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von der Feuerwehr beim Wegräumen deS Schuttes in sitzender Stellung lebend gefunden. Ein großer Balken hatte sie so geschützt, daß nicht einmal die Haut geritzt war. Zwei Mädchen, die, durch das Getöse des Einsturzes aufmerksam gemacht, sich flach auf die Erde gestreckt hatten, sind unversehrt davon gekommen, indem sie der Webstuhl schützte.
Miszellen.
Der Word bei Warvisse.
Kriminal-Roman von Paul Labarribre.
Deutsch von Emil Neumann.
(Fortsetzung.
4.
Die Nachricht von der Verhaftung Framins. die von Brüssel aus gleich zu Anfang der Untersuchung einlief, hatte Herrn Beulette mit großer Freude erfüllt, denn nun waren ja die beiden Urheber des an dem Grafen von Vidione begangenen Mordes in seinen Händen.
Diese Freude aber dauerte nicht lange, denn schon am folgenden Tage erfuhr man, daß die belgische Polizei sich geirrt habe: der vermeintliche Sträfling Flamin war ein harmloser Vergnügungsreisender aus Paris, den man festgenommen hatte, weil er zu seinem Unglück dem steckbrieflich verfolgten Verbrecher einigermaßen ähnlich sah und sich über seine Persönlichkeit nicht sogleich ausweisen konnte.
Nachdem dies jedoch, infolge telegraphischer Anfrage bei den Pariser Behörden, geschehen war, mußte man den irrtümlich Verhafteten, unter der Versicherung des lebhaftesten Bedauerns, ihm Unbequemlichkeiten bereitet zu haben, in Freiheit setzen.
Mit um so größerem Eifer hielt der Jnstruktionsrichter sich an Gauliot. den er täglich mehrmals aus dem Gefängnis vorführen ließ und jedesmal stundenlang verhörte, ohne jedoch von ihm ein Geständnis erlangen, oder auch nur eine Aufklärung gewinnen zu können.
Auf alle an ihn gerichteten Fragen antwortete der Angeschuldigte stets:
„Ich weiß von nichts! Meine Strafe habe ich richtig abgesessen und bin nichts weiter schuldig!"
Umsonst verdoppelte Herr Beulette seine Anstrengungen, umsonst versuchte er den Verdächtigen durch Kreuz- und Querfragen in eine Falle zu locken, umsonst wandte er abwechselnd freundliches Zureden und ernste Drohungen an: alle diese Versuche scheiterten an der Gleichmut des verstockten Sünders, der immerfort wiederholte: „Ich weiß von nichts!«'
Diese Erfolglosigkeit seiner Bemühungen machten den Jnstruktionsrichter ganz mißmutig; er der sonst so mitteilsam und gesellig war, wurde allmählig verschlossen und menschenscheu. Er begann an sich selbst zu verzweifeln; sogar das Essen und Trinken hatte keinen Reiz mehr für ihn.
Waren solche Anfälle von Mißstimmung jedoch vorüber, io sagte er sich wieder:
„Koste, was es wolle, ich muß diesen Elenden dazu bringen, ein Geständnis abzulegen! Ich habe Homers Gesänge in französische Verse übertragen und bin jetzt
dabei, die Oden des Horaz zu übersetzen, was doch weit schwerer ist, als einen Verbrecher zu überführen!"
Der arme Horaz wurde übrigens gänzlich vernachlässigt, für diese seine Lieblings-Beschäftigung blieb dem guten Herrn Beulette keine Muße mehr. Betrübt sah er häufig die angefangene Arbeit an, und verwünschte im Stillen den „Fall Vidione", auf den er sich Anfangs so sehr gefreut hatte. Zwar hatten alle Journale darüber berichtet und dabei auch seinen Namen in schmeichelhaftester Weise genannt, was half ihm das aber, wenn die Untersuchung erfolglos blieb?
Nicht nur das Pflichtgefühl, sondern auch um der Ehre willen setzte er die Untersuchung mit verstärktem Eifer fort, unterstützt und ermutigt von dem Agenten Bernard, dessen Urlaub von der Pariser Polizei-Präfektur um einen Monat verlängert worden war. damit er dem Gerichtshof von Marville bei der Aufklärung des vorliegenden wichtigen Falles behilflich sein könne.
Bernard war seinerseits so emsig bemüht, Beweise für die Schuld Gauliots herbeizuschaffen, daß man annehmen mußte, er verfolge dabei noch einen besonderen Zweck. Und in dieser Annahme gieng man thatsächlich nicht fehl.
Er hatte allmählig die kleine Simione so liebgewonnen, als wäre sie sein eigenes Kind. In Folge seiner langjährigen Thätigkeit in einem Beruf, der ihn mit Verbrechern aller Art zusammenbrachte und ihm zumeist die Schattenseiten des gesellschaftlichen Lebens zeigte, war das Herz des alten Polizisten zärtlichen Regungen bisher wenig zugänglich gewesen, aber die Sanftmut und die Unschuld Simiones hatte sein Herz erweicht, und er strebte darnach, dieses Kindes Zukunft zu sichern, indem er es zu sich nehmen und dadurch zugleich sich selbst ein Familienleben verschaffen wollte, was er, als alter Junggesell, bisher gänzlich entbehrte.
Nach Ablauf noch einiger Monate wollte er ohnehin seinen Abschied aus dem Polizeidienst nehmen. Das ihm zustehende Ruhegehalt, in Gemeinschaft mit den Ersparnissen, die er gemacht, reichte hin, um in Zukunft ein sorgenfreies ruhiges Leben führen zu können. In der Umgegend von Paris gedachte er dann ein kleines Häuschen mit einem Garten zu mieten, damit Simione das Landleben nicht gänzlich entbehre. Er sah sich schon, wie er in seinem Garten arbeitete, während sein Pflegetöchterchen sein Hauswesen in Ordnung hielt, und wie sie Beide dann in der freundlichen Gartenlaube oder im traulichen Stübchen beisammensaßen und gemeinschaftlich ihre Mahlzeiten einnahmen. Und später, wenn das Mädchen herangewachsen, sollte sie einen braven Burschen heiraten, der sie liebte und recht glücklich machte. Dann würde sich der Familienkreis ohne Zweifel noch vergrößern und er, als Familienvater, beschlösse seinen Lebensabend umgeben von Kind und Kindskindern.
Damit dieser schöne Traum in Erfüllung gehen könne, war es aber notwendig, daß Gauliot für schuldig erklärt wurde, weil andernfalls die kleine Simione wieder in
seine Hände fiele und dadurch einer trostlosen Zukunft entgegengienge. Deshalb bemühte der Polizei-Agent sich so eifrig eine Verurteilung des ehemaligen Pan^ toffelmachers herbeizuführen, welche er übrigens für unzweifelhaft erachtete, weil er von dessen Schuld fest überzeugt war.
Inzwischen begab Bernard sich jeden Morgen nach der kleinen Hütte im Val- aux - U 0 U 8868 , wo nunmehr, Dank der reichlichen Unterstützung Hektar Lauzisres und dessen Mutter, kein Mangel mehr herrschte.
Sobald Simione mit ihren Ziegen aus die Felder hinausgegangcn war, durchsuchte der Agent die kleine Hütte von oben bis unten, er kroch unter's Dach und in den niederen Kellerraum, an alle Wände klopfte er, um sich zu überzeugen, ob nicht irgendwo ein geheimes Versteck sei, wo Gauliot die dem Grafen von Vidione geraubten Gegenstände verborgen habe. Auch in der Umgebung der Hütte suchte er nach den Kostbarkeiten; vorübergehende Landleute wollten ihn sogar gesehen haben, wie er aus dem Schornstein hervorkroch und diesen Stein für Stein abtrug.
Da aber alle Nachforschungen erfolglos blieben, so mußte man annehmen, daß Framin, dessen Spur verloren gegangen, den Raub mitgenommen habe.
Um nicht unthätig zu bleiben, begab sich Bernard nochmals nach dem Schloß- Park von Brosseles. Nach langem vergeblichem Bemühen entdeckte er endlich an derjenigen Stelle der Umfassungsmauer, wo die Verbrecher übergestiegen sein mußten, in dem inzwischen eingetrockneten Morast Abdrücke von plumpen HolWn- toffeln, und als man die Probe machte, paßten die Pantoffel Gauliots, die er noch im Gefängnis trug, ganz genau in jene Abdrücke, die Spur eines fehlenden Nagels machte jeden Irrtum unmöglich.
(Fortsetzung folgt.;
Frankfurter Course vom 5. Nov. 1889.
Geldsorten. -4
20-Frankenstücke.16.18-22
Englische Souvereigns .... 20.30-35
Ruß, Imperiales. 16.67—71
Dukaten.9- 63—68
Dollars in Gold.. 4.16—20
Bei bevorstehender Weihnachtszeit eignet sich
-er Eirzthäler
zur wirksamsten Verbreitung von Anzeigen. aller Art. — Erfahrungsgemäs finden- Inserate in einem nicht alltäglich erscheinenden Blatte mehr Beachtung als in Blättern, in denen sie alltäglich durch neue verdrängt werden oder in der Masse verschwinden- — Auch kommt es für wirksamen Erfolg der Anzeigen nicht immer auf die Quantität sondern auch auf den geeigneten Leserkreis an. — Wir bitten die geehrten Inserenten, sich von dem Nutzen der Veröffentlichungen durch Proben zu überzeugen und des Enzthälers dabei freundlich zu gedenken.
Red. u. Verlag des Enzthälers.
Redaltion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.