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Nach derNordd. Allgem. Ztg." ließ Seine Majestät der Kaiser Alexander sowohl dem Reichskanzler wie dem Staatssekretär Bismar ck sein Miniatur- Porträt in Form einer geschmackvoll ge­arbeiteten Dose durch den Minister des Kaiserlichen Hauses, Grafen Woronzoff Daschkoff überreichen.

DieKöln. Ztg." schreibt:In Hos- kreisen erzählt man sich, daß der Zar so­wohl bei seinem Eintreffen wie während des ganzen Berweilens bei den Empfängen, Besuchen und Festlichkeiten von besonderer Freundlichkeit und Herzlichkeit gewesen sei. Der Zar, der sonst sehr schweigsam und ernst, habe eine ganze Reihe Herren der kais. Umgebung durch längere, sehr gnädige Unterredungen ausgezeichnet. ' Bon be­sonderer Aufmerksamkeit aber sei er gegen den Fürsten Reichskanzler und den Grasen Herbert Bismarck gewesen.

Berlin, 14. Okt. Nach der Abfahrt des Zaren forderte der Kaiser den Fürsten Bismarck auf, im Galawagen bei ihm Platz zu nehmen; der Kaiser begleitete den Reichskanzler in die Wilhelmsstraße und verblieb bei ihm eine halbe Stunde. Abends wohnte der Kaiser dem Diner des Admirals v. d. Goltz für die drei englischen Admirale an. Die Abreise des Kaiserpaares nach Athen soll an einem der letzten Tage dieser Woche erfolgen.

Die erste Siegesbotschaft über die Schlacht bei Orleans traf heute vor 19 Jahren in Berlin ein. Kaiser Wilhelm I. selbst war es, welcher über dieselbe an Ihre Majestät die Kaiserin-Königin Augusta telegraphierte. Die Depesche lautete: Versailles, 12. Oktober. Gestern siegreiche Schlacht durch Genera! von der Tann. 22. Division, Die Loire-Armee vollständig geschlagen. Einige Tausend Gefangene. Kampf dauerte von halb 10 Uhr bis abends 7 Uhr in sehr schwierigem Terrain. Bei Dunkelheit Orleans ge­nommen. Feind hinter Loire zurück, hat große Verluste, diesseitige verhältnismäßig gering. Details noch nicht bekannt." Von den Tapferen, die jene Schlacht mitgemacht, befinden sich noch viele in unserer Mitte. Mit freudigem Stolze werden sie heute des Occupationstages von Orleans gedenken, an welchem die letzte französische Feldarmee von Bedeut­ung im blutigen Ringen von den Deut­schen zertrümmert wurde.

Die deutsche Brau-Jndu st rie hat schon wieder einmal einen Triumph im Auslande zu verzeichnen gehabt und zwar war es in diesem Falle das Beniner Weiß­bier, dieweltbekannte kühle Blonde", welche sich den Beifall fremdländischer bier­kundiger Kreise errungen hat. In Gent, der Hauptstadt der belgischen Provinz Flandern war in diesem Sommer eine internationale Hygienie- und Nahrungs­mittel-Ausstellung und die älteste Berliner Weißbierbrauerei von Albert Bier hatte dieselbe mit einem Posten ihres Flaschen- Weißbiers beschickt. Dasselbe fand nun bei den Herren der Jury einen derartigen Anklang, daß sie der Brauerei den ersten Preis zusprachen und ihrpour In biöra blanclio" die große goldene Preismedaille nebst Diplom vor einigen Tagen verliehen haben. Dieses Urteil der Genter Jury ist

um so wertvoller, als die Genter große Biertrinker sind und ihr obergähriges Uitzedbier wegen seiner Güte gerühmt und in ganz Holland und Belgien gern ge­trunken wird.

Das Bremer VollschiffJuno" (Kapitän Schwarting) ist auf offener See verbrannt. Die Mannschaft wurde durch den DampferValeria" gerettet.

Jspringen, 13. Oktober. Heute zwischen 10 und 11 Uhr, während des Gottesdienstes, wurde dahier ein frecher Diebstahl ausgeführt. Es wurde in das lutherische Vereinshons eingebrochen und daselbst 1400 M. gestohlen.

Vom badischen und württembergischen Schwarzwald wird aus den letzten Tagen von starken Schneefällen berichtet.

Württemberg.

Gestorben: 14. Okt. zu Stuttgart Privatier Karl Mayer; 1848 stellvertret. Abgeordneter der Nationalversammlung, trat 1849 in diese Versammlung ein; 18631.870 Redakteur des Beobachters; Mitglied des Reichstags für den 12. Wahlkreis (Künzelsau - Crailsheim - Gera- bronn-Mergentheim) 18811887 ; Land- tagsabg. für Besigheim 186870 und für Eßlingen 1876 bis 1882, 70 I. alt.

(Eisen bahn fache.) Wie bei anderen Eisenbahnverwaltungen, so hat sich auch in Württemberg in den letzten Jahren der Eisenbahngüterverkehr in einem Maße und so rasch vermehrt, daß der vorhandene Güterwagenpark das Bedürfnis nicht mehr zu decken imstande ist. Die Zahl der Güter-, Gepäck- und Viehwagen betrug im Jahre 1878 4898, hiezu im Laufe des Jahres 1887/88 neu angeschafft 215 Stück, es sind mithin im letzten und im gegen­wärtigen Jahr verfügbar gewesen 5113 Wagen. Für die Etatsperiode 1881/91 ist die Anschaffung von 400 neuen Wagen vorgesehen und eingeleitet; deren Ab­lieferung hat auch bereits begonnen, sie wird aber vor dem nächsten Sommer nicht vollendet sein können. Schon im April d. I. wurden sodann von einer Wagen­leihgesellschaft 113 Güterwagen gemietet und in den Dienst gestellt; eine größere Anzahl von Mietwagen war nicht zu be­kommen; neuerdings sind weitere Ver­handlungen wegen Anmietung von Wagen eingeleitet worden.

Die Unzulänglichkeit des inländischen Wagenparks datiert, wenn man von dem Herbstverkehr, sowie von den Spezialwagen (worunter die Wagen übernormaler Größe inbegriffen) absieht, erst aus den letzten drei Jahren; vorher war bei einzelnen Wagengattungen für längere Zeit des Jahres Ueberfluß vorhanden, und es war möglich, in normalen Zeiten den Verkehr mit eigenem Material zu bedienen.

Die württemb. Eisenbahnverwaltung ist längst auch dazu übergegangen, die Ex­peditionen anzuweisen, fremde in die Heimat leer zurückgehende Wagen gemäß den Be­stimmungen des Wagenübereinkommens zu verwenden. Dies geschieht in ausgiebig­ster Weise.

Der nicht vorauszusehenden Verkehrs­steigerung konnten die Eisenbahnen nicht in gleichem Tempo folgen und es hat sich, wie auf allen übrigen deutschen Bahnen,

so auch in Württemberg, in den letzten Jahren ein Mißverhältnis zwischen Vorrat und Bedarf an Wagenmaterial herausae- bildet, welches auszugleichen die Eisenbahn- Verwaltung ernstlich bemüht ist. Sie wird den Ständen die Berwilligung weiterer er­heblicher Mittel für die Vermehrung des Betriebsmaterials anzusinnen veranlaßt sein- (Sl.-Anz.)

Stuttgart. 14. Okt. Der Herbst wurde heute früh 7 Uhr laut genreinde- rätl. Beschluß durch die große Glocke des Stiftskirchenturmes eingeläutet; in das Glockengeläute mischte sich Kanonendonner von der Höhe der Berge.

Stuttgart. 14. Okt. Am Sams­tag mittag zwischen 3 bis 4 Uhr fuhr ein Fuhrmann mit einem zweispännigen mit schwarzem Kalk beladenen Fuhrwerk über die Kreuzung der Schwab- und Ludwigs­straße. Drei Kinder, im Alter von 5-7 Jahren, nahmen von dem Wagen ein Stück Kalk herunter und legten es in eine Blech­büchse, die sie mit Wasser begossen. Hie­durch entzündete sich der Kalk sehr schnell spritzte in die Höhe und verletzte die Kinder an Gesicht und in den Augen. Eines der Kinder ist erblindet und bei den andern ist Gefahr, daß sie das Augenlicht ver­lieren.

Stuttgart, 15. Okt. Vorgestern ist ein Güterzug auf dem hiesigen Bahn­hofe auf einige Obstwagen aufgefahren, was durch zu spätes beachten, des Halt­signals seitens des Lokomotivführers ver­anlaßt wurde. (S. M.)

Ausland.

Brüssel, 12. Okt. Der Berg- mannsstreik im belgisch-französischen Grenzgebiete wächst; bisher streiken 10 M Bergleute. (F. I.)

In der letzten Sitzung des französi­schen Ministerrats wurde beschlossen, die Ausstellung nicht über die ursprünglich sest- gestellte Frist von 6 Monaten offen zu halten. Die Ausstellung wurde am 6. Mai eröffnet und wird somit am 6. November geschlossen werden.

Palermo, 15. Okt. Crispi hob bei dem abendlichen Bankette hervor: Die Regierung habe den zwiefachen Kampf auszufechten, erstens auf dem Felde der nationalen Einheit, dann in Bezug auf die Freiheit des Geistes. Trotz der Klagen und Drohungen von innen und außen werde Rom die unberührbare Hauptstadt Italiens bleiben. Die Regierung habe der Kirche die unbeschränkte Ausübung der religiösen Befugnisse zugesichert, voraus­gesetzt, daß dieselbe nicht in die Rechte der Nation übergreife.

Sa n Rem o, 13.Okt. Dasdeutsche Geschwader ist um 1 Uhr nachmittags hier angekommen. Der dasselbe befehligende Gegenadmiral, die Offiziere und Matrosen wallfahrten nach der Villa Zirio, welche Kaiser Friedrich während seiner Krankheit bewohnte.

Marktpreise.

Stuttgart, 15. Oktober. Kartoffel: 600 Ztr.

20 per Ztr. > -

Fild^rkraut:. 1000 Stück. 10 bis H per 100 Stück.

L 2 so -l bis 3 F

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.