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Neu angesetzt sind fünf inaktive Hauptleute für Hauptmeldeämter bei den Bezirkskommandos. Bei dem Generalkommando tritt ein inaktiver Stabsoffizier hinzu unter Wegfall eines Hauptmanns zweiter Klasse. Dazu kommen einige neue Sekretärstellen und Unterbeamtenstellen bei verschiedenen Behörden. Das Zeugpersonal wird um einen Hauptmann zweiter Klasse und einen Sergeanten vermehrt. Bezeichnend ist, daß die angeblich so bedeutende Verteuerung der Getreidepreise Mehransätze gegen den vorjährigen Etat nicht veranlaßt hat; im Gegenteil ist bei Brot und Fourage- materialien, wie im preußischen und sächsischen. so auch im württembergischen Etat eine Ersparnis vorgesehen und zwar in der Höhe von 99 561 (Die Ersparnis im preußischen Etat ist angesetzt auf 1 294 856 Mark.) — Aus den einmaligen Ausgaben sind hervorzuheben: Bau des Exerzierhauses in Ulm 120 300 Beschaffung der neuen Ausrüstung der Kavallerie 74 160 Schießplatz in Ulm 120000 Mark. Garnisonexerzierplatz in Stuttgart 1 500 000 ->1L. „Das Terrain in der Neckarebene gelegen, ist etwa 4 Kilometer von Stuttgart entfernt, ausschließlich Acker- und Wiesenbodcn sehr guter Beschaffenheit und vielfach mit Obstbäumen bepflanzt. Eigentümer sind die Stadt Cannstatt und zahlreiche Privatleute der umliegenden Ortschaften. Die vorläufig ermittelten Kaufpreise stellen sich auf durchschnittlich 10 600 vtL für den Hektar, in welchem Betrage die Entschädigungen für die auf den Grundstücken vorhandenen Obstbäume sind.» Magazingebäude in Ludwigsburg 136 400 Trainkaserne in Ludwigsburg (voller Bedarf 315 000 erste Baurate 180 000
Von Professor Donndorf ist unter Mitarbeit seines Sohnes ein großes Brustbild des Reformators Johannes Brenz auf Grund alter Bildnisse modelliert und der neuen evangelischen Kirche in Weil- derstadt, dem Geburtsorte des Reformators. gewidmet worden. Ein Freund der Kirche hat das Werk durch Pelargus in Erz gießen lassen. Dasselbe ist augenblicklich im Kunstverein ausgestellt.
Ludwigsburg, 24. Okt. Bei der am 18. d. M. vorgenommenen polizeilichen Visitation der zum gewerbmäßigen Ausschank von Bier in Verwendung stehenden, nunmehr auf die Zahl von 60 ange- wachfenen Dcuckapparate, wurden nach der „Ludw. Ztg.« 6, also 10 Prozent, als unsauber gefunden und die Besitzer deshalb bestraft.
Heilbronn, 24. Okt. Heute fand in der Turnhalle die Versteigerung des Weinmost-Erzeugnisses der hiesigen Weingärtner-Gesellschaft statt. Das ganze Quantum (1321 Hektol.) wurde verkauft und genehmigt. Verkauft wurden: 16 Hektol. Clevner zu 115 bis 122 Per Hektol., 201 Hektol. Schwarz-Riesling
1. Kl. zu 75 bis 81 ^. 24 Hektol. 2.
Klasse zu 60 bis 63 258 Hektol.
Trollinger 69—81 -/k, Weißgewächs 1. Kl. 714 Hektol. 51—55 Weibgewächs
2. Kl. 42—45 -/lL, Weiß-Rißling 72 Hektol. 76—80 -/-L Das Ergebnis der Versteigerung darf als ein günstiges.bezeichnet werden.
Miszellen.
Der Mord bei Marville.
Kriminal-Roman von Paul Labarridre.
Deutsch von Emil Neumann.
(Fortsetzung.)
Da er für den Augenblick nichts weiter im Schlosse zu tha.n wußte, so kehrte er nach dem Pavillon zurück, den er noch einmal von allen Seiten aufmerksam betrachtete, und machte sich demnächst auf den Weg nach Marville.
Wenn er über einen schwierigen Fall nachzudenken hatte, rauchte er immer eine Cigarette, weil ihm dabei häufig allerlei Pläne in den Sinn kamen; an Plänen fehlte es ihm denn auch diesmal nicht, aber er sah nur keine Möglichkeit zu deren Ausführung. — Er hatte eben in ärgerlichster Stimmung den Rest der Cigarette fortgeworfen, als seine Aufmerksamkeit durch lautes Weinen erregt wurde, das aus der Ferne an sein Ohr schlug. Als er weiter schritt, sah er am Wege sitzend ein ärmlich gekleidetes Mädchen von etwa zwölf Jahren, das bitterlich weinte.
Neben ihr kauerten zwei große braune Ziegen, die das am Wege wachsende spärliche Gras abnagten.
Außerhalb seines Dienstes hatte der Polizei-Agent ein weiches, mitfühlendes Herz, das bei fremdem Leid nicht kalt blieb; deshalb fragte er, vor dem Kinde stehen bleibend, mit so sanfter Stimme, wie sie ihm nur zur Verfügung stand:
„Was ist Dir, Kleine?"
Statt aller Antwort rückte das Mädchen zurück und blickte mit ihren großen blauen thränengefüllten Augen scheu zu dem fremden Manne auf.
„Weshalb weinst Du? Sprich!" fuhr Jener fort, und gutmütig lächelnd setzte er hinzu: „Du brauchst keine Furcht zu haben! Ich bin kein Menschenfresser!"
Diese Worte und das Aussehen des Fremden schienen ihr Vertrauen einzuflößen ; sie sagte schüchtern:
„Mein Vater ist seit gestern abend nicht nach Hause gekommen!"
„Seit gestern abend?" wiederholte Bernard. „Hat er Dir denn nicht gesagt, wohin er gehen wollte?"
„Nein. Ich war schon eben in Tuiles und fragte nach ihm im „Weißen Roß"; da hat man mich aber höhnisch fortgewiesen. und die Buben warfen mich mit Steinen."
„Weshalb denn? Du siehst doch nicht aus, als ob Du eine solche Behandlung verdientest."
Bei diesen Worten setzte sich Bernard neben dem Kinde am Abhange des Weges nieder.
Das teilnehmende, freundliche Wesen des Mannes flößte der Kleinen allerdings ein solches Zutrauen ein, daß sie auf sein Befragen ihm mitteilte, sie heiße Simona, ihr Vater sei Holzpantoffelmacher und wohne am äußersten Ende des Dorfes Tuiles, im Val-Lux-wou8868, wo seine kleine Hütte an einem Abhange stände.
„Vor einem Jahre starb meine Mutter", sagte das Kind, „und bald darauf auch mein kleiner Bruder; jetzt bin ich ganz
allein mit meinem Vater, dessen Hauswesen ich versorgen muß." ^
„Wie heißt denn Dein Vater?»
„Gauliot!"
„Gauliot?" fragte der Agent, dem dieser Name nicht unbekannt war, denn er hatte ihn in der Liste der jüngst aus dem Gefängnis von Marville Entlassenen gelesen, und zwar stand neben dem Namen noch die Bemerkung: „Arbeitsscheuer Trunkenbold und Schmuggler; höchst gefährlicher Mensch!" — „Behandelt Dich Dein Vater gut, oder schlägt er Dich zuweilen ?"
„O, er schlägt mich oft!" sagte die Kleine, deren Thränen von Neuem flössen.
„Weshalb?"
„Weil ich meine Schuldigkeit nicht thue!"
„Du?"
„Ja, sehen Sie, ich bin schwächlich und kann nicht immer alle Arbeit zur rechten Zeit fertig bringen; wenn dann mein Vater nach Hause kommt, und die Suppe ist nicht bereit, dann schlägt er mich. Und er hat ja Recht, denn es ist gewiß ärgerlich, nichts zum Essen vorzo- finden, wenn man, wie mein Vater, den ganzen Tag im Walde zugebracht hat ..!»
Die rührende Einfalt, mit welcher das Mädchen sich selbst beschuldigte und ihren rohen Vater in Schutz nahm, lockte dem Polizei-Agenten Thränen in die Augen; er nahm sein Taschentuch hervor und schnaubte mehrmals hinein, indem er murmelte: „Ich muß mir einen Schnupfen zugezogen haben!"
Nach kurzer Pause fragte er weiter:
„Gieng Dein Vater gestern abend allein fort?"
„Nein, ein anderer Mann war noch bei ihm!"
„War es ein großer Mann, von brauner Gesichtsfarbe und mit einer breiten Narbe über dem linken Auge?"
„Ja, ganz recht! . . Er speiste mit meinem Vater zusammen, und dann sind Beide fortgegangen."
„Gut!" sagte Bernard aufstehend, gab der Kleinen ein Zweifrankftück, und klopfte ihr freundlich auf die Backen.
„Weine nicht mehr! Wir werden Deinen Vater schon finden, und ich verspreche Dir, daß er Dich nicht mehr schlagen soll. — Nur darfst Du Niemandem sagen, daß wir mit einander gesprochen haben!"
Dann nickte er dem Mädchen nochmals zu, streichelte die beiden Ziegen, und setzte seinen Weg fort.
(Fortsetzung folgt.)
(Im medizinischen Examen.) „Welches Mittel würden Sie anwenden, einen sinnlos Betrunkenen zur Vernunft zu bringen?" — „Ihm ins Ohr schreien, daß der Geldbriefträger da ist."
Knackrmtz.
6^ (Was ist das?)
Marktpreise. Neuenbürg, 26. Oktober. Butter 1.—. bis 1.05 pro '/» Kilo.
Eier 2 St. 11—13 1 St. 6—7
Kartoffeln ^ 2.30—2.50 pro 50 Kilo.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.