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zur Sonne, wo er seine Zeche bezahlte und keinerlei Verdacht erweckte. Mehrmals soll er sich in der Nähe von Marienwahl gezeigt und die Schildwachen nach dem Prinzen gefragt haben. So wieder kurz vor der That, wo er die Bemerkung hinzufügte, er möchte gerne den Prinzen sehen. Als ihm die Antwort wurde, S. K. Hoheit werde nächstens zur Kirche fahren, benützte er sogleich die Gelegenheit.
In den Nachmittags- und Abend- Gottesdiensten der evangelischen Kirchen Stuttgarts wurde der glücklichen Errettung des Prinzen in herzlicher Teilnahme gedacht. — Heute vormittag trat der ständische Ausschuß zusammen, um aus Anlaß des gestrigen Attentats gegen Se. K. H. den Prinzen Wilhelm von Württemberg Adressen an Se. Majestät den König und an S. K. H. den Prinzen zu beschließen, welche sofort abgesandt wurden.
Der Name des Verbrechers in Ludwigsburg ist, wie wir bei Schluß des Blattes hören, nunmehr festgestellt. Er erklärte, er heiße Gottlieb Martin Müller von Oethlingen, OA. Kirchheim. Er wurde von seinem Bruder als solcher erkannt.
(S. M.)
Neuenbürg, 21. Oktbr. Auf ein von dem Oberamtsvorstand Namens des Amtsversammlungs-Ausschusses an Seine Königliche Hoheit den Prinzen Wilhelm abgesendetes Glückwunschtelegramm ist heute abend folgende gnädige Antwort telegraphisch eingelaufen:
Oberamtmann Hofmann Neuenbürg.
Ihnen und dem Ausschuß der Amtsversammlung wärmsten Dank für freundliche Kundgebung und Teilnahme an Unserer durch Gottes Gnade erfolgten Erettung,
Wilhelm, Prinz von Württemberg.
Stuttgart, 20. Oktbr. Der bekannte Stuttgarter Korrespondent der Kölner Zeitung hat behauptet, der durch das Eisenbahnunglück bei Vaihingen auf den Fildern verursachte Schaden beziffere sich auf mindestens Eine Million Mark. Wir haben uns bei einer Persönlichkeit, welche über diese Frage genau unterrichtet ist, erkundigt und erfahren, daß die obenerwähnte „Schätzung" mindestens um das Vierfache zu hoch gegriffen habe. Die zu zahlenden Entschädigungen, sowie der entstandene Materialschaden werden zusammen die Summe von 250 000 okL schwerlich erreichen. — Es scheint System darin zu liegen, das bedauerliche Eisenbahnunglück auf jede Weise auszubeuten um selbst durch unwahre Angaben die öffentliche Meinung gegen die Regierung aufzuregen.
Stuttgart, 21. Okt. Einweihung des Hölder-Denkmals. Eine zahlreiche Versammlung von Männern der deutschen und konservativen Partei umstand gestern vormittag das Grab des vor 2 Jahren verstorbenen Staatsministers Julius v. Hölder, wo das von den Freunden und Parteigenossen errichtete, jüngst fertig gestellte Denkmal seine Weihe erhalten sollte. Oberstlieutenant a. D. v. Wolfs hielt die erste Ansprache. Dann gab Dr. Lang, Redakteur des „Schwäb. Merk.", ein Charakterbild Hölders. Der bürgerliche Rechtsstaat und die Einheit des Vaterlandes seien seine Ideale gewesen;
im Ringen darnach seit 1848 reifte er zum Parteiführer, zum Staatsmanne heran. So lange Männer von solchem Mannesmut und solcher Bürgergröße, wie Hölder, in unserem Andenken wert gehalten werden, werde es gut um die Heimat stehen. — Das Denkmal macht einen sehr würdigen Eindruck.
Stuttgart. Seit einigen Tagen macht sich ein Rückschlag in den Viehpreisen bemerkbar, wofür von Sachverständigen dreierlei Ursachen angegeben werden: 1) macht sich die Zufuhr von amerikanischen lebenden Ochsen auf den Märkten der großen Städte bemerkbar, was auf die Preise drückt, 2) hat der frühzeitige Frost das Herbstfutter für viele Wochen vernichtet, und 3) soll das diesjährige Heu nicht sehr nahrhaft sein und sich rasch wegfüttern, was die Oeko- nomen nicht veranlaßt, ihren Viehstand zu vermehren.
Stuttgart, 19. Okt. In der Nacht von vorgestern auf gestern hat ein 14 Jahre alter Knabe von Waiblingen aus dem Stalle des Pragwirtshauses ein Pferd im Wert von ca. 160 vfL gestohlen und um 15 an den Kleemeister in Gablenberg verkauft. Er wurde gestern hier ermittelt und festgenommen.
Im König!. Residenzschloß in Stuttgart wird jetzt elektrisches Licht eingeführt, und zwar zunächst in den Privatgemächern Sr. Majestät des Königs. Das Licht wird durch die elektrische Beleuchtungsmaschine des Hoftheaters erzeugt.
In Fellbach, wo seither trotz der Größe des Orts noch keine Feuerwehr bestand, ist nunmehr laut „Ludw. Ztg." eine freiwillige Feuerwehr in der Stärke von 218 Mann ins Leben getreten. Sämtliche Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände sind aus der Gemeindekasse bestritten worden.
Neuenbürg, 22. Okt. Am gestrigen Montag vormittag fand eine Uebung des Feuerwehr-Korps statt, welche besonders erwähnenswert ist, weil es wohl die erste sein dürfte, welche hier oben auf dem Schloßberg am Schloßgebäude vor sich gieng und weil derselben ein praktischer Gedanke zu Grunde gelegt war. Es ward nämlich angenommen, daß da oben momentan kein Wasser vorhanden, bezwse. daß man zu dem vorhandenen Brunnen nicht mehr gelangen könne und so war die Aufgabe gestellt, Wasser von der Thalsohle herbeizuschaffen. Zu diesem Zweck wurde mittelst einer von der Sensenfabrik bereitwilligst zur Verfügung gestellten Druckpumpe das Wasser vom Kanal bei der obern Sensenfabrik (Sichelwerk) auf etwa die Drittelhöhe des Schloßbergs in eine daselbst an geeignetem Ort ausgestellte Spritze gepumpt. Diese Spritze that ihrerseits dieselbe Schuldigkeit bis zur nächsten eine Etappe weiter oben befindliche Spritze, von welch' letzterer sodann die vor dem rechten (dem bewohnten) Flügel des Schloßgebäudes in Position gebrachte Druck- und Saugspritze gespeist wurde. Es gelang also auf diese Weise Wasser auf die Höhe von ca. 70 m zu bringen und man ist erfreut über den gelungenen Ausfall der interessanten Probe.
Neuenbürg, 20. Okt. Die Hasen frequentieren Heuer in ausnahmsweise größerer Zahl Wald und Feld, als dies in den Vorjahren der Fall war; was daran zu entnehmen ist, daß die hiesigen Jagdpächter der Niebelsbacher Markung letzten Freitag — cs ist kein Jägerlatein — nicht weniger als 56 Exemplare dieser lang- ohrigen Springinsfeld zu erlegen das Glück hatten.
Stuttgart. (Neues imLandes- Gewerbemuseum.) Eine Büste aus Nußbaumholz: „Westpreußisches Bauernmädchen" ; von Max Gebauer, Bildhauer in Danzig. — Eine Porträtbüste aus Nußbaumholz: „Junges Mädchen"; von C. L. Sand, Bildhauer in Frankfurt a. M.
Ausland.
Genua, 22. Okt. Das deutsche Kaiserpaar und Prinz Heinrich sind heute morgen um 10'/i Uhr unter oem Salutschießen der deutschen und italienischen Schiffe nach Athen abgefahren.
Brüfsel, 21 . Okt. Das Amtsblatt wird morgen ein Dekret des Königs, betreffend die Einführung des Maujer- gewehres, veröffentlichen. (F. I.)
Paris, 20. Oktbr. Je näher der Zeitpunkt des Zusammentritts der neugewählten Kammer rückt, desto klarer wird es, daß es mit der republikanischen Einigkeit traurig bestellt ist. Die Republik ist zwar auf 4 Jahre gerettet, allein ihre Retter wissen nicht, nach welcher Richtung sie das republikanische Staatswesen ausbilden sollen. Nicht zwei republikanische Parteiführer sind in ihren Mitteln und Zielen einig.
Der Hoang - ho (Gelber Fluß) i« China hat Ende August, wie jetzt bekannt wird, wieder seine Ufer an zwei Stellen durchbrochen und große Strecken fruchtbaren Landes in Seen verwandelt. Hunderttausende sind brot- und obdachlos geworden. Im vorigen Jahre sind durch diesen Fluß etwa 5 Millionen Einwohner an den Bettelstab gebracht worden und die Wiederherstellung des Durchbruchs hat vierzehn Millionen Taels gekostet.
MisMen.
In einer russischen „Besserungs-Anstalt. Ein Mitglied des „Vereins zur sittlichen Hebung der Gefangenen", fragt einen Sträfling: „Weshalb sind Sie bestraft?" — „Weil ich gefälschte Ware verkauft und mir also unter betrügerischen Angaben Vorteile verschafft habe", antwortet dieser aufrichtig. — „Ich hoffe, daß Sie in dieser Anstalt, deren ganze Einrichtung und Leitung auf die Besserung ihrer Insassen gerichtet ist, wieder zu einem nützlichen Mitglieds der Gesellschaft werden. Womit werden Sie beschäftigt?" — „Ich arbeite für den Fiskus echte Ledersohlen aus Pappendeckel!"
Marktpreise.
Stuttgart, 22. Oktober. Kartoffel: 600 Ztr. ü 2 ^ SO ^ bis 3 .C 20 per Ztr.
Filderkraut: 1000 Stück. 10 bis 11 per 100 Stück.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.