die zweite Kompagnie übt vom 16. bis 31. Oktober und hierzu werden die gleiche Anzahl Mannschaften aus den Landwehrbezirken der 26. Division eingezogen werden. Die zu den Hebungen erforderlichen Gespanne entnimmt das Trainbataillon aus den nach den Herbstübungen bei der Kavallerie nnd Feldart. zur Ausrangierung kommenden Dienstpferden. Behufs Erhöhung der Ausrückungsstärken der Kav all eri e-Regt. zum Manöver werden von Mitte August zur Uebung! auf längstens 8 Wochen zu jedem Kav.-Regt. 20 Gemeine aus der Reserve eingezogen werden. Zum Eisenbah n-Regt. Nr. 2 ist von den Mannschaften des Beurlaubtenstandes der Eisenbahnbrigade, welche in Württemberg wohnen, 1 Mann zu einer 12tägigen Uebung vom 1. Juli an einberufen. In erster Linie sollen stets diejenigen Leute einberufen werden, welche noch keine Uebung im Beurlaubtenstande abgeleistet haben, mit den ältesten Jahresklassen beginnend.
Ausland.
Paris, 29. April. Es ist bereits mitgeteilt, daß die Regierung, um allen Verwicklungen, die der 1. Mai vielleicht hätte heraufbeschwören können, nach Thun-! lichkeit vorzubeugen, einen ganz geschickten! Handstreich gemacht hat. Sie hat eine! ganze Anzahl von zweifelhaften politischen Persönlichkeiten — die amtlichen Mitteilungen sprechen von 20, die Blätter von 30 bis 40, in Wirklichkeit sind es etwa 80 bis 90, auch vielleicht 100 — hinter Schloß und Riegel gesetzt. In der That, nahezu alle diejenigen, von deren Teiberein man etwa Unheil erwartete, sitzen jetzt zwischen vier Wänden. Die meisten sind einfach in polzeiliche „Verwahrungshaft" genommen worden. Darüber schimpfen nun heute bereits manche liberale Philister mit vollen Backen. „Wo bleibt die republikanische Freiheit, wenn der Regierung gestattet sein soll, die Bürger aufzuheben und einzustecken, blos auf den Verdacht hin, sic führten etwas im Schilde? Das hat Napoleon auch gelhan! Und die Regierung entblödet sich nicht, in seinen Schuhen zu wandeln?" So die liberalen Theoretiker, die allezeit das Maul voll nehmen und mit nichts zufrieden sind. Ist die Regierung mild, so schimpfen sie über Schwäche, ist sie stark, so schreien sie über Härte. In den breiten Schichten der ruhigen Bürgerschaft ist man, im Gegensatz zu diesen politischen Kannegießern, völlig zufrieden mit dem energischen Vorgehen der Regierung. Zum Teufel noch einmal, sollen wir Millionen von ruhigen Bürgern, die wir keinen anderen Wunsch haben, als in Frieden die Früchte unserer Arbeit zu ernten, uns jahraus jahrein von einer kleinen Minderheit verrückter oder verbrecherischer Agitatoren tyrannisieren lassen? Die Boulanger-Periode hat gezeigt, wohin die Regierung mit dieser angeblich liberalen, in Wirklichkeit nur schlappen Haltung kommt! Nein, und nochmals nein, wir sind ganz zufrieden, daß die Regeierung mit starker Hand dafür sorgt, daß uns die Ruhe erhalten bleibt, deren wir uns seit einiger Zeit erfreuen. Mag wirklich der eine oder
andere der verhafteten Maulfechter und Agitatoren unschuldig eingesponnen sein, das ist unS sehr gleichgültig. Und im übrigen, sie werden ihre Schuld schon auf dem Kerbholz tragen. (Strßb. Pst.)
Paris, 30. April. Die Haussuchung beim Marquis Mores führte zur Entdeckung zahlreicher anarchistischer Flugschriften, von denen einige die Soldaten zum Widerstande gegen ihre Vorgesetzten auffordern. Ferner wurden bei einer heute erfolgten Haussuchung in dem Redaktionslokal des mit dem Marquis de Mores in Verbindung stehenden Anarchistenblattes „Assaut" 1500 eisenbeschlagene schwere Knüppel vorgefunden. Die Blätter glauben, Marquis de Mores habe dieselben bestellt.
Paris, 1. Mai. Unter den verhafteten Anarchisten befindet sich auch Louise Michel.
MiMtlcn.
Am Held und Heldeswert.
Roman von M. Widdern. lNachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Nachdem die Männer auf der einsamen Fahrt über allerlei gleichgiltige Dinge gesprochen, fragte Willibald plötzlich:
„Apropos, Lieber — ist Ihnen das Ziel unsrer Fahrt näher bekannt?"
„Sie meinen das Fischerdörfchen W. — Signor?!" „O, gewiß! Aber viel zu holen ist da nicht", lachte der Gefragte. „Es besteht nur aus drei Ansiedlungen, die noch dazu so weit von einander entfernt liegen, daß die Leutchen fast außer allem Verkehr mit einander leben."
„Das ist mir bekannt. Doch noch eine Frage: „Hat sic der Zufall vielleicht in W. mit einer Julia Sorino bekannt gemacht? — Eine alte Frau meine ich, in deren Geist es nicht ganz richtig zu sein scheint."
„Gewiß, gewiß, Signor — ! Früher kam die unglückliche Person sogar oft in unsre Stadt — und da ich einen kleinen Kramladen habe — auch in mein Haus, um ihre Einkäufe zu besorgen. Sie ist ein gutmütiges Weib trotz mancher Eigentümlichkeiten. Deshalb läßt man sie auch ungeschoren in ihrem kleinen Häuschen wohnen — ganz allein mit einem fünfzehnjährigen Mädchen — der kleinen Babtiste — die ihre Enkelin ist — müssen Sie wissen. . . . Signor, setzt; der Wagenführer nach einer Weile fort — die alte Julia war einst eine sehr glückliche Frau und eine beneidenswerte Mutter dazu, denn ihre Tochter Margaritha hieß „das schöne Mädchen" weit und breit.
Noch ein halbes Kind, verheiratete sie sich mit einem stattlichen, reichen Burschen, einem Schiffer, wie Julias Gatte auch gewesen. Ein paar Jahre des Glücks folgten nun. Margaritha schenkte ihrem Mann ein Töchterchen, die kleine Babtista, über deren Geburt die Großmutter fast noch erfreuter war, als der junge Vater. Aber ich meine, Signor, die Seligkeit war aber wohl zu groß in dem kleinen Häuschen des jungen Schifierpaares, in welchem nun auch die Alte wohnte, denn eines Tages verwandelte es sich in Schrecken und Entsetzen.
Die schöne Margaritha hatte ihren Mann hinaus auf den Strom begleitet zum Fischfang. Bei gutem Wetter waren sie ausgefahren — doch bald bewölkte sich der Himmel und ein Sturm erhob sich plötzlich, wie man seines Gleichen kaum erlebt. Die alte Julia, welche mit der kleinen Babtista allein in dem Schifferhäuschen zurückgeblieben, lag auf den Knieen und betete für ihre Lieben. Aber Stunde auf Stunde verging und Schwiegersohn und Tochter kehrten nicht heim.
Signor, der böse T—ström fordert viele Opfer und auch das junge Paar hatte er hinabgezogen in die Tiefe.-
Seit dem Tag aber — an welchem man der alten Julia die toten Kinder brachte, faßte sie der Irrsinn. Sie glaubte ihre Margaritha noch immer auf dem Strom und noch jetzt geht sie oft Stundenlang am Ufer auf und nieder — weinend und wehklagend, daß ihre schöne Tochter noch gar nicht heimkehren wolle.
Willibald hatte der Erzählung des schlichten Mannes mit vielem Interesse zugehört. Jetzt atmete er tief auf und fragte:
„Wann haben Sie die bedauernswerte Frau zuletzt gesehen, Lieber?"
„O, das ist schon ein halbes Jahr her! — Wie gesagt, jetzt kommt die Aermste nicht mehr nach der Stadt. Was sie braucht, kauft sie von Hausierern. Viel ist's ja ohnedem nicht, denn wenn sie auch die Babtista bei sich hat, so find ihre und des Kindes Ansprüche doch nur äußerst gering. — Aber Verzeihung, Signor," unterbrach sich der Mann plötzlich, „ist es die Julia, deretwegen Sie nach W. fahren?
Willibald zögerte einen Augenblick, dann erwiderte er kurz: „Ja!"
Willibald lehnte sich in den Wagen zurück und schloß die Augen. — Der andere, in dem Glauben, sein Passagier wäre von der Müdigkeit überwunden worden, schwieg auch. So rollte das kleine einfache Gefährt durch die prachtvolle Landschaft, einem der schönsten Teile des gottgesegneten Italiens zu, ohne daß der Deutsche im Wägelchen einen Blick für all die Herrlichkeiten hatte, die beim Mondschein geradezu zauberisch erschienen. Vielleicht schlief er auch wirklich und träumte von einer lieblichen, jungen Frau, die ihm hilfesuchend die Hände entgegenstreckte.
Wenig nach Mitternacht erreichte das Gefährt mit seinen beiden Insassen das Fischerdorf. Da aber das Häuschen der alten Julia zu dem letzten der drei Gehöfte gehörte, aus denen die wunderliche Ortschaft bestand, so hatte man noch fast eine Viertelstunde zu fahren, ehe man auch dieses Ziel erreicht.
(Fortsetzung folgt.)
(Ein vorsichtiger Kritiker.) Herr (zu einem Kritiker, der über eine höchst langweilige Posse eine milde Kritik geschrieben): „Aber sagen Sie doch, warum haben Sie denn diese Posse nicht schärfer getadelt?" Kritiker: „Na. wissen Sie, der Dichter ist ein baumstarker Kerl, und das sehen Sie doch aus seiner Posse, daß der Mann keinen Spaß versteht!"
Für die Redaktion verantwortlich: Chrn. Me eh; Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.