüste rufffallen, un ick reib mir ne Logen, bit se staatsjefährlich rot wurden, aber et war keene Sinnestäuschung, wat ick da erblickte, sondern blos ne Jemeinheit: uf det Jerüste wurde nämlich jemauert.

Ick natürlich de Leiter ruff un n'e Rede an- jefangen. Wat, Jenossen, sage ick, Ihr erklärt Euch hier mit de Arbeit in Perjamenz, während raußen de janze Welt vor den achtstündigen Ruhetag uf de Lanzen eilt und 'ne Schanze bricht?!

Quatschkopp! entgegnet Fritze Bumfke, eener von de Maurer, Wat 'n Studienjenosse von mir is aus de Zeit her, wo wir Beede de Jemeinde- schule schwänzten; Quatschkopp! meent er, in Ber­lin wird eben jearbeet',un wer uns dadran hin­dern will, dem jerben wir det Leder!

Was? sage ick, mauern und jerben an'n Welt­feiertag? wo wir uns een Herz un een Kümmel fühlen müssen mit unsere Brüder in Spandau und Barcelona und Antwerpen und London und Spremberg?

Nu kam aber der Polier un herrschte mir an, ick sollte mir fortpacken, un ick hätte kein Recht, mir us'm Jerüste ufzuhalten, wenn ick nich mit zujreifen thäte.

Nee, Herr Werkmeester, sage ick, wegkriejen thun Se mir hier nich, un wenn et nich anders sein kann, denn greise ick mit zu, aber us'm Je­rüste bleibe ick; denn det is heit meine jeborene Tribüne, un hier muß ick uf meine Mitbrüder inwirken könen, bis se blau werden.

Un weil jrade 'n Steinträqer fehlte, fing ick an, mir in diesem Fache unnützlich zu machen; seht, Jenossen, sagte ick, seht mit wat vor'ne schwere Lasten ick mir hier schleppen muß, blos um Euch bejreiflich zu machen, det et Nischt Je- meinsameres jiebt als de Solidarjetät!

Ick trug also Steine un redete un trug wieder Steine un strengte de Lunge an für de Maifeier un machte die Jenossen ufmerksam, det se sich furcht­bar blamierten vor unsere internationale Brüder in Stendal und Turin und Philadelphia und Kottbus; aber die Bande uf's Jerüste blieb klotzköppig und machte nich eher Feier abend als bis wirklich Feierabend war, womit denn die ganze Maifeier als 'n Schlag in's kalte Wasser ful.

Wie ick nun nach Hause komme, schreit meine Karline mit liebsten Katarrh: Wie siehste denn aus, Männe, Du bist wohl in 'ne Cementjrube gefallen.

Nee, dieses weniger, beruhige ick ihr, aber ick habe wat jethan, wat ick schon lange nich gethan Hab', nämlich gearbeet' Hab ick, un det is ooch tat Enzigste, wodran ick jemerkt habe, det heite weh Besonderes los is!

(Um elstausend Mark) ist ein Berliner Ge­schäftshaus geschädigt worden. Der Bankbote des Hauses erhielt 20000 Mk. in Wertpapieren mit dem Aufträge, dieselben bei der Reichsbank umzuwechseln. Auf der Reichsbank gab man ihm sechs Cintausend-Markscheine und 5000 Mark in Einhundert-Markscheine, die übrigen 9000 Mark in Gold. Die Scheine, welche der Beamte zu einem Packet zusammengesaßt hatte, steckte der Bote in eine alte Ledermappe, während er die Goldmün­zen in einem Beutel trug. Nach dem Umwechseln

der Wertpapiere begab sich der Bote zum Giro­kontor und da er hier auf eine Eintragung war­ten mußte, so setzte er sich auf eine Bank, legte die Ledermappe neben sich und auf dieselbe seine Mütze. Den Beutel mit dem Golde stellte er zwischen die Füße. Der Vorgang spielte sich kurz nach 12 Uhr ab, und wie immer, so war es gestern um diese Zeit auf der Bank und besonders im Girokontor sehr lebhaft. Neben dem Boten ließ sich ein gut gekleideter, etwa 20 Jahre alter Mensch auf derselben Bank nieder. Bei der herrschenden Wärme, die durch den lebhaften Ver­kehr noch erhöt wurde, fühlte der Bankbote mehr- , mals das Bedürfnis, sich mit seiner Mütze Luft : zuzusächeln. Als er sich nach einiger Zeit erhob, um seine Geschäfte zu erledigen, war sowohl seine Ledermappe mit den 11000 Mark in Banknoten als auch der Nachbar, welcher zur Linken gesessen hatte, verschwunden. Die(geschädigte Firma hat, nach derPost", auf der Wiederbeschaffung der der ganzen Summe eine Belohnug von 1000 Mark ausgesetzt.

(Beim Kasernen-Besuch.)Sind Sie zufrieden mit dem Essen?" Zu Befehl,

Herr General!"Kriegt nicht zuweilen Einer 'ne kleine und ein Anderer 'ne große i Portion?"Nein, Herr General, wir kriegen alle kleine Portionen.

(Fraglicher Nutzen.) Sohn: Sieh'ein- ^

mal her, Papa, das sind die Seiden­raupen, die bekanntlich unter die nützlichen Tiere gehören. Vater: Was, nützliche Ij

Tiere? Sieh' Dir doch einmal eine )

Schneiderrechnung deiner Mutter an!

(Im Buchladen.) Junge Dame:Ich s

bitte um einen Führer durch ach Gott, j jetzt habe ich den Namen vergessen!" s Verkäufer:Vielleicht durchs Leben, mein i

Fräulein?" Junge Dame:Nein die Gegend kenne ich!" s

Rätsel. S

Nach drei Städten mußt du wandern. !!

Zeichen suchen eins zum andern 1

Zwei wirst du in Pfungstadt finden j

Drei in Oberingelheim, j

Auch nach Stendal magst du gehen,

Um die letzten drei zu sehen.

Auslösung des Rätsels in Nr. 81.

Paulus Flandern Iserlohn Napo- ( leon Gutenberg Seneca Teniers i Edelweiß Narzisse. Pfingsten.

Mngstgruß.

Willkommen in all' deiner lenzlichen Pracht,

O, Pfingsten, du Fest ja der Maien

Wie weißt du mit deiner bezaubernden Macht

Uns allen das Herz zu erfreuen! ?

Mit Blüten geschmückt ist dein schimmernd Gewand: s

So kommst du einher nun gegangen

Und läßt vom Gebirg bis zum nordischen Strand

Rings Alles so duftig erprangen!

Wie glänzt es von Farben, wie regt sich's voll

Kraft !

Weithin wohl in Wäldern und Auen

Wie machtvoll Natur schon zur Ernte doch schafft, Wohin auch man immer mag schauen: !

O Pfingstgeist, dein Wehen durchbebt heut' die !

Welt, -

Du wohnst auch gar tief in den Herzen,

Und bannest aus jenen, die sorgengequält,

Mit segnendem Hauch alle Schmerzen!

D'rum hinaus in die duftige Maienpracht,

Hinaus in den taufrischen Morgen

Seht, wie es da winkt und entgegen uns lacht:

Wer mag dann noch sitzen und sorgen?

Weitaus d'rum die Herzen, pfingstfröhlich den Sinn

So wollen das Fest all wir feiern,

Und uns an demselben im lenzlichen Grün Den Geist und den Körper erneuern!

k. ösrtbolä.

Für die Redaktion verantwortlich: Chrn. Meeh; Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.