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Oesterreich.
Professor Billroth in Wien erläßt in einem Schreiben folgende Warnung: „Es sind mir innerhalb der letzten Monate vier Fälle vorgekommen, in welchen Finger mit ganz unbedeutenden Verletzungen durch die unsinnige Anwendung von Earbolsäure brandig geworden sind; in allen vier Fällen handelt es sich um Kinder, deren Eltern die Verordnung eines Carbolverbandes selbst gemacht haben, weil die Earbolsäure gut für die Wundenheilung sein soll. Die Earbolsäure hat schon jetzt in der Chirurgie eine weit beschränktere Anwendung als früher; wir haben die Gefahren, welche dieselbe herbeiführen kann, erst nach und nach kennen gelernt. Das Mittel kann nicht nur Entzündungen und Brand erzeugen, sondern auch durch Blutvergiftung töten. Es entfaltet seine gute Eigenschaften nur in der Hand des kundigen Arztes. Ich widerrate hiermit auf das Dringendste, ohne Anordnung eines Arztes Earbolsäure anzuwenden. Als das beste Umschlage- mittel bei frischen Verletzungen rate ich das in Apotheken käufliche Bleiwasser an.
Ausland
Christiania, 5. Sept. Bei Be- saker zmeschen Trondhjem und dem Nam- sen-Elf wurde eine Flasche mit einer undeutlichen Bleistiftnotiz aufgefunden, der zufolge das Schiff „Mimi" von Kiel, Kapitän Böge, am 3l. August von Arch- angel nach Amsterdam gegangen, jedoch im nördlichen Eismeer gestrandet ist.
MisMen.
(Theorie und Praxis.) „ . . . Da knallte ein Schuß durch die nächtliche Stille", so war es bisher immer zu lesen in Geschichten und Romanen. Jetzt scheint das anders werden zu sollen, seitdem bekanntlich die militärischen Proben mit rauchfreiem und knalllosem Pulver günstige Erfolge ergeben haben. Diese Versuche wurden kürzlich im Steiner'schen Gasthaus am Alsergrund in Wien von den Stammgästen eingehend besprochen, von denen Einer sein Urteil in folgender Weise abgab: „Alsdann, da hört ma' nix mehr und siacht ma' nix mehr, so a Kugel wischt lautlos daher und ma' is tot, ma' waß nöt wiar. Wann ma' bisher g'sogt hat, wenn m'a st' recht kräftig ausdrucken will, mit an schußartigen Knalla, wird man bald sagen: mit ana schußartigen Totenstill." Das Gespräch wurde immer lebhafter. Während aber der Polier Gustav Heninger auf das wärmste für das knalllose Pulver eintrat, erklärte der Schmied Gustav Wieger eine derartige Zusammenstellung für einen Unsinn, da es ein knallloses Pulver gar nicht geben könne. „Auf jed'n Schlag muaß's an Knall ged'n", führte er aus; „wann i auf mein Ambos schlag', pumpert's, und wann i mei' Katz' hau' macht's an Me- gaza. Alsdann, wann ma' haut, giebt's an Laut." Darauf erwiederte der Polier: „Wann Dummheit schreien müaßt, müaßt du den ganzen Tag platzen." Der Schmied entgegnete darauf, er werde sofort für die Knalltheorie den praktischen Beweis liefern und patsch — hatte der
Polier schon eine kräftige Ohrfeige weg. „Siegst es, wia's klatscht", rief ihm der Schmied zu, „jetzt geh' Ham und studier', vielleicht entdeckst nacha knalllose Watschen, i zahl' dann dö Küsten für's Patent drauf." Patentkosten hatte allerdings Wieger nicht zu zahlen, doch wurde er auf die Klage des Beleidigten zu 15 Gulden Geldstrafe und Zahlung der Gerichtskosten verurteilt.
(Bierverfälschungen.) Wein wird aus allem möglichen gemacht, sagte kürzlich ein Franzose, zuweilen sogar aus Trauben. Die Verunreinigungen des Branntweins sind oft besprochen; daß die Liqueure oft sonderbare Gemische sind, ist oft bekannt. Daß aber das Bier so mannigfach verfälscht wird, wie die folgende Liste zeigt, wird doch manchen Leser verwundern, vielleicht auch ein wenig erschrecken. In einer wissenschaftlichen Schrift über Bierverfälschung ist folgende alphabetische, zwar lange, aber noch nicht vollständige Liste von Zusätzen enthalten, durch welche das sogenannte Bier „verbessert" wird: Alkohol, Althopfenöl, Aloe, Belladonna. Bierkouleur, Bilsenkraut, Bitterklee, Buchenspäne, Caraghenmoos, Coloquinten, Enzian. Fichtennadeln, Gogel, Gelatine, Glyzerin, Haselnußspäne, Hausenblase, Herbstzeitlose, Hopfenaroma, Hopsenbittersäure, Jgnatius- bohne, Ingwer, Kamille, Kartoffelzucker, Kardobenediktenkraut, Kockelskörner, Koriander, Lakrizensatt, Laugensalze. Malz- Extrakt, Metallsalze, Mohn, Mousierpulver, Natron, Nießwurz, Mx vomiea (Brechnuß), Pikrinsäure, Pottasche, Quassia, Reis, Salizylsäure, Schafgarbe, Spanischer Pfeffer, Soda, Stärkezucker, Stärkemehl, Strychnin. Syrup, Tannin, Tausendgüldenkraut, Tischlerleim, Wachholder, Waldmeister. Weidenschalen, Wermut, Zuckerkouleur rc. Den Vertilgern solcher Stoffe ist ein aufrichtiges „Prosit!" zu gönnen.
(Ein warnendes Beispiel.) Ein Küster liebte es. die Polizeistunde seiner Stammkneipe oft bis zum Grauen des anderen Morgens hinauszuschieben und hatte das Unglück, bei einer solchen verspäteten Heimreise in den auf dem Marktplatz des kleinen Städtchens hoch aufgestapelten Schnee zu geraten, so daß er nach längerem Liegen in demselben nur mit Hilfe eines „barmherzigen Samariters" wieder auf die schwanken Beine und nach Hause gelangen konnte. Am anderen Morgen fand er die nächtliche Entgleisungsszene mit wenig Strichen an der Schulwand konterfeit und die beherzigenswerten Worte dabei geschrieben: „Unschädlich ist des Bieres Macht. wenn man es trinkt vor Mitternacht; wenn man es trinkt mit Maß und Ziel und thut des Guten nicht zu viel. Doch schrecklich fühlt den giftgen Stoff, wer sich ergiebt dem stillen Soff, und säuft es so. wie dieser hier, von Vesper bis zur Messe schier."
(Guter Rat.) Die Gastwirte Cincinnatis sind zum Teil die Opfer eines schlauen Schwindlers geworden. Eine in allen Blättern erschienene Anzeige versprach gegen Einsendung von einem Dollar
Aufschluß darüber, „auf welche Weise man mehr Bier absetzen könne als bisher"; statt der erwarteten Unterrichtung empfangen die Geprellten jedoch nur eine Karte mit den niederschmetternden Worten: „Verkauft weniger Schaum!"
Gemeinnütziges.
(Gegen Auszehrung.) Der an alten Min,, wachsende sogenannte Weidenschwamm (Loletus suuvsoleus) wurde srüher von den Landleuten gegen verschiedene Leiden, wie z. B. gegen Krämpfe, Mandelbräune (als Gurgelmittel), Erbrechen, Durchsall, schwächende Nachtschweiß- und besonders gegen Lungenschwindsucht mit Erfolg angewendet. Dieses alte Volksmittel wird neuerdings der Vergessenheit entrissen und als em sicheres Heilmittel gegen Auszehrung empfohlen. Es soll nach der Sächs. Schul- Ztg." manchen Patienten wieder hergestellt haben, welcher bereits von den Aerzten ausgegeben war. Bei Anwendung dieses Mittels schlage man folgendes Verfahren ein: Man glimme ein Stück Weidenschwamm, den man mit einem Meisel vom Baume abgestochen und, wenn er feucht ist, auf einen warmen Ofen getrocknet hat, an Holzkohle gehörig an, lege das glimmende Stück aus einen irdenen Teller, setze diesen auf den Herd, lege eine Menge trockener Weidenschwammstücke auf das glimmende Stück und lasse alles zu Asche verglimmen. Vm dieser Äsche nehme man täglich drei mal eine Messerspitze voll mit erwärmter ungesalzener Butter ein. Während der Kur, die mehrere Wochen währen kann, vermeide man Spirituosen, Lagerbier, saure und fette Speisen, genieße dagegen Brot- und Semmelsuppe, Weiche Eier, verdünnte abgekochte warme Milch, Gerstenkaffee, auch etwas leichtes Bier.
(Russisches Mittel gegen Motten im Pelz- werk.) In starken Spiritus wirft man eine Hand voll Kampfer und die zerkleinerte Schale von spanischem Pfeffer, läßt das Ganze einige Tage in der Ofen oder Sonnenwärme stehen, bis der Kampfer sich ausgelöst hat, woraus die Flüssigkeit durchgeseiht wird. Man bespritzt das Pelzwerk damit recht gleichmäßig und wickelt es ii feste Leinwand. Dieses Mittel ist in Rußlan! allgemein unter dem Namen „die chinesische Mottentinktur" in Anwendung.
(Nähmaschinenöl.) Als ein gutes Oel zum Schmieren der Nähmaschienen wird flüssiges Paraffin ohne jeden Zusatz gerühmt, jedoch kann man cs auch noch mit anderen Oelen vermischen, Dietrich empfiehlt eine Mischung von 50 Teilen flüssigem Paraffin, 25 Teilen Provence! Lel und 25 Teilen gelbem Baselinöl.
Quadraträtsel.
Verteile die Buchstaben in den Feldern des nachstehenden Quadrats so, daß dieselben horizontal, wie vertikal gleiche Wörter bilden. Sie sollen bezeichnen — notabene anders geordnet —:
1) einen bekannten Kurort,
2) eine Stadt,
3) eine Pflanze,
4) ein Tier.
ä.
L
L
L
L
L
6
I-
I.
N
0
0
R
R
8
R. rv.
Marktpreise. Neuenbürg, 7. September.
Butter 1.20, 1.25, 1.30 pro '/, Kilo.
Eier 2 St. 11—13 1 St. 6—7
Kartoffeln, rote und weiße, 2.50 u. 3 M. pro
50 Kilo.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.