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<Loö der Waturheilweise.
Das praktische Wochenblatt „Fürs HauS" bringt in seiner Nunimer 375 folgendes humoristische Gedicht, das mit dem ausgesetzten Preise gekrönt wurde.
Bon Fräulein Anna Schieber zu Eßlingen.
Frau Sonne schaut verwundert aus.
Regt sich denn noch kein Mensch im Haus? Schon lang, schon lang ist's Heller Tag,
Wer nur so lange schlafen mag!
O Sonn', sähst Du ins Haus hinein,
Du ließest bald Dein Schelten sein,
Du kennst die Menschheit nimmer recht,
Kennst nicht das heutige Geschlecht.
Wo jeder Mensch, ob groß, ob klein;
Hat irgend eine Krankheitspein!
Der Vater hat das Podagra,
Migräneleidend ist Mama.
Des Hauses Streber, nein wie dumm,
Der ist nervös vom Studium;
Backfischchen ist stes müd' und matt.
Dieweilen es die Bleichsucht hat;
Sogar die Kinder hört man klagen,
Im Kopf, im Fuß und auch im Magen!
Und weil mit jedem neuen Tage Erneuert sich des Lebens Plage,
So läßt man auch den Tagesschein Recht lange nicht ins Haus hinein. Großmütterlein stillseufzend spricht:
„So war's zu meinen Zeiten nicht,
Krankheiten ziehen jetzt durchs Land,
Die früher hat kein Mensch gekannt!
Von Nerven, dieses sag' ich nur,
Da wußt' man einstens keine Spur.
Jetzt kommt, es ist ein wahrer Graus,
Der Doktor jeden Tag ins Haus,
Verordnet Pillen hausenweise Und kritisieret Trank und Speise:
Dem Herrn Kakao, der Frau Kaffee,
Dem Herrn Studiosus grünen Thee.
Des Leberthranes wiirz'ger Duft Verschwimmt balsamisch in der Luft,
's giebt Morphium für Nervenpein,
Für Bleichsucht Eisenchinawein —
Und doch ist's stets das alte Lied:
Die Menschheit bleibt krank, matt und müd'!"
's ist Abend um den Tisch herum Sitzt die Familie, still und stumm.
Die Mutter weint und ringt die Hände: Taute In kamillo sollt' nach Ostende.
Das hat der Doktor vorgeschlagen —
Nur kann's der Beutel nicht ertragen!
Papa liest eifrig im „Fürs Haus"
Und brummt nur: „Da wird nichts daraus,"
'Ne Badereis' für 1000 Mark,
Das wär' mir wirklich doch zu arg.
Hier las ich grad' ganz andere Sachen,
Da woll'n wir mal 'ne Probe machen.
Laßt mich einmal den Doktor spielen.
Will seh'n, was wir damit erzielen."
— Und in der Morgendämmerung Geschieht 'ne Völkerwanderung.
Ein Wagen, hochbepackt mit Betten,
Mit Küchen- und mit Hausgeräten,
Mit Mundvorräten, Töpfen, Pfannen,
Steht vor dem Haus und schwankt von dannen.
Doch nur vors Stadtthor geht's hinaus,
Beim Wäldchen steht ein kleines Haus,
Von schatt'gen Bäumen ringsumgeben,
Und nun beginnt ein neues Leben!
Daß Milch und Brot macht Wangen rund, Kalt Wasser hält den Leib gesund,
Daß früh ins Bett und früh heraus Den Arzt entbehrlich macht im Haus,
Daß frische Luft und Sonnenschein Kurier'n viel schneller als Arznei'n,
Kurz, daß, wer lebet wie's ihm frommt, Bald zu Kraft und Gesundheit kommt —
Dies einfach Sprüchlein, oft gehört,
Hat hier sich wiederum bewährt,
So daß nach wen'ger Wochen Frist Nun Alles ganz verändert ist.
Das Töchterlein hat rote Wangen,
Mamas Migräne ist vergangen,
Und auch der Bruder Studio Wird wieder seines Lebens froh,
Und was auf einmal nicht geschehen,
Das wird allmählich auch noch gehen.
Als man nun wiederum zu Haus',
Warf man die Pillen all' hinaus
Und lebte frisch, gesund und froh Und lebt noch heutzutage so.
Großmutter aber lächelnd spricht:
Vergeßt's in Eurem Leben nicht,
Dies Gute hat Euch Gott gethan,
Doch war „Fürs Haus" mit Schuld daran,"
(Eine Frage ohne Antwort.) Ein Reichstags-Abgeordneter, und zwar ein ziemlich bekannter, in seiner badischen Heimat in hohem Ansehen stehender und einer reizenden Häuslichkeit sich erfreuender Großkaufmann kommt in den Parlamentsferien nach Hause und läßt sich die Schulzeugnisse und Censuren seiner kleinen Sprößlinge vorlegen. Als Alles zur Zufriedenheit erledigt ist, fragt der Jüngste, ein wißbegieriger Septimaner: „Und Du, Papa, der Wievielste sitzt Du denn im Reichstage?" . . .
(Der ausschlaggebende Grund.) Apotheker (zum Bauer): „ ... Da kann ich Euch nichts Besseres empfehlen, als den Doktor Müller'schen Gesundheitsthee — der hilft Euch ganz gewiß!" — Bauer: „So, is der von Doktor Müller — dann her damit! Der Doktor Müller trinkt nix Schlechts!"
(Im Badeort.) Löwenthal: „Was haben Se for 'n Arzt?" — Cohn: „Wie haißt, Arzt? Mein Zimmernachbar hat 'n Arzt, und wenn der kommt ßu ihm. horch' ich an der Thür, und was er ihm verordnet
— na — das thu' ich aach!"
Wirt (zum Gast): „Sie meinen also wirklich, daß dieser Wein nicht preiswürdig ist? Und doch versichere ich Sie, daß ich dabei zusetze." Gast: „Das bezweifle ich durchaus nicht; aber Wasser!"
(Viel verlangt.) Ein Herr tritt nach längerem Warten an den stark belagerten Postschalter. — Beamter: „Sie wünschen?"
— Herr (seine ausgegangene Zigarre vorzeigend): „Würden Sie nicht die Güte haben, mir etwas Feuer zu geben?"
(Die schwere Sprache.) Ungar: Wann wär' der daitschen Sprach' nicht gar so schwer! — aber ist verflixte G'schicht, daß fangen so viele Worte im Daitschen mit L an, wie beispielsweise Tellschaft, Wundheit, segnete Mahlzeit.
(Aus dem Gerichtssaal.) Richter: . . „Es bleibt Ihnen übrigens unbenommen, gegen das Urteil die Berufung einzulegen." Angeklagter: „So! Da sind S' Ihrer Sach' doch nicht ganz sicher, hoher Herr Gerichtshof — was?"
Gemeinnütziges.
Den Einfluß der Nähmaschincn- Arbeit auf den Gesundheitszustand der Näherinnen hat der englische Krankenkassenarzt Dr. Hcngenz in zahlreichen Fällen an weiblichen Mitgliedern dortiger Kassen beobachtet. Auf Grund seiner Erfahrungen kommt Dr. H. zu dem Schluffe, daß die Arbeit an der Nähmaschine erheblich mehr Erkrankungen der Arbeiterinnen herbeiführt, als diese bei gewöhnlichen Handnähercien cinzntreten Pflegen. Die häufigste Krankheitserscheinung bei Maschinen-Räherinneu ist Blutarmut, woraus dann verschiedene Störungen des Blutumlaufs folgen. Ferner treten auf als Folgen anstrengender Nähmaschinen- Arbeit, Magen-Katarrh und Magen-Blutungen, auch werden Verkrümmungen der Wirbelsäule häufig beobachtet. Eine regelmäßige Beschäftigung an der Nähmaschine wirkt ungünstig und störend auf die Bewegung und Ernährung des Blutes ein, was zur Folge hat, daß auch die Nerven ungenügend ernährt werden und dadurch ihre Energie einbüßen, was namentlich in schnell eintretender Kurzsichtigkeit sich äußert. Am schlimmsten wirken die krank machenden Einflüsse auf Arbeiterinnen von 14—16 Jahren. Dr. H. verlangt, daß weibliche Arbeiterinnen in diesem Alter nur nach beigebrachtem ärztlichen Zeugnis zur Nähmaschincn-Arbeit zugelassen werden sollen. In keinem Falle soll die Nähmaschmen-Arbeit einer Arbeiterin länger als 10 Stunden täglich dauern und auch diese Zeitdauer müßte noch durch häufige kürzere Pausen und Bewegung der Arbeiterinnen im Freien unterbrochen werden. Nachtarbeit an der Nähmaschine sollte unter allen Umständen verboten sein. — Es eröffnet sich hier ein neues und umfangreiches Gebiet für de» Arbeiterschutz.
sUeber das Wassertrinlen.j lieber bie Frage, ob der Wassergenuß vor und bei dem Essen zu empfehlen sei oder nicht, ist viel hin- und hcr- gestritten worden. Doch scheint es nach den „Jnd,-Bl." jetzt ziemlich festzustehcn, daß eine nicht übermäßige Zufuhr von nicht zu kaltem Wasser beim gesunden Menschen die Verdauungs- thätigkeit wesentlich unterstützt. Ein zu reichlicher Wassergenuß würde die Verdauungssäftc zu sehr verdünnen und dadurch in ihrer Wirksamkeit beschränken, Wasser von niedriger Temperatur die Magenwände stark abkiihlen und so die Verdauung ungünstig beeinflussen. Genießt man dagegen Wasser bei den Mahlzeiten unter Jnnehaltung der angedeuteten Vorsichtsmaßregeln, so werden, wie der Leisntiüo Xmeriean Bd. 59 S, 58 ausführt, die durch Einwirkung des Magensaftes bereits in Peptone umgewandelten Bestandteile der ausgenommen«! Nahrungsmittel gleichsam ausgewaschen und der Magenschleimhaut zum Aufsaugen zugeführt. Dadurch werden natürlich die noch unverdauten Teile des Speisebreies blosgelegt und der besseren Einwirkung des Verdauungssaftes zugänglich gemacht. Vor der Mahlzeit empfiehlt sich der Wassergenuß deshalb, weil der Schleim, welchen die den Magen im Innern bekleidenden Häutchen namentlich während der Ruhe absonderv und welcher den Speisebrei mit einer zähen, eine Zeit lang undurchdringlichen Schicht umziehen würde, entfernt und dergestalt einen sofortigen Beginn der Verdauung ermöglicht.
Wte Medizingläserj kann man von dem ihnen anhaftenden Gerüche leicht befreien und dieselben zu allen Zwecken wieder benutzen, wenn man sie mit schwarzem Senfmehl in lauwarmem Wasser wiederholt ausspühlt; es werden hiernach alle anhaftenden Arzneireste sicher entfernt.
Marktpreise. Neuenbürg, 14. Dezember. Butter 1. —, 1.10, 1.15 bis 1.20 pro V» Kilo. Eier 2 St. 15 1 St. 7
Briefkasten.
Nach H. Bekanntlich können Inserate,
deren Ausgeber der Redaktion nicht genannt sind, nicht ausgenommen werden. — Der eingesandte Betrag steht deshalb zur Verfügung.
Mit einer Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.