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Stuttgart, 22. Okt. Raubanfall. Gestern abend gegen 8 Uhr wurde ein Metzgermeister von Cannstatt, welcher in Feuerbach Geld eingenommen hatte und nach Cannstatt zurückkehren wollte, auf der Landstraße Feuerbach—Cannstatt kurz vor der Stadt von drei Strolchen ange- fallcn. Einen der Strolche warf der Hund zu Boden, während die zwei andern den fliehenden Metzger bis in sein in der Gartenstraße gelegenes Haus verfolgten. Dort angekommen rief er seine zwei Burschen zur Hilfe, welche auch einen der Strolche auf der Landstraße einholten und in polizeilichen Gewahrsam verbrachten.
Ueber die Teilnahme der württemb. Waldensergemeinden an dem Erinnerungs- fest der Waldenser entnehmen wir dem Bericht des Pfarrers Markt von Pinache im „Kirchen- und Schulblatt": „Württemberg war vertreten durch eine (freiwillige und auf eigene Kosten reisende) Abordnung von 4 Mann aus den Waldenser- gemeinden, nämlich Pfarrer Märkt in Pinache, Jean Daniel Gille, Schuster von Serres, Christian Tallmon. Bauer von Schönenberg und Louis Roux, Wirt von Perouse. Gille, welcher reiner Waldenserabkunft ist, spricht geläufig das alte Patois, wie es im Thale St. Martin noch heute als Dialekt gesprochen wird. Er hielt zu großer Freude der Thalleute beim Fest in Balsille eine kurze Ansprache in Patois. Die württ. Abordnung hatte eine Liebesgabe von 2400 cM zu übergeben, welche sich folgendermaßen zusammensetzt: vom evang. Konsistorium 1000 -/tL, vom württ. Hauptverein der Gustav-Adolf-Stiftung 500 von den 10 württ. Waldensergemeinden 500 von auswärts lebenden Nachkommen der württ. Waldenser 400
Buchau. 18. Okt. Eine hiesige Frau wollte gegen den Bandwurm einnehmen, konnte aber das „Zeug" nicht hinunterbringen. Damit nichts verloren sei, verschluckte nun der liebende Gatte die ganze Medizin, welche ihn dermaßen zurichtete, daß er drei Tage lang kein Bier trinken konnte.
Heilbronn, 20. Oktbr. In der Kelter der hies. Weingärtnergesellschaft fand heule die Probe des diesjährigen Erzeugnisses statt, das am nächsten Donnerstag zur öff. Versteigerung kommt. Das Ergebnis war ein durchaus zufriedenstellendes. Die Weißweine fanden allseitige Anerkennung; namentlich gerühmt wurde das Bouquet und Feuer von weiß Riesling. Schwarz Riesling zeigte eine prachtvolle, tief dunkle Farbe und beim Trollinger konnte man an den Vorgesetzten Proben den schönen Verlauf der Gärung und die intensive Zunahme der Färbung beobachten. Die Krone aller Weine aber ist der Klevner; ihm wurde das höchste Lob zu teil. Zwar ist das Quantum auch Heuer noch ein kleines, aber schon sind zahlreiche Neuanlagen erfolgt, so daß von Jahr zu Jahr eine größere Fläche mit dieser edlen Rebsorte bepflanzt, er- tragssähig sein wird. (St.-A.)
Markgröningen, 21. Okt. Vergangene Nacht 11 Uhr wurde vom Polizeidiener Welsing ein Mann wegen
Schießens innerhalb der Stadt verfolgt. Plötzlich stellte sich derselbe und gab, als Polizeidiener W. näher gekommen, auf ihn zwei scharfe Schüsse aus einem Revolver ab, ohne jedoch zu treffen. Der Bursche entkam zwar, wurde aber heute früh durch Landjäger Fauth in der Person eines in Schwieberdingen in Arbeit stehenden Schlossergesellen aus Schwetzingen ermittelt und an das K. Amtsgericht eingeliefert.
Am nächsten Montag den 28. Oktober findet in Weilderstadt die Einweihung der neugebauten evangelischen Kirche statt. Aus dem Programm ist zu entnehmen: Sammlung vor der Spitalkirche nach Ankunft der auswärtigen, in der Richtung von Calw 8,34 und in der Richtung von Stuttgart 10.21 ««kommenden Gäste. 11 Uhr Festzug zur neuen Kirche. Der Mittag vereinigt die Teilnehmer zu einem Mittagsmahl im Gasthof zur Post. Abfahrt der Abendzüge nach Calw 5.09 und 8.12, nach Stuttgart 5.30 (Extrazug) und 9.12 abends.
Ausland
Athen, 23. Oktbr. Das deutsche Kaiserpaar trifft am Samstag in Piräus ein, das Gefolge am Abend vorher. Die Trauung der Prinzessin Sophie mit dem Kronprinzen findet am Sonntag in der griechischen Kathedrale und sodann in der evangelischen Schloßkapelle statt.
(F. I-,
London, 23. Okt. Die Morgenblätter begrüßen die friedlichen Erklärungen der deutschen Thronrede mit Ge- nugthuung. „Daily News" hebt den durchaus friedlichen Charakter hervor und fügt hinzu, die Thronrede scheine den stetigen Entschluß anzukündigen, das in Ostafrika begonnene Werk sortzusetzen. Der Natur der Sache nach bilde aber Deutschland als kolonisierende Macht eine Bürgschaft des Friedens. (F. I.)
Miszellen.
(Die Hosen des Herrn von — Meyer.) Ein so benamseter Mitbürger unserer Stadt, Banquier und im Westen wohnhaft, hat, wie wir einem Privatbrief entnehmen, vor wenigen Tagen auf der Pariser Weltausstellung das folgende Glück im Unglück gehabt. Der Banquier, bei dem in Geldsachen die Gemütlichkeit aufhört, und der daher sehr vorsichtig in solchen Dingen ist, hatte sich in Berlin vor seiner Abreise für den Fall, daß er in dem „Strudel, Strudel" seines Portefeuilles verlustig gehen sollte, 2000 Francs in das Futter seines Panta- lons einnähen lassen. Nun geschah es, daß in dem von ihm bewohnten Hotel ein diebischer Kellner eines Morgens mit einer Anzahl zur Reinigung herausgegebenen Kleidungsstücke der Hotelgäste verduftete. Darunter befanden sich auch die Hosen des Herrn von Mayer und zwar gerade die mit so kostbarem Futter ausgestattete. Schon hatte der Bestohlene mit all dem Anstand, welche seine Millionen ihm gestatteten, in das Unvermeidliche sich gefügt, als er am Fuße des Eiffelturmes einen Herrn bemerkt, der Unaussprechliche anhatte, welche seinen gestohlenen verzweifelt ähnlich sahen.
Er ließ diese Wahrnehmung nicht unausgesprochen. sondern machte einen Polizisten auf den Herrn mit dem Begehren aufmerksam, denselben zu verhaften. „Das geht nicht", entgegnete der Polizist. „Sie können sich täuschen. Womit wollen sie beweisen, daß es Ihre Pantalons seien?" „Dadurch', daß sich im Futter eingenäht 2000 Fr. finden werden." Nun trat der Polizist an den „Monsieur" heran und forderte ihn auf, ihm zu folgen. Auf dem Bureau that der Mann höchst entrüstet, bis ihn die Trennscheere zum Schweigen brachte. Denn zum großen Erstaunen und noch größerem Aerger des Diebes kamen die 2000 Frcs. zum Vorschein. Während unser Landsmann mit seinem Eigentum davonzog, wurde der Kellner festgehalten, der ohne diesen Zwischenfall sogar unbehelligt geblieben wäre, da auf Bitten der Bestohlenen, welche ihre lustigen Pariser Tage sich nicht durch Scheerereien mit der Polizei wollten verkümmern lassen, der Hotelwirt von einer Anzeige Abstand genommen hatte.
(Größe des russischen Reiches.) Der Zar aller Reußen herrscht über den siebenten Teil des Festlandes der Erdoberfläche und über den einundzwanzigsten Teil der Gesamtoberfläche der Erde. Mehr als zweihundert Mill. Menschen nennen ihn Vater und stehen unter seiner absoluten Herrschaft. In Rußland wird durchschnittlich jede achte Sekunde ein Kind geboren, und jede elfte Sekunde findet ein Todesfall statt. Nach dem Maßstabe der jetzigen Bevvlkerungszunahine im russischen Rchche wird sich die Bevölkerungsziffer daselbst in circa 60 Jahren verdoppelt haben.
Vor des „Feder weißen" liiä- ischer Gewalt möge man sich etwas Hillen, denn in Ludwigshafen tranken gestern 3 um die Wette vom heurigen „Federweißen" und nachdem 10 Liter gemeinschaftlich vertilgt waren, fiel ein Trinker, ein Kaufmann, in der Wirtschaft tot zu Boden, Der zweite, ein Oekonom, wurde auf dem Heimwege vom gleichen Schicksal ereilt. Nur der dritte hat das Gelage überdauert.
Das Atmen durch die Nase kann auch gemißbraucht werden. Man rät das Nasenatmen den Leuten mit schwacher Lunge und allen, die in mit Staub oder schlechten Dünsten gefüllter Luft sich aufhalten müssen, mit vollem Rechte an: Mancher verdankt dieser Gewohnheit die Erhaltung seines Lebens. Indessen ist das Atmen durch die Nase nicht überall am Platze, so z. B. beim Bergsteigen nicht, wo die Lungen kräftig arbeiten müssen und dadurch auch eine kräftige Luftzufuhr begehren, welche durch die Nase allein nicht besorgt werden kann, sondern die Oeffnung des Mundes erheischt. Wer den Mund beim Bergsteigen zusperrt, bekommt starkes Herzklopfen und kann leicht herzkrank werden.
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Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.