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fallend hohen, unmodernen Hut, und in seinen mit schwarzen Handschuhen bekleideten Händen hielt er einen langen Rohrstock

Madame Lauziöre sah unwillkürlich aufmerksamer zu jenem Manne hinüber, der mit seinem Stock in einer Weise han­tierte, als nähme er auf dem Straßenpflaster Messungen vor. Nach einiger Zeit ge­sellte sich ein Zweiter zu ihm, ein breit­schulteriger plumper Bursche, der augen­scheinlich sein Untergebener war. Dieser umgreiste, vermutlich im Aufträge des Ersteren, in gleichmäßigen langen Schritten den ganzen Platz, trat sodann an den Anderen heran, und beide sprachen noch einige Zeit mit einander, wobei sie nach allen Seiten ausschauten; endlich gingen sie in der Richtung nach der Citadelle ab.

Madame Lauziere schauderte; sie ahnte, daß einer jener Männer der Henker ge­wesen sei, der die Stelle ausgemessen, wo das Schaffst für Gauliot errichtet werden sollte. Sie hatte aus einer Aeußerung des Herrn Beulette entnommen, daß die Hinrichtung auf den zweitfolgenden Tag festgesetzt sei, und sie verfiel nun in tiefes Nachdenken über das bevorstehende fürchter­liche Schauspiel.

Ohne Zweifel war der Verurteilte ein roher, widerwärtiger Taugenichts, dem man jedes Verbrechen zutrauen konnte; dennoch vermochte sic sich eines gewissen Mitleids nicht zu verwehren, wenn sie sich vorstellte, wie er in seinem Kerker mit Bangen der Stunde entgegensähc, wo das nun schon so lange Zeit über seinem Haupt schwebende Richtbeil aus ihn niederfallen sollte.

Wenn er nun wirklich unschuldig wäre, wie Hektor mit einem Eifer, einer Ueber- zeugung behauptete, die Jedermann in Erstaunen setzte? Wenn Gauliot nicht der Mörder des Grasen von Vidione war? Wenn er unschuldig verurteilt worden, und als das Opfer eines immerhin mög­lichen Irrtums den unverdienten Tod er­litt, . . fiel nicht ein Teil der Verant­wortlichkeit für diesen Justizmord auf seinen Verteidiger zurück?

Doch nein, das wäre ja nicht denkbar! Hatte denn Hektor nicht alle seine Fähig­keiten, alle seine geistigen und physischen Kräfte behufs Erwirkung einer Freisprech­ung in einer Weife angespannt, daß er darüber seine Gesundheit eingebüßt und fast selbst das Leben verloren hatte?

Nein ihr Sohn hatte sich wahrhaftig nichts vorzuwerfen! Selbst der Instruk­tions-Richter Beulette sprach ja wieder- holentlich seine Bewunderung über die unübertreffliche Rede aus, mit welcher Hektor für die Unschuld feines Klienten in die Schranken trat!

Gänzlich von diesen Gedanken in An­spruch genommen, hatte Madame Lauziere ein mehrmaliges Klopfen an der Thür überhört. Endlich trat die Köchin herein und sagte schüchtern:

Verzeihen Sie Madame, wenn ich störe, aber ich brauche Geld!"

Geld?"

Ja, Madame! Der Fleischer schickt soeben seine Rechnung."

Ach richtig! Das hatte ich in der Aufregung der letztvergangeneu Zeit voll­ständig vergessen!"

Mit diesen Worten war Madame Lauzierc zu ihrem Schreibtisch gegangen, den sie öffnete, um das erforderliche Geld herauszunehmen. Plötzlich stutzte sie jedoch, und sagte lächelnd:

Da fällt mir ein, daß ich ja kein Geld mehr zu Hause habe! Schicken Sie den Diener sofort zum Notar, damit er eine Summe hole; ich werde Ihnen eine An­weisung geben."

Es ist heute Sonntag, Madame, und da ist das Bureau des Notars nicht ge­öffnet."

In der That! Nun, warten Sie! Mein Sohn wird ohne Zweifel in seinem Arbeitszimmer Geld haben. Ich werde dort Nachsehen und bin sogleich wieder hier!"

Madame Lauziere betrat das Arbeits­zimmer Hektars, welches seit dessen Er­krankung nicht geöffnet worden war, mit einem eigentümlich beengendem Gefühl. Es herrschte in diesem ziemlich großen Gemach nicht nur eine empfindliche Kälte; sondern auch jene dumpfige Luft, wie man sie in den Räumen, die längere Zeit hin­durch verschlossen gewesen, gewöhnlich findet.

(Fortsetzung folgt.)

Die Gräber unserer Holen.

(In Erinnerung an die Tage von Champigny und Villiers vom 29. Novbr. bi^ 2. Dezbr.

O unsre teuren Toten,

Die dich mit Blut getränkt,

Du schöner deutscher Boden,

In deinen Schoß gesenkt,

Grundstein sind sie der Beste.

Der deutschen Einigkeit!

Dazu, ihr Heldenreste,

Hat Deutschland euch geweiht.

Die heiligen Gebeine Der todesmut'gen Schaar,

Sie mahnen, daß uns eine Die Liebe immerdar.

Wir schwören bei den Leichen,

Die wir dort senkten ein;

Dies Land soll uns ein Zeichen Der deutschen Einheit sein!

Was sie zurückerworben Am Moselfluß und Rhein,

Wo siegend sie gestorben,

Das soll uns heilig sein.

Elsaß und Lotharingen,

Das alte deutsche Land,

Soll uns den Segen bringen Als uns'rer Einheit Psand.

Die Scholle, die die Braven Mit ihrem Blut befreit,

Und wo die Helden schlafen,

Sei deutsch für alle Zeit,

So weit der muntern Lerche Alldeutschland's Lied vom Rhein Klang über Waskenberge Weit in das Land hinein.

Kein Fußbreit deutscher Erde Als Beute fall dem Feind,

Und nie gelockert werde Das Band, das uns vereint!

Nie seien eure Spuren Bon welschem Trug entweiht!

Ihr Toten, also schwuren Euch Treu' und Dankbarkeit.

(Kriegspoesie 70/71)

(Ein gutes Mittel.) Der in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts lebende englische Romandichter Henry Fielding wollte sich einst einen Festzug anfehen. wurde aber, so erzählt dieKönigsberger Hartung'sche Zeitung", sehr darin ge­hindert, da vor ihm ein durch seine Eitel­keit bekannter Stutzer auf einer Bank stand, so daß Fielding sowohl als seine Nach­barn nichts sehen konnten. Als wieder­holte Mahnungen, sich doch zu setzen, bei dem anmaßenden Gecken nichts fruchteten, sagte Fielding ernst zu seinem Nachbar: Ich Glaube, dieser Gentlemen würde ge­wiß nicht stehen bleiben, wenn er wüßte, daß er in jenem Strumpfe ein großes Loch hat." Diese Bemerkung hatte die gewünschte Wirkung; der Stutzer war im i Nu von der Bank herunter und setzte sich. Nach einer Weile aber, während welcher er offenbar seine Strümpfe untersucht hatte, wandte er sich zornig zu dem Dichter: Wie können Sie etwas behaupten, was gar nicht wahr ist?"Nicht wahr?" ver­setzte Fielding,ja, wie wollen Sie denn in Ihre Strümpfe kommen, wenn Sie nicht in jedem ein großes Loch hätten?"

Gemeinnütziges.

(Verwendung der Sägespäne zur Düngung.! Die Sägespäne können in verschiedener Form zur Feld- und Wiesendüngung verwendet wer­den. Häufig werden sie, wieDeutsche landw. Presse" anführt, als Streumaterial, namentlich für das Rindvieh, benutzt. Als solches eignen sie sich nach Erfahrungen vortrefflich, besonders, wenn sie nicht ausschließlich, sondern neben Stroh zur Anwendung gelangen. Weil die Sägespäne die Jauche und die im Koth ent­haltene Flüssigkeit leicht festhalten, wird nicht nur die Reinhaltung des Viehes sehr erleichtert, sondern es wird auch aus elfterem Grunde ein Dünger erzielt, welcher alle für ein kräftiges Gedeihen der Kulturpflanzen erforderlichen Nähr­stoffe enthält, was bei Stalldünger, welchem die in besonders reichlicher Menge in der Jauche enthaltenen Pflanzennährstoffe fehlen, nicht der Fall ist. Sägemehldünger zeigt, wie ich noch zu bemerken Gelegenheit hatte, eine etwas lang­same aber nachhaltige Wirkung; er ist besonders für humusarme Böden, also für schwere Thon- und Sandboden zu empfehlen. Selbstverständ­lich muß derselbe wie jeder andere Dünger auf der Düngerstätte sorgfältig behandelt und vor Verlusten geschützt werden. Häufig wird aus Sägespänen Kompost bereitet. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, dieselben mit Erde und allerlei leicht verwesenden und die Verwesung befördern­den Stoffen, namentlich gebrannten Kalk, zu mischen und in nicht zu große Komposthaufen zu bringen, welche häufig mit Jauche begossen und von Zeit zu Zeit umgestochen werden müssen. Das Verbrennen der Sägespäne und die Verwendung der Asche zur Düngung empfiehlt sich deshalb nicht, weil die Sägespäne nur wenig Asche liefern und dieselbe verhältnismäßig arm an wichtigen festen Pflanzennährstoffen ist.

sUm gefrorene Eier genießbar zu machen, vermische man ganz frisches Brunnenwasser mit etwas Salz und lege die gefrorenen Eier in dasselbe. Hierdurch wird der Frost ausgezogen und sie sind wieder gut wie zuvor.

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werden täglich von allen Poststellen angenommen.

ISekanntmachrrngeri in demselben finden anerkannt wirksame Ver­breitung.

Wit einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.